Leitsatz (amtlich)
›Zur Frage der Zurückweisung eines im Vaterschaftsprozeß gestellten Beweisantrags auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens, wenn die schon durchgeführte Begutachtung bereits eine hohe Vaterschaftswahrscheinlichkeit für den Beklagten ergibt.‹
Verfahrensgang
AG Langenfeld |
OLG Düsseldorf |
Tatbestand
Der Kläger wurde am 24. Mai 1989 nichtehelich geboren. Er nimmt den Beklagten auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts in Anspruch. Er hat vorgetragen, der Beklagte habe mit seiner, des Klägers, Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit (vom 26. Juli bis 24. November 1988) geschlechtlich verkehrt. Der Beklagte hat eingeräumt, während der Empfängniszeit mit der Kindesmutter verkehrt zu haben. Er hat jedoch geltend gemacht, die Beziehung, die mehrere Jahre bestanden habe, habe sich seinerzeit bereits in der Auflösung befunden und sei innerhalb der Empfängniszeit beendet worden. Er hat Zweifel an seiner Vaterschaft geäußert, weil die Kindesmutter ihm von einer Beziehung zu einem anderen Mann berichtet habe.
Das Amtsgericht hat die Mutter des Klägers als Zeugin vernommen. Diese hat ausgesagt, sie habe in der Empfängniszeit und seither nur mit dem Beklagten geschlechtlich verkehrt. Eine Äußerung des Inhalts, daß sie eine Beziehung zu einem anderen Mann aufgenommen habe, habe sie nicht getan.
Das Amtsgericht hat daraufhin ein schriftliches Blutgruppengutachten der Sachverständigen Privatdozent Dr. H. und Prof. Dr. Ho., D., eingeholt. Diese haben in ihrem Gutachten bei Einbeziehung von 13 Blutgruppensystemen und von vier locus-spezifischen DNA-Polymorphismen eine statistische Plausibilität (Wahrscheinlichkeit, W-Wert) von 99, 95% errechnet, die dem Prädikat "Vaterschaft praktisch erwiesen" entspreche. Auf weiteren Antrag des Beklagten hat das Amtsgericht den sodann als Mehrverkehrszeugen benannten S. und erneut die Kindesmutter als Zeugen vernommen. Beide haben übereinstimmend ausgesagt, zu keiner Zeit geschlechtliche Kontakte unterhalten zu haben. Die Kindesmutter ist auf ihre Aussage vereidigt worden.
Darauf hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben.
Mit der Berufung gegen das Urteil hat der Beklagte geltend gemacht, er sei davon überzeugt, daß die Kindesmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit entgegen der Aussage des Zeugen S. auch mit diesem geschlechtlich verkehrt habe. Er hat daher die Einholung eines ergänzenden Abstammungsgutachtens beantragt, das, wenn möglich, den Zeugen S. in die Untersuchung einbeziehe.
Das Oberlandesgericht hat ein ergänzendes Blutgruppengutachten mit Einschluß des HLA-Systems von den erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. Ho. erstatten lassen, in das die Parteien und die Kindesmutter einbezogen wurden. Das Gutachten ist auf der Grundlage von nunmehr 35 konventionellen Blutgruppensystemen (darunter 3 HLA-Befunde) und der vier locus-spezifischen DNA-Polymorphismen zu einer Vaterschaftswahrscheinlichkeit von (W) 99, 999999% für den Beklagten gelangt. Der Sachverständige Dr. H. hat das Gutachten auf Antrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert. Danach hat das Oberlandesgericht ein weiteres ergänzendes Sachverständigengutachten "über die bisher nicht untersuchten Faktoren des konventionellen Blutgruppensystems, des HLA-Systems und der DNA-Polymorphismen sowie etwaige weitere Faktoren, soweit davon nach sachverständigem Urteil ein weiterer Aufschluß über die Abstammung des Kindes zu erwarten ist", bei Prof. Dr. R. in T. eingeholt. Dieser ist nach Untersuchung von zehn weiteren Systemen und aufgrund der statistischen Analysen zu einer Vaterschaftswahrscheinlichkeit für den Beklagten von 99,99999999999% gelangt.
In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat der Beklagte alsdann mit der Erklärung, er wisse, daß er nicht der Vater sein könne, beantragt, die DNA-Analyse auf das "Multi-Locus-Fingerprintsystem" auszudehnen. Diesem Antrag ist das Gericht nicht (mehr) gefolgt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht hat die Vaterschaft des Beklagten gemäß § 1600 o Abs. 1 BGB festgestellt. Dazu hat es ausgeführt: Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sei der Kläger von dem Beklagten gezeugt worden. Der in den eingeholten Gutachten - von den als besonders qualifiziert und erfahren bekannten Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. Ho. sowie dem international angesehenen Prof. Dr. R. - auf der Grundlage von rund 40 Blutgruppensystemen und vier DNA-Polymorphismen zuverlässig ermittelte Wert einer Vaterschaftswahrscheinlichkeit für den nicht ausgeschlossenen Beklagten von 99, 99999999999% sei so außergewöhnlich hoch, daß die Vaterschaft eines anderen Mannes als. des Beklagten praktisch ausgeschlossen sei. Da hiernach der positive Vaterschaftsbeweis nach § 1600 o Abs. 1 BGB geführt sei, komme es auf die Vaterschaftsvermutung gemäß Abs. 2 der Vorschrift nicht entscheidend an.
2. Den hiergegen gerichteten Angriffen der Revision ist nicht zu folgen.
Die Revision greift den Beweiswert des Gutachtens von Prof. Dr. R. an und macht dazu insbesondere geltend, dieses beschränke sich - abgesehen von der Untersuchung dreier weiterer konventioneller Blutgruppensysteme - auf die Überprüfung der biostatistischen Berechnung der Vorgutachten. Es schweige sich aber darüber aus, weshalb aus naturwissenschaftlicher Sicht einerseits von einer Begutachtung in weiteren HLA-Systemen und andererseits von einer weiteren DNA-Analyse, sei es einer DNA-Zweitanalyse mit Single-Locus-Sonden (SLS), sei es einer neuen DNA-Analyse mit Multi-Locus-Sonden (MLS), kein weiterer Aufschluß über die Abstammung des Kindes zu erwarten sei. Unter diesen Umständen hätte das Oberlandesgericht, das ersichtlich selbst nicht über die notwendige Sachkunde verfüge, einen anderen Sachverständigen mit der Beantwortung der im Beweisbeschluß gestellten Fragen beauftragen müssen.
a) Diese Rüge führt, soweit sie auf eine Verletzung der dem Oberlandesgericht obliegenden Aufklärungspflicht gerichtet ist, nicht zum Erfolg. Der Beklagte hat im Verfahren vor dem Oberlandesgericht keine Einwendungen gegen die "Richtigkeit", die Überzeugungskraft und den Beweiswert des Gutachtens von Prof. Dr. R. erhoben (§ 411 Abs. 4 ZPO) und weder beantragt, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden, noch die Einholung eines weiteren oder eines Obergutachtens angeregt. Gleichwohl wäre das Oberlandesgericht nach pflichtgemäßem Ermessen gehalten gewesen, von Amts wegen weitere Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen, wenn es dies nach der Erstattung des Gutachtens von Prof. Dr. R. zur Beseitigung verbliebener Zweifel und Unklarheiten für erforderlich gehalten hätte (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 234/90 = BGHR ZPO § 411 Abs. 3 Ermessen 2 = NJW 1992, 1459). Das war jedoch ersichtlich nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat vielmehr, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Urteils ergibt, das Gutachten von Prof. Dr. R. dahin gewertet, daß darin die gestellten Beweisfragen hinreichend beantwortet seien und danach bei objektiver Bewertung insgesamt keine begründeten Zweifel oder Unklarheiten (mehr) hinsichtlich der Vaterschaft des Beklagten beständen.
Diese tatrichterliche Einschätzung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Da Prof. Dr. R. nach dem Beweisbeschluß vom 2. Oktober 1991 mit der Durchführung weiterer im einzelnen bezeichneter Untersuchungen beauftragt war, "soweit davon nach sachverständigem Urteil ein weiterer Aufschluß über die Abstammung des Kindes zu erwarten" war, konnte das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Wertung den Ausführungen des Gutachtens rechtsfehlerfrei entnehmen, daß von weiteren Untersuchungen nach der sachverständigen Beurteilung von Prof. Dr. R. "kein weiterer Aufschluß" zu erwarten sei. Denn der Sachverständige hat in seiner Endbeurteilung zusammenfassend ausgeführt: "... Die statistischen Analysen liefern nunmehr Vaterschaftswahrscheinlichkeiten von jeweils 99,99999999999%. Es ist mithin davon auszugehen, daß die Vaterschaft des Klägers (muß heißen: des Beklagten) zu dem Kinde praktisch erwiesen ist. Wertet man die Blutgruppenbefunde aus unter Verzicht auf die DNA-Ergebnisse, so ergibt sich hier immerhin auch noch eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,99999998%. Auch bei diesem Analyseergebnis wären nur zwei Nichtväter unter 10.000.000.000 Nichtvätern ausschließbar. Dies bedeutet: Eine DNA-Begutachtung wäre in diesem Fall nicht erforderlich gewesen, um die Abstammungsfrage eindeutig abzuklären".
b) Nach diesem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme konnte das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei von weiteren Beweiserhebungen absehen. Es ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, daß der Tatrichter auch im Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft nicht gezwungen ist, alle nur irgendwie denkbaren Beweismöglichkeiten auszuschöpfen. Vielmehr darf er zu dem Ergebnis, die Vaterschaft sei erwiesen, dann kommen, wenn die Würdigung aller Umstände einen solchen Schluß zuverlässig erlaubt. Das gilt auch für den Fall des § 1600 o Abs. 1 BGB, bei dem es um die Anforderungen an den vollen, positiven Vaterschaftsbeweis geht. Auch für diesen Fall, in dem die Abstammung voll, d.h. mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1978 - IV ZR 128/77 - FamRZ 1978, 586, 587) bewiesen sein muß, ist es bei entsprechend hohen Wahrscheinlichkeitswerten aufgrund biostatistischer Auswertung der serologischen Befunde rechtlich unbedenklich, wenn das Gericht in tatrichterlicher Würdigung zu der Überzeugung gelangt, daß der in Anspruch genommene Mann der Erzeuger ist, sofern keine sonstigen Umstände vorliegen, die gegen die Vaterschaft sprechen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 18. März 1.987 - IVb ZR 21/86 = BGHR BGB § 1600 o Abs. 1 Amtsermittlung 1 = FamRZ 1987, 583; vom 13. Juli 1988 - IVb ZR 77/87 = BGHR aaO gerichtliches Verfahren 1 = FamRZ 1988, 1037, 1038; vom 7. Juni 1989 - IVb ZR 65/88 = BGHR aaO Vaterschaftsfeststellung 1 = FamRZ 1989, 1067; vom 19. Dezember 1990 - XII ZR 31/90 = BGHR aaO Amtsermittlung 3 = FamRZ 1991, 426, 428, jeweils m.w.N.).
Derartige Umstände sind hier nicht ersichtlich. Der Beklagte hat zugegeben, der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Ernsthafte Anhaltspunkte für einen Mehrverkehr haben sich nicht ergeben. Der von dem Beklagten hierfür benannte Zeuge S. hat - in Übereinstimmung mit der durch den Eid bekräftigten Aussage der Kindesmutter - jeden Geschlechtsverkehr mit dieser verneint. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht abgegebene Erklärung des Beklagten, er wisse, daß er nicht der Vater sein könne, ist nicht geeignet, seine Vaterschaft in Frage zu stellen, da kein nachvollziehbarer Grund für dieses Wissen - wie etwa festgestellte Zeugungsunfähigkeit - dargetan ist.
Bei dieser Sachlage ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angesichts der von mehreren Sachverständigen ermittelten außergewöhnlich hohen Vaterschaftswahrscheinlichkeit von schließlich 99,99999999999% (nach Essen-Möller) von der Einholung eines weiteren Gutachtens, nunmehr nach dem Multi-Locus-System, abgesehen hat und auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt ist, daß der Beklagte der Erzeuger des Klägers sei (§ 1600 o Abs. 1 BGB).
3. Ohne Erfolg rügt die Revision demgegenüber sowohl mit ihren Angriffen gegen das Gutachten R. als auch mit einer weiteren selbständigen Verfahrensrüge, das Berufungsgericht hätte jedenfalls dem förmlichen Beweisantrag auf Erstreckung der Begutachtung auf eine DNA-Analyse mittels Multi-Locus-Sonden nachgehen müssen, mit dem der Beklagte den Nachweis anstrebe, daß er als Vater des Klägers auszuschließen sei.
a) Das Kindschaftsverfahren unterliegt nach §§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO der Untersuchungsmaxime, kraft deren das Gericht verpflichtet ist, von Amts wegen alle Beweise zu erheben, die zur möglichst sicheren Klärung der Vaterschaft des in Anspruch genommenen Mannes führen. Trotz dieses Amtsermittlungsprinzips darf auch in Kindschaftssachen ein förmliches Beweisangebot grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen zurückgewiesen werden, unter denen ein solcher Antrag auch sonst abgelehnt werden kann (Senatsurteile vom 19. Dezember 1990 - XII ZR 31/90 = BGHR aaO gerichtliches Verfahren 6; vom 10. Februar 1993 - XII ZR 241/91 = BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 8, jeweils m.w.N.). Dabei kann sich das Gericht an die Vorschrift des § 244 Abs. 3 StPO anlehnen (vgl. BGHZ 53, 245, 259). Wird die Einholung eines ergänzenden serologischen oder anderen naturwissenschaftlichen Gutachtens beantragt, so muß sich danach ergeben, daß es nicht (nur) um eine nochmalige Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen, sondern um wissenschaftliche Erkenntnisse geht, die in dem bisherigen Gutachten nicht berücksichtigt sind. Einen solchermaßen gestellten Beweisantrag darf das Gericht grundsätzlich nur ablehnen, wenn es die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt oder wenn das angebotene Beweismittel nicht erreichbar oder völlig ungeeignet ist, den Beweis für die behauptete Tatsache zu erbringen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1990 aaO BGHR § 1600 o Abs. 1 gerichtliches Verfahren 6 m.w.N.). Als völlig ungeeignet kann ein Beweismittel allerdings nicht bezeichnet und ein Beweisantrag demgemäß nicht zurückgewiesen werden mit der Begründung, die beantragte Beweisaufnahme werde aller Wahrscheinlichkeit nach erfolglos bleiben. Darin läge eine unzulässige vorweggenommene Würdigung eines noch nicht erhobenen Beweises (vgl. Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. § 284 Rdn. 67). Ebenso unzulässig ist die Ablehnung eines Antrags auf Erhebung eines Beweises über eine bestimmte Tatsache mit der Begründung, das Gericht sei bereits vom Gegenteil der aufgestellten Behauptung überzeugt (Stein/Jonas/Leipold aaO Rdn. 78). Hiervon zu unterscheiden ist die - verfahrensrechtlich zulässige - Ablehnung eines Beweisantrags, weil besondere Gründe für die völlige Ungeeignetheit des Beweismittels vorliegen (Stein/Jonas/Leipold aaO). Das kann speziell im Abstammungsverfahren der Fall sein, in dem es stets (nur) um die Feststellung bestimmter, einzelner Indizien geht. Hier kann das Gericht seine Entscheidung über die Ablehnung eines Beweisantrags verfahrensfehlerfrei danach ausrichten, ob etwa eine beantragte Blutuntersuchung auf der Grundlage der bisher im individuellen Prozeß ermittelten Beweiskonstellation geeignet ist, Indizien oder eine hohe Wahrscheinlichkeit gegen die Vaterschaft des in Anspruch genommenen Mannes zu erbringen (Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 640 Abs. 2 Rdn. 37). Von dem beantragten Gutachten muß also speziell unter Berücksichtigung des bisher ermittelten Beweisergebnisses (noch) eine weitere Aufklärung erheblicher Umstände zu erwarten sein, die als ernst zu nehmende Indizien gegen die Vaterschaft sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1973 - IV ZR 77/72 = NJW 1974, 606, 607). In diesem Sinn kann ein Beweismittel als ungeeignet zurückgewiesen werden, wenn es lediglich zum Ziel hat, einen festgestellten hohen Wahrscheinlichkeitswert für die Vaterschaft des in Anspruch genommenen Mannes zu relativieren, ohne daß sonst Umstände dargetan sind, die zu einem Vaterschaftsausschluß führen können (Senatsurteil vom 19. Dezember 1990 aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen ist es verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht das Beweisangebot des Beklagten auf Erstreckung der DNA-Analyse auf das Multi-Locus-System abgelehnt hat, nachdem Prof. Dr. R. in seinem Gutachten - für das Oberlandesgericht überzeugend - ausgeführt hatte, eine DNA-Begutachtung wäre hier (überhaupt) nicht erforderlich gewesen, um die Abstammungsfrage eindeutig zu klären.
Eine Erstreckung der Untersuchung auf das Multi-Locus-System (vgl. hierzu Richtlinien des Bundesgesundheitsamts für die Erstattung von DNA-Abstammungsgutachten in Bundesgesundheitsblatt 1992, 592, besonders Nr. 3.3, 5 und 6) war daher unter den hier gegebenen Umständen nicht geeignet, die bisherigen Wahrscheinlichkeitswerte für die Vaterschaft des Beklagten in einer Weise in Zweifel zu ziehen, daß damit die positive Vaterschaftsfeststellung in Frage gestellt würde (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 92/89 = BGHR BGB § 1600 o Abs. 1 gerichtliches Verfahren 4 = FamRZ 1991, 185, 186).
c) Mit der verfahrensrechtlichen Situation, die der Senatsentscheidung vom 19. Dezember 1990 (XII ZR 31/90) zugrunde lag - auf welche das Berufungsgericht die Zulassung der Revision gestützt hat - ist die vorliegende in wesentlichen Punkten nicht vergleichbar. Zum einen war in dem damaligen Verfahren noch keine DNA-Analyse durchgeführt worden, weder nach dem Single-Locus-System noch nach dem Multi-Locus-System, und zum anderen hatte der Beklagte des damaligen Verfahrens geltend gemacht, er habe in der gesetzlichen Empfängniszeit keinerlei geschlechtlichen Kontakt mit der Kindesmutter gehabt und könne deshalb nicht der Vater des klagenden Kindes sein. Aus diesen Gründen hat der Senat dem Tatrichter in jenem Verfahren die Prüfung aufgegeben, ob mit Hilfe einer DNA-Analyse der Beklagte von der Vaterschaft ausgeschlossen werden könne.
Fundstellen
Haufe-Index 2993249 |
NJW 1994, 1348 |
BGHR BGB § 1600o Abs. 1 Amtsermittlung 4 |
BGHR BGB § 1600o Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 1 |
FamRZ 1994, 506 |
FuR 1994, 173 |
DAVorm 1994, 191 |
DAVorm 1994, 734 |
MDR 1994, 587 |