Leitsatz (amtlich)
Erklärt der Unternehmer in der Klageschrift, daß er nur den Teil seiner Werklohnforderung einklage, der den vom Bauherrn vertragsgemäß einbehaltenen Sicherungsbetrag übersteigt, so kann der Bauherr gegenüber der eingeklagten Teilforderung mit einem Schadenersatzanspruch nur aufrechnen, soweit dieser den Sicherungsbetrag übersteigt.
Verfahrensgang
OLG Celle (Entscheidung vom 17.12.1964) |
LG Lüneburg |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 17. Dezember 1964 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Beklagte hat unter der Bauleitung des Architekten D. ein Wohnhaus in C., W.allee ..., errichten lassen. Die Maurerarbeiten waren dem Bauunternehmer R. übertragen. An dessen Stelle trat die Klägerin in den Vertrag ein. Auf die Schlußrechnung der Klägerin vom 30. Mai 1961 über 228.328,95 DM hat die Beklagte 215.439,53 DM gezahlt.
Von den verbleibenden 12.889,42 DM hat die Klägerin 8.322,84 DM nebst 8 % Zinsen eingeklagt. Die weiteren 4.566,58 DM (= 2 % des Rechnungsbetrags) sollten nach ihrer Ansicht laut Vertrag vom 2. April 1960 erst ein Jahr nach der Übernahme des Hauses fällig sein.
Die Beklagte hat behauptet, sie sei nach dem Vertrag berechtigt, 5 % der Bausumme, also 11.416,48 DM, wahrend der Gewährleistungszeit einzubehalten. Auch den Restbetrag von 1.472,94 DM könne die Klägerin nicht verlangen, weil sie für eine Reihe von Mängeln des Hauses einstehen müsse.
Das Landgericht hat der Klägerin die Klageforderung nebst 4 % Zinsen zuerkannt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und der Klägerin auf ihre Berufung 8 % Zinsen zugesprochen.
Mit ihrer Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob die Beklagte mit dem Bauunternehmer R. vereinbart hatte, daß sie 5 % der Abrechnungssumme als Sicherheit für die Dauer der Gewährleistungszeit einbehalten dürfe. Falls eine solche Vereinbarung ursprünglich getroffen gewesen sei, so habe man sie jedenfalls später geändert und die Sicherheitssumme auf 2 % ermäßigt.
Die Gewährleistungsfrist, wahrend der die Klägerin den Sicherheitsbetrag nicht habe beanspruchen können, sei inzwischen abgelaufen. Sie habe schon nach dem Bauvertrag vom 2. April 1960 nicht 5, sondern nur 2 Jahre betragen. Diese 2 Jahre seien am 11. Mai 1963 verstrichen gewesen. Zudem hätten sich die Beklagte und ihr Architekt mit einer Abkürzung der Gewährleistungsfrist auf 1 Jahr einverstanden erklärt.
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Es kommt nicht darauf an, ob die Sicherheitssumme nachträglich von 5 % auf 2 % ermäßigt worden ist, denn die Gewährleistungsfrist war jedenfalls zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. November 1964 abgelaufen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, mit der im Vertrag genannten "Gewährleistungszeit" sei die Verjährungsfrist des § 13 Abs. 4 der im Bauvertrag für maßgeblich erklärten VOB (B) gemeint, ist frei von Rechtsirrtum. Über Art und Bauer der Gewährleistungsfrist ist im Bauvertrag nichts gesagt. Es ist daher nicht ersichtlich, an welche andere Frist als die Verjährung die Vertragsparteien gedacht haben könnten. Die 2-jährige Verjährungsfrist des § 13 Abs. 4 VOB (B) hatte mit der Abnahme des Bauwerks am 12. Mai 1961 zu laufen begonnen. Sollte sie, wie die Revision meint, im August 1961 unterbrochen worden sein, so wäre sie im August 1963, somit ebenfalls vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht abgelaufen gewesen.
Auf die Rügen, mit denen sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht angenommene Herabsetzung der Sicherheitssumme und Abkürzung der Gewährleistungsfrist wendet, kommt es demnach nicht an.
II.
Dem Berufungsgericht ist auch zu folgen, daß die Beklagte die Zahlung des eingeklagten Teilbetrags von 8.322,83 DM somit nur dann verweigern darf, wenn der nicht eingeklagte Teilbetrag von 4.566,58 DM zur Beseitigung der von der Klägerin zu vertretenden Mängel nicht ausreichen würde.
1.)
Zwar muß ein Kläger, der nur einen Teilbetrag seiner Forderung geltend macht, es hinnehmen, daß der Beklagte eine Gegenforderung gerade gegen diesen Teilbetrag zur Aufrechnung stellt; er kann den Beklagten nicht auf den nicht eingeklagten Teil des Gesamtanspruchs verweisen. Anders ist jedoch der Fall zu beurteilen, wenn der Kläger seinerseits in der Klageschrift wegen eines Teils seiner Gesamtforderung aufgerechnet hat. Dann ist die Gegenforderung des Beklagten, der gegenüber der Kläger - wenn auch nur eventuell - aufgerechnet hat, verbraucht, und der Beklagte kann sie nicht seinerseits mehr zur Aufrechnung im Rechtsstreit verwenden (BGH LM (Nr. 25) zu § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UmstG).
Ähnlich liegt der hier zu entscheidende Fall. Die Klägerin hat in der Klageschrift erklärt, daß sie den Sicherheitsbetrag in Höhe von 4.566,58 DM noch nicht einklage. Dieser Betrag stand somit - entsprechend seiner Zweckbestimmung - der Beklagten noch zur Schadloshaltung wegen etwaiger Mängelansprüche zur Verfügung. Diese Sachlage rechtfertigt die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die Beklagte die Zahlung des eingeklagten Teilbetrags von 8.322,83 DM nicht verweigern darf, wenn sie den nicht eingeklagten Teilbetrag von 4.566,58 DM übersteigende Schadensersatzforderungen nicht nachzuweisen vermag.
2.)
Die Feststellung, daß der Beklagten keine 4.566,58 DM übersteigende Schadensersatzforderung zustehe greift die Revision ohne Erfolg an.
a)
Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung behauptet, die Kellerdecke liege ca. 35 cm zu tief. Nach der Baubeschreibung habe sie "1 m über Oberkante Bordstein" angelegt werden müssen. Demgemäß sei das ganze Gebäude 35 cm zu tief gebaut; das sei eine der Hauptursachen für die Feuchtigkeitsschäden. Für diese planwidrige Ausführung habe außer dem Architekten D. auch die Klägerin einzustehen.
Die Klägerin hat hierzu im Schriftsatz vom 20. Januar 1964 (S. 8) erklärt, die Höhenlage sei ihr von dem Architekten D. und dessen Angestellten K. bestimmt worden. Das hat die Beklagte nicht bestritten. Der Architekt D. hat am 30. Januar 1964 vor dem Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin bestätigt und hinzugefügt, er selbst habe die Höhenangabe von der Stadtverwaltung erhalten, und die Klägerin habe sich hieran gehalten. Die Klägerin hat ferner im Schriftsatz vom 9. April 1964 auf den Inhalt der Bauakten verwiesen, wonach die Oberkante des Kellerfußbodens mindestens 36,02 m über NN liegen sollte. Ihrer Behauptung, die Oberkante sei sogar 34 cm höher angelegt, ist die Beklagte gleichfalls nicht entgegen treten.
Damit erledigt sich die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, von welchen Vorstellungen sich die Klägerin beim Ausheben der Baugrube habe leiten lassen, und in den Bauplänen sei nach der Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. Kl. die Höhenlage über NN nicht angegeben gewesen. Letzteres trifft zwar zu, ist aber ohne Bedeutung, weil der Architekt die Klägerin im Gelände eingewiesen hat.
b)
Für die Feuchtigkeit im Treppenniedergang zu dem geplanten Luftschutzkeller braucht die Klägerin nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht einzustehen, weil sie sich an die vom Bauaufsichtsamt genehmigten Pläne des Architekten gehalten und das Mauerwerk fehlerfrei errichtet habe. Daß gleichwohl Wasser eingedrungen ist, sei auf Planungsfehler des Architekten zurückzuführen. Dieser habe die Isolierwanne um 1,4 m zu niedrig anlegen lassen, weshalb Grundwasser über die obere Wannenkante eindringe.
Die Klägerin hat sich, wie das Berufungsgericht feststellt, an den genehmigten Bauplan gehalten und auch das Haus nicht zu tief in die Erde gebaut. Die Beklagte hat in den Vorinstanzen nicht dargetan, daß der Klägerin die Grundwasserverhältnisse bekannt gewesen seien. Die Klägerin war aber nicht verpflichtet, über die aus den Plänen ersichtlichen und über die mündlichen Angaben des Architekten hinaus von sich aus die Höhe des Grundwasserstandes zu ermitteln. Sie durfte sich vielmehr nach den Höhenangaben des Architekten richten (vgl. § 3 Abs. 2 und 3 VOB (B)). Daß sie Anlaß gehabt hätte, die geplante Höhe der Wanne für nicht ausreichend zu halten, hat die Beklagte nicht dargetan.
3.)
Die Revision wendet sich gegen die Meinung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht behauptet, daß schon zur Beseitigung der Mängel, die die Klägerin nach dem Beweisergebnis und dem Urteil des Landgerichts zu vertreten habe, ein den nicht eingeklagten Teil der Werklohnforderung (4.566,58 DM) übersteigender Betrag erforderlich sei. Sie hält diese Ansicht für "aktenwidrig".
Dabei übersieht die Revision, daß alle durch eindringende Feuchtigkeit verursachte Schaden außer Betracht zu bleiben haben, da die Klägerin hierfür nicht einzustehen hat. Es kommt nur darauf an, ob der nicht eingeklagte Betrag von 4.566,58 DM zur Behebung der sonstigen im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführten Schäden ausreicht. Das hat schon das Landgericht in seinem Urteil bejaht. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren hiergegen nichts eingewandt. Die Feststellung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht zu beanstanden.
III.
Nach § 97 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihrer unbegründeten Revision zu tragen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018623 |
DB 1966, 1886 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1967, 34 |
NJW 1967, 34 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1967, 36 |
MDR 1967, 36-37 (Volltext mit amtl. LS) |