Leitsatz (amtlich)
›Bei der konkreten Schadensberechnung nach einer vom Leasingnehmer veranlaßten fristlosen Kündigung des Leasingvertrages ist die geleistete Sonderzahlung in vollem Umfang als Teil des Amortisationsanspruches des Leasinggebers zu behandeln.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin überließ dem Beklagten aufgrund eines Leasing-Vertrages vom 26. Mai 1989 einen BMW 320 i zur privaten Verwendung für die Dauer von 24 Monaten mit einer jährlichen Fahrleistung von 25.000 km zu monatlichen Leasingraten von 608 DM netto (= 693,12 DM inklusive Umsatzsteuer). Vereinbarungsgemäß leistete der Beklagte zu Vertragsbeginn eine Leasing-Sonderzahlung von netto 9.078,95 DM. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sollte das Fahrzeug nach vertragsgemäßem Ablauf der Leasingzeit zurückgegeben werden und eine Abrechnung der tatsächlich gefahrenen Kilometer unter Ausgleich der Mehr- bzw. Minder-Kilometer mit jeweils 12,42 Pfennigen erfolgen.
Auf der Vorderseite des von der Klägerin gestellten, formularmäßig abgefaßten Leasingvertrages ist im unteren Drittel folgende Regelung enthalten:
"1. ...
2. Ist Restwertabrechnung vereinbart, garantiert der Leasingnehmer den kalkulierten Restwert von DM ... zuzüglich Mehrwertsteuer.
3. Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung durch Kündigung oder Vereinbarung (Ziff. XI 3 AGB) beträgt der Netto-Restwert 53 % vom Einstandspreis ohne Mehrwertsteuer.
Eine Abrechnung der gefahrenen Kilometer findet in diesem Fall nicht statt.
Es gelten folgende Abzinsungssätze
- für den kalkulierten Restwert: Diskontsatz + 2,5
- für die Restleasingraten: Bei ordentlicher Kündigung: Diskontsatz + 9 %; bei außerordentlicher Kündigung, soweit vom Leasingnehmer zu vertreten: Diskontsatz + 3,5 % ... ."
Die Prozentzahl des Nettorestwertes ("53 %") ist unter Nr. 3 der genannten Vertragsbestimmung handschriftlich eingefügt.
Abschnitt XI Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin lautet:
"Im Falle einer Kündigung oder einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung erstellt der Leasinggeber eine Abrechnung in der Weise, daß er den Ablösewert dem geschätzten Händlereinkaufspreis des Fahrzeugs gegenüberstellt. Von den Mehrerlösen erhält der Leasingnehmer 75 %; Mindererlöse sind dem Leasinggeber zu erstatten. Der Ablösewert ist die Summe der abgezinsten restlichen Netto-Leasingraten und des abgezinsten Netto-Restwertes. Zur Ermittlung des Händlereinkaufspreises beauftragt der Leasinggeber einen unabhängigen Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen als Schiedsgutachter mit der Schätzung des Fahrzeugs. Eine Abrechnung der gefahrenen Kilometer findet nicht statt."
Ab September 1989 zahlte der Beklagte keine Leasingraten mehr. Daraufhin kündigte die Klägerin am 23. November 1989 den Leasingvertrag fristlos. Am 29. Dezember 1989 gab der Beklagte das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 36.273 an die Klägerin zurück.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von bis Dezember 1989 rückständigen Leasingraten (2.772,48 DM) nebst Zinsen, selbständige Zinsen und Schadensersatz nebst Zinsen, den sie nach Abschnitt XI Nr. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechnet hat, in Höhe von insgesamt 8.002,35 DM in Anspruch genommen. Außerdem hat sie 22,80 DM als vorgerichtliche Mahnkosten eingeklagt.
Das Landgericht hat ihr 2.727,26 DM an rückständigen Leasingraten nebst 4 % Zinsen seit dem 27. Februar 1990 zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin neben den vorgerichtlichen Mahnkosten (22,80 DM) über den bereits ausgeurteilten Betrag hinaus 21,62 DM als Rest der Leasingrate für Dezember 1989 und aus dem Gesamtbetrag der rückständigen Leasingraten (2.749,38 DM) Zinsen in der erstinstanzlich beantragten Höhe von 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank sowie als Schadensersatz nach fristloser Kündigung 5.116,42 DM nebst Zinsen begehrt, den sie weiterhin nach Abschnitt XI Nr. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen und hilfsweise - allerdings ebenfalls auf Restwertbasis - konkret berechnet hat. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung (21,62 DM restliche Rate für Dezember 1989 und 22,80 DM vorgerichtliche Mahnkosten) die beantragten höheren Zinsen auf 2.727,76 DM und als Schadensersatz, den es mit 6.368,14 DM konkret berechnet hat, den begehrten Betrag von 5.116,42 DM nebst Zinsen zuerkannt. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - ausgeführt, der Beklagte habe der Klägerin den infolge der berechtigten fristlosen Kündigung entstandenen Schaden, der sich auf 6.368,14 DM belaufe, in Höhe des mit der Berufung geltend gemachten Betrages von 5.116,42 DM zu ersetzen. Zwar könne diese Forderung nicht auf Abschnitt XI Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin gestützt werden, da diese Regelung wegen Verstoßes gegen die §§ 3 und 9 AGBG unwirksam sei. Deshalb sei der Schadensersatzanspruch konkret zu berechnen. Eine Abrechnung nach Mehr- bzw. Minderkilometern komme vorliegend aber nicht in Betracht, weil das Fahrzeug bei einem Kilometerstand zurückgegeben worden sei, der sich noch innerhalb des vereinbarten Rahmens bewege. Wegen der unterschiedlich häufigen Nutzung des Fahrzeugs sage die Kilometerleistung im Zeitpunkt der Rückgabe nichts darüber aus, welchen Kilometerstand der Wagen im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Vertragsbeendigung gehabt hätte. Deshalb sei der Schaden anhand einer vergleichenden Betrachtung der Vermögenslage der Leasinggeberin bei normalem und bei vorzeitigem Vertragsende zu ermitteln. Die zu Beginn des Vertragsverhältnisses geleistete Sonderzahlung von 9.078,95 DM sei Teil der vom Leasingnehmer geschuldeten Gegenleistung und daher so wie bereits gezahlte Raten zu behandeln.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei deshalb in der Weise zu berechnen, daß der Klägerin die mit dem Refinanzierungssatz der Klägerin von 7,22 % abgezinsten Leasingraten für den Zeitraum von der Rückgabe des Fahrzeugs bis zu dem regulären Vertragsende (= 9.303,59 DM) gutzuschreiben und hiervon die ersparten Verwaltungsaufwendungen (= 340 DM) sowie der Vorteil abzuziehen seien, der sich daraus ergebe, daß die Klägerin das Fahrzeug vorzeitig zurückerhalten und dementsprechend günstiger und früher habe verwerten können. Dieser Vorteil bestehe einmal darin, daß der Wert des Fahrzeuges bei Rückgabe um 2.631,58 DM höher gewesen sei als bei Vertragsende. Der vom Berufungsgericht beauftragte Sachverständige habe nämlich den Händlereinkaufswert für Dezember 1989 mit netto 23.464,91 DM und für Mai 1991 bei einer Laufleistung von 50.000 km mit netto 20.833,33 DM ermittelt. Von der Differenz seien allerdings, weil der Beklagte das Fahrzeug in reparaturbedürftigem Zustand zurückgegeben habe, die vom Sachverständigen festgestellten Reparaturkosten von 1.942,62 DM abzuziehen, so daß 688,96 DM verblieben. Zum anderen bestehe ein Vorteil der Klägerin darin, daß sie durch die vorzeitige Verwertungsmöglichkeit Zinsen in Höhe von 1.906,59 DM erspart habe. Die der Klägerin zustehenden Zinsen seien in Anlehnung an die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 115, 268, 273) gemäß § 287 ZPO auf 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu schätzen.
II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Da es indessen keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr bedarf, vermag der Senat in der Sache abschließend zu erkennen.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht auf Abschnitt XI Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin gestutzt werden kann. Insoweit braucht nicht entschieden zu werden, ob diese Regelung - wie das Berufungsgericht meint - als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG schon nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Jedenfalls ist sie nach § 9 Abs. 1 AGBG bereits deshalb unwirksam, weil sie laufzeitabhängige und damit durch die vorzeitige Vertragsbeendigung ersparte Aufwendungen nicht zugunsten des Leasingnehmers berücksichtigt (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - VIII ZR 296/89 = WM 1990, 2043 unter II 1).
2. Der Schaden der Klägerin ist daher konkret zu.berechnen. Dabei hat der Restwert des Fahrzeuges außer Betracht zu bleiben, da die Klägerin auch bei vertragsgemäßer Abwicklung des Leasinggeschäftes keinen Anspruch auf Vergütung des Restwertes gehabt hätte.
Die vom Berufungsgericht angewandte Berechnungsmethode stellt eine rechtlich mögliche Alternative zur konkreten Schadensermittlung bei fristlos gekündigten PKW-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung dar. Sie wird von der Revision als ihr günstig auch nicht angegriffen, so daß sie der Entscheidung zugrunde zu legen ist.
3. Die Revision beanstandet lediglich, daß das Berufungsgericht die vom Beklagten geleistete Sonderzahlung nicht auf die gesamte vertraglich vorgesehene Laufzeit verteilt sowie den danach "unverbrauchten" Anteil in Höhe von 6.178,77 DM dem Beklagten nicht gutgebracht habe und daß das Berufungsgericht die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten (1.906,59 DM) von der den Schadensersatzanspruch der Klägerin mindernden Differenz zwischen dem Fahrzeugwert im Dezember 1989 und Mai 1991 (= 2.631,58 DM) abgezogen habe, obwohl sie vom Sachverständigen bereits bei der Ermittlung des für Dezember 1989 maßgeblichen Wertes berücksichtigt worden seien.
a) Der erste Einwand ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Sonderzahlung des Beklagten zutreffend wie bereits entrichtete Leasingraten behandelt. Der Leasinggeber kann nach vom Leasingnehmer veranlaßter fristloser Kündigung im Wege des Schadensersatzes verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages gestanden hätte. In diesem Falle hätte die Klägerin neben den vereinbarten Leasingraten auch die gesamte Sonderzahlung erhalten. Abzuziehen sind von diesen vertraglich vereinbarten Leistungen zum Zwecke des Vorteilsausgleiches lediglich die Vorteile, die der Klägerin dadurch zukommen, daß sie die Geldleistungen des Leasingnehmers, die erst nach der fristlosen Kündigung fällig geworden wären, hier also allein die restlichen Leasingraten, vorzeitig beanspruchen konnte.
b) Mit ihrer zweiten Rüge hat die Revision dagegen Erfolg. In der Tat hat das Berufungsgericht übersehen, daß der Sachverständige ausweislich seines Gutachtens die erforderlichen Reparaturkosten bereits mindernd bei der Feststellung des Fahrzeugwertes im Dezember 1989 berücksichtigt hat. Sie durften deshalb nicht nochmals von der Differenz zu dem Wert per Mai 1991 abgezogen werden.
Die im übrigen rechnerisch richtige Ermittlung des Schadensersatzanspruches der Klägerin durch das Berufungsgericht war demgemäß dahin zu berichtigen, daß sich der Anspruch auf lediglich 4.425,42 DM (9.303,59 - 340 - 2.631,58 - 1.906,59) beläuft.
Zinsen hieraus stehen der Klägerin in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe zu. Dies läßt sich zwar entgegen dessen Auffassung nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 1991 (BGHZ 115, 268, 273) herleiten. Wie der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich klargestellt hat (Urteil vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 238/93 = WM 1994, 2073 unter III 1), bezog sich die damalige Entscheidung lediglich auf den Zinsanspruch von Kreditinstituten, nicht aber einer Handelsgesellschaft, um die es sich im vorliegenden Fall auch bei der Klägerin handelt. Deren Zinsanspruch ergibt sich der Höhe nach jedoch aus Abschnitt XIII Nr. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Gegen die Wirksamkeit dieser Klausel ergeben sich schon im Hinblick auf die in § 11 Abs. 1 VerbKrG getroffene Regelung, die Modellcharakter hat, keine Bedenken.
Fundstellen
Haufe-Index 2993311 |
BB 1995, 428 |
DB 1995, 467 |
NJW 1995, 954 |
NWB 1995, , 71 |
BGHR BGB § 249 Leasingsonderzahlung 1 |
BGHR BGB § 535 Leasing 20 |
DRsp I(133)549c |
ZIP 1995, 286 |
NZV 1995, 182 |
ZBB 1995, 187 |