Leitsatz (amtlich)
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Reiseunternehmen seinen Kunden bei der Überlassung von Ferienwohnungen oder Ferienhäusern stellt, wonach eine von den Kunden bezahlte Kaution erst innerhalb von 2 Wochen nach der Abreise zurückerstattet wird, wenn der Kunde während seines Aufenthalts am Haus oder am Inventar keinen Schaden angerichtet hat, verstößt gegen § 9 AGBG und ist deshalb unwirksam.
Für eine Verbandsklage gegen einen Verwender mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, mit der eine solche Klausel für unwirksam erklärt werden soll, sind die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland international zuständig, wenn die Ferienwohnungen oder Ferienhäuser in einem Vertragsstaat des EuGVÜ oder einem Drittstaat, der nicht Vertragsstaat des EuGVÜ ist, belegen sind.
Normenkette
AGBG §§ 9, 13-14; EuGVÜ Art. 16 Nr. 1, Art. 2-3, 5 Nr. 3
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe |
LG Offenburg |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 14. Zivilsenat in Freiburg vom 27. Mai 1988 und der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 17. Februar 1987 aufgehoben.
Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,– DM oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, im Rahmen von Überlassungsverträgen von Ferienwohnungen (Reiseverträgen) wörtlich oder inhaltsgleich folgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden – es sei denn gegenüber einem Kaufmann, wenn der Vertrag zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört, gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen – und sich bei der Abwicklung von Überlassungsverträgen von Ferienwohnungen (Reiseverträgen) auf diese Klausel zu berufen:
Wenn Sie während Ihres Aufenthaltes am Haus oder am Inventar keinen Schaden angerichtet haben, wird Ihnen die Kaution innerhalb von zwei Wochen nach Abreise per Post zurückerstattet.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte, eine in K…ansässige GmbH deutschen Rechts, schließt gewerbsmäßig Verträge zur Überlassung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern, die in Frankreich und Spanien belegen sind. Bei Abschluß der Verträge stellt die Beklagte ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen, die u.a. die folgende Regelung über die Rückgewähr der Kaution enthält, die der jeweilige Kunde vor Überlassung des Ferienhauses oder der Ferienwohnung an den von der Beklagten benannten Schlüssel- oder Hausverwalter am Ferienort bezahlt hat:
„Wenn Sie während Ihres Aufenthaltes am Haus oder am Inventar keinen Schaden angerichtet haben, wird Ihnen die Kaution innerhalb 2 Wochen nach Abreise per Post zurückerstattet. (Diese 2 Wochen sind notwendig, um die Schäden zu entdecken, die 2% der Gäste leider zu verheimlichen versuchen !) …”.
Der klagende Verbraucherschutzverein ist der Ansicht, diese Regelung verstoße gegen § 9 AGB-Gesetz. Mit der gemäß § 13 AGB-Gesetz erhobenen Klage verlangt er deshalb von der Beklagten, diese Klausel nicht mehr zu verwenden.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision, die die Beklagte zurückzuweisen bittet, verfolgt der Kläger den Unterlassungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig, weil die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland entweder nach den Vorschriften des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1969 (EuGVÜ, BGBl. 1972 11, 773; abgedruckt bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 47. Aufl., S. 2454 und bei Zöller, ZPO, 15. Aufl., S. 2455) oder zumindest nach § 14 Abs. 1 AGB-Gesetz international zuständig sind (1.). Eine Vorlage der entscheidungserheblichen Auslegungsfragen des EuGVÜ nach Art. 2 und 3 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 und Art. 2 des deutschen Gesetzes vom 7. August 1972 (BGBl. 1972 11, 845, 846; abgedruckt bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O., S. 2472) zur Vorabentscheidung kommt hier nicht in Betracht, weil vernünftige Zweifel an der Auslegung des EuGVÜ nicht bestehen (2.).
1.
a) Das Revisionsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 19 EuGVÜ von Amts wegen zu prüfen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß das EuGVÜ anwendbar und die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Vertragsstaates nach Art. 16 EuGVÜ gegeben sein könnte (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., Art. 19 Rdn. 1, 3/5; Müller in Bülow/Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. 1 Stand Juli 1987, Art. 19 Anm. IV; Jenard, Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BT-Drucks. VI/1973, S. 52, 57/58, 83). Die für die Prüfungspflicht des Revisionsgerichts nach Art. 19 EuGVÜ erforderlichen Anhaltspunkte sind hier gegeben. Nach den Umständen des Falles könnte nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte anderer Staaten – hier Frankreichs und Spaniens – begründet sein.
b) Das EuGVÜ ist auf Verbandsklagen nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz anwendbar, denn derartige Klagen sind Zivilsachen i.S.d. Art. 1 EuGVÜ (Palandt/Heinrichs, BGB, 48. Aufl., § 14 AGB-Gesetz Anm. 3; Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl., § 14 Rdn. 9110; Gerlach in MünchKomm, 2. Aufl., § 14 AGB-Gesetz Rdn. 8; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 5. Aufl., § 14 Rdn. 6). Die Beklagte hat ihren Sitz i.S.d. Art. 53 i.V.m. Art. 2 EuGVÜ in der Bundesrepublik Deutschland und die Grundstücke, die Gegenstand der Überlassungsverträge sind, denen die Beklagte ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde legt, liegen in Frankreich und in Spanien.
c) Die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte Frankreichs und Spaniens ist hier deshalb nicht gegeben, weil die Voraussetzungen des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ nicht vorliegen. Die streitige und bisher vom Europäischen Gerichtshof nicht entschiedene Frage, ob Art. 16 EuGVÜ auch gegenüber Staaten – hier Spanien – anwendbar ist (zum Meinungsstand vgl. Kropholler a.a.O., Art. 16 Rdn. 8; ders. in Festschrift für Ferid (1988), S. 239, 241/242; Grundmann, IPRAX 1985, 249, 250/251), die nicht Vertragsstaaten des EuGVÜ sind, kann hier deshalb offen bleiben.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Vorschrift des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ nicht weiter auslegen, als es ihrem Ziel entsprechend erforderlich ist (Kropholler a.a.O., Art, 16 Rdn. 18 m.N.). Die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte des Belegenheitsstaates für Rechtsstreitigkeiten über die Rechte und Pflichten aus Miet- und Pachtverhältnissen, unabhängig von ihrer Dauer, ist aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur deshalb gerechtfertigt, weil in derartigen Streitigkeiten Regelungen des Eigentums an Immobilien und zwingenden Sondervorschriften des Belegenheitsstaates über die Miet- und Pachtverhältnisse entscheidungserheblich sein können (EuGH, Urteil vom 15. Januar 1985, Rösler/Rottwinkel, Rs. 241/83, Slg. 1985, 99, 102 = NJW 1985, 905 IPRAX 1986, 97 mit Anm. von Kreuzer a.a.O. 75; Kropholler a.a.O., Art. 16 Rdn. 19 m. w. N.).
Im Hinblick auf diese Zielsetzung ist Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ auf Klagen der vorliegenden Art nicht anzuwenden. Bei der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verfahren nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz, die – wie hier – in der Bundesrepublik Deutschland bei Abschluß von Verträgen verwendet werden, die dem deutschen Recht unterliegen, sind die vom Europäischen Gerichtshof genannten Gründe für die Anwendung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ohne Bedeutung. Der deutsche Richter überprüft in Verfahren nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz die beanstandeten Regelungen ausschließlich anhand des deutschen materiellen Rechts. Rechtsfragen, die in einem Prozeß zwischen dem Reiseveranstalter und dem Kunden über die Rückzahlung einer Kaution nach zwingenden Vorschriften über Miet- und Pachtverhältnisse des Belegenheitsstaates zu beurteilen wären, sind im Verfahren nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz nicht entscheidungserheblich. Das Verfahren nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz dient vielmehr einem Schutzzweck, der in Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Reiseveranstalter und einem Kunden über die Rechte und Pflichten aus einem Überlassungsvertrag überhaupt nicht erreicht wird.
Das Verfahren nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz soll nämlich den Rechtsverkehr in der Bundesrepublik Deutschland von der Verwendung von Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen freihalten, die nach dem deutschen AGB-Gesetz unzulässig sind (Senatsurteil BGHZ 92, 24, 26 m.w.N.; Hensen a.a.O., § 13 Rdn. 1; Gerlach a.a.O., § 13 AGB-Gesetz Rdn. 11; Palandt/Heinrichs a.a.O., § 13 AGB-Gesetz Anm. 1; Lindacher a.a.O., vor § 13 AGB-Gesetz Rdn. 9/10). Dieser Schutzzweck wird nur dann vollständig erreicht, wenn die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland für Verbandsklagen der vorliegenden Art international zuständig sind. Wären nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ die Gerichte der Staaten, in denen das Ferienhaus oder die Ferienwohnung belegen ist, auch für die Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließlich international zuständig, wäre das Regelungsziel des Verfahrens nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz nicht erreichbar, weil die typischen umfassenden Urteilswirkungen eines Urteils in diesem Verfahren für die Bundesrepublik Deutschland nicht eintreten würden. Außerdem ist der Kontroll- und Verbotseffekt des deutschen Verfahrens umfangreicher und wirksamer als die vergleichbaren Verfahren in den meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (vgl. die rechtsvergleichende Übersicht bei Gerlach a.a.O. Rdn. 42/51 und Hensen a.a.O. Rdn. 4/6 jeweils vor Art. 13 AGB-Gesetz).
d) Im Hinblick auf die in Frankreich belegenen Ferienwohnungen und Ferienhäuser sind die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ international zuständig, denn die Beklagte hat ihren Sitz i.S. d. Art. 53 Abs. 1 EuGVÜ in der Bundesrepublik Deutschland. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist schon deshalb hier nicht anwendbar; diese Vorschrift regelt vielmehr für Klagen aufgrund unerlaubter Handlungen eine besondere internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Vertragsstaates, wenn der Sitz oder Wohnsitz des Beklagten in einem anderen Vertragsstaat als dem Gerichtsstaat liegt (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 1988, Kalfelies ./. Bankhaus Schröder u.a. Rs. 189/87, abgedruckt NJW 1988, 3088 m. Anm. v. Geimer = IPRAX 1989, 288 Nr. 47 = WuB VII B 1. Art. 5 EuGVÜ 1.89 (Welter); Kropholler a.a.O., Art. 3 Rdn. 1).
Für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Verhältnis zu den spanischen Gerichten ist im Unterschied zu den französischen Gerichten das EuGVÜ nicht anwendbar, weil Spanien nicht Vertragsstaat des EuGVÜ ist; maßgeblich sind insoweit die Regeln des deutschen Internationalen Zivilprozeßrechts. Die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der in Spanien belegenen Ferienwohnungen und Ferienhäuser ist durch § 14 Abs. 1 Satz 1 AGB-Gesetz begründet. Diese Vorschrift, die die örtliche Zuständigkeit für Fälle ohne Auslandsberührung regelt, bestimmt als Norm des Internationalen Zivilprozeßrechtes in Fällen mit Auslandsberührung zugleich die internationale Zuständigkeit.
2. Die Vorlage der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfragen, die Auslegung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ, nach den Art. 2 f des Protokolls betreffend die Auslegung des EuGVÜ ist hier nicht erforderlich. Nach den vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Grundsätzen über die Vorlageverpflichtung nach Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag (Urteil vom 6. Oktober 1982, C. I. L. F. I. T. ./. Ministero della sanita, Rs 283/81, Slg. 1982, 3415, Ls. 4 = NJW 1983, 1257, 1258), die auch für die Vorlageverpflichtung nach Art. 3 Abs. 1 des genannten Protokolls zum EuGVÜ maßgeblich sind (Bericht zum Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof, BT-Drucks. VI/3294, S. 18 Nr. 1, S. 19 Nr. 5; Kropholler a.a.O., Einl. Rdn. 23 M. N.), besteht eine Vorlagepflicht nicht, wenn das letztinstanzliche nationale Gericht in dem bei ihm schwebenden Verfahren feststellt, daß die betreffende entscheidungserhebliche gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder daß die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel an der gestellten Frage kein Raum (vgl. a. BVerfG NJW 1988 f bleibt 1456).
So ist es hier. Vernünftige Zweifel an der vom Senat getroffenen Auslegung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit für eine Verbandsklage der vorliegenden Art nach den §§ 13ff. AGB-Gesetz sind nicht ersichtlich. Die ausschließliche internationale Zuständigkeit nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ für eine solche Verbandsklage nachdem deutschen AGB-Gesetz ist – wie vorstehend ausgeführt – weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ geboten. Der Senat ist davon überzeugt, daß die gleiche Gewißheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten des EuGVÜ und den Europäischen Gerichtshof selbst besteht, und zwar auch und gerade, wenn man zu dieser Beurteilung das gesamte Gemeinschaftsrecht, seine Ziele und seinen derzeitigen Entwicklungsstand heranzieht (vgl. EuGH a.a.O. NJW 1983, 1257, 1258; BVerfG NJW 1988, 1456).
II.
Das Berufungsgericht meint, die Vorschriften des AGB-Gesetzes seien auf die Verträge, die die Beklagte im Inland unter der Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließe, unmittelbar anwendbar, weil diese Verträge nach deutschem Kollisionsrecht dem inländischen Recht unterstehen würden.
2. Diese Ansicht, die von der Revision nicht angegriffen wird, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Maßgeblich für die Frage, welchem Vertragsstatut die von der Beklagten im Inland abgeschlossenen Verträge unterstehen, ist Art. 28 EGBGB n.F. und nicht Art. 29 Abs. 4 Satz 2 EGBGB n.F.. Die Sonderregelung des Art. 29 Abs. 4 Satz 2 EGBGB n.F. gilt u.a. nur dann für Verträge, die Reiseleistungen zum Gegenstand haben, wenn der Vertrag für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsieht. Das ist hier nicht der Fall. Die Beklagte verpflichtet sich in ihren Verträgen lediglich dazu, dem Kunden eine bestimmte Zeit ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung in Frankreich oder Spanien zur Nutzung zu überlassen.
Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 3 EGBGB n.F., die bestimmt, daß in Fällen der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Grundstücken in der Regel das Recht des Lageortes gilt, führt hier nicht zur Anwendbarkeit französischen oder spanischen materiellen Rechts, weil die Verträge der Beklagten gemäß Art. 28 Abs. 5 EGBGB n.F. nach der Gesamtheit der Umstände eine engere Beziehung zur Bundesrepublik Deutschland aufweisen. Diese engere Beziehung wird vor allem dadurch begründet, daß die Beklagte die für ihre Verträge charakteristischen Leistungen – die Gebrauchsüberlassung – in der Bundesrepublik Deutschland erbringt. Der wichtigste Anhaltspunkt für die engsten Verbindungen eines Vertrages mit einem Staat ist nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB n.F. in den Fällen, in denen eine Gesellschaft die charakteristische Leistung zu erbringen hat, der Sitz der Hauptverwaltung dieser Gesellschaft (Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 4. Aufl., Rdn. 81i10; Palandt/Heldrich, BGB, 48. Aufl., EGBGB Art. 28, Anm. 2 b). Dieser Anhaltspunkt spricht hier für die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts. Die charakteristische Leistung erbringt die Beklagte, denn die Bereitstellung der Ferienhäuser und Ferienwohnungen ist die Leistung, die den Verträgen, die die Beklagte mit Kunden abschließt, ihre Eigenart verleiht und ihre Unterscheidung zu anderen Vertragstypen ermöglicht.
Die weiteren maßgeblichen Hinweise bestätigen die enge Beziehung zur Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Der Umstand, daß die Beklagte ihre Niederlassung und ihre Kunden ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, begründen einen weiteren Hinweis auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Das gilt gleichermaßen für die in Nr. 17 d der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Regelung, nach der der Leistungs- und Erfüllungsort der Ort ihrer Niederlassung sein soll.
III.
1. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die in Frage stehende Klausel nicht gegen § 9 AGB-Gesetz verstoße. Die Klausel unterliege, weil sie Rechtsvorschriften ergänze, der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz. Da das Werkvertragsrecht keine Regelung über die Rückzahlung einer Kaution enthalte, müsse die Klausel an den im Mietrecht entwickelten Grundsätzen über die Rückzahlung von Mietkautionen gemessen werden. Der Übliche Mietvertrag und die Bereitstellung eines Ferienhauses würden sich im Hinblick auf die Dauer des Gebrauchs und beispielsweise im Hinblick auf die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen unterscheiden, nicht hingegen hinsichtlich der für die Rückzahlung der Kaution maßgeblichen Grundstruktur des Vertrages, der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung einer Sache für bestimmte Zeit. Deshalb sei es zweifelhaft, ob die von der Beklagten verwendete Klausel von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des insoweit maßgeblichen Mietrechtes abweiche.
Die Frage könne aber unentschieden bleiben, weil die Klausel keine unangemessene Benachteiligung der Kunden zur Folge habe. Der Reiseveranstalter habe ein berechtigtes Interesse an der weiteren Überlegungsfrist von zwei Wochen, weil möglicherweise erst nach der Abnahme während der Nutzung des Ferienhauses durch den Nachfolgemieter Schäden erkennbar würden. Das Risiko des Reisenden, nach Rückkehr von der Reise die Kaution einklagen zu müssen, sei durch die Eigenart der Kautionsabrede begründet. Überdies könne die Beklagte den Reisenden Schäden, die bei der Abnahme nicht entdeckt würden, regelmäßig nicht zuordnen.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die von dem Kläger beanstandete Klausel benachteiligt den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen; sie ist gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam.
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die von dem Kläger beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegt. Die Klausel regelt ergänzend zu den Hauptpflichten der Parteien aus den Verträgen über die Bereitstellung der Ferienhäuser und Ferienwohnungen die gegenseitigen Ansprüche bei Abwicklung der im Sicherungsinteresse der Beklagten gezahlten Kaution. Diese Regelung, die dem Interessenausgleich der Parteien hinsichtlich etwaiger vom Reisenden verursachter Schäden dient, ist der Inhaltskontrolle nach § 8 AGB-Gesetz nicht entzogen, weil sie geeignet ist, die Leistung, die der Reisende nach dem Gegenstand und Zweck des Vertrages erwarten darf, in unangemessener Weise zu beeinträchtigen.
b) Die im Rahmen des § 9 AGB-Gesetz gebotene Abwägung der Interessen der Interessen des Veranstalters an der Klausel mit den Nachteilen, die den Reisenden aufgrund der beanstandeten Regelung treffen, führt zu deren Unwirksamkeit. Um das für die Prüfung nach § 9 AGB-Gesetz maßgebliche gesetzliche Leitbild zu bestimmen, ist es nicht erforderlich, die von der Beklagten abgeschlossenen Verträge einem der gesetzlichen Vertragstypen zuzuordnen. Der nur auf die Bereitstellung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen gerichtete Vertrag ist kein Reisevertrag im Sinne des § 651 a Abs. 1 BGB, weil die Beklagte nicht eine Gesamtheit von Reiseleistungen, sondern. Lediglich eine Leistung zu erbringen hat (Senatsurteil NJW 1985, 906). Ob ein derartiger Vertrag ein Mietvertrag oder ein Werkvertrag ist (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 61, 275), kann hier weil die beanstandete Klausel in jedem Fall unwirksam ist.
(aa) Legt man die werkvertraglichen Regeln zugrunde, würde die Klausel schon deshalb von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen, weil die im Sicherungsinteresse der Beklagten vorgesehene Verpflichtung des Reisenden zur Zahlung der Kaution und die regelung der Überlegungsfrist mit dem typischen Vertragszweck des Werkvertrags nicht vereinbar ist. Das Werkvertragsrecht sieht im Unterschied zu dem Rechts des Mietvertrages eine Sicherung des Unternehmers für etwaige Schäden durch eine Kaution nicht vor. Unter dieser Voraussetzung würde die Gesamtregelung der Kaution den Reisenden unangemessen benachteiligen, weil nach dem Vertragszweck des Werkvertragsrechts ein gesetzlich anerkanntes Interesse der Beklagten an einer Sicherung durch eine Kaution nicht besteht.
bb) Die beanstandete Klausel benachteiligt den Reisenden selbst dann unangemessen, wenn im Hinblick auf die zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung zu den werkvertraglichen Regeln ergänzend die mietvertraglichen Grundsätze herangezogen (vgl. dazu in anderem Zusammenhang Senatsurteil BGHZ 92, 177, 180/181), oder die Verträge der Beklagten nicht als Werkverträge sondern als Mietverträge angesehen würden. Auch nach den mietvertraglichen Grundsätzen rechtfertigt das mögliche Sicherungsinteresse der Beklagten vor verdeckten Schäden an den Ferienhäusern oder Ferienwohnungen nicht die Nachteile, die dem Reisenden aufgrund der beanstandeten Klausel erwachsen.
Bei der Abwägung des Interesses der Beklagten gegenüber den Nachteilen für den Reisenden die Besonderheiten zu berücksichtigen, die Verträge, die auf die Bereitstellung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen gerichtet sind im Vergleich zu typischen Mietverträgen aufweisen. Diese Besonderheit besteht darin, daß die „Mieter” von Ferienhäusern und Ferienwohnungen in schnellem Wechsel aufeinander folgen, so daß die Verantwortlichkeit eines bestimmten Reisenden für Schäden, die bei der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorgesehenen Endabnahme nicht aufgedeckt werden, im Regelfall nicht oder nur schwer festgestellt werden kann. Im Hinblick auf diese Sachlage wäre die in der beanstandeten Klausel geregelte Überlegungsfrist allenfalls dann interessengerecht, wenn sie geeignet wäre, nennenswerte Risiken der Beklagten erfolgreich abzuwehren. Das ist gerade nicht der Fall. In aller Regel wird die Beklagte nach der Nutzung der Ferienwohnung oder des Ferienhauses durch andere Reisende kaum den Nachweis dafür erbringen können, daß ein verdeckter bei der Abnahme nicht erkannter Schaden einem bestimmten Reisenden zugeordnet werden kann. Die Überlegungsfrist der beanstandeten Klausel kann folglich, wenn die Beklagte die Kaution unter Hinweis auf eine zweifelhafte und nachträglich kaum aufklärbare Verantwortlichkeit des Reisenden für bestimmte Schäden ganz oder teilweise einbehält, in der Mehrheit der denkbaren Fälle nur dazu dienen, den Reisenden in die Rolle des Klägers zu drängen.
Da die Beklage nach der Lebenserfahrung damit rechnen kann, daß zumindest ein Teil der Reisenden davon absieht, de im Verhältnis zum Reisepreis verhältnismäßig geringe Kautionssumme einzuklagen, führt die Klausel in derartigen Fällen wirtschaftlich zu einer unberechtigten Erhöhung der Geldleistung des Reisenden. Diese auf der beanstandeten Klausel beruhenden Nachteile sind durch das Interesse der Beklagten an der Regelung deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Zahl der Fälle, in denen Reisende von ihnen verursachte Schäden verschweigen, nach den eigenen Angaben der Beklagten mit 2% verhältnismäßig gering ist und die Beklagte das sie allenfalls treffende Risiko durch eigene Maßnahmen noch vermindern kann. Denn das durch verschwiegene Schäden begründete Risiko kann die Beklagte dadurch merklich mindern, daß sie im Interesse beider Parteien für eine gründliche und sorgfältige Endabnahme sorgt. In der verbleibenden noch geringeren Zahl an Fällen, in denen Schäden auch durch eine sorgfältige Endabnahme nicht aufgedeckt werden können, ist es der Beklagten ohne weiteres zumutbar, nach Abwägung des Prozeßrisikos Klage zu erheben.
IV.
Nach alledem können beide Urteile der Vorinstanzen nicht bestehen bleiben. Der Senat ist in der Lage, gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO abschließend zu entscheiden. Der Klage ist daher in vollem Umfang stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 609645 |
BGHZ, 29 |
BB 1990, 658 |
NJW 1990, 317 |
IPRspr. 1989, 195 |