Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung eines Gewerberaumpachtvertrages: Notwendige Auslegung einer "Generalquittung" des Verpächters
Orientierungssatz
1. Hat der Verpächter/Eigentümer eines Hotelgrundstücks nach fristloser Kündigung des Pachtvertrages durch den Pächter und Auszug des (Unter-)Pächters diesem eine "Generalquittung" erteilt, in der er erklärt, daß er gegen den Pächter keinerlei Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, mehr geltend machen werde, ist diese "Generalquittung" auszulegen. Die Erteilung einer Ausgleichsquittung bei Beendigung eines Mietverhältnisses ist nämlich eher unüblich und hat deshalb in diesen Fällen keinen typischen, von den beteiligten Verkehrskreisen allgemein akzeptierten Sinn.
2. Führt die Erteilung einer solchen Quittung nach ihrem Wortlaut dazu, daß der Vermieter auf rückständigen Mietzins und Nutzungsentschädigung (hier) für acht Monate sowie jeglichen Schadenersatz wegen des eingetretenen Räumungsverzuges verzichtet, besteht Anlaß zur Prüfung, ob der Wortlaut der Erklärung nicht aufgrund weiterer Umstände einschränkend ausgelegt werden muß. Denn ein Verzicht auf Rechte ist in der Regel nicht zu vermuten.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Entscheidung vom 28.06.1996; Aktenzeichen 9 U 91/95) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und Widerklägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat vom 28. Juni 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen die Abweisung der Widerklage zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit ihrer Widerklage verlangt die Beklagte rückständigen Mietzins sowie Nutzungsentschädigung und Schadensersatz wegen verspäteter Räumung eines Mietobjekts. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin hatte von der Eigentümerin des Grundstücks, Frau F. (im folgenden: Eigentümerin), einen Landgasthof, bestehend aus Gaststättenräumen im Erdgeschoß, sechs Fremdenzimmern im Obergeschoß und einer Wohnung bis zum 31. Dezember 1999 mit einer Option auf Verlängerung um weitere fünf Jahre gemietet. Der Mietzins betrug monatlich 2.000 DM. Die Klägerin hatte das Objekt an den Mieter T. untervermietet, der den Betrieb der Gaststätte im Mai 1993 eingestellt, das Untermietverhältnis beendet und zugleich angekündigt hatte, aus der Wohnung auszuziehen, sobald er eine Ersatzwohnung gefunden habe.
Die Beklagte wollte das Objekt frei von den mietvertraglichen Rechten der Klägerin erwerben, um es ihrerseits zu vermieten oder zu verpachten.
Am 18. Juni 1993 schlossen die Parteien einen Vertrag, in dem sich die Klägerin gegen eine in zwei Raten zu zahlende Abfindung verpflichtete, ihren Mietvertrag mit der Eigentümerin aufzuheben und das Objekt „voraussichtlich im August 1993” gegen Erteilung einer Generalquittung herauszugeben. Die zweite Rate der Abfindung, die Gegenstand der Klage war, sollte bei Übergabe des geräumten Objekts fällig sein.
Der Vereinbarung der Parteien vom 18. Juni 1993 war ein Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und der Eigentümerin vom 1./ 2. Juni 1993 vorausgegangen, durch den der zwischen ihnen bestehende Mietvertrag zum 1. August 1993 aufgehoben wurde „mit der Folge, daß beide Parteien aus diesem Vertragsverhältnis keinerlei Ansprüche mehr ableiten können”. Die Übergabe sollte im August 1993 erfolgen; die Eigentümerin sollte das Objekt in dem Zustand übernehmen, in dem es sich am Tag der Rückgabe befand, und der Klägerin hinsichtlich „möglicher Ansprüche insoweit Generalquittung” erteilen.
Im Zusammenhang mit dem Abschluß des notariellen Grundstückskaufvertrages zwischen der Eigentümerin und der Beklagten trafen diese am 28. Juni 1993 eine Abtretungsvereinbarung, derzufolge die Eigentümerin ihre künftigen Ansprüche auf Zahlung des Mietzinses und Herausgabe des Mietobjekts an die Beklagte abtrat. Damit sollte die Beklagte, wie in der Vereinbarung weiter festgelegt wurde, in die Lage versetzt werden, vom kaufvertraglich vereinbarten Übergabetermin (1. Juli 1993) an sämtliche Rechte der Verkäuferin als Vermieterin und Eigentümerin des Grundstücks bereits vor dessen Umschreibung im Grundbuch (die erst im Sommer 1994 erfolgte) geltend zu machen.
Mit Vertrag vom 13. Juli 1993 verpachtete die Beklagte das Objekt dem Hotelier K. für die Zeit vom 1. November 1993 bis 1. Dezember 1995 zum Betrieb einer „Dependance incl. Fremdenvermietung”; das monatliche Entgelt war mit 17.500 DM zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer vereinbart. Zugleich verpflichtete sich die Beklagte, das Haus auf ihre Kosten gemäß dem Vertrag beigefügten Plänen mit einer Kapazität von 20 Zimmern umzubauen, und sicherte den Abschluß dieser Arbeiten bis zum 1. November 1993 zu. Für den Fall ihres Verzuges um mehr als einen Monat sollte der Pächter mit Ablauf des 30. November 1993 berechtigt sein, das Vertragsverhältnis zu kündigen.
Der Auszug des Untermieters T. aus der im Hause befindlichen Wohnung verzögerte sich. Mit Schreiben vom 24. August 1993 wies die Eigentümerin die Klägerin auf die Dringlichkeit der Rückgabe und einen drohenden Regreß der Beklagten hin. Mit Schreiben vom 24. August und 7. September 1993 mahnte sie die Zahlung des Mietzinses für die Monate Juli und August 1993 sowie die sofortige Rückgabe des Mietobjekts an und behielt sich vor, den gesamten Verzugsschaden geltend zu machen. Die Beklagte mahnte die Klägerin ihrerseits mit Schreiben vom 15. und 24. September 1993 und setzte ihr eine Frist zum 1. Oktober 1993.
Mit Schreiben vom 18. November 1993 kündigte der Hotelier K. den Pachtvertrag mit der Beklagten fristlos.
Nach Auszug des Untermieters T. gab die Klägerin das Grundstück geräumt an die Eigentümerin, die hierbei von ihrem Ehemann vertreten wurde, zurück und erhielt eine von diesem unterschriebene Generalquittung, in der die Eigentümerin erklärte:
„Der Firma S. Getränke Fachhandel GmbH erteile ich Generalquittung mit der Folge, daß ich gegenüber der Firma S. Getränke keinerlei Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, mehr geltend machen werde.”
Die auf Zahlung von Nutzungsentschädigung und Schadensersatz in Höhe von zuletzt 157.000 DM gerichtete Widerklage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich der angenommene Teil der Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Nutzungsentschädigung und Schadensersatz aus einer eigenen Vermieterstellung nicht zustehen, weil sie erst nach Rückgabe der Mietsache Eigentümerin des Grundstücks geworden ist.
2. Zu Recht wendet sich die Revision jedoch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Geltendmachung der am 28. Juni 1993 an die Beklagte abgetretenen Ansprüche der Grundstückseigentümerin auf rückständigen Mietzins (für Juli 1993) und Nutzungsentschädigung (vom 1. August 1993 bis 15. März 1994) sowie der infolge der Abtretung des Rückgabeanspruchs in der Person der Beklagten entstandenen Ansprüche auf Ersatz des weitergehenden Verzugsschadens stehe die der Klägerin am 15. März 1994 erteilte Generalquittung der Eigentümerin entgegen, weil eindeutig sei, daß diese auch die genannten Ansprüche erfasse.
a) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Klägerin die Abtretung dieser Ansprüche im Zeitpunkt der Entgegennahme der Generalquittung der Eigentümerin nicht bekannt war.
Soweit die Generalquittung die abgetretenen Ansprüche erfassen sollte, muß die Beklagte sie daher gemäß § 407 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen. Dem steht auch der Einwand der Revision nicht entgegen, die Quittung stelle kein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift dar, weil sie nur eine Wissenserklärung des Gläubigers sei, der bekenne, die Leistung erhalten zu haben. Die vorliegende Generalquittung enthält nämlich – vergleichbar der im Arbeitsrecht verbreiteten Ausgleichsquittung – zugleich ein Angebot auf Abschluß eines Erlaßvertrages, eine Verzichtserklärung oder ein negatives Schuldanerkenntnis (vgl. Staudinger/Olzen, BGB [1995] § 368 Rdn. 7, 19; MünchKomm/ Heinrichs 3. Aufl. § 368 Rdn. 2; MünchKomm/von Feldmann aaO § 397 Rdn. 12) und stellt damit eine Verfügung über eine bestehende Forderung dar (vgl. MünchKomm/von Feldmann aaO § 397 Rdn. 3, 11), mithin ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 407 Abs. 1 BGB (vgl. MünchKomm/Roth aaO § 407 Rdn. 6; Staudinger/Kaduk, BGB 12. Aufl. § 407 Rdn. 11).
b) Die Revision rügt jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht eine Auslegung der Generalquittung mit der Begründung unterlassen hat, sie erfasse eindeutig auch Ansprüche auf Mietzins, Nutzungsentschädigung und Schadensersatz wegen verspäteter Rückgabe.
aa) Ob eine Willenserklärung wegen ihrer Eindeutigkeit keiner Auslegung bedarf, ist eine vom Revisionsgericht selbst zu beurteilende Rechtsfrage (vgl. BGHZ 32, 60, 63; BGH, Urteil vom 13. Juni 1990 - IV ZR 141/89 - BGHR BGB § 133 Eindeutigkeit 1). Diese Prüfung ist nicht darauf beschränkt, ob die gewählten Worte allgemein nur in einer bestimmten Bedeutung verwendet werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, ob der – scheinbar – eindeutige Wortlaut aufgrund sonstiger Umstände eine andere Bedeutung haben kann. Liegen ausreichende Anhaltspunkte vor, ist auch eine Auslegung gegen den Wortlaut möglich (vgl. BGH Urteil, vom 13. Juni 1990 aaO; BGHZ 80, 246, 249 f.; 86, 41, 45 f.).
Die Erteilung einer Ausgleichsquittung bei Beendigung eines Mietverhältnisses ist eher unüblich und hat deshalb in diesen Fällen keinen typischen, von den beteiligten Verkehrskreisen allgemein akzeptierten Sinn. Führt die Erteilung einer solchen Quittung nach ihrem Wortlaut dazu, daß der Vermieter auf rückständigen Mietzins und Nutzungsentschädigung für acht Monate sowie jeglichen Schadensersatz wegen des eingetretenen Räumungsverzuges verzichtet, besteht Anlaß zur Prüfung, ob der Wortlaut der Erklärung nicht aufgrund weiterer Umstände einschränkend ausgelegt werden muß. Denn ein Verzicht auf Rechte ist in der Regel nicht zu vermuten (vgl. BGH Urteil vom 31. März 1982 - I ZR 69/80 - WM 1982, 671, 673). Aus der Sicht der Klägerin müßte es sogar überraschend gewesen sein, wenn die Eigentümerin, die im August und September 1993 noch rückständigen Mietzins angemahnt und nachdrücklich erhebliche Schadensersatzforderungen angekündigt hatte, darauf im März 1994 ohne jeden ersichtlichen Anlaß hätte verzichten wollen.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Ehemann der Eigentümerin mit der Generalquittung mehr beabsichtigte, als den im Aufhebungsvertrag (und in der Abfindungsvereinbarung der Parteien) vorgesehenen Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Generalquittung zu erfüllen.
Der im Aufhebungsvertrag begründete Anspruch der Klägerin auf eine Generalquittung ist indes nicht eindeutig. Das Berufungsgericht hat diesen Vertrag auch nicht weiter ausgelegt. Dem Wortlaut nach („insoweit”) bezieht er sich eher nur auf Ansprüche der Eigentümerin wegen des Zustands der Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe und legt somit die Deutung nahe, daß die Eigentümerin nur auf Ersatzansprüche wegen etwaiger Beschädigungen der Mietsache und allenfalls noch auf Schönheitsreparaturen (zu deren Durchführung die Klägerin nach den Bestimmungen des Mietvertrages bei Beendigung des Mietverhältnisses ohnehin nicht verpflichtet war) verzichten wollte, zumal Ansprüche auf rückständigen Mietzins, Nutzungsentschädigung und Schadensersatz wegen verspäteter Rückgabe des Mietobjekts im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Verpflichtungserklärung noch nicht bestanden.
Es liegt daher nahe, den im Aufhebungsvertrag vorgesehenen Verzicht als auf Ansprüche beschränkt anzusehen, die sich aus dem Zustand der Mietsache bei Rückgabe ergeben, und der Generalquittung keine weitergehende Bedeutung beizumessen. Der Wortlaut der Generalquittung erweist sich damit als nicht eindeutig und einer einschränkenden Auslegung zugänglich.
bb) Mit Erfolg rügt die Revision ferner, daß das Berufungsgericht den von der Klägerin angebotenen Beweis zur Bedeutung der Generalquittung (Zeugnis des Ehemanns der Eigentümerin) nicht erhoben hat.
Hiervon durfte das Berufungsgericht nicht mit der Begründung absehen, die behauptete Tatsache, daß nämlich der Vertreter der Klägerin bei der Übergabe des Mietobjekts geäußert habe, die Generalquittung betreffe nur Ansprüche wegen des Zustands der Mietsache, nicht ausreichend substantiiert sei, weil die Beklagte trotz Nachfrage des Gerichts im Termin nicht habe angeben können, welche natürliche Person auf seiten der Klägerin diese Erklärung abgegeben habe.
Unstreitig ist die Quittung bei der Übergabe des Objekts am 15. März 1994 erteilt worden. Die Beklagte hat in das Wissen des Zeugen gestellt, daß die Erklärung bei der Übergabe von demjenigen Vertreter der Klägerin abgegeben wurde, den diese mit der Übergabe des Mietobjekts und der Entgegennahme der Generalquittung beauftragt hatte. Aus der bei den Akten befindlichen Quittung ist zudem ersichtlich, daß der Vertreter der Klägerin am Tage der Übergabe einen handschriftlichen Zusatz, in dem sich die Klägerin verpflichtete, die Außenfassade noch zu reinigen und einen Wohnwagen zu entfernen, mit dem Zusatz „i.V.” unterzeichnet hat (was korrekterweise nur auf den – einzigen – Geschäftsführer der Klägerin hindeuten kann). Es handelte sich daher nicht um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis mit dem Ziel, die auf seiten der Klägerin handelnde Person mit Hilfe des Zeugen zu ermitteln.
Mit der gegebenen Begründung kann die angefochtene Entscheidung daher keinen Bestand haben.
Der Rechtsstreit ist im Umfang der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderliche Auslegung der Generalquittung – gegebenenfalls nach Zeugenvernehmung des Ehemannes der Eigentümerin – nachholt und sodann erforderlichenfalls Feststellungen zur Höhe des Verzugsschadens trifft.
II.
Insoweit wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:
1. Ergibt die neue Verhandlung, daß Ansprüche der Eigentümerin auf Mietzins und Nutzungsentschädigung von der Generalquittung nicht erfaßt werden, stehen der Beklagten aus abgetretenem Recht zunächst 8,5 × 2.000 DM = 17.000 DM für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zur Rückgabe der Mietsache am 15. März 1994 zu, nämlich rückständiger Mietzins in Höhe von 2.000 DM für Juli 1993 sowie gemäß § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Mietzinses wegen Vorenthaltung der Mietsache in der Zeit von der einverständlichen Aufhebung des Mietverhältnisses (1. August 1993) bis zur Rückgabe der Mietsache. Denn die Abtretungsvereinbarung vom 28. Juni 1993 erfaßte ausdrücklich künftige Ansprüche der Eigentümerin.
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung künftiger Ansprüche aus § 557 BGB für die Zeit vor Umschreibung des Grundstücks könnten – entgegen der Auffassung der Revision – allenfalls dann bestehen, wenn die Eigentümerin ihren mietvertraglichen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache nicht zugleich mit abgetreten hätte. Fraglich ist nämlich, ob der Rückgabeanspruch aus § 556 BGB ohne den Anspruch aus § 557 BGB abgetreten werden kann und umgekehrt (im ersten Fall offen gelassen von BGH, Urteil vom 13. Oktober 1982 - VIII ZR 197/81 - NJW 1983, 112, 113). Die Abtretung erfaßte hier aber ausdrücklich alle der Eigentümerin als Vermieterin zustehenden Rechte einschließlich des Anspruchs auf Herausgabe der Mietsache, so daß die Frage der isolierten Abtretbarkeit auch hier keiner Entscheidung bedarf.
2. Nach § 557 Abs. 1 Satz 2 BGB kann die Beklagte zudem aus eigenem Recht Ersatz ihres weiteren Verzögerungsschadens verlangen, sofern die von der Eigentümerin erteilte Generalquittung, die sich die Beklagte gemäß § 407 Abs. 1 BGB entgegenhalten lassen muß, derartige Ansprüche nicht umfaßt.
Unter dieser Voraussetzung schuldet die Klägerin der Beklagten somit Ersatz des dieser infolge verspäteter Rückgabe entgangenen Gewinns für die Zeit ab 1. November 1993 (Pachtbeginn Hotelier K.), soweit dieser die geschuldete Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1. November 1993 bis 15. März 1994 (4,5 × 2.000 DM = 9.000 DM) überstiegen hätte.
a) Für die verzögerte Erfüllung des abgetretenen Rückgabeanspruchs aus § 556 BGB gelten die allgemeinen Verzugsregeln mit der Folge, daß die Beklagte einen ihr nach der Abtretung entstandenen Verzugsschaden aus eigenem Recht geltend machen kann.
Die Klägerin befand sich mit ihrer Rückgabepflicht seit dem 1. September 1993 in Verzug, weil nach dem Aufhebungsvertrag die Übergabe „im August 1993” vereinbart war und dies eine kalendermäßig bestimmte Leistungszeit darstellt (vgl. die Beispiele aus der Rechtsprechung bei Palandt/Heinrichs, BGB 58. Aufl. § 284 Rdn. 22). Selbst wenn man eine Mahnung für erforderlich hielte, wäre auch diese Voraussetzung durch das Mahnschreiben der Beklagten vom 24. September 1993 mit Fristsetzung zur Räumung bis 1. Oktober 1993 erfüllt. Denn infolge der Abtretung des Rückgabeanspruchs war die Beklagte Inhaberin dieses Anspruchs und zur Mahnung berechtigt; die Klägerin hat die Mahnung auch nicht gemäß § 410 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückgewiesen.
b) Soweit die Beklagte ihren Verzugsschaden darin sieht, daß ihr infolge der verspäteten Rückgabe des Mietobjekts und der darauf gestützten fristlosen Kündigung ihres Pächters K. die mit diesem vereinbarten Pachtzinszahlungen entgangen seien, scheitert der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens nicht schon daran, daß die vom Pächter am 18. November 1993 erklärte fristlose Kündigung unwirksam gewesen wäre. Zwar sollte der Pächter nach den Zusatzvereinbarungen zum Pachtvertrag zur fristlosen Kündigung berechtigt sein, wenn sich die für den 1. November 1993 geplante Übergabe um mehr als einen Monat verzögerte. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung war der Pächter aber gleichwohl berechtigt, die fristlose Kündigung schon vor Dezember 1993 auszusprechen, weil die auf zwei Monate veranschlagten Umbauarbeiten mangels Räumung durch die Klägerin im Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch nicht begonnen hatten und daher mit Sicherheit absehbar war, daß der Umbau bis Dezember 1993 nicht beendet sein würde (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1967 - VIII ZR 222/64 - WM 1967, 515, 517; Bub / Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. III Rdn. 1190).
c) Das Berufungsgericht hat – aus seiner Sicht folgerichtig – dahinstehen lassen, ob die die Kündigung durch den Pächter K. auslösende Verzögerung des Umbaus allein auf die verspätete Rückgabe durch die Klägerin oder auf andere Gründe zurückzuführen ist, etwa auf das Fehlen einer Nutzungsänderungsgenehmigung.
Soweit das Berufungsgericht offen läßt, ob die Beklagte hinreichend substantiiert vorgetragen habe, die verspätete Rückgabe sei die alleinige Ursache gewesen, beruht dies allerdings auf einer Verkennung der Darlegungslast. Angesichts des Vortrags der Beklagten hätte es der Klägerin oblegen, Alternativursachen darzulegen. Die Vermutung des Berufungsgerichts, die Verzögerung des Umbaus könne auch darauf zurückzuführen sein, daß die Beklagte es versäumt habe, eine erforderliche Nutzungsänderung zu beantragen, erscheint jedenfalls nicht geeignet, die Ursächlichkeit der verspäteten Rückgabe durch die Klägerin auszuräumen. Es ist nicht auszuschließen, daß die Beklagte einen solchen Antrag nur deshalb bis Ende 1993 noch nicht gestellt hatte, weil noch nicht absehbar war, wann sie mit den Umbauarbeiten würde beginnen können. Außerdem steht nicht fest, ob der Pächter K. bei rechtzeitigem Umbau des Objekts eine noch ausstehende Nutzungsänderungsgenehmigung ebenfalls zum Anlaß einer fristlosen Kündigung genommen hätte.
Der Hinweis des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich dem Hotelier K. gegenüber verpflichtet, die Zahl der Fremdenzimmer durch den Umbau auf 20 zu erhöhen, während in der vorgelegten Baubeschreibung nur 10 Zimmer erwähnt seien, erscheint ebenfalls nicht geeignet, auf eine weitere Ursache der Verzögerung des Umbaus oder gar auf den fehlenden Willen der Beklagten schließen zu lassen, das Objekt vertragsgemäß herzurichten. Zumindest hätte das Berufungsgericht der Beklagten Gelegenheit geben müssen, sich zu diesem angeblichen Widerspruch, auf den sich die Klägerin im übrigen nicht berufen hatte, zu erklären. Immerhin hatte die Architektin in ihrer Baubeschreibung eine Gesamtkapazität von 54 Betten in Doppel-, 3- und 4-Bettzimmern aufgeführt, die mit nur 10 Zimmern selbst dann nicht zu erzielen wäre, wenn diese sämtlich als 4-Bett-Zimmer hergerichtet würden. Dies legt eher die Vermutung nahe, daß die erwähnte Zahl von 10 Zimmern sich nur auf die durch Abteilung mit Gipskartonplatten zusätzlich einzurichtenden Zimmer bezieht. Dafür spricht auch der vorgesehene Einbau von 20 Waschtischen, da nicht davon auszugehen ist, daß Zimmer für Asylbewerber mit jeweils mehr als einem Waschtisch ausgerüstet werden sollten. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß durch Unterteilung der bereits vorhandenen sechs Fremdenzimmer sowie der Wohnung des Untermieters der Klägerin – sofern dieser sie rechtzeitig geräumt hätte – bis zum vorgesehenen Termin insgesamt 20 Zimmer hätten hergerichtet werden können und dies auch Gegenstand der Umbauplanung war.
3. Zur Darlegung der Höhe ihres Verzugsschadens hat die Beklagte geltend gemacht, es sei ihr bislang nicht gelungen, das Objekt anderweitig zu vermieten oder zu verpachten. Wäre der Pachtvertrag durchgeführt worden, hätte sie über die Laufzeit des Vertrages vom 1. November 1993 bis 1. Dezember 1995 monatlich 17.500 DM Pachtzins erzielt, mithin 24 × 17.500 DM = 420.000 DM (richtig: 25 × 17.500 DM = 437.500 DM). Dem hätten eigene Aufwendungen in Höhe von 210.000 DM (Umbaukosten) und weitere Kosten für Inventar von höchstens 30.000 DM gegenübergestanden, so daß der Gesamtbetrag der Pachtzinsen abzüglich dieser Kosten den ihr entgangenen Gewinn darstelle, den sie – auf die Laufzeit des Vertrages verteilt – mit monatlich 7.500 DM errechnet. Von diesem entgangenen Gewinn verlange sie jedoch nur einen Teilbetrag von insgesamt 140.000 DM „in der Reihenfolge der abgelaufenen Monate”.
Bei ihrer Berechnung übersieht die Beklagte allerdings, daß sie für einen Teil der Laufzeit des Pachtvertrages, nämlich für die Zeit vom 1. November 1993 bis 15. März 1994, auch Nutzungsentschädigung gemäß § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von monatlich 2.000 DM = insgesamt 9.000 DM geltend macht, so daß sie als weiteren Verzugsschaden nach § 557 Abs. 1 Satz 2 BGB für diesen Zeitraum nur den entgangenen Mehrerlös verlangen kann, also allenfalls den Betrag, um den der zeitanteilig errechnete Nettoerlös aus der Verpachtung den Betrag der Nutzungsentschädigung überstiegen hätte.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 13.01.1999 durch Riegel, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 640470 |
NJW-RR 1999, 593 |
NZM 1999, 371 |