Entscheidungsstichwort (Thema)
Mangelnde Prozessführungsbefugnis. Wettbewerbsverein II
Leitsatz (amtlich)
Zur Unzulässigkeit der Klage eines Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen bei Fehlen einer ausreichenden finanziellen Ausstattung.
Trotz Säumnis einer Partei ist durch streitmäßiges Urteil zu entscheiden, wenn die von Amts wegen anzustellende Prüfung der Prozeßvoraussetzungen zu dem Ergebnis führt, daß die Klage unzulässig und der Rechtsstreit deshalb entscheidungsreif ist.
Normenkette
UWG § 13 Abs. 1; ZPO §§ 330-331
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Dezember 1983 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 1982 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger, nach seiner zuletzt beschlossenen und in das Vereinsregister eingetragenen Satzung ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, hat die Beklagte, eine Herstellerin und Vertreiberin von Sportgeräten und anderen Gegenständen des Freizeitbedarfs, auf Unterlassung einer von ihm als wettbewerbswidrig angesehenen Werbung verklagt.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil dem Kläger die Prozeßführungsbefugnis fehle. Weder fördere er in der gebotenen Weise seine satzungsgemäßen Zwecke, noch sei er dazu mangels einer ausreichenden finanziellen Ausstattung imstande.
Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht dieses Urteil geändert und der Klage unter Bejahung der Prozeßführungsbefugnis des Klägers durch Sachurteil stattgegeben.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers, der in der Revisionsinstanz nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt - durch streitmäßiges Urteil - unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung. Der Kläger ist nicht prozeßführungsbefugt.
1.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen wie der Kläger nur dann prozeßführungsbefugt, wenn er auf Grund einer ausreichenden personellen und sachlichen Ausstattung seinen satzungsgemäßen Zwecken auch tatsächlich gerecht werden kann (Urt. v. 7.11.1985 - I ZR 105/83 - Wettbewerbsverein, zur Veröffentlichung bestimmt). An dieser auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden Prozeßvoraussetzung fehlt es im Streitfall, wie die Revision mit Recht geltend macht. Deren Vorbringen, daß das Konkursverfahren über das Vermögen des Klägers mangels Nasse nicht eröffnet worden sei, was von Amts wegen zur Löschung des Klägers im Vereinsregister geführt habe, hat durch die vom Senat angestellte urkundenbeweisliche Würdigung des Inhalts der Konkursakten des Amtsgerichts Charlottenburg (36 N 622/84), der Vereinsregisterakten desselben Gerichts (95 VR 6230 Nz) und zweier in anderen Sachen ergangener Urteile des Berufungsgerichts vom 5. Juni 1984 (5 U 1456/83) und vom 8. Juni 1984 (5 U 2050/83) seine Bestätigung gefunden. Daraus folgt, daß der Kläger zur Verfolgung seiner Verbandszwecke nicht in der Lage ist.
Aus den vorbezeichneten Konkursakten ergibt sich, daß der Kläger seinen Geschäftsbetrieb im Juni 1984 eingestellt hat, daß sein Geschäftslokal aufgelöst ist, daß ihn fällige Verbindlichkeiten in Höhe von mindestens 94.600,- DM treffen, daß er über keinerlei Aktiva verfügt, daß er zahlungsunfähig ist (Gutachten Bl. 5-9 der Konkursakten) und daß er deshalb selber unter dem 22. Juni 1984 Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen gestellt hat (Bl. 1 der Konkursakten).
Wie aus den Konkursakten sowie aus den Vereinsregisterakten weiter folgt, haben diese wirtschaftlichen und finanziellen Gegebenheiten zur Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Nasse und zur Löschung des Klägers im Vereinsregister geführt (Bl. 10 der Konkursakten; Bl. 185 der Registerakten).
Darüber hinaus bestätigen auch die genannten Urteile des Berufungsgerichts vom 5. und 8. Juni 1984, mit denen dieses die Prozeßführungsbefugnis des Klägers - anders als noch im Berufungsurteil des vorliegenden Rechtsstreits - verneint hat, daß der Kläger zur Verfolgung seiner satzungsgemäßen Ziele nicht imstande ist. Wie den Feststellungen des Berufungsgerichts in jenen Verfahren zu entnehmen ist, wies bereits die Bilanz des Klägers für 1983 Unterdeckung, Widersprüche und Unrichtigkeiten auf und war der Vorstand des Klägers nicht mehr in der Lage, seine finanziellen Verpflichtungen verläßlich zu überblicken.
2.
Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Diese Entscheidung hatte trotz der Säumnis des Klägers nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch streitmäßiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu ergehen. Gegen einen ausgebliebenen Revisionsbeklagten ist zwar durch Versäumnisurteil zu entscheiden, wenn eine zulässige Revision sachlich begründet ist (BGHZ 37, 79). Führt dagegen die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen anzustellende Prüfung der Prozeßvoraussetzungen zu dem Ergebnis, daß die Klage - wie hier mangels Prozeßführungsbefugnis des Klägers - unzulässig ist, muß aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit die endgültige Instanzbeendigung durch streitmäßiges Urteil ausgesprochen werden, weil der Rechtsstreit im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Klage zur abschließenden Endentscheidung reif ist. Das bliebe unberücksichtigt, wenn durch ein die Fortsetzung des Rechtsstreits ermöglichendes Versäumnisurteil entschieden würde. Daher kann, wenn die Unzulässigkeit der Klage feststeht - gleichviel welche Partei säumig ist und in welcher Instanz der Rechtsstreit schwebt - keine die Weiterführung des Prozesses zulassende Versäumnisentscheidung ergehen, sondern nur ein kontradiktorisches Urteil, das den Rechtsstreit zum endgültigen Abschluß bringt (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.1961 - VI ZR 66/60, LM ZPO §554 a Nr. 9 = NJW 1961, 829; Urt. v. 5.10.1961 - VII ZR 201/58, LM ZPO § 331 Nr. 1 = NJW 1961, 2207).
Ein solches streitmäßiges Urteil setzt allerdings voraus, daß die säumige Partei Gelegenheit hatte, zu den Bedenken Stellung zu nehmen, die gegen die Zulässigkeit der Klage sprechen. Indessen ist diese Voraussetzung vorliegend gegeben. Schon mit Schreiben vom 8. November 1984 hatte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Konkurs- und Vereinsregisterakten des Amtsgerichts Charlottenburg auf die Zweifel an der Prozeßführungsbefugnis des Klägers aufmerksam gemacht. Darüber hinaus ist der Kläger auch durch Schreiben des Senats vom 27. Februar 1986 auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, seine Prozeßführungsbefugnis von Amts wegen zu prüfen.
3.
Danach war durch streitmäßiges Urteil zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Merkel
Piper
Erdmann
Teplitzky
Mees
Fundstellen
Haufe-Index 1456254 |
GRUR 1986, 678 |
ZIP 1986, 740 |