Leitsatz (amtlich)
a) Geschäfte mit selbständigen Basket-Optionsscheinen sind Börsentermingeschäfte.
b) Termingeschäftsfähigkeit kraft Information setzt die Unterzeichnung einer den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügenden Unterrichtungsschrift durch den Kunden voraus.
c) Die Unterzeichnung der Unterrichtungsschrift nach § 53 Abs. 2 BörsG führt zur relativen Termingeschäftsfähigkeit des Kunden im Verhältnis zum informierenden Kreditinstitut oder Broker.
d) Belastungsbuchungen aufgrund unverbindlicher Termingeschäfte, Verrechnungen aufgrund einer antizipierten Vereinbarung beim Kontokorrentkonto sowie das Saldoanerkenntnis durch Schweigen auf einen Rechnungsabschluß stellen eine Leistungen i.S. von § 55 BörsG dar.
Normenkette
BörsG §§ 53, 55
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.06.1997) |
LG Frankfurt am Main |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 6 % und die Beklagte zu 94 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, ein nicht im Handelsregister eingetragener Druckermeister, und die beklagte Bank streiten über die Wirksamkeit von Geschäften mit selbständigen Optionsscheinen.
In den Jahren 1993 und 1994 schloß der Kläger mit der Beklagten mehrere Geschäfte mit Devisenoptionsscheinen sowie je eines mit Aktienindex- und Basket-Optionsscheinen. Letztere verbrieften nach den Optionsscheinbepingungen das Recht auf Ausgleich des Differenzbetrages zwischen dem Kurswert eines von der Emittentin individuell zusammengestellten Korbs tschechischer Aktien und dem festgelegten Basispreis am Tag der Optionsausübung.
Die Abrechnung der Geschäfte erfolgte über ein Kontokorrentkonto des Klägers bei der Beklagten. Kurz vor dem Kauf der Basket-Optionsscheine für 10.839,83 DM am 16. Februar 1994 hatte der Kläger zwei Verrechnungsschecks über 9.460,13 DM und 16.503,13 DM zur Gutschrift auf dieses Konto eingereicht.
Die Optionsscheingeschäfte endeten für den Kläger mit einem Verlust von insgesamt 25.554,29 DM. Diesen, gezogene Nutzungen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten, insgesamt 31.923,58 DM zuzüglich Zinsen, verlangt der Kläger von der Beklagten erstattet, da alle Optionsscheingeschäfte unwirksam seien.
Die Beklagte macht demgegenüber geltend, alle Geschäfte seien verbindlich, da der Kläger termingeschäftsfähig sei. Ihm sei bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung im August 1993 ein den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügendes Informationsblatt ausgehändigt worden. Es sei lediglich versäumt worden, das Blatt von ihm unterschreiben zu lassen. Dies sei jedoch unschädlich, zumal der Kläger schon vor der Kontoeröffnung ein solches Informationsblatt von einer Brokerfirma erhalten und unterzeichnet habe.
Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe von 18.725,10 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben; auf die Berufung, das Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 28.103,48 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter; der Kläger hat seine Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt ZIP 1997, 1740 ff.) hat dem Kläger Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Erstattung seiner Verluste von 25.554,29 DM und auf Herausgabe gezogener Nutzungen in Höhe von 2.549,19 DM zuzüglich Zinsen zuerkannt und einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verneint. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die vom Kläger geschlossenen Geschäfte mit Devisen- und Aktienindexoptionsscheinen seien unverbindlich, da der Kläger nicht börsentermingeschäftsfähig gewesen sei. Der Kläger habe eine den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügende Informationsschrift der Beklagten nicht unterschrieben. Nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes reiche die bloße Aushändigung des Informationsblattes nicht aus. Für die Börsentermingeschäftsfähigkeit komme es nicht auf den materiellen Wissensstand des Kunden, sondern auf die strikte Einhaltung der Formalien an. Seine Unterschrift diene nicht nur Beweiszwecken, sondern habe konstitutive Wirkung.
Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers kraft Information schon vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung von einer Brokerfirma herbeigeführt worden sei. Das Gesetz knüpfe jeweils an das konkrete Börsentermingeschäft an; seine Verbindlichkeit müsse durch die Vertragschließenden selbst bewirkt werden. Eine schriftliche Unterrichtung führe, wie auch die gesetzliche Befristung der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information zeige, nicht zu einer generellen Börsentermingeschäftsfähigkeit des Kunden für Geschäfte mit anderen Partnern, sondern nur zu einer relativen gegenüber der unterrichtenden Vertragspartei.
Auch das Geschäft des Klägers mit Basket-Optionsscheinen, die keinen Bezug zu einem Terminmarkt hätten und keine Möglichkeit für ein Glattstellungsgeschäft boten, sei unverbindlich, ohne daß es darauf ankomme, ob ein Börsentermingeschäft vorliege. Das Geschäft unterliege dem Differenzeinwand, der nur bei verbindlichen Börsentermingeschäften ausgeschlossen sei. Bei Ausübung der Option bzw. bei Ablauf der Optionszeit sei die Differenz zwischen dem festgelegten und einem höheren aktuellen Durchschnittskurswert des Aktienkorbs in bar zu zahlen. Die Erhebung des Differenzeinwands sei nicht rechtsmißbräuchlich; unzulässige Rechtsausübung könne nur in Ausnahmefällen angenommen werden.
Die Rückforderung des Kaufpreises von 10.839,83 DM für die Basket-Optionsscheine sei auch nicht wegen Erfüllung des Geschäfts ausgeschlossen. Es sei nicht ersichtlich, daß der Kläger die beiden Scheckzahlungen über anders lautende Beträge auf dieses Optionsscheingeschäft zum Zwecke der Erfüllung erbracht habe.
Zusätzlich zur Erstattung der vom Kläger gezahlten Beträge in Höhe seiner erlittenen Verluste müsse die beklagte Bank die daraus gezogenen Nutzungen herausgeben. Da sie die Basket-Optionsscheine selbst erst aus Anlaß der vom Kläger erteilten Order erworben und dabei Aufwendungen gehabt habe, habe sie aus dem Kaufpreis anders als bei den anderen Geschäften keine Nutzungen ziehen können. Auch eine Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten könne der Kläger nicht beanspruchen.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) gegen die Beklagte auf Erstattung seiner Verluste in Höhe von 25.554,29 DM zuerkannt. Die geschlossenen Optionsscheingeschäfte sind unverbindlich.
a) Geschäfte mit selbständigen Devisen- und Aktienindexoptionsscheinen sind, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, Börsentermingeschäfte (BGHZ 133, 200, 203; Senatsurteil vom 3. Februar 1998 – XI ZR 33/97, WM 1998, 545, 546 m.w.Nachw.).
aa) Ob das auch für Geschäfte mit selbständigen Basket-Optionsscheinen zutrifft, ist streitig.
Ein Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur ist der Ansicht, solche Geschäfte seien keine Börsentermingeschäfte. Anders als bei Aktienindexoptionsscheinen fehle bei Basket-Optionsscheinen mit einem vom Emittenten individuell zusammengestellten Aktienkorb als Grundlage die Verbindung zu einem Terminmarkt, der es dem Anleger ermögliche, das Erstgeschäft durch ein Gegengeschäft zu neutralisieren (LG Stuttgart WM 1996, 1446, 1447; LG Heidelberg ZIP 1998, 203, 205; Tilp, in: Allmendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte Rdn. 78 ff., 105).
Überwiegend wird demgegenüber die Meinung vertreten, für den modernen Optionshandel komme es auf die Möglichkeit eines glattstellenden Gegengeschäfts am Terminmarkt nicht entscheidend an. Wesentlich für die Qualifizierung eines Geschäfts mit Basket-Optionsscheinen als Börsentermingeschäft seien die Zukunftsbezogenheit und das termingeschäftsspezifische Risiko des Geschäfts (vgl. OLG Hamm WM 1997, 566, 567; LG Berlin WM 1997, 1896, 1897; Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 106 Rdn. 15; Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 16 Rdn. 139; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht § 13 Rdn. 51; Allmendinger, in: Allmendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte Rdn. 106 Müller-Deku/Schuster WM 1996, 1448, 1449; Moosmayer/Stindl Sparkasse 1996, 483, 484; Schwennicke WM 1997, 1265, 1266 f.; Drygala EWiR 1996, 701, 702; Bader WuB I G 7.–7.96; Zeller WuB I G 7.–1.98).
bb) Der Senat teilt die überwiegende Ansicht, daß Geschäfte mit selbständigen Basket-Optionsscheinen als Börsentermingeschäfte anzusehen sind. Der Mindermeinung ist allerdings zuzugeben, daß es nach der von der Rechtsprechung entwickelten Definition ein wesentliches Merkmal von Börsentermingeschäften ist, daß geschlossene Verträge einen Bezug zum Terminmarkt haben, der es ermöglicht, jederzeit ein Gegengeschäft abzuschließen (BGHZ 92, 317, 320). Die Definition orientiert sich am überkommenen Termindirektgeschäft mit effektiver Liefer- oder Abnahmeverpflichtung. An ihr kann für den modernen Terminhandel, der Termingeschäfte vielfach als offene Differenzgeschäfte ausgestaltet und deshalb eine Glattstellungsmöglichkeit durch ein Gegengeschäft nicht erfordert, nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden (LG Berlin WM 1997, 1896, 1897; Kümpel, Bank- und Kapitalmartktrecht Rdn. 12.54 ff.; Müller-Deku/Schuster WM 1996, 1448, 1450). Nach der im Jahre 1989 eingefügten Öffnungsklausel des § 50 Abs. 1 Satz 2 BörsG gehören zu Börsentermingeschäften auch Geschäfte, die wirtschaftlich gleichen Zwecken dienen, auch wenn sie nicht auf Erfüllung gerichtet sind.
Zu solchen Geschäften zählen nach der Begründung der Börsengesetznovelle 1989 insbesondere Indexoptionen (BT-Drucks. 11/4177 S. 18). Bei ihnen kommt für den Anleger eine Glattstellung durch ein Gegengeschäft am Terminmarkt von vornherein nicht in Betracht, da etwa Aktienindexoptionen in aller Regel nicht zum effektiven Bezug oder zur Veräußerung eines bestimmten Aktienportfolios Berechtigen, sondern auf Barausgleich des Differenzbetrages zwischen dem festgelegten Basisindex und dem aktuellen Indexwert am Tag der Optionsausübung gerichtet sind. Die Neutralisierung einer Aktienindexkaufoption durch den Anleger erfolgt durch Ausübung oder Verlauf der Option. Durch Erwerb einer entsprechenden Verkaufsoption würde das Risiko nicht „neutralisiert”, sondern unter Umständen erhöht (vgl. Müller-Deku/Schuster WM 1996, 1448, 1451; Drygala EWiR 1996, 701, 702; Moosmayer/Stindl Sparkasse 1996, 483 f.; a.A. Tilp, im: Allmendinger/Tilp a.a.O. Rdn. 93 ff.). Geschäfte mit selbständigen Aktienindexoptionsscheinen hat der erkennende Senat dementsprechend unabhängig davon, ob Kauf- und entsprechende Verkaufsoptionsscheine eine Spekulation in verschiedene Richtungen ermöglichten und ob eine Glattstellungsmöglichkeit im Terminmarkt bestand, stets als Börsentermingeschäfte angesehen (Senatsurteile vom 29. März 1994 – XI ZR 31/93, WM 1994, 834, 837; 4. Oktober 1995 – XI ZR 152/94, WM 1995, 2026 und 3. Februar 1998 – XI ZR 33/97, WM 1998, 545, 546).
Für Geschäfte mit selbständigen Basket-Optionsscheinen kann nichts anderes gelten. Daß der Aktienkorb anders als beim Aktienindex individuell zusammengestellt worden ist, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Ähnlich wie Aktienindexoptionen dienen auch Basket-Optionen, die häufig für Branchen oder junge Aktienmärkte begeben werden, in denen ein Index (noch) nicht etabliert ist, wirtschaftlich vor allem der Kursspekulation und der Kurssicherung. Das termingeschäftsspezifische Risiko, insbesondere die Hebelwirkung, ist für das schutzwürdige nicht börsentermingeschäftsfähige Publikum bei beiden im wesentlichen gleich. Nach dem wirtschaftlichen Zweck, der für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 BörsG; BGHZ 114, 177, 180; Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 1994 – XI ZR 43/94, WM 1994, 2231, 2232 und vom 9. Dezember 1997 – XI ZR 85/97, WM 1998, 274, 275), besteht deshalb unter Berücksichtigung der Zukunftsbezogenheit beider Geschäfte kein Grund, Basket-Optionen anders als Aktienindexoptionen von dem Termineinwand auszunehmen.
b) Börsentermingeschäfte konnte der Kläger in den Jahren 1993 und 1994 nicht wirksam abschließen, da er nicht termingeschäftsfähig war. Er war nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen und galt auch nicht als solcher (§ 53 Abs. 1 BörsG). Anders als die Revision meint, ist der Kläger im Verhältnis zur Beklagten auch nicht kraft Information börsentermingeschäftsfähig geworden (§ 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG).
aa) Die von der Beklagten behauptete Aushändigung eines den Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG genügenden Informationsblattes reicht zur Herbeiführung der Termingeschäftsfähigkeit des Kunden nicht aus. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Informationsschrift dem Kunden nicht lediglich auszuhändigen, sondern von ihm zu unterschreiben (§ 53 Abs. 2 Satz 2 BörsG a.F.). Die Unterschrift bewirkt kraft gesetzlicher Anordnung die Termingeschäftsfähigkeit des Kunden (Baumbach/Hopt, HGB 29. Aufl. § 53 BörsG Rdn. 10; Schwark, BörsG 2. Aufl. § 53 Rdn. 22). Fehlt es an der Unterzeichnung, so sind die geschlossenen Börsentermingeschäfte auch dann unverbindlich, wenn der Kunde über Termingeschäfte und die mit ihnen verbundenen Risiken sehr gut informiert war (BGHZ 133, 82, 87).
Das folgt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, insbesondere aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Börsengeschäftsfähigkeit soll aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, auf die insbesondere der Handel mit Optionsscheinen angewiesen ist (BGHZ 133, 200, 207), leicht feststellbar sein. Wie die gesetzlich vorgeschriebene Wiederholung der Unterrichtung des Kunden nach Ablauf bestimmter Fristen deutlich zeigt, kommt es für die Termingeschäftsfähigkeit nicht entscheidend auf den materiellen Informationsstand des Kunden, sondern auf die strikte Einhaltung der gesetzlich festgelegten Formalien an.
Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Beweislastregelung des § 53 Abs. 2 Satz 5 BörsG sei praktisch bedeutungslos, wenn die Termingeschäftsfähigkeit die Unterzeichnung der Informationsschrift voraussetze. Dies trifft nicht zu. Auch wenn die Unterzeichnung des Informationsblattes konstitutive Bedeutung hat, sind Streitigkeiten über die Voraussetzungen der Termingeschäftsfähigkeit denkbar, etwa über den Zeitpunkt der Unterzeichnung oder über die Echtheit der Kundenunterschrift.
bb) Auch die von der beklagten Bank behauptete Unterzeichnung eines den Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG genügenden Informationsblattes durch den Kläger vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung bei einem Broker ändert an der Unverbindlichkeit der geschlossenen Borsentermingeschäfte nichts.
(1) Die Frage, ob die Unterzeichnung einer solchen Schrift die Verbindlichkeit von Börsentermingeschäften nur im Verhältnis zum informierenden Broker bewirkt oder aber die Termingeschäftsfähigkeit des Kunden auch im Verhältnis zu anderen Brokern und Kreditinstituten herbeiführt, ist streitig.
Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur hat sich für die generelle Termingeschäftsfähigkeit des Kunden bei gehöriger Unterrichtung ausgesprochen. Die Termingeschäftsfähigkeit gehöre wie die Kaufmannseigenschaft zu den persönlichen Verhältnissen des Anlegers. Der Zweck des Gesetzes, den Anleger über die Risiken von Termingeschäften aufzuklären, werde auch durch eine schriftliche Unterrichtung durch einen qualifizierten Dritten erreicht (vgl. OLG Köln WM 1997, 160, 162; Polt BuB Rdn. 7/277; Rollinger, Aufklärungspflichten bei Börsentermingeschäften S. 124 f.; Allmendinger, in: Allmendinger/Tilp a.a.O. Rdn. 664 f.; Schäfer ZIP 1989, 1103, 1104 f.; Seeberg ZIP 1992, 600, 602 f.; Batereau/Lange WM 1997, 904 ff.).
Ein anderer Teil ist demgegenüber der Ansicht, die Unterzeichnung einer Informationsschrift gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG führe, wie dem Gesetzeswortlaut und der rechtssystematischen Einordnung zu entnehmen sei, nur zur relativen Termingeschäftsfähigkeit im Verhältnis zum informierenden Kreditinstitut (OLG Zweibrücken WM 1995, 1272, 1275; Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 16 Rdn. 246; Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 106 Rdn. 105; Schwark, BörsG 2. Aufl. § 53 Rdn. 20; Baumbach/Hopt, HGB 29. Aufl. § 53 BörsG Rdn. 10; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rdn. 12, 120 f.; Tilp, in: Allmendinger/Tilp a.a.O. Rdn. 667; Horn ZIP 1990, 2, 8; Assmann, in: Festschrift für Heinsius S. 1, 27 f.; Nach AG 1992, 385, 390; Häuser ZBB 1992, 249, 265 f.; Jaskulla WuB I G 7.–4.97).
(2) Der erkennende Senat hat die Frage bisher offen gelassen (BGH, Urteil vom 29. März 1994 – XI ZR 31/93, WM 1994, 834, 838; BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 – XI ZR 218/93, WM 1995, 658, 659). Er entscheidet sie nunmehr in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht dahin, daß die Unterzeichnung der Informationsschrift nur im Verhältnis der Vertragsparteien wirkt.
Der Wortlaut und die Materialien des Gesetzes sprechen deutlich für eine solche relative Wirkung der Informationsschrift. Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG sind Termingeschäfte eines privaten Kunden nur dann verbindlich, wenn in der einer Banken- oder Börsenaufsicht unterstehende Kaufmann „den anderen Teil” vor Geschäftsabschluß schriftlich genügend informiert. In der Gesetzesbegründung heißt es dementsprechend, ein Börsentermingeschäft eines Nicht-Kaufmanns sei verbindlich, wenn dieser von „seinem” nach § 53 Abs. 1 BörsG termingeschäftsfähigen Vertragspartner aufgeklärt werde (BT-Drucks. 11/4177 S. 19).
Nichts spricht dafür, daß der Wortlaut den Willen des Gesetzgebers unzutreffend wiedergibt. Anders als die Revision meint, kann dem Sinn und Zweck der Informationsregelung des § 53 Abs. 2 BörsG nicht entnommen werden, ein ordnungsgemäß informierter Anleger solle auch im Verhältnis zu anderen Vertragspartnern termingeschäftsfähig sein. Das Gesetz stellt, wie dargelegt, nicht auf den materiellen Informationsstand des Kunden ab, sondern macht die Verbindlichkeit seiner Termingeschäfte von der Einhaltung eines formellen Informationsverfahrens abhängig. Dessen Wirkung begrenzt es zur Sicherstellung der Warnfunktion der Aufklärung nicht nur zeitlich (§ 53 Abs. 2 Satz 3 BörsG a.F.), sondern auch personell, indem es die zu den persönlichen Verhältnissen des Anlegers zählende Termingeschäftsfähigkeit auf Geschäfte mit einem bestimmten qualifizierten Vertragspartner beschränkt. Wollte man der Unterzeichnung des Informationsblattes die Wirkung genereller Termingeschäftsfähigkeit beimessen, müßten entgegen der Intention des Gesetzgebers konsequenterweise auch Termingeschäfte unter auf diese Weise „aufgeklärten” Privatanlegern als verbindlich angesehen werden und, was kaum praktikabel wäre, Informationen durch andere Kreditinstitute bei der Festlegung des Zeitpunkts für die Wiederholung der Unterrichtung berücksichtigt werden.
c) Dem Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung steht nicht der Rückforderungsausschluß des § 55 BörsG entgegen.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert § 55 BörsG eine Leistung auf ein bestimmtes Börsentermingeschäft. Belastungsbuchungen aufgrund unverbindlicher Termingeschäfte, Verrechnungen aufgrund einer antizipierten Vereinbarung beim Kontokorrentkonto sowie das Saldoanerkenntnis durch Schweigen auf einen Rechnungsabschluß stellen keine Leistungen dar (BGHZ 101, 296, 305 f; 117, 135, 141; Senatsurteile vom 25. Juni 1991 – XI ZR 178/90, WM 1991, 1367 f. und vom 3. Februar 1998 – XI ZR 33/97, WM 1998, 545, 546 f.).
b) Die Voraussetzungen des § 55 BörsG liegen hier nicht vor. Das Wertpapierabrechnungskonto des Klägers wurde als Kontokorrentkonto geführt. Bei einem solchen Konto erfolgen Einzahlungen und Gutschriften nicht zur Tilgung bestimmter kontokorrentgebundener Forderungen, sondern bilden bloße Rechnungsposten, die erst bei der nächsten Saldierung und Abrechnung des Kontokorrents Wirkung ausüben. Zwar können die Parteien die vorrangige Tilgung bestimmter kontokorrentgebundener Forderung vereinbaren. Eine solche ungewöhnliche Sonderabrede muß sich aber hinreichend klar aus den gesamten Umständen ergeben (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 – IX ZR 33/90, WM 1991, 495, 497; BGH, Urteil vom 3. Februar 1998 – XI ZR 33/97, WM 1998, 545, 547).
Davon kann hier keine Rede sein. Entgegen der Ansicht der Revision ist nicht ersichtlich, daß der Kläger mit der Einreichung zweier Schecks zur Gutschrift auf sein Wertpapierabrechnungskonto Verbindlichkeiten aus dem Erwerb der Basket-Optionsscheine tilgen wollte. Die Schecks über 9.460,13 DM und 16.503,13 DM lassen sich dem Kaufpreis dieser Optionsscheine in Höhe von 10.839,83 DM betragsmäßig nicht zuordnen. Überdies spricht nichts dafür, daß sich die Parteien, denen die Unverbindlichkeit dieses Optionsscheingeschäfts nicht bekannt war, abweichend von der Kontokorrentabrede konkludent auf die vorrangige Tilgung des Kaufpreises für die Basket-Optionsscheine geeinigt hätten.
d) Anders als die Revision meint, steht einem Teil der Klageforderung auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. § 242 BGB kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen herangezogen werden, um einen begründeten Termin- oder Differenzeinwand auszuschalten (BGHZ 58, 1, 6 f.; BGH, Urteil vom 25. Juni 1991 – XI ZR 178/90, WM 1991, 1367, 1368; OLG Köln WM 1996, 2110, 2111). Solche Umstände liegen nicht schon dann vor, wenn die Bank von einem bestimmten Termingeschäft abgeraten hat, der Kunde aber auf dessen Abschluß besteht. Etwas anderes könnte zwar dann gelten, wenn der Kunde die Herbeiführung der Termingeschäfts Fähigkeit durch Unterzeichnung des Informationsblattes bewußt vereitelt, um im Falle eines Verlustes den Termineinwand erheben zu können. Für ein solches Vorgehen des Klägers fehlt hier aber jeglicher Anhaltspunkt.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es dem Kläger einen Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungen zuerkannt hat, die die Beklagte aus zu Unrecht vereinnahmten Beträgen aus unverbindlichen Börsentermingeschäften gezogen hat, nimmt die Revision hin. Die Nutzungen sind deshalb mit 2.549,19 DM anzusetzen.
III.
Die Revision der Beklagten war danach als unbegründet zurückzuweisen.
Bei der Kostenentscheidung war die Rücknahme der Revision les Klägers zu berücksichtigen.
Unterschriften
Schimansky, Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder, Dr. Müller
Fundstellen
Haufe-Index 1392092 |
BGHZ |
BGHZ, 1 |
DB 1998, 1659 |
NJW 1998, 2524 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1998, 1281 |
WuB 1999, 421 |
ZAP 1998, 644 |
ZIP 1998, 1102 |
MDR 1998, 1043 |
VuR 1998, 309 |
ZBB 1998, 248 |