Leitsatz (amtlich)
Zahlt der mit dem Sicherungsgeber und persönlichen Schuldner nicht identische Eigentümer nur auf die Grundschuld, so erlischt die gesicherte Forderung nicht (Bestätigung von BGHZ 80, 228 Leits. a).
Normenkette
BGB § 1191
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 30.01.1985) |
LG Dortmund |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Januar 1985 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 16.304,09 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger und der Ehemann der Beklagten, Gerhard Z. betrieben seit März 1970 ein Bauunternehmen in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Beide nahmen für die Gesellschaft einen Kontokorrentkredit bei der Commerzbank AG in Anspruch, für dessen Rückzahlung sie als Gesamtschuldner hafteten. Als Kreditsicherheit dienten der Commerzbank drei Grundschulden an dem Grundstück des Ehemanns der Beklagten (Abt. III Nrn. 3, 5, 6) in Höhe von insgesamt 110.000 DM, davon die dritte (Nr. 6) über 50.000 DM eingetragen als Eigentümergrundschuld. Nach den „Zweckerklärungen” des Ehemannes der Beklagten sollten Tilgungsleistungen als Zahlungen auf die gesicherte Forderung gelten. Durch notariellen Schenkungsvertrag vom 16. Januar 1974 übertrug er das Grundstück der Beklagten. Im Vertrag verpflichtete er sich, die grundschuldgesicherten Forderungen selbst zu tilgen. Das Eigentum wurde am 17. März 1975 auf die Beklagte umgeschrieben. Am 28. Juni 1974 hatte ihr Ehemann den mit dem Kläger abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag gekündigt.
Aus den Grundschulden betrieb die Commerzbank seit Anfang 1976 das Zwangsversteigerungsverfahren. Am 7. Juli 1977 zahlte die Beklagte den der Kreditforderung entsprechenden Betrag von 67.137,75 DM an die Bank. Die drei Grundschulden wurden am 28. Juli 1977 gelöscht. Mit Schreiben vom 8. Juni 1978 teilte die Commerzbank den Anwälten der Beklagten folgendes mit:
„… Um die Zwangsversteigerung der Liegenschaft zu vermeiden, wurde die Forderung im Betrag von 67.137,75 DM im Auftrag der Frau Z. von der L. Hypothekenbank abgelöst. Damit ist die in Höhe des von der Commerzbank Aktiengesellschaft abgelösten Saldos im Betrage von 67.137,75 DM entsprechende Forderung auf Frau Erika Z. übergegangen. Wir bestätigen hiermit die entsprechende Zession.”
Weitere 16.449,95 DM wurden durch Überweisungen von einem auf den Namen der Beklagten lautenden Sparkassenkonto auf eine Forderung der Handelsgesellschaft Westfalen geleistet. Diese Forderung stand der Gläubigerin aus einem rechtskräftigen Versäumnisurteil vom 8. Januar 1976 und aus einem dazu ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluß gegen den Kläger und gegen den Ehemann der Beklagten als Gesamtschuldner zu. Die Ansprüche aus den beiden Titeln wurden der Beklagten abgetreten und die Vollstreckungsklauseln auf sie umgeschrieben, nachdem die Beklagte bereits 16.304,09 DM an die Gläubigerin gezahlt hatte.
Über die im vorliegenden Rechtsstreit erhobene Vollstreckungsgegenklage ist rechtskräftig entschieden worden.
Mit der Widerklage hat die Beklagte Zahlung von 83.587,70 DM (67.137,75 DM + 16.449,95 DM) nebst Zinsen vom Kläger beansprucht.
Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 83.441,84 DM (67.137,75 DM + 16.304,09 DM) nebst Zinsen stattgegeben, davon in einer Höhe von 33.568,88 DM nur Zug um Zug gegen Bestellung einer Grundschuld zu diesem Betrag an dem Grundstück der Beklagten im Rang vor dem in Abt. III Nr. 7 eingetragenen Grundpfandrecht.
Mit der Revision will der Kläger Abweisung der Widerklage in vollem Umfang erreichen. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur teilweise begründet.
I. Zahlungen an die Handelsgesellschaft Westfalen:
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Beklagten aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag ein Anspruch gegen den Kläger in Höhe von 16.304,09 DM zu, denn insoweit habe sie aus eigenen Mitteln eine Gesamtschuld ihres Ehemannes und des Klägers beglichen.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Schuld aus eigenen Mitteln und nicht aus Mitteln der von ihrem Ehemann und dem Kläger gebildeten BGB-Gesellschaft getilgt, ist verfahrensfehlerhaft.
Der Revision kann allerdings nicht in der Auffassung gefolgt werden, das Berufungsgericht hätte von der im Urteil des Landgerichts als unstreitig festgestellten Tatsache ausgehen müssen, daß die Zahlungen von einem Geschäftskonto der Gesellschaft erfolgt seien, welches lediglich auf den Namen der Beklagten gelautet habe. Nur ein dahingehendes Geständnis im Sinne des § 288 ZPO hätte die Beklagte gehindert, die in erster Instanz unstreitige Tatsache im Berufungsverfahren zu bestreiten. Dem Urteil des Landgerichts ist jedoch nicht zu entnehmen, ob die dort festgestellte Tatsache ausdrücklich zugestanden worden ist oder ob das Landgericht sie nur gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen hat. Bei einer solchen Unklarheit kann ein Geständnis nicht angenommen werden (vgl. BGH Urt. v. 7. März 1983 VIII ZR 331/81, NJW 1983, 1496, 1497 – insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 87, 88).
Ein Indiz dafür, daß das Konto der Beklagten und nicht der Gesellschaft zugestanden habe, sieht das Berufungsgericht in dem Umstand, daß der Kläger in dem Schriftwechsel über die Auseinandersetzung der Gesellschaft keine Rechte an dem Konto geltend gemacht habe. Dabei hat das Berufungsgericht indessen die vom Kläger vorgetragene und im Urteil des Landgerichts als unstreitig festgestellte Tatsache übergangen, daß der Ehemann der Beklagten „die hier fraglichen Beträge – zumindest weitgehend – in Abrechnungen mit dem Kläger eingeführt und im übrigen auch gegenüber den Finanzbehörden als eigene Leistungen geltend gemacht hat”. Darauf verweist die Revision zu Recht. Denn wenn der Ehemann der Beklagten die Schuldtilgung als von ihm bewirkte Leistung ausgegeben hat, dann könnte das für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers sprechen, daß die Beklagte jedenfalls nicht aus ihrem Vermögen die Zahlungen erbracht habe.
In diesem Punkt kann daher das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Zu der noch erforderlichen tatrichterlichen Prüfung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird zu berücksichtigen haben, daß die Beklagte den Nachweis für die ihr Vermögen mindernden Aufwendungen führen muß.
II. Zahlung an die Commerzbank:
1. Das Berufungsgericht führt unter Bezugnahme auf das Senatsurteil BGHZ 80, 228 = NJW 1981, 1554 aus: Den Betrag von 67.137,75 DM habe die Beklagte auf die Grundschulden und nicht auch auf die gesicherten Forderungen der Commerzbank gezahlt, da die Zahlung nur zur Abwendung der Zwangsversteigerung geleistet worden sei. Die Bank habe daher ihre fortbestehende persönliche Forderung gegen den Ehemann der Beklagten und gegen den Kläger an die Beklagte abtreten können. Das sei entweder schon im Zeitpunkt der Zahlung oder jedenfalls durch Schreiben vom 8. Juni 1978 geschehen. Die Inanspruchnahme des Klägers aus der Forderung verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Im Umfang von 33.568,88 DM sei der Kläger aufgrund eines ihm gegen den Ehemann der Beklagten zustehenden hälftigen Ausgleichsanspruchs auch der Beklagten gegenüber nur Zug um Zug gegen Bestellung einer Grundschuld in dieser Höhe im Range der bereits gelöschten Grundschuld Nr. 6 zur Zahlung verpflichtet.
2. Diese Ausführungen sind rechtsfehlerfrei.
a) Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nur auf die Grundschulden gezahlt. Insoweit ist entgegen dem Standpunkt der Revision unerheblich, daß nach der zwischen dem Ehemann der Beklagten und der Commerzbank getroffenen Sicherungsabrede Tilgungsleistungen nur auf die gesicherte Forderung angerechnet werden sollten. Diese Abrede hätte schon den Ehemann der Beklagten nicht gehindert, auf die Grundschulden zu zahlen, wenn die Commerzbank bereits in der Zeit seines Grundstückseigentums die Zwangsvollstreckung aus den Grundschulden betrieben hätte (BGH Urt. v. 25. März 1986, IX ZR 104/85, NJW 1986, 2108, 2112). Erst recht war die an der Sicherungsabrede unbeteiligte Beklagte als neue Grundstückseigentümerin zur Ablösung der Grundschulden berechtigt. Ob auf das Grundpfandrecht oder auf die gesicherte Forderung gezahlt wird, hängt vom Willen des zahlenden Eigentümers ab (Senatsurt. v. 28. Mai 1976, V ZR 208/75, NJW 1976, 2132, 2 33; Erman Räfle, BGB 7. Aufl. § 1191 Rdn. 11). Auf den Willen, die Grundschuld abzulösen, ist in aller Regel gerade dann zu schließen, wenn der Eigentümer deshalb zahlt, um die vom Gläubiger angedrohte oder – wie hier – bereits eingeleitete Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld zu verhindern. Das gilt auch für den vorliegenden Fall, daß die Grundschuldforderung den persönlichen Anspruch übersteigt, der Eigentümer aber nur Zahlung in Höhe dieses Anspruchs leistet (a.M. Clemente, Die Sicherungsgrundschuld in der Bankpraxis, 1985, Rdn. 78). Denn wenn der Gläubiger lediglich den valutierten Teil der Grundschuld geltend macht und der Eigentümer zur Abwendung der Zwangsversteigerung in dieser Höhe zahlt, so ist sein Wille zu einer entsprechenden Teilablösung der Grundschuld erkennbar. Insoweit ist damit die Grundschuld zur Teileigentümergrundschuld geworden.
b) Zutreffend ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß mit Ablösung der Grundschulden nicht die gesicherten Forderungen erloschen sind. Dies hat der Senat in BGHZ 80, 228 unter der hier vorliegenden Voraussetzung entschieden, daß der mit dem persönlichen Schuldner (Sicherungsgeber) nicht identische Grundstückseigentümer die Grundschuld ablöst. Diese Entscheidung ist auf Kritik gestoßen (Reinicke/Tiedtke, NJW 1981, 2145 ff; ihnen folgend Clemente a.a.O. Rdn. 78; vgl. auch Anm. Hagen in LM BGB § 426 Nr. 55; zustimmend hingegen MünchKomm/Eickmann 2. Aufl. § 1191 Rdn. 85; im wesentlichen auch Berg JR 1981, 422). Der Senat hält an seinem Standpunkt fest.
Zahlt der mit dem persönlichen Schuldner und Sicherungsgeber identische Eigentümer auf die Grundschuld, so wird in der Regel im Umfang seiner Zahlung zugleich die persönliche Forderung erfüllt (Senatsurt. v. 9. Mai 1980, V ZR 89/79, NJW 1980, 2198). Diese doppelte Tilgung ist im Zweifel gewollt. Auch wenn die Sicherungsabrede keine ausdrückliche Anrechnungsvereinbarung enthält, entspricht es doch dem Sinn und Zweck der Abrede, daß der Sicherungsgeber nicht zweimal leisten soll, nämlich sowohl auf die Grundschuld als auch auf die gesicherte Forderung.
Hingegen erlischt die gesicherte Forderung nicht, wenn der nur dinglich haftende Eigentümer die Grundschuld gegen Abtretung dieser Forderung ablöst (BGH Urt. v. 23. Juni 1982, VIII ZR 333/80, NJW 1982, 2308). Gleiches gilt, wenn nicht der ablösende Eigentümer, sondern der persönliche Schuldner Sicherungsgeber war, wie in der vom Senat in BGHZ 80, 228 entschiedenen Sache und wie im vorliegenden Fall. Denn hier will der Eigentümer im Zweifel nur auf die sein Grundstück belastende Grundschuld und nicht zugleich auf die fremde persönliche Schuld leisten. Nicht stichhaltig ist die Ansicht von Reinicke/Tiedtke (NJW 1981, 2145, 2150), auch eine solche Art der Verwertung des Grundpfandrechts führe zu einer dem Sinn und Zweck der Sicherungsabrede widersprechenden doppelten Belastung des Sicherungsgebers, indem er zum einen aus der abgetretenen Forderung verpflichtet bleibe und zum anderen die Möglichkeit verliere, die Grundschuld gegen Erfüllung der Forderung vom Sicherungsnehmer zurückzuerhalten. Denn diese Folgen treten nur vorläufig und zudem nur deshalb ein, weil der Sicherungsgeber seine persönliche Schuld nicht erfüllt hat. Wird er indessen später vom Zessionar aus der Forderung in Anspruch genommen, so kann er diesem gemäß § 404 BGB entgegenhalten, daß er an den Zedenten nach der Sicherungsabrede nur gegen Rückgewähr der Grundschuld hätte zahlen müssen (BGH Urt. v. 13. Mai 1982, III ZR 164/80, NJW 1982, 2768, 2769; allg. Auff.). Aus der Abtretung entstehen ihm folglich keine Nachteile. Daß hier der Ehemann der Beklagten nach dem mit ihr geschlossenen Schenkungsvertrag nicht Übertragung der Grundschuld hatte verlangen können, beruht lediglich auf den zwischen ihnen getroffenen besonderen Vereinbarungen.
c) Nach unangegriffener tatrichterlicher Feststellung hat die Commerzbank ihre Forderung gegen den Ehemann der Beklagten und gegen den Kläger an die Beklagte abgetreten. Der hierauf gestützte Widerklageanspruch ist daher begründet. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger wegen eines ihm gegen den Ehemann der Beklagten zustehenden hälftigen Ausgleichsanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Neubestellung einer Grundschuld mit Rang vor dem inzwischen eingetragenen Grundpfandrecht Nr. 7 zugebilligt hat, ist er nicht beschwert.
Entgegen dem Standpunkt der Revision verstößt die Inanspruchnahme des Klägers nicht gegen Treu und Glauben. Das Berufungsgericht hält nicht für hinreichend dargetan, daß der Schenkungsvertrag vom 16. Januar 1974 zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann in der Absicht geschlossen worden sei, der Beklagten den Erwerb der Forderung von der Commerzbank zu ermöglichen und dadurch eine Aufrechnung des Klägers gegen einen sonst gegebenen Ausgleichsanspruch des Ehemannes zu verhindern. Das ist rechtsfehlerfrei. Einen konkreten vorinstanzlichen Sachvortrag zu der Behauptung des Klägers, ihm hätten aufrechenbare Ansprüche gegen den Ehemann der Beklagten zugestanden, zeigt die Revision nicht auf. Ihr Hinweis auf die von ihm im Schenkungsvertrag eingegangene Verpflichtung, die grundschuldgesicherten Forderungen zu tilgen, verkennt, daß diese Abrede nur das Rechtsverhältnis der Beklagten zu ihrem Ehemann betraf.
Auf die Widerklage hat demnach das Berufungsgericht den Kläger zu Recht zur Zahlung von 67.137,75 DM nebst Zinsen mit der sich aus dem Zurückbehaltungsrecht ergebenden Beschränkung verurteilt.
Unterschriften
Dr. Thumm, Dr. Eckstein, Hagen, Linden, Räfle
Fundstellen
Haufe-Index 1830927 |
NJW 1987, 838 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1987, 502 |
JZ 1987, 365 |