Leitsatz (amtlich)

Der abstrakte Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens gegen das Kreditkartenunternehmen gem. § 780 BGB setzt im sog. Mailorder-Verfahren den Vermerk "signature on file" auf dem Leistungsbeleg nicht voraus, wenn dem Vertragsunternehmen die Unterschrift des Bestellers, etwa bei telefonischen oder per E-Mail übermittelten Bestellungen, nicht vorliegt.

 

Normenkette

BGB § 780

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.11.2004; Aktenzeichen 23 U 238/03)

LG Frankfurt am Main

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 24.11.2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, die einen Versandhandel für Geschenkartikel sowie Silber- und Schmuckwaren betreibt, nimmt als Vertragsunternehmen die beklagte Rechtsnachfolgerin eines Acquiring-Unternehmens des Kreditkartengewerbes (im Folgenden: Beklagte) auf Zahlungen für Kreditkartengeschäfte im Mailorder-Verfahren in Anspruch. Die Beklagte begehrt mit der Widerklage Erstattung bereits geleisteter Zahlungen.

Die Parteien schlossen im Juli 2001 u.a. eine Servicevereinbarung für die EUROCARD/VISA-Akzeptanz im Mailorder/Telefone-Order-Verfahren. Nach den zu Grunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) ist die Klägerin verpflichtet, Inhabern solcher Kreditkarten Waren bargeldlos zu verkaufen. Die Beklagte "kauft" gem. Nr. 1 Abs. 3 ihrer AGB alle sofort fälligen Forderungen des Vertragspartners gegen Karteninhaber, die unter Angabe der Kartennummer und der Gültigkeitsdauer der Karte begründet wurden, unter den Bedingungen an, dass der Vertragspartner Name und Anschrift des Karteninhabers, dessen Kartennummer und Gültigkeitsdauer der Karte, den Rechnungsendbetrag und die von der Beklagten zu erteilende Autorisierungsnummer auf dem Leistungsbeleg erfasst, darauf die Angabe "signature on file" vermerkt und den Kartenumsätzen "ausschließlich Rechtsgeschäfte über Leistungen im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Vertragspartners ... zu Grunde liegen". Bei Nichterfüllung einer dieser Bedingungen ist die Beklagte gem. Nr. 1 Abs. 4 ihrer AGB nicht zur Erstattung der Forderung an den Vertragspartner verpflichtet. Dennoch geleistete Zahlungen erfolgen unter dem Vorbehalt der Rückbelastung oder Verrechnung innerhalb von 12 Monaten vom Auszahlungszeitpunkt an. Zur Abrechnung der Kartenumsätze werden der Beklagten die Transaktionsdaten gem. Nr. 2 der AGB elektronisch übermittelt. Der Vertragspartner hat alle Unterlagen über die elektronisch übermittelten Umsätze und die zu Grunde liegenden Geschäfte 12 Monate vom Transaktionsdatum an aufzubewahren und der Beklagten auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Gemäß Nr. 3 der AGB hat der Vertragspartner jeden Kartenumsatz elektronisch online autorisieren zu lassen.

Der Vertragspartner "tritt" die Forderungen gegen Karteninhaber, "die unter Verwendung einer Karte gemäß dieser Vereinbarung begründet wurden", an die Beklagte "ab". Diese erstattet dem Vertragspartner nach Nr. 4 Abs. 3 der AGB den Forderungsbetrag abzgl. der vereinbarten, im Mailorder-Verfahren erhöhten Servicegebühr von 3,9 % zzgl. Mehrwertsteuer. Nach Nr. 4 Abs. 4 der AGB darf die Beklagte bereits angewiesene Kartenumsätze rückbelasten, "wenn sich der Karteninhaber weigert, den Rechnungsbetrag zu zahlen, weil er bestreitet, das Rechtsgeschäft mit dem Vertragspartner abgeschlossen zu haben".

In einer Selbstauskunft, die Voraussetzung für die Gegenzeichnung der Servicevereinbarung durch die Beklagte war, gab die Klägerin an, Geschenkartikel innerhalb von Deutschland zu vertreiben.

Die Klägerin übermittelte der Beklagten in der Zeit v. 30.4. bis zum 14.6.2002 auf elektronischem Weg die Transaktionsdaten von neun Bestellungen, die von Kunden aus Indonesien unter Angabe der Nummern und Ablaufdaten von Kreditkarten per E-Mail übermittelt worden waren. Die Beklagte, die die Geschäfte auf die vorherige Anfrage der Klägerin autorisiert hatte, überwies der Klägerin die Forderungsbeträge abzgl. der Servicegebühr und Mehrwertsteuer, insgesamt 15.319,07 EUR, erhielt aber von den in den USA und Italien ansässigen Karteninhabern keine Erstattung, weil diese die Bestellungen bestritten. Sie macht gegen die Klägerin einen Rückerstattungsanspruch geltend, mit dem sie gegen Forderungen der Klägerin aus anderen, beanstandungsfrei durchgeführten Kreditkartengeschäften i.H.v. 6.715,20 EUR aufgerechnet hat.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von 6.715,20 EUR zzgl. Zinsen in Anspruch; die Beklagte verlangt widerklagend die Zahlung von 8.603,87 EUR zzgl. Zinsen. Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat der Klage i.H.v. 1.608,84 EUR stattgegeben und sie im Übrigen, ebenso wie die Widerklage, abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision ihren Klageantrag in voller Höhe weiter.

 

Entscheidungsgründe

Revision und Anschlussrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte sei auf Grund der Servicevereinbarung unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von 1/3 zur Erstattung von 2/3 der Kartenumsätze verpflichtet. Rückzahlungsansprüche der Beklagten bestünden demnach nicht.

Die Klägerin verstoße gegen § 242 BGB, wenn sie die Unwirksamkeit der Servicevereinbarung wegen ihrer fehlenden Unterschrift geltend mache. Sie habe das Vertragsformular, ebenso wie die von ihr unterschriebene Selbstauskunft, ausgefüllt, abgestempelt und der Beklagten zugesandt. Die Parteien hätten ihre Geschäftsbeziehung längere Zeit auf der Grundlage der Servicevereinbarung abgewickelt. Dieser lägen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für das Mailorder-Verfahren zu Grunde. Da die Klägerin als GmbH Kaufmann sei, genüge für die Einbeziehung der bei Abschluss der Servicevereinbarung gegebene Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Schmucklieferungen nach Indonesien würden nicht von der Servicevereinbarung erfasst, weil die Klägerin in ihrer Selbstauskunft nur einen Vertrieb von Geschenkartikeln innerhalb Deutschlands angegeben habe. Der Auslandsbezug und der Vertrieb von Schmuck seien für die Beklagte spätestens bei der Zahlungsabwicklung ersichtlich gewesen, weil die Parteien bereits zuvor vergleichbare Auslandsgeschäfte abgewickelt hätten.

Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Bestimmung, dass im Mailorder-Verfahren eine Rückbelastung erfolge, wenn der Karteninhaber binnen sechs Monaten reklamiere, die Ware nicht erhalten zu haben, sei gem. § 9 AGBG unwirksam. Deshalb bestehe prinzipiell ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

Der Anspruch sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin auf den Leistungsbelegen weder die Namen und Anschriften der Karteninhaber noch den Vermerk "signature on file" eingetragen habe. Namen und Anschriften der Karteninhaber kenne der Vertragsunternehmer bei missbräuchlicher Verwendung der Karte durch unberechtigte Dritte nicht. Der Vermerk "signature on file" sei eine bloße Formalie, die einen Kreditkartenmissbrauch nicht verhindern könne. Da der Vertragsunternehmer dem Kreditkartenunternehmen den Belastungsbeleg nicht bereits bei der Abrechnung, sondern erst bei einer Reklamation des Karteninhabers vorlegen müsse, habe die ordnungsgemäße Ausfüllung des Beleges keine wahre Schutzfunktion. Zudem sei der geforderte Hinweis konkludent erteilt worden. Die Klägerin habe der Beklagten nicht nur die Leistungsbelege, sondern auch die Ausdrucke der E-Mails, die die Bestellungen enthielten, übersandt. Damit habe sie zum Ausdruck gebracht, dass ihr keine Originalunterschrift vorliege.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei gem. § 254 BGB zu mindern, weil sie durch leichtgläubige Akzeptanz der Kreditkarten zur Schadensentstehung beigetragen habe. Sämtliche Bestellungen stammten aus Indonesien und seien in schlechtem Englisch verfasst. Die Kunden hätten durchweg mittel- bis hochpreisige Artikel (805 EUR bis 3.050 EUR) bestellt und in kurzen Abständen weitere Bestellungen aufgegeben. Nicht immer seien vollständige Namen angegeben worden. Die Kunden seien der Klägerin zuvor unbekannt gewesen. Deswegen habe die Klägerin die mitgeteilten Daten eingehend überprüfen oder eine Abwicklung des Geschäfts im Mailorder-Verfahren ablehnen müssen. Da die Internationalisierung des Geschäfts durch Internet und E-Mail-Verkehr zwangsläufig zu Kontakten mit unbekannten, kapitalstarken Kunden aus fernen Ländern führe und das Preisniveau der abgerechneten Bestellungen im Schmuckhandel nicht ungewöhnlich sei, sei ein Mitverschulden der Klägerin i.H.v. 1/3 anzunehmen.

II.

A. Revision der Beklagten

1. Soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat, halten seine Ausführungen rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei teilweise begründet, weil der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zustehe, ist rechtsfehlerhaft. Mit der Klage wird kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht. Die Klägerin leitet aus den neun streitgegenständlichen Geschäften keine Ansprüche mehr her. Ihre Ansprüche aus diesen Geschäften sind nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in voller Höhe von 15.319,07 EUR durch Zahlungen der Beklagten erfüllt worden.

Damit ist auch der Begründung, mit der das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen hat, die Grundlage entzogen. Das Berufungsgericht hat insoweit, ohne die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu erörtern, lediglich auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von 2/3 der streitgegenständlichen Kartenumsätze verwiesen. Diese ist, wie dargelegt, bereits erfüllt.

2. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

Die Klägerin macht mit der Klage Forderungen aus anderen Kreditkartengeschäften i.H.v. 6.715,20 EUR, die nach Grund und Höhe unstreitig sind, geltend. Nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt sind diese Forderungen durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Rückerstattungsforderungen erloschen; die Widerklage ist auf Grund des restlichen Teils dieser Gegenforderungen begründet.

a) Gegenforderungen der Beklagten ergeben sich allerdings entgegen der Auffassung der Revision weder aus §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB a.F., Art. 229 § 5 EGBGB noch aus Nr. 4 Abs. 4 der AGB der Beklagten für das Mailorder-Verfahren. Der Senat hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Vertragsverhältnis zwischen einem Kreditkartenunternehmen und einem Vertragsunternehmen nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen ist (BGH v. 16.4.2002 - XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286 [291 ff.] = CR 2002, 747 = BGHReport 2002, 593 m. Anm. Lenz = MDR 2002, 958; v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [261] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 13/03, BGHReport 2004, 1033 = MDR 2004, 951 = WM 2004, 1031 [1032]; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1131]; Urt. v. 15.2.2005 - XI ZR 171/04, MDR 2005, 824 = BGHReport 2005, 806 = WM 2005, 857 [859]), und dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditkartenunternehmen, soweit sie, wie Nr. 4 Abs. 4 der AGB der Beklagten, Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte durch unberechtigte Dritte im sog. Mailorder-Verfahren belasten, gem. § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AGBG unwirksam sind (BGH v. 16.4.2002 - XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286 [295] = CR 2002, 747 = BGHReport 2002, 593 m. Anm. Lenz = MDR 2002, 958; v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [263 f.] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 13/03, BGHReport 2004, 1033 = MDR 2004, 951 = WM 2004, 1031 [1032]; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1131], m.w.N.). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Revision fest.

b) Der Beklagten steht aber nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt ein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Ihre Zahlungen auf die streitgegenständlichen Geschäfte sind ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Klägerin keinen Anspruch gem. Nr. 1 Abs. 3, Nr. 4 Abs. 3 der AGB auf diese Zahlungen hatte.

aa) Allerdings haben die Parteien die Geltung der AGB für das Mailorder-Verfahren, ungeachtet der fehlenden Unterschrift der Klägerin auf der Servicevereinbarung für das Mailorder-Verfahren, wirksam vereinbart. Eine Einbeziehung der AGB in den Vertrag richtet sich, da die Klägerin als Unternehmerin i.S.d. § 14 Abs. 1 BGB handelte, nicht nach § 2 AGBG (§ 24 S. 1 AGBG), sondern nach §§ 145 ff. BGB. Die Parteien haben dadurch, dass sie nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts über 100 Transaktionen im Mailorder-Verfahren zu der ggü. dem Präsenzgeschäft erhöhten Servicegebühr von 3,9 % abgerechnet haben, zum Ausdruck gebracht, dass sie auf vertraglicher Grundlage im Mailorder-Verfahren Geschäfte durchführen wollen. Ob die Beklagte der Klägerin außer den AGB für das Präsenzgeschäft auch die AGB für das Mailorder-Verfahren übersandt hat, ist unerheblich, weil diese AGB der Klägerin jedenfalls ohne weiteres zugänglich gewesen wären und ihre Verwendung allgemein üblich ist.

bb) Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass die Leistungsbelege nicht vollständig ausgefüllt waren.

(1) Im Abrechnungsverfahren gem. Nr. 2 der AGB ist grundsätzlich nicht die Vorlage ordnungsgemäßer Leistungsbelege, sondern nur die elektronische Übermittlung der Transaktionsdaten erforderlich. Gleichwohl entsteht die Zahlungspflicht der Beklagten gem. Nr. 1 Abs. 3 der AGB nur, wenn das Vertragsunternehmen mit Hilfe des POS-Terminals ordnungsgemäße Leistungsbelege erstellt. Diese Regelung verstößt nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Sie benachteiligt das Vertragsunternehmen nicht unangemessen, sondern schreibt eine sachgemäße Dokumentation der abgewickelten Geschäfte vor, die insb. zur Bearbeitung etwaiger Beschwerden eines Karteninhabers benötigt wird (BGH, Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1131]).

(2) Der Zahlungspflicht der Beklagten steht nicht die fehlende Angabe des Namens und der Anschrift des Karteninhabers auf den Leistungsbelegen entgegen. Da das Vertragsunternehmen den Namen und die Anschrift des wahren Karteninhabers bei missbräuchlicher Verwendung der Karte durch einen unbefugten Dritten nicht kennt, stünde die Verneinung einer Zahlungspflicht der Beklagten in diesem Fall in einem Wertungswiderspruch zur Unwirksamkeit der Missbrauchsklausel der Nr. 4 Abs. 4 der AGB (BGH v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [266] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 13/03, BGHReport 2004, 1033 = MDR 2004, 951 = WM 2004, 1031 [1032]; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1132], jeweils m.w.N.).

(3) Auch der fehlende Vermerk "signature on file" berührt die Zahlungspflicht der Beklagten nicht. Diese Angabe, die in Nr. 1 Abs. 3 der AGB für das Mailorder-Verfahren vorgesehen ist und die grundsätzlich eine notwendige Voraussetzung der Zahlungspflicht des Kreditkartenunternehmens darstellt (BGH v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [266] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder; Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1132]), brauchte im vorliegenden Fall nicht auf den Leistungsbelegen vermerkt zu werden. Nach der unbestrittenen Darstellung der Beklagten bestätigt der Vertragshändler mit diesem Vermerk, dass ihm die Unterschrift des Bestellers, etwa auf einer schriftlichen Bestellung, vorliegt. Diese Bestätigung konnte die Klägerin nicht abgeben, weil ihr die Bestellungen per E-Mail ohne Unterschrift übermittelt worden waren und die Unterschriften der Besteller auch sonst nicht vorlagen. Die Bestätigung "signature on file" wäre inhaltlich unzutreffend gewesen und durfte somit nicht abgegeben werden. Die AGB, die in Nr. 1 Abs. 3 und Nr. 2 Abs. 2 Bestellungen per Telefon oder per E-Mail ausdrücklich vorsehen, sind deshalb gem. § 5 AGBG dahin auszulegen, dass die Zahlungspflicht der Beklagten auch ohne den Vermerk "signature on file" auf den Leistungsbelegen entsteht, wenn - wie hier - Bestellungen per E-Mail übermittelt werden und dem Vertragsunternehmer die Unterschriften der Besteller nicht vorliegen.

cc) Der Zahlungspflicht der Beklagten steht aber nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt entgegen, dass die Klägerin auf Grund der streitgegenständlichen Geschäfte entgegen ihrer Selbstauskunft nicht Geschenkartikel innerhalb Deutschlands, sondern Schmuck nach Indonesien geliefert hat.

Nach Nr. 1 Abs. 3 der AGB für das Mailorder-Verfahren setzt die Zahlungspflicht der Beklagten voraus, dass dem Kartenumsatz ein Rechtsgeschäft über Leistungen im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin zu Grunde liegt. Gegenstand und Umfang des Geschäftsbetriebs, für den die Parteien die Servicevereinbarung über das Mailorder-Verfahren geschlossen haben, ergeben sich aus der "Selbstauskunft und Ergänzung zum Mailorder- und/oder Internet-Vertrag" der Klägerin. Die von der Beklagten positiv geprüfte Selbstauskunft war, wie aus ihrem Inhalt hervorgeht, Voraussetzung für die Gegenzeichnung der Servicevereinbarung durch die Beklagte. Daran wird deutlich, dass die Selbstauskunft nicht lediglich der Information der Beklagten, sondern der verbindlichen Festlegung des von der Servicevereinbarung erfassten Geschäftsbetriebes und des damit verbundenen branchen- und länderabhängigen finanziellen Risikos diente.

Die streitgegenständlichen Geschäfte gehören nicht zu dem in der Selbstauskunft bezeichneten Geschäftsbetrieb. Ein auf den Verkauf von Geschenkartikeln gerichteter Geschäftsbetrieb umfasst nach der Verkehrsanschauung nicht den Handel mit wertvollem Schmuck. Auch die Lieferungen nach Indonesien widersprechen der Selbstauskunft, in der die Klägerin nur einen Vertrieb in Deutschland angegeben und von der Möglichkeit, als Absatzgebiet Asien anzukreuzen oder sonstige Länder anzugeben, keinen Gebrauch gemacht hat.

Die Beklagte ist nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt nicht gehindert, sich auf die erheblichen Abweichungen der streitgegenständlichen Geschäfte von der Selbstauskunft zu berufen. Sie konnte, anders als das Berufungsgericht meint, nicht anhand der Unterlagen früherer Transaktionen erkennen, dass die abgewickelten Geschäfte von der Selbstauskunft abwichen. Da die Abrechnungen elektronisch erfolgten, wurden der Beklagten Unterlagen über die verkauften Produkte und die Absatzgebiete nicht vorgelegt.

c) Der Beklagten steht nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt ferner ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, weil die Klägerin sich trotz erheblicher Verdachtsmomente gegen die Besteller sorgfaltswidrig auf das Mailorder-Verfahren eingelassen hat. Dadurch hat sie ihre vertragliche Nebenpflicht ggü. der Beklagten, deren Vermögen bei der Vertragsdurchführung nicht zu schädigen, fahrlässig verletzt (BGH v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [268 f.] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder).

aa) Das Berufungsgericht führt, wenn auch in anderem rechtlichen Zusammenhang, rechtsfehlerfrei aus, dass die streitgegenständlichen Bestellungen bei der Klägerin den Verdacht eines Missbrauchs der Kreditkarten hervorrufen mussten. Es handelte sich nicht nur um die ersten und verhältnismäßig teuren Bestellungen bislang unbekannter Kunden. Auffällig war auch, dass einzelne Kunden ihren Namen nur unvollständig angegeben hatten und vor der endgültigen Abwicklung des ersten Zahlungsvorgangs weitere Bestellungen aufgaben. Angesichts dieser Verdachtsmomente waren die Schmucklieferungen nach Indonesien erkennbar mit einem erheblichen Risiko verbunden. Dieses musste die Klägerin veranlassen, Erkundigungen über die Besteller einzuholen und, soweit diese nicht möglich waren oder ergebnislos blieben, von der Akzeptanz der Kreditkarten im Mailorder-Verfahren abzusehen und dadurch den Schadenseintritt zu vermeiden.

bb) Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist nach dem im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt gem. § 254 Abs. 1 BGB gemindert, weil die Beklagte, was das Berufungsgericht verkannt hat, ihre Pflicht, vor Zahlungen an die Klägerin die Übereinstimmung von Bestellern und Karteninhabern zu prüfen (BGH v. 13.1.2004 - XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 [267] = MDR 2004, 458 = BGHReport 2004, 453 m. Anm. Schnauder), verletzt hat.

Die Klägerin hat der Beklagten zwar entsprechend der Regelung des Abrechnungsverfahrens in Nr. 2 der AGB der Beklagten keine Leistungsbelege mit den Namen der Besteller übersandt, sondern nur Transaktionsdaten, zu denen die Namen der Besteller nicht gehörten, elektronisch übermittelt. Durch diese Organisation des Abrechnungsverfahrens kann sich die Beklagte ihrer Pflicht, vor der Zahlung an den Vertragsunternehmer die Übereinstimmung von Besteller und Karteninhaber zu prüfen, aber nicht entziehen. Sie ist verpflichtet, auch im Abrechnungsverfahren mit Hilfe eines POS-Terminals die Mitteilung der Namen der Besteller vorzusehen, und dadurch eine Identitätsprüfung zu ermöglichen. Dies gehört zu den Sorgfalts- und Kontrollpflichten, ohne deren Erfüllung das Kreditkarten-, insb. das Mailorder-Verfahren mit seinen massenhaft anfallenden Geschäftsvorgängen nicht zuverlässig funktionieren kann (BGH, Urt. v. 16.3.2004 - XI ZR 169/03, BGHReport 2004, 1092 = MDR 2004, 950 = WM 2004, 1130 [1132]; zustimmend Bellut, EWiR 2004, 749 [750]; Reiff, EWiR 2004, 1015 [1016]; Hofmann, ZBB 2004, 405 [410]; Jungmann, WuB I D 5a.-2.04; a.A. Meder, JZ 2004, 503 [505]; BKR 2004, 245 [246]; ZIP 2004, 1044 [1045]).

Die Beklagte hätte die Klägerin demnach bereits vor ihrer Zahlung auf das erste streitgegenständliche Geschäft darauf hinweisen müssen, dass die Kreditkarte nicht von ihrem berechtigten Inhaber, sondern von einem Dritten benutzt worden war. Ob dadurch der Schaden auf Grund des ersten Geschäfts noch hätte verhindert werden können und ob die Klägerin weitere Geschäfte mit demselben Besteller sowie die streitgegenständlichen Geschäfte mit anderen Bestellern aus Indonesien, nicht mehr abgeschlossen hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

3. Auf die Revision war daher das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Zu dem Bereicherungs- und dem Schadensersatzanspruch der Beklagten sind weitere Feststellungen zu treffen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte vor Vertragsschluss mündlich darauf hingewiesen zu haben, dass sie mit Geschenkartikeln, Silber- und Schmuckwaren handele und schwerpunktmäßig Auslandsgeschäfte abschließe. Die Beklagte habe ihr daraufhin vorgeschlagen, die gehandelten Produkte als Geschenkartikel zu bezeichnen. Dies wäre eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, auf deren Grundlage die streitgegenständlichen Geschäfte im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin lägen und eine Zahlungspflicht der Beklagten begründeten. Deshalb sind die hierzu angetretenen Beweise zu erheben.

Falls nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme der Beklagten kein Bereicherungsanspruch zusteht, wird das Berufungsgericht zu dem Anspruch wegen positiver Vertragsverletzung, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag, festzustellen haben, ob das Verschulden der Beklagten für die Entstehung des Schadens, der nur in Höhe des Einkaufspreises und etwaiger von der Klägerin getragener Versandkosten besteht, (teilweise) mitursächlich geworden ist. Bejahendenfalls ist abzuwägen, inwieweit der Schaden vorwiegend von der einen oder anderen Partei verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB).

B. Anschlussrevision der Klägerin

1. Die Anschlussrevision, die dieselben Gegenforderungen der Beklagten wie die Revision betrifft, ist zulässig (BGH, Urt. v. 3.2.2004 - XI ZR 125/03, BGHZ 158, 1 [10]; Urt. v. 30.9.2003 - XI ZR 232/02, BGHReport 2004, 114 = MDR 2004, 163 = WM 2003, 2286 [2287]).

2. Die Anschlussrevision ist auch begründet. Ob der mit ihr weiterverfolgte Teil der Klageforderung begründet ist, hängt, ebenso wie die Entscheidung über die Revision, davon ab, ob und in welchem Umfang die Forderungen, mit denen die Beklagte aufgerechnet hat, begründet sind.

Daher war auch auf die Anschlussrevision das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1397876

BB 2005, 2320

DB 2005, 2072

BGHR 2005, 1388

NJW-RR 2005, 1570

CR 2006, 74

EWiR 2005, 753

WM 2005, 1601

ZIP 2005, 1406

MDR 2005, 1361

RIW 2005, 771

BKR 2005, 461

ITRB 2006, 30

MMR 2005, 682

ZBB 2005, 376

ZGS 2005, 324

FB 2005, 840

Kreditwesen 2005, 1103

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