Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an wirksame Mieterhöhungserklärung. Aufnahme der anzusetzenden Kürzungsbeträge und deren Berechnungsgrundlage
Leitsatz (redaktionell)
Voraussetzung eines wirksamen Mieterhöhungsverlangens bezüglich einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung ist nicht nur die Angabe der zu berücksichtigenden Kürzungsbeträge, sondern auch die Darlegung von deren Berechnungsgrundlagen.
Normenkette
MHG § 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.06.2003) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin vom 13. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 2 MHG.
Mit Mietvertrag vom 29. November 1959 mieteten die Beklagten von der V. … Wohnungsverwaltung B. … eine Wohnung im Haus M. … straße …, B. …. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der V. … … Wohnungsverwaltung B. …. Sie hat an dem Haus M. … … straße … Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt und dafür Mittel aus zinsverbilligten Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau erhalten. Mit Schreiben vom 30. Mai 2001 verlangte sie von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 2 MHG von monatlich 223,94 EUR auf 271,73 EUR ab dem 1. August 2001. Für die Einordnung der Wohnung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete legte die Klägerin in einzelnen Merkmalgruppen den modernisierten Zustand zugrunde. Hinsichtlich der Merkmalgruppe „Wohnung/Gebäude” ging sie jedoch von dem unmodernisierten Zustand aus. In dem Mieterhöhungsverlangen wies die Klägerin auf die Verwendung zinsverbilligter Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen hin. Sie wies einen Kürzungsbetrag von 0,07 DM/qm aus und bezog diesen in die Berechnung der Mieterhöhung ein. Weitere Angaben zu den verwendeten öffentlichen Mitteln wurden nicht gemacht. Die Beklagten stimmten dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin um den geforderten Betrag zu, allerdings nur mit der Maßgabe, daß sie davon ausgingen, in allen Merkmalgruppen sei der modernisierte Zustand der Wohnung Grundlage der Einordnung. Die erhöhte Miete wird von den Beklagten seit dem 1. August 2001 gezahlt. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die uneingeschränkte Zustimmung der Beklagten zur Erhöhung der Miete entsprechend dem Mieterhöhungsverlangen vom 30. Mai 2001.
Das Amtsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit dem Berufungsurteil hat das Landgericht – nachdem der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hatte – die Berufung erneut mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unzulässig abgewiesen werde. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Anliegen einer uneingeschränkten Zustimmung der Beklagten zum Mieterhöhungsverlangen vom 30. Mai 2001 weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Die Klage sei unzulässig, weil mangels einer wirksamen Mieterhöhungserklärung die Überlegungsfrist des § 2 Abs. 3 MHG und damit die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt worden sei. Das Schreiben der Klägerin vom 30. Mai 2001, mit dem sie von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt, enthalte nicht die für eine Auslösung der Überlegungsfrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG nötigen Informationen. Welche Informationen ein Erhöhungsverlangen enthalten müsse, sei eine Frage des Einzelfalls. Dabei sei eine Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter vorzunehmen und der Zweckbestimmung des § 2 Abs. 2 MHG Rechnung zu tragen. Diese bestehe darin, dem Mieter die Möglichkeit der Information und Nachprüfung zu geben, damit er sich anhand der mitgeteilten Daten schlüssig werden könne, ob er dem Mieterhöhungsverlangen zustimmen wolle oder nicht. Insoweit reiche der Hinweis, die ortsübliche Vergleichsmiete reduziere sich durch den Einsatz zinsverbilligter Darlehen aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit den durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen um einen Kürzungsbetrag von 0,07 DM/qm, nicht. Diese Formulierung gebe dem Mieter nicht die Information, die er benötige, um sich im Wege der Nachprüfung der Berechnung schlüssig zu werden, ob er dem Mieterhöhungsverlangen zustimmen wolle. Der Mieter könne die Berechnung des Kürzungsbetrages nur nachvollziehen, wenn ihm wenigstens mitgeteilt werde, wer wann welche Mittel zu welchem Zinssatz mit welcher Zweckbestimmung gezahlt habe. Zwar fehle in § 2 MHG eine ausdrückliche Regelung wie in § 3 Abs. 3 MHG, wonach alle Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MHG zu erläutern seien. Auch sei eine Verweisung auf § 3 Abs. 3 MHG in § 2 Abs. 1 Satz 1 MHG nicht enthalten. Dies bedeute jedoch nicht, daß bei einem Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG an die Erörterung der Berechnung der Kürzungsbeträge geringere Anforderungen zu stellen seien als bei einem Erhöhungsverlangen nach § 3 MHG.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
Die Klägerin ist nicht berechtigt, von den Beklagten Zustimmung zu der von ihr mit Schreiben vom 30. Mai 2001 geltend gemachten Mieterhöhung zu verlangen. Das Mieterhöhungsverlangen ist formell unwirksam, da es nicht ordnungsgemäß begründet wurde.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG), das gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall noch anwendbar ist, ist ein Mieterhöhungsverlangen dem Mieter gegenüber schriftlich geltend zu machen und zu begründen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Februar 2004 (VIII ZR 116/03 unter II 1, zur Veröffentlichung bestimmt) ausgeführt hat, sind in das Mieterhöhungsverlangen auch die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 1 Satz 3 bis 7 MHG anzusetzenden Kürzungsbeträge aufzunehmen (ebenso Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 a Rdnr. 30). Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist es dabei nicht ausreichend, wenn der Vermieter lediglich die Kürzungsbeträge benennt, ohne die ihnen zugrundeliegenden Berechnungspositionen darzulegen. Mit dem Verfahren nach § 2 MHG soll dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, die Berechtigung eines Mieterhöhungsverlangens durch den Vermieter zu überprüfen. Damit sollen überflüssige Prozesse vermieden werden. Diesem Regelungszweck ist aber nur dann Genüge getan, wenn dem Mieter auch die Berechnungsgrundlage für die Kürzungsbeträge bekannt ist, da er nur dann nachvollziehen kann, ob er die vom Vermieter berechnete und verlangte Miete zu zahlen hat (vgl. Senat aaO; Börstinghaus, MDR 1998, 933, 935 f.). Der Vermieter muß, wenn er eine öffentliche Förderung erhalten hat, diejenigen Berechnungsgrundlagen für die Kürzungsbeträge darlegen, von denen allein er Kenntnis hat. Hierzu gehört die Angabe, wann er welche Mittel, zu welchem Zweck – Modernisierung oder Instandsetzung –, gegebenenfalls zu welchem Zinssatz erhalten hat.
An diesem Ergebnis ändern entgegen der Auffassung der Revision auch die sprachlichen Unterschiede zwischen § 2 MHG und § 3 Abs. 3 MHG nichts. Während nach § 3 Abs. 3 MHG die Mieterhöhungserklärung nur wirksam ist, wenn in ihr die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den Voraussetzungen nach Abs. 1 der Vorschrift erläutert wird, fordert § 2 Abs. 2 MHG eine schriftliche Begründung des Mieterhöhungsverlangens. Aus diesem sprachlichen Unterschied läßt sich jedoch keine Differenzierung hinsichtlich der Anforderungen an das jeweilige Begründungserfordernis ableiten (so im Ergebnis schon Senat aaO). Eine solche folgt auch nicht daraus, daß § 3 Abs. 3 MHG ausdrücklich auf Abs. 1 der Regelung verweist, während § 2 Abs. 2 MHG einen solchen Verweis nicht enthält. Die in den jeweiligen Absätzen 1 der Vorschriften genannten Voraussetzungen für ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters sind so unterschiedlich, daß daraus für die Intensität des Begründungserfordernisses der Mieterhöhungserklärung keine Schlüsse gezogen werden können.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach an die Begründungspflicht eines Mieterhöhungsverlangens keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ausgeführt, daß eine Handhabung der Verfahrensregeln, die praktisch zu einem Mietpreisstopp und zu einer Beseitigung des gesetzlichen Anspruchs auf die Vergleichsmiete führen würde, im Widerspruch zum Gesetz stehe und auch das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG verletze (BVerfGE 53, 352, 358 f.). Es hat aber auch ausdrücklich die Zweckbestimmung des § 2 Abs. 2 MHG hervorgehoben, die darin bestehe, dem Mieter die Möglichkeit der Information und Nachprüfung zu geben, damit er sich anhand der ihm mitgeteilten Daten schlüssig werden könne, ob er zustimmen wolle oder nicht. Der Mieter ist nur dann in der Lage, die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu überprüfen, wenn ihm die der Berechnung zugrundeliegenden Fakten bekannt sind. Dagegen ist es für den Vermieter nicht unzumutbar, die diesbezüglichen Daten an den Mieter zu übermitteln. Schließlich ist nur die Mitteilung der Eckdaten der dem Vermieter gewährten Förderung erforderlich. Für den Vermieter ist damit keine nennenswerte Mehrbelastung verbunden; denn für die Ermittlung des Kürzungsbetrages muß er ohnehin genau diese Berechnung anstellen, und es geht nur noch darum, daß er das Zahlenwerk in die Begründung seines Mieterhöhungsverlangens überträgt.
3. Da die Klägerin den Beklagten lediglich den Kürzungsbetrag von 0,07 DM/qm, nicht jedoch die diesem Betrag zugrundeliegenden Berechnungspositionen mitgeteilt hat, ist das Mieterhöhungsverlangen vom 30. Mai 2001 formell unwirksam. Das Berufungsgericht hat die Klage daher zu Recht als unzulässig angesehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Mai 2004 – VIII ZR 234/03, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Revision ist deshalb zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Beyer, Ball, Wiechers, Dr. Wolst, Hermanns
Fundstellen
Haufe-Index 1395057 |
WuM 2004, 406 |
Info M 2005, 11 |
AIM 2004, 136 |
JWO-MietR 2004, 209 |