Leitsatz (amtlich)
Beiträge des Arbeitgebers zur Berufsgenossenschaft sind nicht dem Erwerb des Arbeitnehmers i.S. von § 842 BGB zuzurechnen; sie werden von § 4 LFZG nicht erfaßt.
Normenkette
BGB § 842; LohnfortzahlungsG vom 27. Juli 1969 – BGBl. I S. 946 – § 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. April 1974 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 3. Juni 1971 wurde S., ein Arbeiter der Klägerin, bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt. Sie verlangt von dem Erstbeklagten als Halter und Fahrer des am Unfall beteiligten Pkw und der Zweitbeklagten als seinem Haftpflichtversicherer Erstattung ihrer Aufwendungen für S. während der ersten sechs Wochen seiner Arbeitsunfähigkeit. Inzwischen ist außer Streit, daß sie der Klägerin ¾ des fortgezahlten Arbeitsentgelts einschließlich der von ihr abgeführten Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung erstatten müssen. Im Rechtsstreit geht es jetzt nur noch darum, ob die Klägerin von den Beklagten auch Erstattung der für ihren Arbeiter zur Berufsgenossenschaft entrichteten Beiträge von 40,43 DM verlangen kann.
Das Landgericht hat der Klage auch insoweit stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie in diesem Umfang abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage wegen eines Betrages von 30,30 DM (¾ von 40,43 DM) weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts (das Urteil ist in VersR 1974, 1003 veröffentlicht), kann die Klägerin Erstattung der geltend gemachten Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht verlangen, weil dieser Schaden nicht dem Verletzten, sondern der Klägerin als von den Beklagten nicht zu ersetzender Drittschaden (Schaden eines nur mittelbar Geschädigten) entstanden sei. Das Berufungsgericht erwägt: der verletzte Arbeiter habe weder durch die Fortzahlung der Beiträge während seiner Arbeitsunfähigkeit einen Vorteil erlangt, noch würde er einen Nachteil erlitten haben, wenn die Beiträge während dieser Zeit nicht weitergezahlt worden wären. Sofern diese Aufwendungen infolge des Unfalls weitgehend nutzlos geworden seien, wirke sich das allein zum Nachteil der mit den Beiträgen belasteten Klägerin aus. Auch aus § 4 des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz – LFZG) vom 27. Juli 1969 (BGBl I S. 946) lasse sich ein Ersatzanspruch nicht herleiten. Nach Wortlaut und Sinn umfasse die Vorschrift die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht.
II.
Im Ergebnis bleibt die Revision gegenüber diesen Ausführungen ohne Erfolg.
1. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich derjenige, der für den Erwerbsausfall eines verletzten und dadurch vorübergehend arbeitsunfähigen Arbeitnehmers einzustehen hat (§ 842 BGB, § 11 StVG), nicht darauf berufen, daß der Verdienstentgang durch Leistungen Dritter – sei es aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, Tarifvereinbarungen oder vertraglicher Regelungen – aufgefangen wird. Solche Regelungen sollen nämlich den Arbeitnehmer schützen, nicht jedoch dem Schädiger nützen; diesen entlasten Ansprüche, die hieraus dem Arbeitnehmer etwa gegen seinen Arbeitgeber oder gegen die Sozialversicherungsträger erwachsen, nicht (vgl. BGHZ 7, 30, 47 ff; 21, 112, 116, 119; 38, 55, 59 ff; 42, 76, 78; 43, 378, 381, 383; 50, 304; 51, 109, 111; 59, 109, 111; Senatsurteile vom 5. Februar 1963 – VI ZR 33/62 = LM BGB § 249 [Cb] Nr. 11; vom 16. November 1965 – VI ZR 197/64 = LM BGB § 249[Ga] Nr. 12). Die Ersatzpflicht umfaßt deshalb alles, was der Arbeitnehmer durch die Verwertung seiner Arbeitskraft laufend erworben hat und nunmehr wegen des zeitweisen Ausfalls ohne die ihn schützenden gesetzlichen Bestimmungen, Tarifvereinbarungen oder vertraglichen Regelungen verlieren würde. Hierzu gehören deshalb u.a. auch die Arbeitgeberanteile, die der Arbeitgeber zwar aufgrund eigener gesetzlicher Verpflichtung, jedoch als zum Bruttolohn hinzutretendes Entgelt für seinen Arbeitnehmer auch während dessen zeitweiser Arbeitsunfähigkeit zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung abführt (BGHZ 43, 378 ff); auch sie muß der Schädiger als Verdienstausfall des Verletzten ersetzen, obwohl dieser sie – im rechnerischen Vergleich seiner Vermögenslage vor und nach dem Unfall – tatsächlich nicht verliert.
2. Diesen Grundsätzen der Rechtsprechung folgt das Lohnfortzahlungsgesetz, auf dessen § 4 Abs. 1 die Klägerin ihren Erstattungsanspruch stützt.
Nach dieser Vorschrift geht, wenn der Arbeiter von einem Dritten Schadensersatz wegen des Verdienstausfalls infolge Arbeitsunfähigkeit erlangen kann, der Anspruch nicht nur insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser dem Arbeiter nach dem Lohnfortzahlungsgesetz Arbeitsentgelt fortbezahlt, sondern auch insoweit, als der Arbeitgeber darauf entfallende, von ihm zu tragende Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung sowie zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung abgeführt hat.
Danach knüpft § 4 LFZG an einen Verdienstausfallschaden des Arbeitnehmers an. Sein Schaden soll – soweit es um die Ersatzpflicht des Schädigers geht – nicht dadurch berührt werden, daß der Arbeitgeber den zeitweisen Ausfall durch die näher bezeichneten Leistungen auffängt; diese sollen nicht unter Verkehrung ihres sozialpolitischen Sinns dem Schädiger zugute kommen. Freilich soll der Arbeitnehmer nicht doppelt entschädigt werden; die Lasten sollen jedoch dem Ersatzpflichtigen durch das Eintreten des Arbeitgebers nicht abgenommen oder vermindert werden. Dem Arbeitgeber wollte das Lohnfortzahlungsgesetz wohl das allgemeine Krankheitsrisiko, nicht darüberhinaus auch das Schadensrisiko auferlegen. Deshalb geht der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers in dem Umfang, in dem sein Schaden vom Arbeitgeber durch die bezeichneten Leistungen aufgefangen wird, kraft Gesetzes auf diesen über. Insoweit dient § 4 LFZG der Sicherung des sozialen Schutzes, den das Gesetz dem Arbeitnehmer durch Einwirkung auf das (Innen) Verhältnis zwischen ihm und dem Arbeitgeber gewährt, gegenüber Einflüssen von außen.
In dieser Bedeutung, nämlich lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung herbeizuführen, erschöpft sich die Vorschrift (BGHZ 62, 380, 386 ff). Sie ist insbesondere nicht geschaffen worden, dem Schädiger über seine Verpflichtung zum Ersatz des Verdienstausfalls des verletzten Arbeitnehmers hinausgehende zusätzliche Lasten im Interesse des Arbeitgebers aufzuerlegen. Nicht dessen Schaden, sondern den des verletzten Arbeitnehmers hat er zu ersetzen. Es fehlt jeder Anhalt dafür, daß § 4 LFZG dem durch den haftungsbegründenden Eingriff unmittelbar nicht Betroffenen (sog. mittelbar Geschädigten) eigene Ersatzansprüche verschaffen wollte, die ihm das System der gesetzlichen Haftung vorenthält. Darauf deutet auch nicht die Anpassung des § 4 Abs. 1 LFZG an die Regelung des Arbeitsförderungsgesetzes hin (Entwurf des Bundestagsausschusses für Arbeit – BT-Drucks. V/4285 zu I § 4), dessen § 127 Satz 1 den Übergang des Ersatzanspruches wegen eines durch die Arbeitslosigkeit erwachsenen Schadens auf die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung insoweit anordnet, als dieser durch die Gewährung von Leistungen an den Entschädigungsberechtigten nach jenem Gesetz Aufwendungen erwachsen. Auch jener Anspruchsübergang wird seinem Umfang nach durch den Schaden begrenzt, der dem Verletzten zuzurechnen ist (vgl. Krebs AFG § 127 Rdnr. 10; Schönefelder/Kranz/Wanka AFG § 127 Rdnr. 6).
3. Entgegen der Meinung der Revision ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß die Beiträge, die der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet, haftungsrechtlich nicht dem Erwerb des Arbeitnehmers i.S. von § 842 BGB, sondern dem Arbeitgeber selbst zuzurechnen sind, und deshalb dem Arbeitnehmer insoweit – auch „normativ” nicht – ein nach § 4 Abs. 1 LFZG übergangsfähiger Ersatzanspruch nicht erwächst, aufgrund dessen Erstattung der für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit weiter entrichteten Beiträge verlangt werden könnte (so auch OLG Koblenz NJV 1975, 881, 882; OLG Oldenburg VersR 1975, 719; Kehrmann/Pelikan, LFZG 2. Aufl. § 4 Anm. 5; Schneider, Die Sozialversicherung 1970, 66, 71; Lange, VersR 1970, 486, 493; Marburger, BB 1972, 320 ff; Bomhard, VersR 1974, 316 ff; a.A. Dötsch/Schnabel/Paulsdorf, LFZG 3. Aufl. § 4 Anm. 2; Mittelmeier, VersR 1974, 1055 ff; vgl. ferner zum Stand der Meinungen Wussow, WI 1966, 3 f; 1975, 100; 155 f).
a) Freilich kann für diese rechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend sein, daß der Arbeitgeber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung kraft eigener gesetzlicher Verpflichtung unmittelbar an die Berufsgenossenschaft abführt (§ 723 RVO). Haftungsrechtlich können durchaus auch gesetzliche Lasten, die dem Arbeitgeber aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern gegenüber den Trägern der Sozialversicherung erwachsen, ein zum Bruttolohn hinzutretendes Entgelt darstellen, das dem Arbeitnehmer aus seiner Arbeit zufließt. Wie schon ausgeführt, hat der erkennende Senat deshalb die Arbeitgeberanteile zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung als Erwerb des Arbeitnehmers i.S. von § 842 BGB angesehen, weil diese ausschließlich dem Arbeitnehmer zugute kommen und erst zusammen mit den von diesem zu tragenden Anteilen ihm den Schutz an Sozialversicherung verschaffen, den er durch seine Arbeit „verdient” (BGHZ 43, 378 ff). Hierauf beruht auch, wie ebenfalls schon angedeutet, die Einbeziehung der von dem Arbeitgeber zu tragenden Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit, der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung sowie zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung in seinen Rückgriff aus abgeleitetem Recht nach § 4 LFZG. Damit hat der Gesetzgeber in Anwendung der oben dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung zum Ersatzanspruch eines erwerbsgeschädigten Arbeiters solche Beiträge des Arbeitgebers, die während des zeitweisen Arbeitsausfalls des Arbeitnehmers fortzuentrichten sind, als auf einen Dritten (Arbeitgeber) verlagerten Schaden des Arbeitnehmers gewertet, den der Schädiger ersetzen muß.
Richtig ist es auch, wenn die Revision darauf hinweist, daß vernehmliches Ziel der gesetzlichen Unfallversicherung – wie der Sozialversicherung allgemein – die soziale Sicherung des Arbeitnehmers und seiner Familie ist und diese Sicherung ihm gewährt wird, weil er aufgrund seiner Arbeit auf solche Vorsorge einen Anspruch hat. Das verkennt im übrigen auch das Berufungsgericht nicht. Zwar nützt die mit dieser Sicherung oft auch verbundene Ablösung der zivilrechtlichen Haftung des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer, falls er derjenige ist, der ihm ersatzpflichtig sein würde, durch die Gesamthaftung aller in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer, die das System der gesetzlichen Unfallversicherung kraft des § 636 RVO bewirkt (vgl. BGHZ 52, 115, 122; 63, 313), auch den Belangen des Arbeitgebers. Ihm kommt im Ergebnis das Eintreten der Berufsgenossenschaft bei Arbeitsunfällen, für die er die Verantwortung trägt, wie die Leistungen eines Haftpflichtversicherers (vorbehaltlich des § 640 RVO) zugute. Doch dient auch das dem sozialen Schutz des Arbeitnehmers, der bei einem Arbeitsunfall in der Berufsgenossenschaft einen stets leistungsfähigen Schuldner in Anspruch nehmen kann und von den Kosten und Risiken langwieriger Auseinandersetzungen mit seinem Arbeitgeber befreit wird. Eine Auffassung, die die gesetzliche Unfallversicherung – wirtschaftlich betrachtet – überwiegend oder gar ausschließlich der einer Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers gleichsetzt (vgl. etwa Bernhard VersR 1974, 316), würde das System der gesetzlichen Unfallversicherung um diesen Aspekt des sozialen Schutzes verkürzen, in dessen Dienst die Ablösung der Unternehmerhaftung steht. Auch in diesem sozialen Anliegen unterscheidet sich die gesetzliche Unfallversicherung von anderen Zweigen der Sozialversicherung nicht.
b) Gleichwohl können die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung – anders als diejenigen zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung – haftungsrechtlich nicht als vom Schädiger zu ersetzendes Arbeitsentgelt des versicherten Arbeitnehmers angesehen werden, weil eine solche Zurechnung ihrer Ausgestaltung als genossenschaftliche Umlage, die wirtschaftlich in die Zuständigkeit des Arbeitgebers fällt, widersprechen würde. Das hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 16. November 1965 – VI ZR 197/64 = VersR 1966, 89 ausgeführt. Hieran hält er fest.
Mit den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung wird nicht die Gesamtheit der in ihr versicherten Arbeitnehmer, sondern das Kollektiv der in ihr verbundenen Unternehmer belastet. Entsprechend knüpft in der gesetzlichen Unfallversicherung das Beitragssystem (vgl. dazu BVerwGE 42, 68, 69 ff) an die Zugehörigkeit des Unternehmers zu einer Berufsgenossenschaft an. Anders als bei der Kranken- und Rentenversicherung, deren Mitglied er ist, hat nicht der Arbeitnehmer als „Gläubiger”der Versicherungsleistung im Versicherungsfall sich die Leistungsberechtigung durch Beitragszahlungen – sei es auch über seinen Arbeitgeber – zu verschaffen. In der gesetzlichen Unfallversicherung erbringt der Arbeitgeber die Versicherungsbeiträge als „Schuldner” der Versicherungsleistung im genossenschaftlichen Verband der Unternehmer; auf ihn als Mitglied der Berufsgenossenschaft werden deren Versicherungsleistungen umgelegt. Zwar kommen diese Beiträge dem Arbeitnehmer ebenso zugute wie der Arbeitgeberanteil zur Kranken- und Rentenversicherung; auch jener soll – zusammen mit dem Arbeitnehmeranteil – das Versicherungsaufkommen der Sozialversicherungsträger decken. Das ändert jedoch nichts an dem systembedingten Unterschied in der wirtschaftlichen Zuständigkeit für die Beiträge (Umlage), die dort beim versicherten Arbeitnehmer, hier bei dem genossenschaftlich verbundenen Unternehmer allein liegt.
Das schlägt sich auch in der Beitragsbemessung nieder. Die Beiträge werden, soweit nicht Vorschüsse zu entrichten sind (§§ 735, 746 RVO), im Wege des Umlageverfahrens jeweils für das Unternehmen nachträglich berechnet und erhoben (§§ 724 ff RVO). Sie werden abgestuft nach dem Grad der Unfallgefahren in dem Unternehmen, nicht nach dem Unfallrisiko der Tätigkeit des versicherten Arbeitnehmers (§§ 725, 730). Zuschläge oder Nachlässe werden mit Rücksicht auf Zahl und Schwere der im Unternehmen vorgekommenen Arbeitsunfälle auferlegt bzw. bewilligt (§ 725 Abs. 2 RVO). Der einzureichende Lohn- und Arbeitsstundennachweis dient lediglich der Berechnung des Anteils, der von einzelnen Unternehmen an den entstandenen und umzulegenden Aufwendungen der Berufsgenossenschaft zu übernehmen ist. Für bestimmte Berufsgenossenschaften sind von solchen Daten aus dem Beschäftigungsverhältnis der Versicherten gänzlich absehende, andere Berechnungsmaßstäbe für die Umlage vorgesehen. So werden in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die Beiträge nach dem Arbeitsbedarf oder dem Einheitswert oder einem anderen angemessenen Maßstab berechnet (§ 803 Abs. 1 RVO).
Ungeachtet des Umstandes, daß die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers finden, sind sie keine Lohnkosten, sondern bezeichnen den Anteil, der von dem Aufkommen der Berufsgenossenschaft auf den in ihr genossenschaftlich verbundenen Unternehmen als solchen entfällt.
Soweit sie der Arbeitgeber während der Ausfallzeit des Arbeitnehmers an seine Berufsgenossenschaft fortentrichtet, stellen sie deshalb keine Aufwendungen dar, die ihm durch die Lohnfortzahlung nach § 2 LFZG an den Arbeitnehmer erwachsen. Es fehlt insoweit der Zusammenhang mit dem Schutz, den das Gesetz dem Arbeitnehmer geben will.
In diese Richtung weist auch der Umstand, daß die Regelung der §§ 10 ff LFZG, nach der die Aufwendungen des einzelnen Arbeitgebers auf sämtliche am Ausgleich beteiligten Arbeitgeber umgelegt werden, zwar die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nicht aber diejenigen zur gesetzlichen Unfallversicherung erwähnt (vgl. § 10 Abs. 1 LFZG).
Auch dem Arbeitgeber selbst entstehen übrigens durch die Fortentrichtung der Beiträge während einer von einem Dritten zu verantwortende zeitweise Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers im Grundsatz keine zusätzlichen Lasten. Jedenfalls sind solche als vom Dritten veranlaßt nicht zuverlässig abgrenzbar. Soweit der Ausfall nicht auf einen Arbeitsunfall zurückgeht, fehlt es an umzulegenden beitragserhöhenden Versicherungsleistungen. Ist der von einem außenstehenden Dritten zu verantwortende Unfall zugleich ein Arbeitsunfall, so schlagen die Leistungen der Berufsgenossenschaft im Beitrag des Arbeitgebers jedenfalls insoweit nicht zu Buche, als ein Rückgriff der Berufsgenossenschaft beim Schädiger nach § 1542 RVO bei der Umlage zu berücksichtigen ist (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. § 723 Rdnr. 2 c S. 976). Der Gesichtspunkt, daß die Auswirkungen der Arbeitsausfälle, die aufgrund Verletzungen der Arbeitnehmer durch Dritte, insbesondere im Straßenverkehr, entstehen, nur dem Schädiger und nicht den Beschäftigungsbetrieben angelastet werden sollen (vgl. BGHZ 21, 112, 119), tritt deshalb bei den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung während der Ausfallzeit zurück.
Unterschriften
Dr. Weber, Nüßgens, Scheffen, Dr. Steffen, Dr. Kullmann
Fundstellen
Haufe-Index 1502192 |
NJW 1976, 326 |
Nachschlagewerk BGH |