Leitsatz (amtlich)
Bis zum Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes (1. April 1983) konnte der Verpächter von Kleingartengelände bei Fehlen besonderer (verfassungsgemäßer) Pachtzinsbegrenzungsbestimmungen Zahlung eines erhöhten Pachtzinses wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Maßgabe der vom Bundesgerichtshof für die Zahlung erhöhten Erbbauzinses aufgestellten Grundsätze (Äquivalenzstörung infolge Geldwertschwundes) verlangen. § 5 BKleingG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes vom 8. April 1994 (BGBl. I S. 766) stellt dabei die Obergrenze einer möglichen Vertragsanpassung dar.
Normenkette
BGB § 242; BKleingG § 5 Fassung: 1994-04-08
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg, 4. Zivilsenat, vom 28. März 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen des Kleingartengeländes „Am F.” in Hamburg-H., das durch Pachtvertrag vom 12. November 1934 an den Rechtsvorgänger des beklagten Vereins als Zwischenpächter verpachtet worden ist. Die Größe des Grundstücks ist in dem Vertrag mit 16.875 qm angegeben. Der Pachtpreis wurde mit 2,5 Pfennig je qm jährlich fest vereinbart.
Durch Verordnung vom 18. Februar 1969 (Hamb. GVBl. S. 22) hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf Grund des § 1 der Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung vom 31. Juli 1919 (RGBl. S. 1371) die hamburgische Verordnung über Pachtpreise für Kleingärten vom 28. März 1961 (Hamb. GVBl. S. 115) dahin geändert, daß der höchstzulässige Pachtpreis für Kleingärten je qm jährlich auf 0,08 DM für die Bodenklasse 1 und auf 0,06 DM für die Bodenklasse 2 festgesetzt wurde.
Der Beklagte hat an die Klägerinnen bis zum 31. Dezember 1980 eine Jahrespacht von 0,08 DM je qm zuzüglich 0,005 DM für Grundsteuer und ab 1. Januar 1981 von 0,20 DM je qm entrichtet.
Mit der Klage machen die Klägerinnen eine Erhöhung des Pachtzinses vom 1. Juli 1977 an – nach Zeiträumen gestaffelt – auf 0,60 DM bis 0,80 DM geltend. Vor dem Landgericht haben sie für die Zeit vom 1. Juli 1977 bis zum 30. Juni 1981 Zahlung weiterer 37.884,39 DM nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren haben die Klägerinnen die Klage auf den Zeitraum vom 1. Juli 1981 bis zum 31. März 1983 erweitert und zuletzt Zahlung von insgesamt 55.603,14 DM nebst Zinsen verlangt. Das Oberlandesgericht hat unter Abweisung auch der Klageerhöhung die Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerinnen hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Entscheidung durch Urteil vom 6. Dezember 1985 (V ZR 277/84) aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Das Oberlandesgericht hat am 28. März 1990 unter Klageabweisung im übrigen den Beklagten zur Zahlung von 49.401,59 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Revision des Beklagten hat der V. Zivilsenat mit Urteil vom 5. Juli 1991 (V ZR 117/90 – NJW-RR 1992, 142) die Entscheidung des Berufungsgerichts erneut aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Das Oberlandesgericht hat daraufhin mit Urteil vom 6. November 1991 unter Abweisung der Klageerhöhung die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Mit Beschluß vom 26. Februar 1998 (1 BvR 1342/91) hat das Bundesverfassungsgericht auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerinnen das Urteil des V. Zivilsenats vom 5. Juli 1991 und das Urteil des Oberlandesgerichts vom 6. November 1991 aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe
Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 hat der Senat erneut über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichts vom 28. März 1990 zu entscheiden. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts führt die Revision wiederum zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die hamburgische Verordnung über Pachtpreise für Kleingärten sei für die Zeit ab 1. Juli 1977 verfassungswidrig geworden, weil die Freie und Hansestadt Hamburg die Kleingartenpachtpreise seit 1969 nicht mehr in angemessener Weise heraufgesetzt habe und die durch die Verordnung erfolgte Festsetzung in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zum Verkehrswert des Grundstücks stehe. Die Klägerinnen dürften deswegen den Pachtpreis nach § 316 BGB bestimmen.
2. Das angefochtene Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil dem Pachtvertrag vom 12. November 1934 ein fest vereinbarter Pachtzins zugrunde liegt und auch später die Parteien keine Abrede getroffen haben, derzufolge die Klägerinnen nach Maßgabe der §§ 315, 316 BGB das Recht hätten, einseitig den Pachtzins nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das hat der V. Zivilsenat in dem Urteil vom 5. Juli 1991 eingehend ausgeführt (aaO). Die Klägerinnen, die in ihrer ersten Revisionserwiderung vom 25. Februar 1991 zunächst einen anderen Rechtsstandpunkt vertreten hatten, und die nach Aufhebung des Urteils des V. Zivilsenats und Zurückverweisung der Sache an den Bundesgerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht mit Schriftsatz vom 22. Juli 1998 erneut erwidert haben, sehen dies mittlerweile nicht anders.
II.
1. Da das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210) nach § 22 des Gesetzes erst am 1. April 1983 in Kraft getreten ist, beantwortet sich die Frage, welchen (erhöhten) Pachtzins die Klägerinnen für den hier in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Juli 1977 bis zum 31. März 1983 verlangen können, nicht unmittelbar nach den Preisbestimmungen dieses Gesetzes (vgl. insbesondere §§ 5, 16 BKleingG). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3 des am 1. Mai 1994 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes (BKleingÄndG) vom 8. April 1994 (BGBl. I S. 766).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG in der ursprünglichen Fassung durfte der Verpächter einer Kleingartenanlage als Pachtzins höchstens den doppelten Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau verlangen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 23. September 1992 (BVerfGE 87, 114) diese gesetzliche Pachtzinsbegrenzung, soweit von ihr private Verpächter betroffen waren, in ihrem Ausmaß für unvereinbar mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erklärt hatte, hat der Gesetzgeber durch Art. 1 Nr. 2 BKleingÄndG unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlage den Multiplikator verdoppelt; nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG n.F. kann der Verpächter nunmehr als zulässigen Pachthöchstzins den vierfachen Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau verlangen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. die Möglichkeit geschaffen, die Kosten für öffentlich-rechtliche Lasten, die auf dem Kleingartengrundstück ruhen, auf den Pächter abzuwälzen. Nach Art. 3 Satz 1 Nr. 1 BKleingÄndG können private Verpächter im Falle am 1. November 1992 nicht bestandskräftig entschiedener Rechtsstreitigkeiten über die Höhe des Pachtzinses rückwirkend vom ersten Tage des auf die Rechtshängigkeit folgenden Monats Pachtzinserhöhungen nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG n.F. geltend machen.
Zwar ist durch den Aufhebungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 die formelle Rechtskraft des (dritten) Berufungsurteils vom 6. November 1991 wieder beseitigt worden, so daß die im Oktober 1981 (Zustellung der Klageschrift) bzw. im Oktober 1983 (Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes) rechtshängig gemachte Pachtzinsstreitigkeit der Parteien immer noch nicht bestandskräftig entschieden und damit die Voraussetzungen für ein rückwirkendes Erhöhungsverlangen nach dem Wortlaut des Art. 3 BKleingÄndG erfüllt sind. Gleichwohl steht den Klägerinnen ein Anspruch auf Zahlung erhöhten Pachtzinses gemäß Art. 3 BKleingÄndG für den Zeitraum vor dem 1. April 1983 nicht zu. Die Überleitungsbestimmung des Art. 3 BKleingÄndG will – in dem durch die Rechtshängigkeit der Pachtzinsklage jeweils individuell vorgegebenen zeitlichen Rahmen – rückwirkend zugunsten des Verpächters den verfassungsrechtlichen Makel beseitigen, der der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. anhaftete. Von dieser Zielsetzung her gesehen kann der zeitliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG n.F. jedenfalls nicht weitergehen als der des Bundeskleingartengesetzes überhaupt. Der Tag des Inkrafttretens des Bundeskleingartengesetzes (1. April 1983) bildet somit die äußerste zeitliche Grenze einer möglichen Rückwirkung (Senatsurteil vom 6. Februar 1997 – III ZR 141/96 – NJW 1997, 3374, 3376).
2. Die Klage kann daher nur dann Erfolg haben, wenn die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) gegeben sind. In diesem Zusammenhang kommt vor allem ein Anspruch wegen einer durch Geldwertschwund eingetretenen Äquivalenzstörung in Betracht. Insoweit sind die vom Bundesgerichtshof für die Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses aufgestellten Grundsätze entsprechend anwendbar (vgl. BGHZ 77, 194, 198; 91, 32, 34; 94, 257, 259 f; 97, 171, 175). Allerdings darf dies nicht dazu führen, daß sich die aus kleingartenrechtlichen Bestimmungen ergebenden Pachtzinsbegrenzungen überschritten werden (Urteil vom 5. Juli 1991 aaO S. 143). Insoweit ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich.
a) Die Frage, ob die durch die hamburgische Verordnung vom 18. Februar 1969 erfolgte Festsetzung der zulässigen Kleingartenhöchstpacht für den hier in Rede stehenden Zeitraum auf jährlich 0,08 DM je qm für die Bodenklasse 1 und auf 0,06 DM je qm für die Bodenklasse 2 verfassungsgemäß war, ist nach denselben Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 87, 114 (146 ff) der Prüfung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. zugrunde gelegt hat (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 S. 7). Diese Prüfung kann, da es sich bei der hamburgischen Verordnung nicht um ein Gesetz im formellen Sinne handelt und die gesetzliche Grundlage, auf der die in der Verordnung getroffene Höchstpachtfestsetzung beruhte, vorkonstitutionelles Recht ist, von den Zivilgerichten abschließend vorgenommen werden, ohne daß es einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bedarf (vgl. BVerfGE 68, 319, 326; 70, 126, 129 jeweils m.w.N.).
Danach wäre die Verordnung vom 19. Februar 1969 ohne weiteres als verfassungwidrig und damit nichtig anzusehen, wenn der dort festgesetzte Pachtzins den doppelten Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau nicht überschreiten würde, da die entsprechende Pachtzinsbegrenzung in § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. vom Bundesverfassungsgericht für mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar erklärt worden ist.
Mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen kann der Senat diese Frage nicht selbst beantworten. Zwar hat das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 6. November 1991 festgestellt, daß der ortsübliche Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau im fraglichen Zeitraum höchstens 0,085 DM je qm betragen habe; danach hätte der von Verordnungs wegen festgesetzte Höchstpachtzins – verfassungswidrig – nur etwa dem einfachen ortsüblichen Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau entsprochen. Da jedoch das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil aufgehoben hat, ist Grundlage des nunmehr (wieder) durchzuführenden Revisionsverfahrens allein das (zweite) Berufungsurteil vom 28. März 1990. Nur die in diesem Urteil enthaltenen Feststellungen, nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Tatbestand dieses Urteils ersichtlich ist, unterliegt der Beurteilung des Senats (vgl. § 561 ZPO).
b) Sollte sich die hamburgische Verordnung vom 18. Februar 1969 als nichtig erweisen, so bedeutet dies nicht, daß bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die Klägerinnen nach Maßgabe der Grundsätze über eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage einen höheren Pachtzins verlangen können, die Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes außer acht gelassen werden dürfen.
Der mit Erlaß der besonderen gesetzlichen Vorschriften über die Kleingartenpacht verfolgte gesetzgeberische Zweck, durch Einschränkungen der Vertragsfreiheit hinsichtlich der Festlegung der Vertragsdauer (vgl. § 6 BKleingG), der Kündigungsmöglichkeiten des Verpächters (vgl. §§ 8 bis 10 BKleingG) und des Pachtzinses (vgl. § 5 BKleingG) die sozial schwächeren Bevölkerungsschichten vor einer Verdrängung aus der Kleingartenpacht zu schützen, ist als solcher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfGE 87, 114, 150). Das Bundesverfassungsgericht hat demzufolge davon abgesehen, § 5 Abs. 1 Satz 1 BKleingG a.F. für nichtig zu erklären, sondern lediglich die Unvereinbarkeit dieser Bestimmung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG festgestellt. Vor diesem Hintergrund ist, wie auch die Überleitungsregelung des Art. 3 BKleingÄndG deutlich macht, das Vertrauen eines Verpächters darauf, einen „freien” Pachtzins fordern zu können, auch dann nicht schützenswert, wenn er mit Erfolg die Verfassungswidrigkeit einer ihn betreffenden Pachtzinsbegrenzungsvorschrift geltend gemacht hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem dadurch Rechnung zu tragen, daß § 5 BKleingG n.F. – der im Unterschied zur alten Fassung verfassungsgemäß ist (BVerfG NJW-RR 1998, 1166) – auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes als „Orientierungshilfe” dient; eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage darf nicht dazu führen, daß der Verpächter für die Zeit vor dem 1. April 1983 einen höheren Pachtzins verlangen kann als nach den Maßstäben des § 5 BKleingG n.F. für die Zeit danach (vgl. Senats(Nichtannahme-)Beschlüsse vom 29. Juni 1995 – III ZR 99/94 – NJW-RR 1996, 142, 143; v. 19. Oktober 1995 – III ZR 24/95 – NJW-RR 1996, 143, 144).
III.
Für die erneute Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Für die Prüfung, ob bzw. wann der eingetretene Kaufkraftschwund eine nicht mehr hinzunehmende Äquivalenzstörung hervorgerufen hat, ist der gesamte Zeitraum seit Vertragsschluß zu berücksichtigen; bei einer zwischenzeitlichen freiwilligen Erhöhungsvereinbarung ist diese Ausgangspunkt der Prüfung (vgl. RGRK-BGB/Räfle, § 9 ErbbauVO Rn. 65).
In diesem Zusammenhang dürfte jedenfalls der Umstand, daß der Beklagte ab 1. Januar 1981 einen Pachtzins von 0,20 DM je qm entrichtet hat, ohne Bedeutung sein. Diesen Pachtzinszahlungen gingen Schreiben der Klägerinnen vom 9. Februar 1979 und 30. Januar 1980 voraus, in denen sie Pachtzinsbeträge von 0,60 DM je qm bzw. 0,70 DM je qm eingefordert haben. Vor diesem Hintergrund kann daraus, daß die Klägerinnen die Zahlungen des Beklagten entgegengenommen haben – was selbstverständlich dazu führt, daß die empfangenen Gelder als „Abzugsposten” zu berücksichtigen sind –, nicht geschlossen werden, daß sie diesen Betrag als den zukünftig vertraglich geschuldeten Pachtzins akzeptiert hätten.
2. In der Revisionserwiderung haben die Klägerinnen darauf hingewiesen, daß der vierfache Betrag des ortsüblichen Pachtzinses im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau nicht die absolute Obergrenze für eine gemäß den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung darstelle; zu berücksichtigen sei auch, daß die Klägerinnen – entgegen § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. – nicht die Möglichkeit gehabt hätten, öffentlich-rechtliche Lasten auf den Beklagten abzuwälzen.
Sollten die Klägerinnen im fraglichen Zeitraum tatsächlich in nennenswertem Umfang von § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. erfaßte und auf den Beklagten nicht abwälzbare finanzielle Leistungen an die öffentliche Hand erbracht haben, so spricht vieles dafür, daß diesem Umstand bei der Festlegung der Obergrenze einer etwaigen Pachtzinsanpassung Rechnung zu tragen ist. Denn die Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Lasten gemäß § 5 Abs. 5 BKleingG n.F. auf den Pächter abzuwälzen, ist bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 5 BKleingG n.F. (auch) entscheidend ins Gewicht gefallen (BVerfG NJW-RR 1998, 1166, 1167).
Die Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Lasten kann allerdings nicht in der Weise geschehen, daß – wie die Revisionserwiderung meint – der Pachtzinsforderung der Klägerinnen nicht die im Pachtvertrag genannte Flächenangabe von 16.875 qm, sondern die – von den Klägerinnen behauptete – „Brutto”-Pachtfläche von mehr als 21.800 qm zugrunde gelegt wird. Ist – wie hier – der Pachtzins vertraglich als Quadratmeterpreis festgelegt, so ist allein dieser Preis Ausgangspunkt für die Prüfung, ob und in welchem Umfang eine Anpassung des Pachtzinses nach Maßgabe der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen einer erheblichen Äquivalenzstörung unter Berücksichtigung gesetzlicher Pachtzinsbeschränkungen vorzunehmen ist. Davon zu trennen ist die weitere Frage, welche (Nach-)Forderungen der Verpächter geltend machen kann, wenn sich herausstellt, daß die Pachtfläche tatsächlich größer ist als im Vertrag angegeben. Diese Frage hat sich bisher nicht gestellt. Die Klägerinnen haben nämlich ihre Zahlungsansprüche ausdrücklich auf der Grundlage der im Vertrag genannten Pachtfläche von 16.875 qm berechnet. Die angebliche – streitige – „Bruttofläche” stellten sie der „Berechnungsgrundlage” 16.875 qm nur gegenüber, um so die Geringfügigkeit des bisher gezahlten Zinses noch deutlicher zu machen.
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Dörr, Ambrosius
Fundstellen
Haufe-Index 1383871 |
NWB 1999, 584 |
BGHR |
NJW-RR 1999, 237 |
NZM 1999, 140 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 592 |
ZAP 1999, 6 |
ZMR 1999, 95 |
AgrarR 1999, 87 |
MDR 1999, 219 |
RdL 1999, 8 |
WuM 1999, 63 |
UPR 1999, 358 |