Verfahrensgang
Bayerischer AGH (Urteil vom 09.05.2023; Aktenzeichen BayAGH III - 4 - 19/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des 4. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 9. Mai 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine Kosten selbst.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Rz. 1
Der Beigeladene ist seit dem 21. Oktober 2009 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Außerdem war er im Zeitraum vom 10. Oktober 2016 bis zum 19. Februar 2021 im Hinblick auf seine damalige Tätigkeit als Geschäftsführer der d. GmbH als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. Mit Beschluss vom 1. Juli 2020 bestellte die v. GmbH den Beigeladenen zum Geschäftsführer. Am Kapital der Gesellschaft ist der Beigeladene als Gründungsgesellschafter mit einem Anteil von 25 % beteiligt. Am 29. März 2021 schloss er mit der v. GmbH einen Geschäftsführervertrag.
Rz. 2
Die Klägerin stellte auf Antrag des Beigeladenen mit Bescheid vom 10. August 2021 in einem Statusfeststellungsverfahren im Sinne von § 7a SGB IV fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der v. GmbH im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (§ 7 Abs. 1 SGB IV) ausübe.
Rz. 3
Am 31. März 2021 beantragte der Beigeladene seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der v. GmbH.
Rz. 4
Die Klägerin wurde in dem Zulassungsverfahren angehört und ist dem Antrag entgegengetreten. Mit Bescheid vom 10. November 2021 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Zulassungsbescheids erreichen wollte.
Rz. 5
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Rz. 6
Der Anwaltsgerichtshof hat den Zulassungsbescheid der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat er - soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt: Die Zulassungsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 2 BRAO seien nicht gegeben, weil der Beigeladene als GmbH-Geschäftsführer nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern im Rahmen eines Geschäftsführer-Dienstverhältnisses für die v. GmbH tätig sei. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs. 2 BRAO sprächen insbesondere im Hinblick auf die haftungsrechtliche Situation eines GmbH-Geschäftsführers dagegen, sein Vertragsverhältnis unter den Begriff des Arbeitsverhältnisses zu fassen. Eine analoge Anwendung scheide aus und es liege hier auch kein Sonderfall vor, in dem die Geschäftsführereigenschaft einer Syndikuszulassung ausnahmsweise nicht entgegenstünde. Ferner sei die Zulassung für seine jetzige Tätigkeit auch nicht dadurch zu rechtfertigen, dass ihm im Hinblick auf seine frühere Tätigkeit als Geschäftsführer bei einer anderen Gesellschaft eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erteilt worden sei. Schließlich lasse sich die Zulassung des Beigeladenen nicht auf den Bescheid der Klägerin vom 10. August 2021 stützen. Die darin getroffene Feststellung, dass der Beigeladene im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig werde, sei von der Bindungswirkung des Bescheids nicht erfasst.
Rz. 7
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Anwaltsgerichtshof zugelassenen Berufung. Sie ist der Auffassung, es stehe bei zutreffender Auslegung des § 46 Abs. 2 BRAO der Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegen, dass dieser regelmäßig nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Gesellschaft tätig sei. Der Gesetzgeber habe den Geschäftsführer einer GmbH nicht bewusst aus dem Anwendungsbereich des § 46 BRAO herausnehmen wollen. Insbesondere auch deshalb, weil der GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich wie ein Arbeitnehmer behandelt werde, sei er berufsrechtlich ebenfalls wie ein Arbeitnehmer einzustufen. Die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung lägen vor.
Rz. 8
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des 4. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 9
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Rz. 10
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das Dienstverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers könne insbesondere nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und mit Blick auf die haftungsrechtliche Situation eines Geschäftsführers nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO angesehen werden. Es fehlten zudem weitere Zulassungsvoraussetzungen. Insbesondere sei das Vertragsverhältnis des Beigeladenen nicht durch anwaltliche Tätigkeiten geprägt.
Rz. 11
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er macht geltend, es sei nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, GmbH-Geschäftsführer von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auszunehmen. Auch sei es absurd und widersprüchlich, wenn er sozialrechtlich wie ein in einem Arbeitsverhältnis stehender Angestellter behandelt, berufsrechtlich aber nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werde. Ferner sei die Klägerin daran festzuhalten, dass sie im Bescheid vom 10. August 2021 das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses angenommen habe. Außerdem beruft der Beigeladene sich auf Vertrauensschutz, weil die Klägerin ihn in den vergangenen Jahren durchweg von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit habe. Schließlich sei eine Versagung der Zulassung aufgrund einer rentenrechtlichen Fragestellung unverhältnismäßig und verletze seine verfassungsrechtlich garantierten Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Rz. 12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 13
Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2 und 3 VwGO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
Rz. 14
Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof entschieden, dass der Zulassungsbescheid vom 10. November 2021 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Voraussetzungen für eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt liegen nicht vor.
Rz. 15
Gemäß § 46a BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht. Dies setzt nach § 46 Abs. 2 BRAO unter anderem voraus, dass der Antragsteller im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für einen Arbeitgeber tätig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Das Vertragsverhältnis des Beigeladenen als Geschäftsführer bei der v. GmbH ist weder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO noch kann es in analoger Anwendung dieser Vorschrift als solches behandelt werden.
Rz. 16
1. Zutreffend ist der Anwaltsgerichtshof davon ausgegangen, dass das durch den mit "Geschäftsführervertrag" überschriebenen Vertrag zwischen dem Beigeladenen und der v. GmbH vom 29. März 2021 begründete Vertragsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 611a BGB, sondern ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtetes freies Dienstverhältnis darstellt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteile vom 7. Dezember 2020 - AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 8; vom 18. März 2019 - AnwZ (Brfg) 22/17, NJOZ 2019, 964 Rn. 6; vom 10. Mai 2010 - II ZR 70/09, NJW 2010, 2343 Rn. 7; vom 10. Januar 2000 - II ZR 251/98, NJW 2000, 1864, 1865 unter II 1; vom 26. März 1984 - II ZR 120/83, BGHZ 91, 217, 219; ebenso für den Regelfall mit einem Vorbehalt für - hier nicht vorliegende - "extreme[…] Ausnahmefälle[…]": BAG NJW 2022, 1189 Rn. 22 f; BAGE 165, 61 Rn. 24; BAGE 116, 254, 258; BAG, NJW 1999, 3731, 3732).
Rz. 17
2. Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt deshalb abgelehnt, weil ein derartiges Geschäftsführerdienstverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2, Abs. 3 BRAO darstellt. Der Gesetzgeber hat die Syndikuszulassung durch die in dieser Vorschrift normierte Zulassungsvoraussetzung eines Arbeitsverhältnisses bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt. Eine Syndikuszulassung von Geschäftsführern, die im Rahmen eines Geschäftsführerdienstverhältnisses und damit nicht als Arbeitnehmer tätig sind, ermöglicht diese Vorschrift dementsprechend nicht (ebenso AGH München, Urteil vom 23. November 2022 - BayAGH I-5-15/21, juris Rn. 47 ff.; AGH Hamm, Urteil vom 14. Februar 2020 - 1 AGH 38/19, juris Rn. 18 ff.; AGH Stuttgart, Urteil vom 10. Oktober 2023 - AGH 7/2022 I, n.v.; AGH Frankfurt am Main, Urteil vom 2. September 2019 - 2 AGH 7/18, n.v.; aA AGH Schleswig, Urteil vom 21. Juni 2021 - 2 AGH 6/20, juris Rn. 39 ff.; AGH Frankfurt am Main, BRAK-Mitt 2023, 409, 411; Deckenbrock, NJW 2022, 3688 Rn. 17; Grunewald, NJW 2021, 3696, 3698; Freundorfer/Söller, AnwBl Online 2023, 193, 194 f.; Huff, ZAU 2023, 494 f.; Söller, GmbHR 2021, 1193 Rn. 19 ff. und NZG 2024, 1241, 1243 f. [analoge Anwendung des § 46 Abs. 2 BRAO]).
Rz. 18
a) Dem Wortlaut von § 46 Abs. 2 BRAO lässt sich die Einbeziehung von im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätigen Geschäftsführern nicht entnehmen. Nach dieser Vorschrift üben Angestellte anderer als der in § 46 Abs. 1 BRAO genannten Personen oder Gesellschaften ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt liegt demnach schon nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO nicht bei jeder nichtselbständigen anwaltlichen Tätigkeit von Unternehmensjuristen für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber vor, sondern nur dann, wenn diese im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind.
Rz. 19
Die Begriffe "Arbeitgeber" und "Arbeitsverhältnis" sind in ihrer rechtlichen Bedeutung grundsätzlich dahingehend definiert, dass ein freies Dienstverhältnis wie dasjenige eines GmbH-Geschäftsführers hierunter nicht zu verstehen ist. Dies ergibt sich sowohl aus der Legaldefinition des § 611a BGB als auch - vor Inkrafttreten dieser Vorschrift zum 1. April 2017 - aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe nur BAGE 146, 97 Rn. 16 ff., mwN), die in § 611a BGB unter wörtlicher Wiedergabe der Leitsätze des Bundesarbeitsgerichts übernommen wurde, ohne dass eine Änderung der bisherigen Rechtslage damit verbunden sein sollte (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 20. Juli 2016, BT-Drucks. 18/9232, S. 31 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 19. Oktober 2016, BT-Drucks. 18/10064, S. 17). Ein anderweitiges Verständnis eines Arbeitsverhältnisses lässt sich dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 BRAO nicht entnehmen. Insbesondere greifen angesichts der Übernahme der von dem Bundesarbeitsgericht geprägten Definition eines Arbeitsverhältnisses in § 611a BGB die in der Literatur vereinzelt angedeuteten Zweifel, ob der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO die Definition des Arbeitsvertrags in § 611a BGB vor Augen gehabt haben könne, weil diese Vorschrift erst mit Wirkung zum 1. April 2017 und damit nach Inkrafttreten der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO zum 1. Januar 2016 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden sei (vgl. Huff, NJW 2023, 158), nicht durch.
Rz. 20
b) Die Gesetzesmaterialien des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I, S. 2517) bekräftigen die Auslegung, dass das Vertragsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO anzusehen ist. Denn diesen ist - insbesondere auf Grund der vom Gesetzgeber zu Grunde gelegten Geltung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung für den von der Vorschrift umfassten Personenkreis und des deshalb im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Verzichts auf die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt - zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff des Arbeitsverhältnisses in § 46 Abs. 2 BRAO bewusst im Sinne der damaligen Definition des Bundesarbeitsgerichts verwendet hat und eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur bei einer Tätigkeit im Rahmen eines derartigen, den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung unterliegenden Arbeitsverhältnisses ermöglichen wollte.
Rz. 21
aa) Der Fraktionsentwurf des vorgenannten Gesetzes enthielt in § 46 Abs. 2 BRAO zunächst die Formulierung, dass Angestellte anderer als der in § 46 Abs. 1 BRAO genannten Personen oder Gesellschaften ihren Beruf als Rechtsanwalt ausüben, sofern sie im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte; vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 5). In den im Fraktionsentwurf enthaltenen Regelungen der §§ 46 ff. BRAO-E war durchgängig von "Anstellungsverhältnis" die Rede. In § 46a Abs. 4 Nr. 1 BRAO des Entwurfs war geregelt, dass für Syndikusrechtsanwälte die Versicherungspflicht nach § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 51 BRAO gelten sollte mit der Maßgabe, dass Syndikusrechtsanwälte der Versicherungspflicht genügen, wenn die sich aus ihrer Syndikustätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden durch eine beim Arbeitgeber bestehende Haftpflichtversicherung abgedeckt sind und diese den Anforderungen des § 51 BRAO entspricht.
Rz. 22
Der Begründung des Fraktionsentwurfs ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bereits in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens nur die Zulassung von im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne beschäftigten Arbeitnehmern als Syndikusrechtsanwalt im Blick hatte. So spricht die Begründung von arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnissen des Arbeitgebers, die hinter der Weisungsfreiheit in anwaltlichen Angelegenheiten zurückstehen müsse, von der Arbeitnehmereigenschaft des Syndikusrechtsanwalts und dessen Eingliederung in die von dem Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation (BT-Drucks. 18/5201, S. 26), von dem Arbeitsvertrag des Syndikusrechtsanwalts, dem Status als Arbeitnehmer und dem auf dem Arbeitsvertrag beruhenden Weisungsrecht als wesentlichem Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses (BT-Drucks. 18/5201, S. 29). Die in dem Fraktionsentwurf vorgesehene Versicherungspflicht wurde damit begründet, dass der Syndikusrechtsanwalt ungeachtet seiner beruflichen Stellung als Arbeitnehmer sowohl Ansprüchen seines Arbeitgebers als auch Ansprüchen Dritter ausgesetzt sein könne (BT-Drucks. 18/5201, S. 35).
Rz. 23
bb) Dass der Gesetzgeber das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne, für das die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten, als Zulassungsvoraussetzung angesehen hat, wurde im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch dadurch verdeutlicht, dass in §§ 46 ff. BRAO der Begriff Anstellungsverhältnis aus der Fassung des Fraktionsentwurfs durch den Begriff Arbeitsverhältnis ersetzt wurde. Insbesondere aber wurde die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gestrichen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 2. Dezember 2015, BT-Drucks. 18/6915, S. 6). Zur Begründung wurde im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte darauf verwiesen, dass durch die einheitliche Änderung der Begrifflichkeit verdeutlicht werden solle, dass sich die Haftung nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Arbeitsrechts richte, die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung also unberührt blieben und Syndikusrechtsanwälte mithin unter denselben Voraussetzungen wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position hafteten (BT-Drucks. 18/6915, S. 23). Da die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung auch für Syndizi gälten, bedürfe es keiner Berufshaftpflichtversicherung gegenüber dem eigenen Arbeitgeber (BT-Drucks. 18/6915, S. 13). Das Vertragsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts zu seinem Arbeitgeber werde einheitlich als Arbeitsverhältnis bezeichnet und in Anbetracht der Besonderheiten dieses Arbeitsverhältnisses werde auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt verzichtet (BT-Drucks. 18/6915, S. 15).
Rz. 24
Diese Änderungen bekräftigen, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Zulassung von Unternehmensjuristen, deren Stellung im Unternehmen - abgesehen von ihrer fachlich unabhängigen und eigenverantwortlichen anwaltlichen Tätigkeit - derjenigen eines Arbeitnehmers im Sinne der obigen zivil- und arbeitsrechtlichen Grundsätze entspricht, als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen wollte, nicht jedoch (auch) die Zulassung von Personen, die im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses für das Unternehmen anwaltlich tätig sind.
Rz. 25
Entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgte die Änderung des Gesetzestextes nicht allein deshalb, um klarzustellen, dass die Haftungsprivilegierung eines Arbeitnehmers im Sinne von § 611a BGB durch seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht verlorengeht. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Berufshaftpflichtversicherung für den Syndikusrechtsanwalt - anders als für den niedergelassenen Rechtsanwalt - nicht für erforderlich gehalten und von der im ursprünglichen Gesetzentwurf noch enthaltenen Verpflichtung zu deren Abschluss sogar explizit abgesehen hat mit dem Argument, dass der Syndikus ohnehin (nur) der Arbeitnehmerhaftung unterliege, zeigt, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Zulassung von denjenigen Unternehmensjuristen ermöglichen wollte, für die die Privilegien der Arbeitnehmerhaftung gelten. Dementsprechend lässt sich der Gesetzesbegründung auch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers neben Syndikusrechtsanwälten, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten, auch Syndikusrechtsanwälte geben sollte, die keine Arbeitnehmer im Sinne von § 611a BGB sind und ihrem Dienstherrn nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung, sondern nach den für ihr jeweiliges Vertragsverhältnis geltenden Regeln haften.
Rz. 26
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten lassen sich auch aus dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom 22. Oktober 2020 (BT-Drucks. 19/23821) keine anderweitigen Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers ziehen. Es handelt sich hierbei um eine Evaluierung der Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen für den Zeitraum 2016 bis 2018. Der Bericht zeigt im Berichtszeitraum zur Zulassung eines Geschäftsführers ergangene Rechtsprechung auf (BT-Drucks. 19/23821, S. 13 f.), verweist auf die in der Anwaltschaft vertretene Auffassung, wonach die Zulassungsvoraussetzung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht sachgerecht sei, und kommt zu der Bewertung, dass der Begriff Arbeitsverhältnis im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die Haftungsfragen bewusst gewählt worden sei. Die Rechtsprechung zeige, dass ausreichend Raum für die weitere Entwicklung der Gesetzesanwendung in der Praxis bestehe; ein gesetzgeberisches Handeln sei nicht angezeigt (BT-Drucks. 19/23821, S. 18 f.). Aussagen, die Rückschlüsse zuließen auf den Willen des Gesetzgebers, bei der Neuregelung der Syndikuszulassung auch Geschäftsführer-Dienstverträge als Arbeitsverträge im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO einzuordnen, ergeben sich hieraus nicht.
Rz. 27
dd) Aus den Gesetzesmaterialien und der Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere aus dem Verzicht auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung unter Verweis auf die Geltung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung, ergibt sich mithin der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, eine Syndikuszulassung nur für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu ermöglichen, für die die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten. Diese gesetzliche Konzeption umfasst die Zulassung von Geschäftsführern nicht. Denn ein Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer. Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten für ihn dementsprechend nicht (vgl. BGH, Urteile vom 18. März 2019 - AnwZ (Brfg) 22/17, NJOZ 2019, 964 Rn. 6; vom 25. Juni 2001 - II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 172). Vielmehr hat ein Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und haftet der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG auch für leichte Fahrlässigkeit, wenn er seine Obliegenheiten verletzt (vgl. MünchKommGmbHG/Fleischer, 4. Aufl., § 43 Rn. 309; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 43 Rn. 38).
Rz. 28
c) Auch aus Sinn und Zweck der Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte ergibt sich - entgegen der Auffassung des Beigeladenen - nicht, dass der Gesetzgeber das Dienstverhältnis eines Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 Abs. 2 BRAO ansehen und die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen wollte. Im Gegenteil hat er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt.
Rz. 29
Zwar wollte der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit als Syndikus Rechnung tragen, der zufolge eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form abhängiger Beschäftigung nicht möglich sein sollte, weil die Eingliederung in die von einem Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar sei, weshalb eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht komme (vgl. BSGE 115, 267 Rn. 39; BSG, WM 2014, 1883 Rn. 29). Als Reaktion hierauf sollte mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine statusrechtliche Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen als Rechtsanwalt, allerdings mit gewissen Einschränkungen, erfolgen (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 1 f.). Insbesondere sollte - wie nach bisheriger rechtlicher Handhabung - die Möglichkeit eröffnet werden, dass Syndikusrechtsanwälte von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben, um auf diese Weise auch den Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu erreichen beziehungsweise fortzuschreiben (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 13).
Rz. 30
Daraus folgt jedoch nicht, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung der §§ 46 ff. BRAO eine Zulassung jeglicher sozialversicherungspflichtiger anwaltlicher Tätigkeit und damit auch derjenigen eines GmbH-Geschäftsführers ermöglichen wollte. Er hat die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt vielmehr bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt.
Rz. 31
aa) Der arbeitsrechtliche Begriff des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 611a BGB beziehungsweise der vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist mit dem für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI entscheidenden Kriterium einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nicht deckungsgleich. Beschäftigung im letztgenannten Sinn ist nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV vielmehr die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Rz. 32
bb) Für Geschäftsführer einer GmbH ergibt sich hieraus eine unterschiedliche Einordnung von deren Vertragsverhältnis im Bereich des Zivil- und Arbeitsrechts einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits. Nach ständiger Rechtsprechung wird das Vertragsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers - wie ausgeführt - nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 611a BGB, sondern als ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichtetes freies Dienstverhältnis angesehen. Dies wird bestätigt durch die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, wonach Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit berufen sind, in deren Betrieb nicht als Arbeitnehmer gelten. Bewusst in Abweichung hiervon (vgl. BSGE 125, 183 Rn. 19 mwN) werden Geschäftsführer einer GmbH, die - anders als der Beigeladene - nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind (Fremdgeschäftsführer), nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausnahmslos sowie Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Minderheitsbeteiligung - wie sie der Beigeladene mit 25 % des Gesellschaftskapitals hält - grundsätzlich als nichtselbständig Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV und damit als nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sozialversicherungspflichtig eingestuft (vgl. BSGE 125, 183 Rn. 18, 20 ff.; BSGE 129, 254 Rn. 12 f.).
Rz. 33
cc) Der Umstand, dass ein Vertragsverhältnis nach dem Sozialversicherungsrecht als rentenversicherungspflichtige Beschäftigung, nach den für §§ 46 ff. BRAO maßgeblichen arbeitsrechtlichen Kriterien dagegen als freies Dienstverhältnis zu qualifizieren ist und somit trotz sozialrechtlich bestehender Rentenversicherungspflicht eine Syndikuszulassung ausscheidet, ist indes von dem Gesetzgeber in Kauf genommen worden und kann somit nicht als Argument herangezogen werden, um den vom Gesetzgeber in §§ 46 ff. BRAO bewusst gewählten Begriff des Arbeitsverhältnisses - abweichend von dessen arbeitsrechtlichem Inhalt - zu interpretieren. Denn trotz dieser allgemein bekannten Unterschiede zwischen dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses und dem für die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung maßgeblichen Kriterium einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie der hieraus folgenden unterschiedlichen Bewertung des Vertragsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt an das arbeitsrechtliche Kriterium des Arbeitsvertrags und nicht an die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der jeweiligen Tätigkeit als abhängige oder selbständige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzuknüpfen. Der Gesetzgeber hat damit in Kauf genommen, dass nicht jeder anwaltlich in einem Unternehmen Tätige, der nach den Grundsätzen des Sozialrechts versicherungspflichtig ist, Syndikusrechtsanwalt werden und hierdurch von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden kann.
Rz. 34
Dem steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht entgegen, dass der Gesetzeber mit der Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte einen Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht erreichen beziehungsweise fortschreiben wollte (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 13). Denn dies bedeutet nicht, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in jedem Fall einer Sozialversicherungspflicht einer in einem Unternehmen anwaltlich tätigen Person eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgen sollte, um eine Befreiung von der Versicherungspflicht zu erwirken. Eine derartige Abhängigkeit der Anwaltszulassung von der nach dem Sozialversicherungsrecht bestehenden Versicherungspflicht hat der Gesetzgeber bewusst nicht eingeführt. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr ausdrücklich gegen eine rein sozialrechtliche und für eine berufsrechtliche Lösung entschieden, wonach zunächst im Berufsrecht über die Zulassung befunden wird und der berufsrechtlichen Entscheidung folgend die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erteilen ist (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 22). Gemeint ist mit dem Verweis des Gesetzgebers auf den Gleichlauf zwischen Syndikusrechtsanwaltszulassung und Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung somit nur, dass im Falle einer Zulassung nach den gesetzlich vorgegebenen Zulassungsvoraussetzungen zugleich eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen sollte, was der Gesetzgeber durch die Bindung der gesetzlichen Rentenversicherung an eine bestandskräftige Zulassungsentscheidung einer Rechtsanwaltskammer in § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO bewirkt hat (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 32 f.). Entgegen der Auffassung des Beigeladenen führt dies nicht dazu, dass die Zulassung zum Beruf des Syndikusrechtsanwalts von der rentenrechtlichen Beurteilung durch einen Sozialversicherungsträger abhängig wäre. Im Gegenteil ist die Zulassungsentscheidung gerade unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Frage, ob das jeweilige Beschäftigungsverhältnis nach den Kriterien des Sozialversicherungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt.
Rz. 35
3. Der Geschäftsführervertrag des Beigeladenen kann auch nicht in analoger Anwendung des § 46 Abs. 2 BRAO als Arbeitsverhältnis angesehen werden.
Rz. 36
Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 14. März 2023 - XI ZR 420/21, BGHZ 236, 320 Rn. 33; vom 20. Juni 2016 - AnwZ (Brfg) 56/15, NJW-RR 2017, 249 Rn. 18 mwN). Die planwidrige Regelungslücke muss sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben und aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können (vgl. BGH, Urteile vom 4. März 2021 - III ZR 39/20, juris Rn. 34; vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, NJW 2021, 1942 Rn. 38 ff.; vom 2. Juli 2018 - AnwZ (Brfg) 49/17, juris Rn. 59; jeweils mwN).
Rz. 37
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder lässt sich ein unbeabsichtigtes Abweichen des Gesetzgebers von seinem Regelungsplan positiv feststellen noch ist die Interessenlage des Beigeladenen mit derjenigen vergleichbar, für die eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach der gesetzlichen Regelung zu bejahen ist.
Rz. 38
a) Weder aus den Vorschriften der §§ 46 ff. BRAO noch aus den oben genannten Gesetzesmaterialien ergibt sich ein Regelungsplan des Gesetzgebers für die Zulassung von Syndikusrechtsanwälten, der auch eine Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers wie den Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt umfasst. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung, insbesondere auch durch den im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit Blick auf die Haftungsabsicherung durch die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung erfolgten Verzicht auf das Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung, zum Ausdruck gebracht, dass er die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts durch die arbeitsvertraglich ausgelöste Arbeitnehmerhaftung bewirken wollte (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 35; BT-Drucks. 18/6915, S. 13, 23). Nach dem Konzept des Gesetzgebers sollte deshalb nicht jedem anwaltlich tätigen Unternehmensjuristen eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglicht werden, sondern nur denjenigen, deren anwaltliche Unabhängigkeit durch die Geltung der beschränkten Arbeitnehmerhaftung gesichert ist, mithin Arbeitnehmern. Die Zulassung von in einem Unternehmen anwaltlich tätigen Personen, deren Haftung diesem gegenüber nicht durch die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung beschränkt ist, wie dies etwa bei Geschäftsführern der Fall ist, war demnach gerade nicht von dem Regelungsplan des Gesetzgebers umfasst. Eine implizite Gesetzeskorrektur kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.
Rz. 39
b) Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Zulassung bewusst auf Arbeitnehmer beschränkt hat, um die anwaltliche Unabhängigkeit durch die in diesem Fall geltenden Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu gewährleisten, der Beigeladene aber als Geschäftsführer der Gesellschaft nach der gesetzlichen Konzeption weitergehend, nämlich nach § 43 Abs. 2 GmbHG für jede Fahrlässigkeit, haftet, besteht hier auch keine - für eine Analogie erforderliche - hinreichend vergleichbare Interessenlage mit der vom Gesetzgeber geregelten Syndikuszulassung eines Arbeitnehmers. Vielmehr liegen grundverschiedene Gestaltungen vor, für die eine Wertungsgleichheit nicht zu bejahen ist.
Rz. 40
Das Vorbringen der Beklagten, dass die einen Syndikusrechtsanwalt beschäftigende Gesellschaft weniger schützenswert sei als der Mandant eines Rechtsanwalts und dass dies auch für den geschäftsführenden Gesellschafter gelte, der im Falle der Fehlberatung nicht nur sein Unternehmen, sondern ohnehin zugleich sich selbst schädige, ist vor diesem Hintergrund ebenso wenig erheblich wie der Umstand, dass die Gesellschaft bei einem Geschäftsführer als Syndikusrechtsanwalt im Hinblick auf dessen umfassendere Haftung bei einer anwaltlichen Fehlberatung stärker vor Schäden abgesichert sein könnte als bei einem Arbeitnehmer als Syndikusrechtsanwalt (so Grunewald, NJW 2021, 3696, 3698). Denn diese Erwägungen betreffen nur Aspekte des bei der Gesellschaft möglicherweise durch eine anwaltliche Falschberatung entstehenden Schadens. Sie betreffen demgegenüber nicht die für die Beschränkung der Zulassung auf Arbeitnehmer für den Gesetzgeber maßgebliche Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch die nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung beschränkte Haftung des Syndikusrechtsanwalts, durch die sich die von dem Gesetzgeber geregelte Fallgestaltung grundlegend von der hier vorliegenden Konstellation unterscheidet.
Rz. 41
4. Ohne Erfolg beruft sich der Beigeladene darauf, das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO müsse deshalb bejaht werden, weil die Klägerin in ihrem Bescheid vom 10. August 2021 im Verfahren nach § 7a SGB IV festgestellt habe, dass seine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zum einen bezieht sich die Bindungswirkung des Bescheids vom 10. August 2021 lediglich auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen, nicht jedoch auf rechtliche Vorfragen, die zu dieser Feststellung geführt haben (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87, SozR 1300 § 44 Nr. 38, juris Rn. 25; BVerwG, NVwZ-RR 2016, 471 Rn. 4). Zum anderen wird in dem Verfahren zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nur die Frage des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des Sozialversicherungsrechts geprüft, nicht jedoch das - für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt maßgebliche - Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 46 Abs. 2 BRAO. Eine Bindungswirkung der Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für das berufsrechtliche Verfahren auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bezüglich der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 46 ff. BRAO vorliegt, scheidet von vornherein aus.
Rz. 42
5. Der Umstand, dass der Beigeladene für eine frühere Tätigkeit als Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft als Syndikusrechtsanwalt zugelassen worden war, ist für das vorliegende Zulassungsverfahren ebenfalls unerheblich. Insbesondere kann sich der Beigeladene insoweit nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn die Zulassung ist tätigkeitsbezogen und das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zulassung ist für jede Tätigkeit neu zu prüfen.
Rz. 43
6. Anders als der Beigeladene meint, verstößt es nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, dass er auf Grundlage der durch § 46 Abs. 2 BRAO normierten Zulassungsvoraussetzung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden kann. Zwar liegt insoweit ein Eingriff in das Grundrecht des Beigeladenen aus Art. 12 Abs. 1 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit vor, als er hierdurch seine Tätigkeit bei der v. GmbH nicht als Syndikusrechtsanwalt ausüben kann. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn er erfolgt - wie dies Art. 12 Abs. 1 GG erfordert (vgl. nur BVerfGE 141, 82 Rn. 47 mwN) - auf einer gesetzlichen Grundlage, nämlich § 46 Abs. 2 BRAO, und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Rz. 44
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 46 Abs. 2 BRAO, soweit sie in der hier gegebenen Konstellation zur Ablehnung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt führt, bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Gesetzgeber konnte zur Sicherung der Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts an die Arbeitnehmereigenschaft und das gesetzliche Konzept der Arbeitnehmerhaftung anknüpfen. Dies stellt mit Blick auf das übergeordnete Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege einen legitimen Zweck dar (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2020 - AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 31). Im Hinblick hierauf ist auch der mit der Ablehnung der Zulassung im Falle des Fehlens eines Arbeitsverhältnisses verbundene, den Beigeladenen ohnehin nur in geringem Maße in seiner Berufsausübung beeinträchtigende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit verhältnismäßig.
Rz. 45
7. Nach alledem scheidet eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der v. GmbH schon deshalb aus, weil er nicht - wie dies § 46 Abs. 2 BRAO voraussetzt - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für seine Arbeitgeberin tätig ist. Es kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen einer Zulassung vorliegen würden, insbesondere, ob das Vertragsverhältnis durch anwaltliche Tätigkeit für die v. GmbH geprägt ist.
II.
Rz. 46
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO festgesetzt.
Limperg Liebert Ettl
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Fundstellen
Dokument-Index HI16707314 |