Tenor
Auf die Rechtsmittel der Parteien werden das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 12. Januar 2000 aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 25. November 1997 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Sparkasse M. R. straße, O.
- zugunsten des Kontos Nr. 470.640,38 DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 14. November 1996 und
- zugunsten des Kontos Nr. 91.431,67 DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 14. November 1996 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten; diese werden dem Nebenintervenienten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger fordert von dem Beklagten die Bezahlung von Verbindlichkeiten der Firma Gebr. R. GmbH (künftig: GmbH) gegenüber der Sparkasse M. (künftig: Sparkasse) in Höhe von insgesamt 562.072,05 DM nebst Zinsen; hilfsweise begehrt er die Freistellung ehemaliger Mitgesellschafter der GmbH von persönlich übernommenen Sicherheiten für die Schuld der GmbH gegenüber der Sparkasse.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war gemeinsam mit C. R. sen., A. R. und Ca. – R. Gesellschafter der GmbH. Die Mitgesellschafter des Klägers hatten zugunsten der Sparkasse Sicherheiten für die Schulden der GmbH gestellt; C. R. sen. war eine Bürgschaft eingegangen und hatte ebenso wie A. – und Ca. R. Grundschulden zugunsten der Stadtsparkasse bestellt. Mit Datum vom 4. Dezember 1993 unterzeichneten die Gesellschafter, vertreten durch C. R. sen., und der Beklagte einen privatschriftlichen Übergabevertrag hinsichtlich des von der GmbH geführten Betriebes. Am 28. April 1994 schlossen die Gesellschafter mit dem Beklagten einen notariellen Geschäftsanteilsabtretungsvertrag. Aus diesen Verträgen leiten der Kläger und seine früheren Mitgesellschafter eine Verpflichtung des Beklagten her, die obengenannten Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Sparkasse zu tilgen. Der Kläger, dem die früheren Mitgesellschafter durch die gleichlautenden Abtretungsverträge vom 25./26. April 1997 und vom 26. April 1997 „alle … Ansprüche aus dem Übergabevertrag … vom 04.12.1993, insbesondere … auf Entschuldung” der bei der Sparkasse bestehenden Verbindlichkeiten abgetreten hatten, hat Klage erhoben.
Das Landgericht hat die in erster Linie auf Zahlung an die Sparkasse gerichtete Klage abgewiesen. Nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts hat der Kläger im Berufungsverfahren hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Gesellschafter von den zugunsten der Sparkasse eingegangenen Sicherheiten freizustellen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten gemäß dem Hilfsantrag verurteilt, die Sicherungsgeber von diesen Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse bis zu einem Gesamtbetrag von 562.072,05 DM freizustellen.
Mit der Revision begehrt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist, und die Zurückweisung der Berufung. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlußrevision seinen Hauptantrag weiter, den Beklagten zur Begleichung der Verbindlichkeiten der GmbH an die Sparkasse zu verurteilen, und greift das Berufungsurteil hilfsweise insoweit an, als das Berufungsgericht dem Hilfsantrag nur betragsmäßig beschränkt stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat zu der Verurteilung des Beklagten nach dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers ausgeführt:
Der Beklagte habe sich in dem Vertrag vom 4. Dezember 1993 in Verbindung mit dem notariellen Vertrag vom 28. April 1994 verpflichtet, die Gesellschafter der GmbH Ca., A. und C. R. sen. von ihren zur Absicherung der genannten Kreditverpflichtung der GmbH übernommenen Sicherheiten gegenüber der Sparkasse freizustellen. Dies ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des notariellen Vertrages vom 28. April 1994, wohl aber aus dem privatschriftlichen Vertrag vom 4. Dezember 1993, der nach dem durch Auslegung zur ermittelnden Willen der Parteien neben dem notariellen Vertrag vom 28. April 1994 habe weitergelten sollen. In dem Vertrag vom 4. Dezember 1993 sei der Beklagte den Verkäufern gegenüber die Verpflichtung eingegangen, die Kredite der GmbH bei der Stadtsparkasse M. abzulösen. Da dies zwangsläufig auch die Befreiung der Gesellschafter von den persönlich übernommenen Verbindlichkeiten bedeutet hätte, habe die Ablösung der Sicherheiten nicht gesondert ausgesprochen werden müssen. Diese Ansprüche seien von den früheren Gesellschaftern wirksam an den Kläger abgetreten worden.
II. Das angegriffene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf die Anschlußrevision des Klägers ist der Beklagte gemäß dem Hauptantrag zur Begleichung der genannten Verbindlichkeiten der GmbH bei der Sparkasse zu verurteilen. Wie die Anschlußrevision zu Recht rügt, hätte das Berufungsgericht aufgrund seiner eigenen rechtsfehlerfreien Auslegung der Vereinbarung vom 4. Dezember 1993 dem Hauptantrag stattgeben müssen.
1. Zutreffend weist die Anschlußrevision darauf hin, daß das Berufungsgericht den Bestimmungen des Vertrages vom 4. Dezember 1993 unter eingehender Würdigung der erhobenen Beweise in erster Linie den Willen der Vertragspartner entnommen hat, den Beklagten persönlich zur Ablösung der Kredite (Kontokorrentkredit und Darlehen) zu verpflichten, die die Stadtsparkasse der GmbH gewährt hatte, und daß nach Ansicht des Berufungsgerichts diese Absicht bei Abschluß des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 28. April 1994 nicht entfallen war. Wie die Anschlußrevision weiter zutreffend darlegt, ist das Berufungsgericht erst aufgrund dieser in dem Vertrag ausdrücklich eingegangenen Verbindlichkeit zu der Schlußfolgerung gelangt, daß der Beklagte es damit zugleich unausgesprochen übernommen hat, die Mitgesellschafter des Klägers von ihren Sicherheiten freizustellen. Da die von dem Berufungsgericht getroffene Auslegung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, ist das Revisionsgericht hieran gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO); insoweit werden von der Revision auch Rügen nicht erhoben.
2. Die von dem Beklagten eingegangene Verpflichtung, die Verbindlichkeiten der GmbH abzulösen, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, daß er sich den Gesellschaftern gegenüber zur Freistellung der GmbH verpflichtet hatte. Ein Versprechen dem Versprechensempfänger gegenüber, einen anderen – hier die GmbH – von dessen Verbindlichkeiten freizustellen (sog. Drittschuldtilgungsvertrag), kann im Wege einer Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) vereinbart werden (BGH, Urteil vom 20. November 1995 – II ZR 209/94, NJW 1996, 1051 unter 5 a). Aus einer solchen Vereinbarung kann zwar grundsätzlich nicht auf Leistung an den begünstigten Dritten, die Sparkasse M., sondern nur auf Befreiung geklagt werden. Anders verhält es sich jedoch, wenn als Erfüllungshandlung nur eine Zahlung an den Dritten in Betracht kommt (BGH, aaO unter 5 b) oder wenn die Freistellungsverpflichtung nach § 326 BGB in eine Schadensersatzpflicht übergegangen ist (BGH, Urteil vom 12. März 1993 – V ZR 69/92, NJW 1993, 2232 unter 2 b und c). Letzteres ist hier der Fall.
Zwar liegen die förmlichen Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB, eine den Verzug des Beklagten begründende Mahnung und eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung, nicht vor. Jedoch hat der Beklagte einen Anspruch der Gesellschafter, die GmbH entsprechend der Vereinbarung vom 4. Dezember 1993 zu entschulden, ernsthaft und endgültig geleugnet, so daß der Kläger eine Mahnung sowie eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung als nutzlos und deshalb als überflüssig betrachten mußte (BGH, Urteil vom 12. März 1993 aaO unter 2 b; vgl. Senat, BGHZ 115, 286, 297). Wie dem Tatbestand des Berufungsurteils zu entnehmen ist, hat der Beklagte in beiden Tatsacheninstanzen eine Freistellungsverpflichtung gegenüber dem Kläger und seinen Mitgesellschaftern schon dem Grunde nach in Abrede gestellt und vorgebracht, er sei nie bereit gewesen, Verbindlichkeiten der GmbH oder der Gesellschafter zu übernehmen oder abzulösen. Unter diesen Umständen hätte das Erfordernis einer Mahnung und einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung eine reine Förmelei dargestellt. Die gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebrachte Erfüllungsverweigerung war ausreichend, um den Freistellungsanspruch der Gesellschafter in einen Schadensersatzanspruch umzuwandeln. Als Mitgläubiger der Freistellungsverpflichtung zugunsten der GmbH (§ 432 BGB) war er, wenn nicht schon aus eigenem Recht (vgl. Erman/Ehmann, BGB, 10. Aufl., § 432 Rdnr. 37 und 40), so doch jedenfalls deshalb zur Mahnung und zur Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung berechtigt, weil er aufgrund der Abtretungsverträge vom April 1997 zumindest als befugt anzusehen war, auch die Rechte der Mitgesellschafter wahrzunehmen und die erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen abzugeben (vgl. BGHZ 94, 117, 120; BGH, Urteil vom 12. März 1993 aaO).
3. Nachdem sich der Anspruch der Gesellschafter auf Freistellung der GmbH von den Verpflichtungen gegenüber der Stadtsparkasse in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt hat, kann der Kläger schon in seiner Eigenschaft als Mitgläubiger der anderen Gesellschafter (§ 432 BGB) gemäß § 249 Satz 1 BGB von den Beklagten Schadensersatz durch Leistung an die Sparkasse verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1993 aaO) unter 2 d). Im übrigen sind ihm diese Ansprüche durch die Abtretungen vom April 1997 zur alleinigen Berechtigung übertragen worden.
4. Die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe den Treuwidrigkeitseinwand des Beklagten (§ 242 BGB) zu Unrecht für unbegründet gehalten, greift nicht durch.
Die Revision beanstandet (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe den von dem Beklagten geltend gemachten Zusammenhang zwischen einer Freistellungspflicht und der Zuzahlungsverpflichtung des Veräußerers übersehen. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Freistellungsverpflichtung des Beklagten nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der von dem Gesellschafter C. R. sen. geschuldeten Zuzahlung gestanden hat. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nicht dargetan, daß die Ablösung der Kredite in Höhe von rund 562.000 DM wegen einer verspätet erfolgten Zuzahlung durch C. R. sen. nicht habe erfolgen können, ist nicht zu beanstanden. Der Gesellschafter C. R. sen. hat nach einer verbindlichen Festlegung seiner Zahlungspflicht durch eine Schiedsvereinbarung (vgl. Nr. III des notariellen Vertrages) die geschuldete Summe von 190.866,69 DM durch Zahlung und durch eine vergleichsweise erfolgte Verrechnung getilgt.
III. Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit das Berufungsgericht den Hauptantrag abgewiesen hat. Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, ohne daß weitere Feststellungen in Betracht kommen, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Mit der Verurteilung des Beklagten nach dem Hauptantrag ist dem Berufungsurteil bezüglich seiner Entscheidung über den Hilfsantrag die verfahrensrechtliche Grundlage entzogen, und es ist daher zur Klarstellung aufzuheben, ohne daß es eines dahingehenden Antrags bedurft hätte (vgl. BGHZ 112, 229, 232; BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3150 unter II, 3 b).
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 12.09.2001 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 651596 |
DStZ 2002, 120 |
EWiR 2002, 235 |
ZIP 2002, 125 |
NZI 2002, 43 |
ZBB 2002, 50 |
NJOZ 2002, 953 |