Leitsatz (amtlich)
›1. Verweigert der auf Vaterschaftsfeststellung in Anspruch genommene Mann unberechtigt notwendige Untersuchungen und können diese nicht zwangsweise durchgesetzt werden, kann der Beklagte nach vorherigem Hinweis so behandelt werden, als hätten die Untersuchungen keine schwerwiegenden Zweifel an seiner Vaterschaft erbracht (Fortführung des Senatsurteils vom 9. April 1986 - IVb ZR 27/85 - FamRZ 1986, 663).
2. Ist die Verweigerung der Blutentnahme durch rechtskräftiges Zwischenurteil für unberechtigt erklärt worden, kann die Revision nicht darauf gestützt werden, das Zwischenurteil sei falsch.
3. Zur Ablehnung von Beweisanträgen über Indiztatsachen, die die Unglaubwürdigkeit eines Zeugen ergeben sollen.‹
Tatbestand
Das klagende Kind ist am 28. Juli 1985 von der ledigen Pferdewirtschaftsmeisterin R. geboren worden. Es nimmt den Beklagten auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts in Anspruch. Nach seiner Behauptung hat der verheiratete Beklagte, der eine Reitanlage betreibt und die Kindesmutter bis Herbst 1986 beschäftigt hat, mit dieser von März 1979 bis April 1986 intime Beziehungen unterhalten, in deren Verlauf es regelmäßig zum Geschlechtsverkehr gekommen sei.
In erster Instanz hat das Amtsgericht zunächst die Kindesmutter als Zeugin einvernommen, die wiederholten Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit (29. September 1984 bis 28. Januar 1985) bestätigt hat, sowie die vom Beklagten benannten Mehrverkehrszeugen W. und O., die geschlechtliche Kontakte mit der Mutter der Klägerin verneint haben. Eine sodann angeordnete serologische Begutachtung ist zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beklagte aufgrund von Blutproben seines Hausarztes Dr. T. und des Klinikarztes Dr. T., die hinsichtlich der Identitätsprüfung bei der Abnahme nicht den Anforderungen der Richtlinien des Bundesgesundheitsamts (Bundesgesundhbl. 1977, 326 unter 2.2.1) entsprachen, von der Vaterschaft ausgeschlossen sei, während die Auswertung eines Blutgruppengutachtens, das in einem früheren Vaterschaftsfeststellungsprozeß eines anderen Kindes gegen den Beklagten im Jahre 1978 erstattet worden war, keinen Ausschluß ergebe, vielmehr eine statistische Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 98,95%. Daraufhin hat das Amtsgericht die Entnahme einer weiteren Blutprobe des Beklagten für ein HLA-Gutachten angeordnet. Der Beklagte hat eine solche u.a. im Hinblick auf die bereits durchgeführten verweigert und die Einvernahme der beiden blutentnehmenden Ärzte zur Identität des entnommenen Blutes mit seinem eigenen gefordert.
Durch Zwischenurteil hat das Amtsgericht entschieden, daß der Beklagte zur Verweigerung der Blutentnahme nicht berechtigt ist. In den Gründen heißt es u.a.:
"Allein auf die Zeugenaussage der blutentnehmenden Ärzte möchte das Gericht seine Entscheidung nicht stützen. Zwar ist der Beklagte nach dem Blut, das die Ärzte im vorliegenden Verfahren entnommen haben, als Vater ausgeschlossen. Dem steht jedoch gegenüber, daß in dem früheren Verfahren gegen den Beklagten ... Blut entnommen wurde, das nicht identisch ist mit dem Blut, das im vorliegenden Verfahren entnommen wurde. Hinzu kommt, daß das im früheren Verfahren entnommene Blut zu einer Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Beklagten von 98,95 führt."
Dieses Zwischenurteil ist rechtskräftig geworden; der Beklagte hat seine - verspätet - eingelegte sofortige Beschwerde zurückgenommen.
In der Folge hat das Amtsgericht angeordnet, den Beklagten zur zwangsweisen Blutentnahme dem Sachverständigen Dr. Z. vorzuführen. Zu einer Ausführung dieser Anordnung ist es nicht gekommen, da der Beklagte eine ärztliche Bestätigung vorgelegt hat, wonach eine erzwungene Blutentnahme bei ihm medizinisch nicht zu vertreten sei. Danach hat das Gericht darauf hingewiesen, daß das Verhalten des Beklagten als Beweisvereitelung gewertet werden könne. Durch Urteil vom 27. Februar 1989 hat es der Klage stattgegeben und sich dabei u.a. auf die Grundsätze der Beweisvereitlung gestützt.
Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Er hat sich nunmehr darauf berufen, daß ihm eine weitere Blutentnahme aufgrund seiner schweren Herzerkrankung nicht zumutbar sei. Das Oberlandesgericht hat ein Zwischenurteil erlassen, wonach eine Blutentnahme dem Beklagten jedenfalls dann zumutbar sei, wenn sie anläßlich einer medizinischen Behandlung erfolge, die ohnehin eine Blutentnahme erfordere. Der Beklagte ist bei seiner Weigerung verblieben und hat seinen Ärzten untersagt, auch in solchem Zusammenhang Befunde an Dritte weiterzuleiten. Auch die Mitwirkung an einer vom Oberlandesgericht angeordneten erbbiologischen Begutachtung hat er verweigert und mitteilen lassen, daß er zu keinen weiteren Untersuchungen bereit sei. Er hat auf eine fachärztliche Bestätigung verwiesen, wonach bei ihm eine paranoide Verstimmung im Sinne einer wahnhaften Entwicklung vorliege, so daß sowohl einer erneuten Blutuntersuchung als auch einer erbbiologischen Begutachtung medizinisch dringend zu widerraten sei.
Das Oberlandesgericht hat nach einer erneuten Zeugenvernehmung der Mutter der Klägerin die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte wie in den Vorinstanzen die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat die Vaterschaft des Beklagten aufgrund der Vermutung des § 1600 o Abs. 2 Satz 1 BGB festgestellt, dessen Voraussetzungen durch die Zeugenbekundungen der Kindesmutter erwiesen seien. Dazu hat es ausgeführt:
Bei ihrer Vernehmung durch das Amtsgericht habe die Mutter nach prozeßordnungsgemäßer Belehrung ausgesagt, sie habe in der Zeit von März 1979 bis März/April 1986 regelmäßig mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr gehabt. Dieser Aussage, die zu den Angaben des Beklagten in krassem Widerspruch stehe, habe das Amtsgericht geglaubt. Diese Angaben habe die Zeugin bei ihrer Vernehmung in der Berufungsinstanz wiederholt. Sie habe ausgesagt, von 1979 bis 1986 ausschließlich mit dem Beklagten und mit keinem anderen Mann Verkehr gehabt zu haben. Ihr Verhältnis zum Beklagten sei Pferdebesitzern, die ihre Tiere in der Reitanlage des Beklagten untergebracht hätten, bekannt gewesen. Sie habe aufgrund einer Vereinbarung mit dem Beklagen zunächst dessen Vaterschaft verschwiegen, sich aber auf Veranlassung ihres derzeitigen Prozeßbevollmächtigten später dem Jugendamt offenbart.
Die Zeugin sei dem Berufungsgericht uneingeschränkt glaubwürdig erschienen. Es hege keinen Zweifel daran, daß sie zum Hauptpunkt ihrer Aussage, nämlich dazu, mit wem sie während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt habe, wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe. Sie habe ihre Beziehung zum Beklagten ruhig und sachlich geschildert und die ihr gestellten Fragen in gleicher Weise beantwortet. Ihre Aussage sei insoweit nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Das Gericht halte es für ausgeschlossen, daß die Zeugin, etwa um sich für die ausgesprochene Kündigung zu rächen, den Beklagten der Wahrheit zuwider als den Vater ihres Kindes ausgegeben habe.
Die Revision rügt die Übergehung von Beweisangeboten zur Glaubwürdigkeit der Zeugin. Sie macht geltend, zum einen hätten näher bezeichnete Akten der Staatsanwaltschaft K. beigezogen werden müssen, aus denen hervorgehe, daß die Zeugin in Verdacht geraten sei, Pferde des Beklagten vergiftet zu haben. Zum anderen hätte dem Beweisangebot des Beklagten durch den Zeugen Dr. K. nachgegangen werden müssen, wonach die Zeugin bereits zwei Abtreibungen hinter sich habe, während sie nur eine zugegeben habe.
Das Oberlandesgericht hat zum Vorwurf der Pferdevergiftung ausgeführt, die hierzu unsubstantiiert ohne Zeitangaben aufgestellten Behauptungen des Beklagten vermöchten keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu wecken. Die Einvernahme des Zeugen Dr. K. hat es mit der Begründung abgelehnt, es bestehe kein Anlaß, aus der unsubstantiierten Behauptung des Beklagten über einen weiteren Schwangerschaftsabbruch Schlüsse zu ziehen.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Der Zivilrichter kann sich hinsichtlich der Ablehnung von Beweisangeboten, die wegen des im vorliegenden Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO) ohnehin nur Beweisanregungen darstellen, an die Vorschrift des § 244 Abs. 3 StPO anlehnen (vgl. BGHZ 53, 245, 259). Hier ging es um Indiztatsachen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugin, die der Tatrichter ersichtlich als für die Entscheidung ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) angesehen hat. Darin liegt kein Rechtsfehler. Indiztatsachen können aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sein, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung kein Sachzusammenhang besteht und sie selbst im Falle des Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen können, weil sie nur mögliche, aber nicht zwingende Schlüsse zulassen und das erkennende Gericht den nur möglichen Schluß nicht ziehen will (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 10; Kleinknecht/Maier StPO 40. Aufl. § 244 Rdn. 56). Die vom Beklagten behauptete Tatsache, die Mutter des klagenden Kindes sei in den Verdacht der Pferdevergiftung geraten, konnte in diesem Sinne als bedeutungslos angesehen werden, zumal insoweit eine Strafanzeige des Beklagten selbst zugrunde lag. Wenn die Zeugin tatsächlich nicht nur, wie sie zugegeben hat, einmal aus medizinischen Gründen eine Schwangerschaft unterbrochen hat, sondern, wie der Beklagte behauptet hatte, ein weiteres Mal, brauchte das Oberlandesgericht aus diesem Umstand nicht zwingend auf ihre Unglaubwürdigkeit in bezug auf die Beiwohnung des Beklagten in der Empfängniszeit zu schließen. Es ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich nicht ausgeschlossen, bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen danach zu differenzieren, ob seine Bekundung den Kernbereich oder nur den Randbereich seiner Aussage betrifft (vgl. dazu Schlüchter, Wahrunterstellung und Aufklärungspflicht bei Glaubwürdigkeitsfeststellungen - 1992 - S. 37 ff).
2. Im Rahmen der Prüfung, ob gemäß § 1600 o Abs. 2 Satz 2 BGB die Vaterschaftsvermutung durch schwerwiegende Zweifel entkräftet ist, hat das Oberlandesgericht zunächst dargelegt, daß der vom Beklagten geäußerte Verdacht, die Mutter des klagenden Kindes habe in der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt, sich durch die Einvernahme der von ihm benannten Zeugen W. und O. nicht bestätigt habe, ohne daß sich greifbare Anhaltspunkte für einen entsprechenden Sachverhalt ergeben hätten. Auch insoweit ist die Beweiswürdigung des Tatrichters nicht zu beanstanden; die Revision erinnert hierzu auch nichts.
3. Die Frage, ob sich schwerwiegende Zweifel aufgrund der im Verfahren durchgeführten serologischen Begutachtungen ergeben haben, hat das Oberlandesgericht unter Heranziehung der Grundsätze der Senatsentscheidung vom 9. April 1986 (IVb ZR 27/85 - FamRZ 1986, 663 = NJW 1986, 2371) über die Folgen einer Beweisvereitelung im Abstammungsprozeß verneint und hierzu ausgeführt:
Zwar sei der Sachverständige Dr. Z. in seinem Gutachten vom 15. April 1988 zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Vergleich der von einem Boten beim Institut für Herzinfarktforschung an der Universität H. abgeholten Blutprobe mit den Blutproben des klagenden Kindes und seiner Mutter zum Ausschluß der Vaterschaft des Beklagten führe. Auch stimmten die Merkmale dieses Blutes mit denjenigen des Blutes überein, das zuvor beim Hausarzt des Beklagten Dr. T. abgeholt worden sei. Sofern diese beiden Blutproben tatsächlich Blut des Beklagten enthalten hätten, wäre seine Vaterschaft ausgeschlossen. Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel daran, ob diese beiden Blutproben tatsächlich Blut des Beklagten enthalten hätten. Bei der Abnahme beider Proben sei den Anforderungen nicht entsprochen worden, die nach den Richtlinien des Bundesgesundheitsamts für die Erstattung von Blutgruppengutachten hinsichtlich der Identitätsprüfung und ihrer Dokumentation einzuhalten seien. Beide Blutproben stimmten nicht überein mit derjenigen, die dem Beklagten in einem anderen Abstammungsprozeß durch den Sachverständigen Dr. K. unter Einhaltung dieser Anforderungen entnommen worden sei. Es stehe nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Z. im vorliegenden Verfahren fest, daß die beiden ihm überbrachten Blutproben einerseits und die im Vorprozeß vom Sachverständigen Dr. K. entnommene Probe andererseits nicht von derselben Person stammen. Lege man die Merkmale der seinerzeit vom Sachverständigen Dr. K. ausgewerteten Blutprobe zugrunde, so sei die Vaterschaft des Beklagten nicht nur nicht auszuschließen, es errechne sich vielmehr ein Wahrscheinlichkeitswert für seine Vaterschaft von 98,95%, was dem verbalen Prädikat "Vaterschaft höchstwahrscheinlich" entspreche. Der so gegebene Widerspruch sei an sich im Zuge der gebotenen Amtsermittlung aufzuklären gewesen. Hierbei sei ohne Belang, daß der Beklagte nunmehr behaupte, entgegen seiner Erklärung anläßlich der Blutentnahme im Vorprozeß sei ihm damals fremdes Blut zugeführt worden. Ob diese Behauptung glaubwürdig erscheine, könne dahinstehen. Jedenfalls sei der ohne HLA-Untersuchung sich ergebende Wahrscheinlichkeitswert von 98,95% gewichtig. Eine Zufälligkeit sei höchst unwahrscheinlich.
Der Widerspruch habe sich in zwei Tatsacheninstanzen nicht aufklären lassen. Ursache hierfür sei das Verhalten des Beklagten gewesen, welches in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Amtsgerichts als Beweisvereitelung zu werten sei. Problemlos und zweifelsfrei aufklären ließe sich die Frage, welches der in den bisherigen Gutachten ausgewertete Blut tatsächlich dasjenige des Beklagten sei, durch Entnahme und Auswertung einer weiteren Blutprobe beim Beklagten unter Beachtung der einschlägigen Richtlinien des Bundesgesundheitsamts über die Identitätsprüfung. Der Beklagte habe aber die Entnahme einer solchen Blutprobe vereitelt. Sein Verhalten zeige, daß er es im vorliegenden Verfahren von Anfang an darauf angelegt habe, die ordnungsgemäße Entnahme einer Blutprobe mit vorschriftsmäßigem Identitätsnachweis zu verhindern. Auf das Zwischenurteil des Amtsgerichts habe er dem Gericht eine ärztliche Bestätigung von Prof. Dr. M. vorlegen lassen, wonach wegen seiner schweren Erkrankung eine erzwungene Blutentnahme medizinisch nicht zu vertreten sei. Den gerichtlichen Hinweis, daß sein Verhalten als Beweisvereitelung gewertet werden könne, habe er nicht beachtet. Er sei auch in der Berufungsinstanz bei seiner Weigerung geblieben, sich Blut entnehmen zu lassen. Er habe auch seine Zustimmung dazu versagt, anläßlich medizinischer, mit Blutentnahmen verbundener Eingriffe eine für eine Blutgruppenuntersuchung ausreichende Blutmenge abzuzweigen. Schließlich habe er mehrfach erklärt, daß er zu irgendeiner Mitwirkung bei Untersuchungen für Gutachten jeder Art. nicht bereit sei.
Es bestehe keine Möglichkeit, die Entnahme einer Blutprobe zwangsweise durchzusetzen. Eine derartige Blutentnahme stelle für den schwerkranken Beklagten eine psychische Belastung dar, die schwerwiegende gesundheitliche Schäden auslösen könne. Dies ergebe sich aus mehreren gutachtlichen Stellungnahmen fachkundiger Ärzte. Dabei wäre für den Beklagten eine Blutentnahme anläßlich einer sonstigen medizinisch erforderlichen Behandlung, die eine Blutentnahme erfordere, durchaus zumutbar. Dies sei auch durch das im Berufungsverfahren erlassene Zwischenurteil festgestellt worden, das auf der überzeugenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. M. beruhe. Die Ausführung dieses Zwischenurteils sei jedoch daran gescheitert, daß sich der Beklagte in der Folgezeit auch geweigert habe, einer Blutentnahme auf diese Weise zuzustimmen, und daß sich die behandelnden Ärzte ihrerseits weigerten, ohne das Einverständnis des Beklagten eine solche durchzuführen.
Andere Möglichkeiten einer sachentsprechenden Aufklärung bestünden nicht. Zwar käme in Betracht, die maßgeblichen Blutwerte des Beklagten durch die Auswertung von Blutproben seiner Ehefrau und seiner beiden ehelichen Kinder zu ermitteln. Ein solches Vorgehen habe die Ehefrau des Beklagten jedoch entschieden abgelehnt, ohne daß unter den konkreten Umständen den Betroffenen eine zwangsweise Blutentnahme zugemutet werden könne. Die Mitwirkung an einer erbbiologischen Begutachtung habe der Beklagte ebenfalls verweigert. Eine in diesem Rahmen erzwungene Untersuchung belaste den Beklagten in psychischer Hinsicht genauso wie eine erzwungene Blutentnahme, so daß sich diese Möglichkeit verbiete. Nichts anderes gelte für die vom klagenden Kind angeregte DNA-Analyse. Auch diese setze eine Mitwirkung des Beklagten an Untersuchungen voraus, die er strikt ablehne. Er weigere sich, dafür benötigten Speichel oder Haarwurzeln zur Verfügung zu stellen. Eine gewaltsame Entnahme hätte dieselben Konsequenzen wie die gewaltsame Entnahme einer Blutprobe.
Diesen Ausführungen hält die Revision entgegen, die vom Oberlandesgericht gehegten Zweifel hätten durch die Einvernahme der vom Beklagten angebotenen Zeugen über die Korrektheit der beiden bereits geschehenen Blutentnahmen (Hausarzt Dr. T. und Universitätsarzt Dr. T.) behoben werden können. Auch wenn in beiden Fällen die Richtlinien des Bundesgesundheitsamts über die Identitätsprüfung bei der Abnahme nicht eingehalten worden seien, müsse ein entsprechender Beweis auf andere Weise möglich sein. Da die Beweiserhebung zu Unrecht abgelehnt worden sei, sei für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die betreffenden Blutproben vom Beklagten stammten. Dadurch sei einer Anwendung der Grundsätze der Beweisvereitelung die Grundlage entzogen. Der Beklagte habe in diesem Falle zu Recht eine weitere Blutabnahme verweigert, weil sie nicht erforderlich gewesen sei. Auch habe das Oberlandesgericht die Richtigkeit der Behauptung des Beklagten dahingestellt sein lassen, vor der Blutentnahme im Vorprozeß sei ihm Fremdblut zugeführt worden. Auch dies sei revisionsrechtlich als zutreffend zu unterstellen. Damit könne letztlich auch nicht von einem Widerspruch zwischen den Feststellungen des Gutachters Dr. Z. einerseits und denjenigen des Gutachtens Dr. K. im Vorprozeß andererseits ausgegangen werden.
Diesem Vorbringen der Revision kann nicht gefolgt werden.
a) Das Oberlandesgericht hat die Beweisaufnahme über die Modalitäten der Blutentnahme durch den Hausarzt des Beklagten und durch den Universitätsarzt Dr. T. mit der Begründung abgelehnt, daß die Zeugen nur über ihre eigenen Handlungen Auskunft geben könnten, während eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts von der Blutentnahme bis zum Eintreffen des entnommenen Blutes beim Sachverständigen nicht gesichert sei. Darin ist kein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz zu sehen. Im Vaterschaftsprozeß hat mit Rücksicht auf den meist nur unsicheren Wert der übrigen Beweismittel die medizinische Begutachtung im Vordergrund zu stehen (vgl. BGHZ 61, 165, 170). Der Tatrichter kann daher nicht zu einer Zeugeneinvernahme gezwungen werden, von der er sich keine zweifelsfreie Aufklärung verspricht.
b) Bereits in erster Instanz ist durch rechtskräftiges Zwischenurteil die Weigerung des Beklagten, sich im Hinblick auf eine mögliche Einvernahme der beiden Zeugen Blut abnehmen zu lassen, für unberechtigt erklärt worden. Auf die Behauptung, dieses Zwischenurteil sei falsch, kann die Revision nicht gestützt werden, weil das Revisionsgericht gemäß § 548 ZPO an nicht mehr anfechtbare Zwischenentscheidungen dieser Art. gebunden ist. Da § 372a Abs. 2 Satz 1 ZPO u.a. auf § 387 ZPO verweist, gilt insoweit nichts anderes als für ein rechtskräftiges Zwischenurteil, das über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung entschieden hat (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - II ZR 218/64 - MDR 1966, 915; Zöller/Stephan ZPO 17. Aufl. § 387 Rdn. 4; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 20. Aufl. § 548 Rdn. 2; MünchKommZPO/Walchshöfer § 548 Rdn. 5). Damit kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, für eine Anwendung des Rechtsgedankens der Beweisvereitelung, der eine unberechtigte Verweigerung einer Beweisaufnahme voraussetzt (vgl. Senatsurteil vom 9. April 1986 - FamRZ aaO. S. 664), sei vorliegend kein Raum, weil er sich rechtmäßig verhalten habe. Dabei kann der Meinungsstreit im Schrifttum dahinstehen, ob auch die Erforderlichkeit eines bestimmten Beweismittels zu den Punkten gehört, über die in einem Zwischenstreit der erörterten Art. zu entscheiden ist (zum Meinungsstand vgl. Eichberger, Aktuelle Probleme der Feststellung der Abstammung - Diss. Erlangen 1988 - S. 110 f Fußn. 15/16). Da das ergangene Zwischenurteil der materiellen Rechtskraft fähig ist (vgl. Bosch DRiZ 1950, 137, 138; Stein/Jonas/Schumann aaO. § 372a Rdn. 25 Fußn. 46), ist die ergangene rechtskräftige Entscheidung ungeachtet einer möglicherweise fehlerhaften Beurteilung dieses Punktes maßgebend. Seither war es dem Beklagten versagt, die Verweigerung einer Blutentnahme darauf zu stützen, daß die Möglichkeit einer Zeugeneinvernahme der von ihm benannten Ärzte bestehe.
c) Auch sonst ist nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht aufgrund des Rechtsgedankens der Beweisvereitelung den Beklagten so behandelt hat, als hätte die verweigerte Blutentnahme und eine darauf gestützte serologische Begutachtung sowie die sonstigen in Betracht gezogenen, aber vom Beklagten verweigerten Mittel der Aufklärung keine schwerwiegenden Zweifel an seiner Vaterschaft im Sinne von § 1600 o Abs. 2 Satz 2 BGB erbracht. Dies hat der Senat in der angeführten Entscheidung vom 9. April 1986 in einem Fall unrechtmäßiger Verweigerung gebilligt, in dem wegen des Auslandsaufenthalts des Beklagten die Durchsetzung der angeordneten Blutentnahme durch unmittelbaren Zwang nicht möglich war. Die Entscheidung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 52. Aufl. § 1600 o Rdn. 6; MünchKomm/Mutschler 2. Aufl. § 1600 o Rdn. 15, Zöller/Philippi aaO. § 640 Rdn. 44; Baumbach/Hartmann ZPO 51. Aufl. § 444 Anm. 2 B; MünchKommZPO/Damrau § 372a Rdn. 32; Thomas/Putzo ZPO 17. Aufl. § 372a Anm. 4). Teilweise wird bezweifelt, daß ein Fall der Beweisvereitelung vorliegt, aber die der Senatsentscheidung entsprechende Sanktion daraus gefolgert, daß nach der Formulierung der materiellrechtlichen Vorschrift der in Anspruch genommene Beklagte für schwerwiegende Zweifel an seiner Vaterschaft die objektive Feststellungslast trage (vgl. Stein/Jonas/Schumann aaO. § 372a Rdn. 31 Fußn. 59; Stürner JZ 1987, 44 f; Eichberger aaO. S. 117). Indessen ist fraglich, ob diese Sanktion daraus abgeleitet werden kann, daß den Beklagten nach den Regeln der Beweislast die nachteiligen Folgen einer verbleibenden Ungewißheit über die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1600 o Abs. 2 Satz 2 BGB treffen müssen. Diese Vorschrift ist selbst eine Beweisregel und ordnet an, daß die Vaterschaftsvermutung des Satzes 1 entkräftet ist, wenn nach Würdigung aller Umstände schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft verbleiben. Die Aufklärungspflicht im Abstammungsprozeß ist streng, da zwischen Urteilsspruch und wahrer Abstammung die größtmögliche Übereinstimmung herbeigeführt werden soll. Wenn es dem Gericht gestattet wird zu unterstellen, eine angeordnete, mangels Durchsetzbarkeit aber unterbliebene Begutachtung habe keine schwerwiegenden Zweifel erbracht, bedarf es mehr als des Rückgriffs auf Beweislastregeln. Die Rechtfertigung liegt darin, daß die Person, deren Beiwohnung während der Empfängniszeit bereits erwiesen ist, ohne rechtfertigenden Grund die Mitwirkung an weiteren Untersuchungen verweigert. Denn sie gibt durch ihr Verhalten nach der Lebenserfahrung zu erkennen, daß sie das Ergebnis der Untersuchung fürchtet (vgl. Rosenberg, Beweislast 5. Aufl. S. 191). Zwar sind die Grundsätze der Beweisvereitelung vornehmlich für Fälle entwickelt worden, in denen jemand seinem beweispflichtigen Gegner schuldhaft die Beweisführung unmöglich macht (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1984 - IX ZR 157/83 - WM 1985, 138, 139), während es hier so angesehen werden kann, als trage der Beklagte selbst die Feststellungslast für "schwerwiegende Zweifel". Letztlich handelt es sich aber doch um die Heranziehung des Rechtsgedankens der Beweisvereitelung, die in verschiedenster Form auftreten kann und auch nicht stets ein Verschulden voraussetzt (vgl. Rosenberg aaO. S. 190 ff). Da feststeht, daß der Beklagte nach Beiwohnung während der Empfängniszeit notwendige Untersuchungen unberechtigt verweigert hat, ohne daß die Anwendung von Zwang durchführbar war, hat ihn das Berufungsgericht zu Recht so behandelt, als wenn diese Untersuchungen keine schwerwiegenden Zweifel an seiner Vaterschaft erbracht hätten. Der nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche vorherige Hinweis auf die mögliche Anwendung der Grundsätze über die Beweisvereitelung ist bereits in erster Instanz erfolgt; eine besondere Fristsetzung gemäß § 356 ZPO konnte unterbleiben, da sie im Hinblick auf die ernsthafte und endgültige Verweigerung jeder Mitwirkung an Untersuchungen durch den Beklagten nutzlose Förmelei gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1972 - VI ZR 134/70 - NJW 1972, 1133, 1134). Das angefochtene Urteil ist somit insgesamt rechtlich nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 2993184 |
BGHZ 121, 266 |
BGHZ, 266 |
NJW 1993, 1391 |
LM H. 8/93 § 372a ZPO Nr. 3 |
BGHR BGB § 1600o Abs. 2 Beweisvereitelung 1 |
BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 8 |
BGHR ZPO § 372a Abs. 2 Satz 2 Beweisvereitelung 1 |
BGHR ZPO § 548 Vaterschaftsfeststellung 1 |
FamRZ 1993, 691 |
FuR 1993, 100 |
NJW-RR 1993, 835 |
DAVorm 1993, 435 |
EzFamR aktuell 1993, 153 |
EzFamR BGB § 1600o Nr. 8 |
EzFamR ZPO § 372a Nr. 3 |
EzFamR ZPO § 548 Nr. 1 |
JuS 1993, 774 |
MDR 1993, 873 |
MDR 1993, 874 |