Entscheidungsstichwort (Thema)
Rangverhältnis im Mangelfall zwischen minderjährigen unverheirateten oder privilegierten volljährigen Kindern und einem nach § 1582 BGB bevorrechtigten geschiedenen Ehegatten. Behandlung überobligationsmäßiger Einkünfte des Unterhaltsberechtigten
Leitsatz (amtlich)
a) Treffen im Mangelfall minderjährige unverheiratete oder privilegierte volljährige Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) mit einem nach § 1582 BGB bevorrechtigten geschiedenen Ehegatten zusammen, ist der Unterhaltsanspruch eines neuen Ehegatten auch dann nachrangig, wenn der geschiedene Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch nicht geltend macht (Fortführung BGH, Urt. v. 13.4.1988 - IVb ZR 34/87, BGHZ 104, 158 = MDR 1988, 762 = FamRZ 1988, 705).
b) Erzielt der Unterhaltsberechtigte überobligationsmäßige Einkünfte, ist nur der unterhaltsrelevante Teil des so erzielten Einkommens in die Additions- bzw. Differenzmethode einzubeziehen. Der nicht unterhaltsrelevante Teil bleibt bei der Unterhaltsermittlung vollständig unberücksichtigt (Fortführung BGH, Urt. v. 5.9.2001 - XII ZR 108/00, BGHZ 148, 368 = BGHReport 2001, 959 m. Anm. Borth = FamRZ 2001, 1687; Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01, MDR 2003, 697 = BGHReport 2003, 495 = FamRZ 2003, 518).
Normenkette
BGB § 1577 Abs. 2, §§ 1578, 1582, 1609 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des OLG Koblenz v. 2.10.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um Abänderung zweier Jugendamtsurkunden über die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt. Die Kläger sind minderjährige Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe.
Die Mutter der Kläger ist neben der Kindeserziehung in Teilzeit (3/4 Stelle) berufstätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.700 DM. Der Beklagte erzielt ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 3.393 DM. Er ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist im Oktober 1999 ein weiteres Kind hervorgegangen, das von der nicht erwerbstätigen Ehefrau des Beklagten betreut wird. Im Haushalt der Ehegatten leben außerdem zwei weitere Kinder der neuen Ehefrau des Beklagten.
Mit Jugendamtsurkunden v. 18.1.2001 hatte sich der Beklagte verpflichtet, an die Kläger jeweils monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 289 DM zu zahlen. Das AG hat den Beklagten in Abänderung der Jugendamtsurkunden verurteilt, nebst Unterhaltsrückständen monatlichen Unterhalt an den Kläger zu 1 für die Zeit ab Juli 2001i.H.v. 213 EUR und für die Zeit ab dem 1.1.2002i.H.v. 212 EUR sowie an den Kläger zu 2 für die Zeit ab Juli 2001i.H.v. 180 EUR zu zahlen. Mit seiner Berufung hat der Beklagte zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, soweit er in Abänderung der Jugendamtsurkunden zu höheren monatlichen Unterhaltszahlungen als 200 EUR ab Juli 2001 sowie 180 EUR ab Januar 2002 an den Kläger zu 1 und als 165 EUR ab Juli 2001 sowie 150 EUR ab Januar 2002 an den Kläger zu 2 verurteilt wurde. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das OLG, dessen Urteil in FamRZ 2003, 611 (OLG Koblenz, Urt. v. 2.10.2002 - 9 UF 213/02, OLGReport Koblenz 2002, 477) veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil den Klägern jedenfalls ein Unterhaltsanspruch in der vom AG zugesprochenen Höhe zustehe. Von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten sei der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen nicht in Abzug zu bringen. Kreditbelastungen für den Erwerb eines Einfamilienhauses könnten ebenfalls nicht abgesetzt werden, weil dem ein Wohnwert in gleicher Höhe gegenüberstehe und der Beklagte diese Verbindlichkeiten in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung eingegangen sei und dadurch Vermögensbildung betreibe.
Kosten für den Unterhalt der zweiten Ehefrau des Beklagten seien nicht zu berücksichtigen, weil die neue Ehefrau bei der Unterhaltsermittlung ggü. den Klägern und der geschiedenen Ehefrau nachrangig sei. Das gelte auch dann, wenn der ersten Ehefrau ein Unterhaltsanspruch zustehe, sie diesen aber nicht geltend mache. Der geschiedenen Ehefrau des Beklagten stehe noch ein Unterhaltsanspruch zu, weil ihre eigenen, überobligatorisch erzielten Einkünfte lediglich zur Hälfte - und zwar im Wege der Differenzmethode - in die Unterhaltsberechnung einzustellen seien. Weil die geschiedene Ehefrau ihren Unterhaltsanspruch nicht geltend mache, stehe das für Unterhaltszwecke einsetzbare Einkommen des Beklagten allein für den Unterhalt der Kläger und des mit ihnen gleichrangigen Sohnes des Beklagten aus zweiter Ehe zur Verfügung. Die dann durchzuführende Mangelfallberechnung ergebe eine erhöhte Unterhaltsquote i.H.v. 94,83 %. Von dem sich so ergebenden Unterhaltsbetrag sei das an die Mutter der Kläger ausgezahlte Kindergeld nach § 1612b Abs. 5 BGB auch nicht teilweise abzuziehen. Damit übersteige der geschuldete Unterhalt sogar den vom AG ausgeurteilten Betrag.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass in die Mangelfallberechnung Unterhaltsansprüche der zweiten Ehefrau des Beklagten dann nicht einzubeziehen sind, wenn der geschiedenen Ehefrau, der Mutter der Kläger, noch ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Reichen die Mittel, die nach Deckung des Selbstbehalts des Verpflichteten für den Unterhalt mehrerer Berechtigter zur Verfügung stehen, nicht aus, sämtliche Ansprüche zu erfüllen, so sind gleichrangig Berechtigte anteilig zu befriedigen. Hingegen kommt ein nachrangig Berechtigter mit seinem Anspruch nur zum Zuge, soweit nach voller Befriedigung der vorrangigen Ansprüche ein freier Betrag verbleibt (BGH, Urt. v. 23.1.1980 - IV ZR 2/78, MDR 1980, 475 = FamRZ 1980, 555 [557]). Hier hat das Berufungsgericht die neue Ehefrau des Beklagten zutreffend als ggü. den minderjährigen Kindern nachrangig behandelt.
a) Allerdings sind die insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nach ihrem Wortlaut in sich widersprüchlich. Denn § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt, dass "der Ehegatte" - also sowohl der geschiedene als auch der neue Ehegatte (BVerfG v. 10.1.1984 - 1 BvL 5/83, BVerfGE 66, 84 [87] = MDR 1984, 465) - den minderjährigen unverheirateten Kindern und den sog. privilegierten volljährigen Kindern im Rang gleichsteht. Danach hätten sowohl die Mutter der Kläger als auch die neue Ehefrau des Beklagten denselben Rang wie die Kläger und das aus der zweiten Ehe hervorgegangene weitere minderjährige Kind des Beklagten. Andererseits sieht § 1582 BGB vor, dass bei mehreren unterhaltsbedürftigen Ehegatten der geschiedene Ehegatte jedenfalls wegen seiner Unterhaltsansprüche nach §§ 1570, 1576 BGB oder bei langer Ehedauer dem neuen Ehegatten vorgeht (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, 1 BvR 2298/94, BVerfGE 108, 351 = MDR 2004, 36 = BFHReport 2003, 174 = FamRZ 2003, 1821 [1823]). Mit dieser Rechtsfolge wäre es nicht vereinbar, die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder sowohl den Ansprüchen eines geschiedenen Ehegatten als auch denen eines neuen Ehegatten im Rang gleichzustellen.
Weil das Gesetz wegen des Widerspruchs zwischen § 1582 BGB einerseits und § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB andererseits keine zwingende Regelung vorgibt, bedarf es einer Auslegung über den Wortlaut der widerstreitenden Regelungen hinaus. Diese muss sich von dem Ziel leiten lassen, dem mit den Rangregelungen verfolgten Sinn des Gesetzes gerecht zu werden, der darin zu sehen ist, in Mangelfällen in erster Linie den Unterhalt bestimmter, als besonders schutzwürdig anerkannter Angehöriger zu sichern. Zu den nach dem Willen des Gesetzes in besonderem Maße schutzbedürftigen und schutzwürdigen Unterhaltsberechtigten gehören zunächst die minderjährigen unverheirateten und die ihnen gleichgestellten privilegierten volljährigen Kinder (§ 1609 Abs. 1 und 2 BGB), denen die Eltern nach § 1603 Abs. 2 BGB - über den Maßstab des § 1603 Abs. 1 BGB hinaus - erweitert unterhaltspflichtig sind. Neben ihnen räumt das Gesetz in den Fällen des § 1582 BGB als Nachwirkung der früheren Ehe dem geschiedenen Ehegatten einen besonderen Schutz ein, der seinen Niederschlag in dem Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten des Unterhaltsverpflichteten findet. Diese Vorrangstellung des geschiedenen Ehegatten setzt sich in Mangelfällen uneingeschränkt durch (BGH, Urt. v. 23.4.1986 - IVb ZR 30/85, MDR 1986, 921 = FamRZ 1986, 790 [792]), selbst wenn der neue Ehegatte hierdurch im äußersten Fall, auch unter Berücksichtigung des Splittingvorteils aus der neuen Ehe (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, 1 BvR 2298/94, BVerfGE 108, 351 = MDR 2004, 36 = BFHReport 2003, 174 = FamRZ 2003, 1821 [1824]), darauf verwiesen wird, für seinen Unterhalt Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, und wenn der Unterhaltspflichtige auf diese Weise gehalten ist, den ihm an sich für seine eigenen Bedürfnisse zustehenden Selbstbehalt mit dem neuen Ehegatten zu teilen (BVerfG v. 10.1.1984 - 1 BvL 5/83, BVerfGE 66, 84 [94 ff.] = MDR 1984, 465). Dem in dieser Weise gekennzeichneten Rangverhältnis zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten kann bei Vorhandensein minderjähriger unverheirateter Kinder nur dadurch Rechnung getragen werden, dass der Anwendungsbereich des § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB in Mangelfällen bei einer Kollision mit der Rangregelung des § 1582 BGB im Wege der teleologischen Reduktion dahin eingeschränkt wird, dass der in § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB angeordnete Gleichrang mit "dem Ehegatten" nur für den nach § 1582 BGB privilegierten geschiedenen, und nicht auch für den (relativ) nachrangigen neuen Ehegatten gilt (BGH, Urt. v. 13.4.1988 - IVb ZR 34/87, BGHZ 104, 158 [165] = MDR 1988, 762 = FamRZ 1988, 705 [707], m.w.N.).
b) Allerdings ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 1609 Abs. 2 BGB nur für solche Fälle geboten, in denen Unterhaltsansprüche zweier (geschiedener) Ehefrauen nebeneinander bestehen und deswegen zu klären ist, welcher dieser Ansprüche gleichrangig mit den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder ist. Nur in solchen Fällen ist es nach dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften geboten, den (relativen) Nachrang der späteren Ehefrau ggü. der ersten Ehefrau auch auf das Rangverhältnis ggü. den minderjährigen und den privilegierten volljährigen Kindern zu übertragen. Aus § 1582 BGB folgt deswegen kein genereller Nachrang neuer Ehegatten gegenüber minderjährigen Kindern auch für solche Fälle, in denen dem (relativ) vorrangigen geschiedenen Ehegatten kein Unterhalt zusteht. Denn ist die geschiedene Ehefrau des Unterhaltspflichtigen nicht (mehr) unterhaltsberechtigt, spricht nichts gegen den vom Wortlaut des § 1609 Abs. 2 BGB gebotenen Gleichrang der Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder auch mit denen neuer Ehegatten. Das sog. relative Rangverhältnis eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem neuen Ehegatten kommt also dann nicht zum Tragen, wenn nur der Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten mit den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder konkurriert (OLG Köln v. 21.12.1992 - 26 UF 188/92, FamRZ 1993, 1239; OLG Hamm v. 19.5.1993 - 11 UF 463/92, FamRZ 1993, 1237 [1238]; OLG Bamberg v. 27.11.1997 - 2 UF 165/97, OLGReport Bamberg 1998, 148 = FamRZ 1999, 250; OLG München v. 20.7.1998 - 12 WF 886/98, FamRZ 1999, 251 f.).
c) Steht dem geschiedenen Ehegatten allerdings an sich ein Unterhaltsanspruch zu und macht er diesen lediglich nicht geltend, um wenigstens den Regelbedarf seiner minderjährigen Kinder zu sichern, bleibt es bei dem (relativen) Nachrang des neuen Ehegatten gem. § 1582 BGB, mit der Folge, dass diesem die minderjährigen Kinder im Rang vorgehen.
Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass ein Widerspruch zwischen § 1609 Abs. 2 BGB und § 1582 BGB bereits dann besteht, wenn der geschiedene und der neue Ehegatte neben den Kindern unterhaltsberechtigt sind. Denn § 1582 BGB stellt nicht darauf ab, ob der geschiedene Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend macht, sondern lediglich darauf, ob dieser nach dem Gesetz überhaupt unterhaltsberechtigt ist. Zwar entfällt das relative Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche zweier Ehegatten immer dann, wenn dem geschiedenen Ehegatten schon kein Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1581 BGB zusteht, wenn er nicht mehr unterhaltsbedürftig ist oder wenn der Unterhaltsanspruch aus sonstigen Gründen entfallen ist. Letzteres kann auch dann der Fall sein, wenn der geschiedene Ehegatte - z.B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung - wirksam auf nachehelichen Ehegattenunterhalt verzichtet hat (§ 1585c BGB). Auch dann fehlt es an einem Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau, der über den Vorrang nach § 1582 BGB das Rangverhältnis der neuen Ehefrau zu den minderjährigen Kindern beeinflussen könnte (Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 5 Rz. 52; FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., 6. Kap. Rz. 494; Scholz/Stein/Kleffmann, Praxishandbuch Familienrecht, September 2004, Teil K Rz. 18; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Januar 2004, 4. Kap. Rz. 34; wohl auch Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 3121).
Anders ist die Rechtslage hingegen zu beurteilen, wenn der geschiedene Ehegatte noch immer unterhaltsberechtigt ist und er seine Ansprüche lediglich nicht geltend macht, sei es um den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder nicht zu gefährden, sei es auch in Unkenntnis seiner Unterhaltsberechtigung oder aus anderen Gründen. Dann bleibt es beim (relativen) Vorrang der Unterhaltsansprüche und bei der sich nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der teleologischen Reduktion des § 1609 Abs. 2 BGB ergebenden Nachrangigkeit der Unterhaltsansprüche einer neuen Ehefrau auch ggü. den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte nicht gezwungen sein kann, einen eigenen Unterhaltsanspruch tatsächlich geltend zu machen, nur um den Vorrang der Unterhaltsansprüche seiner minderjährigen Kinder vor denen eines neuen Ehegatten zu wahren (so auch AnwK-BGB/Lier, 2005, § 1582 Rz. 10; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 96; a.A. Staudinger/Engler, BGB, Neubearbeitung, 2000, § 1609 Rz. 30; Luthin, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 2260; Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 4. Aufl., § 1609 Rz. 3).
Insbesondere wenn der geschiedene Ehegatte die Durchsetzung seiner eigenen Unterhaltsansprüche deswegen unterlässt, weil er seinen Kindern eine höhere Quote bei der Mangelverteilung sichern will, liegt darin eine zweckgerichtete Verfügung, die nicht dazu dient, dem sonst nachrangigen Recht des neuen Ehegatten Gleichrang mit dem Kindesunterhalt zu verschaffen. Damit verzichtet der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte weder auf seinen Unterhaltsanspruch, noch auf den Vorrang gegenüber einem neuen Ehegatten. Die fehlende Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau ist deswegen nach der Zweckrichtung mit freiwilligen Leistungen Dritter vergleichbar, die ebenfalls nur demjenigen zugute kommen, dem sie nach der Bestimmung des nicht Leistungsverpflichteten allein Vorteile erbringen sollen (BGH, Urt. v. 25.6.1980 - IVb ZR 523/80, FamRZ 1980, 879; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 3 Rz. 114a).
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mutter der Kläger nach § 1585b Abs. 2 BGB mangels Verzugs oder Rechtshängigkeit ihres Unterhaltsanspruchs keinen rückständigen Unterhalt mehr verlangen kann. Auch dann verbleibt es bei dem einmal entstandenen (relativen) Vorrang ggü. dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau nach § 1582 BGB.
2. Mithin kommt es darauf an, ob der Mutter der Kläger ein Unterhaltsanspruch zusteht. Das wird maßgeblich davon abhängen, ob die Erwerbstätigkeit der Mutter neben der Kindesbetreuung als überobligatorische Tätigkeit anzusehen ist und ob, in welchem Umfang und auf welche Weise ihr Einkommen aus solcher Tätigkeit in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist.
a) Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des fiktiven Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau des Beklagten von ihrem Nettoeinkommen nach Abzug berufsbedingter Kosten lediglich die Hälfte in die Unterhaltsberechnung eingestellt hat, hält dieses den Angriffen der Revision nicht stand.
aa) Ob und in welchem Umfang ein eigenes Einkommen des unterhaltsbedürftigen geschiedenen Ehegatten, das dieser neben der Kindeserziehung erzielt, nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht pauschal beantworten, sondern ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig (BGH, Urt. v. 15.12.2004 - XII ZR 121/03, BGHReport 2005, 431 m. Anm. Luthin = MDR 2005, 575 = FamRZ 2005, 442 [444], m.w.N.). Dabei kann die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall sein (BGH, Urt. v. 23.9.1981 - IVb ZR 600/80, MDR 1982, 213 = FamRZ 1981, 1159 [1161]). Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen ist bei der Unterhaltsbemessung deswegen nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen. Über die Anrechnung ist vielmehr nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn jedenfalls der Betrag abgesetzt wird, der für die infolge dieser Berufstätigkeit notwendig gewordene anderweitige Betreuung des Kindes aufgewendet werden muss (sog. konkreter Betreuungsaufwand; AnwK-BGB/Schürmann, § 1577 Rz. 64, m.w.N., zum Unterhaltspflichtigen BGH, Urt. v. 19.5.1982 - IVb ZR 702/80, MDR 1982, 999 = FamRZ 1982, 779 [780]; v. 26.1.1983 - IVb ZR 344/81, MDR 1983, 830 = FamRZ 1983, 569 [570]; v. 29.11.2000 - XII ZR 212/98, BGHReport 2001, 76 = MDR 2001, 510 = FamRZ 2001, 350 [352]). Die Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages des auf einer überobligationsmäßigen Tätigkeit beruhenden Mehreinkommens hat der Senat aber auch dann für gerechtfertigt gehalten, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen, etwa weil die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten das Kind aus dessen Ehe mitbetreut, (BGH, Urt. v. 29.6.1983 - IVb ZR 379/81, JURIS; v. 29.11.2000 - XII ZR 212/98, BGHReport 2001, 76 = MDR 2001, 510 = FamRZ 2001, 350 [352]).
bb) In welchem Umfang ein überobligatorisch erzieltes Einkommen nach diesen Grundsätzen unberücksichtigt bleiben kann, muss zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Entscheidung überlassen bleiben. Der Senat hat einen Abzug von monatlich 300 DM in einem Fall, in dem die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten dessen 13 und 14 Jahre alte Kinder aus erster Ehe mitbetreute, nicht beanstandet (BGH, Urt. v. 23.4.1986 - IVb ZR 30/85, MDR 1986, 921 = FamRZ 1986, 790 [791]). Dabei entzieht sich die Bemessung des nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils des Einkommens allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer schematischen Beurteilung und hängt im Einzelfall davon ab, wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob und ggf. zu welchen Zeiten die Kinder infolge eines Kindergarten- oder Schulbesuchs zeitweise der Betreuung ohnehin nicht bedürfen (BGH, Urt. v. 29.11.2000 - XII ZR 212/98, BGHReport 2001, 76 = MDR 2001, 510 = FamRZ 2001, 350 [352]).
Der vom Berufungsgericht lediglich pauschal bemessene hälftige Ansatz der von der Mutter der Kläger erzielten Einkünfte hält diesen Anforderungen nicht stand. Konkrete Betreuungskosten haben die Kläger insoweit nicht vorgetragen. Bei der Bemessung eines anrechnungsfreien Betrages ist zu berücksichtigen, dass die Kläger im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 13 bzw. 10 Jahre alt waren und ihre Mutter einen Teil ihrer Tätigkeit während einer Zeit ausüben kann, in der die Kläger die Schule besuchen. Letztlich ist im Rahmen der Ermessensausübung auch zu berücksichtigen, dass die Mutter der Kläger durch ihre Teilzeittätigkeit immerhin ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.700 DM erzielt, während der Beklagte bei einem Monatseinkommen von ca. 3.400 DM neben den Klägern jedenfalls auch seinem weiteren Kind aus zweiter Ehe und seiner zweiten Ehefrau unterhaltspflichtig ist.
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein der Mutter der Kläger gem. § 1577 Abs. 2 BGB nach Billigkeit zuzurechnendes eigenes Einkommen allerdings im Wege der Differenzmethode berücksichtigt.
aa) Der BGH hat im Jahre 2001 - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung - entschieden, dass die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mitbestimmt werden und hierdurch eine Verbesserung erfahren. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist, mithin auch den durch die häusliche Mitarbeit des nicht erwerbstätigen Ehegatten erreichten sozialen Standard (BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [115 f.] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 m. Anm. Niepmann = FamRZ 2001, 986 [989]). Entsprechend orientiert sich auch die Teilhabequote an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen, so dass beide Ehegatten hälftig an dem durch Erwerbseinkommen einerseits, Haushaltsführung andererseits geprägten ehelichen Lebensstandard teilhaben. Nimmt der haushaltsführende Ehegatte nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit auf oder erweitert er sie über den bisherigen Umfang hinaus, so kann sie als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden, weil sich der Wert seiner Haushaltstätigkeit dann, von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen, in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen widerspiegelt. Wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung solche Einkünfte erzielt oder erzielen kann, die gleichsam als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes seiner bisherigen Tätigkeit angesehen werden können, ist dieses Einkommen nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 [120] = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 m. Anm. Niepmann = FamRZ 2001, 986 [989]). Diese Rechtsprechung hat das BVerfG ausdrücklich gebilligt. Danach entspricht es dem gleichen Recht und der gleichen Verantwortung bei der Ausgestaltung des Ehe- und Familienlebens, auch die Leistungen, die jeweils im Rahmen der gemeinsamen Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbracht werden, als gleichwertig anzusehen. Deshalb sind die von den Ehegatten für die eheliche Gemeinschaft jeweils erbrachten Leistungen unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig. Auch der zeitweilige Verzicht eines Ehegatten auf Erwerbstätigkeit, um die Haushaltsführung oder die Kindererziehung zu übernehmen, prägt also die ehelichen Verhältnisse, wie die vorher ausgeübte Berufstätigkeit und die danach wieder aufgenommene oder angestrebte Erwerbstätigkeit (BVerfG v. 5.2.2002 - 1 BvR 105/95, 1 BvR 559/95, 1 BvR 457/96, BVerfGE 105, 1 [11 f.] = FamRZ 2002, 527 [529]; BGH, Urt. v. 5.5.2004 - XII ZR 10/03, BGHReport 2004, 1220 = MDR 2004, 999 = FamRZ 2004, 1170; Urt. v.5.5.2004 - XII ZR 132/02, BGHReport 2004, 1222 m. Anm. Borth = MDR 2004, 1000 = FamRZ 2004, 1173).
bb) Ebenso hat der Senat bereits entschieden, dass bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gem. § 1578 BGB der sich im Surrogat fortsetzende Wert der Haushaltstätigkeit auch in den Fällen im Wege der Additions- oder Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist, "in denen ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bisher nicht als eheprägend in die Bedarfsbemessung einbezogen wurde, weil es durch eine unzumutbare und die ehelichen Lebensverhältnisse deshalb nicht nachhaltig prägende Erwerbstätigkeit erzielt wurde" (BGH, Urt. v. 5.9.2001 - XII ZR 108/00, BGHZ 148, 368 [381] = BGHReport 2001, 959 m. Anm. Borth = FamRZ 2001, 1687 [1691]). Schon damit hatte der Senat seine frühere Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 21.1.1998 - XII ZR 117/96, FamRZ 1998, 1501, m.w.N.) aufgegeben, wonach Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich nicht nachhaltig prägen können, weil der Unterhaltsberechtigte diese Tätigkeit jederzeit wieder aufgeben kann (zur Kritik an der früheren Rspr. vgl. Scholz, FamRZ 2002, 733 [734]).
Den Umfang des somit zu berücksichtigenden Einkommens hat der Senat bislang lediglich negativ dahin abgegrenzt, dass "bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gemäß 1578 BGB nach der sog. Additions- bzw. Differenzmethode ... ein vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil nicht einzubeziehen" ist (BGH, Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01, MDR 2003, 697 = BGHReport 2003, 495 = FamRZ 2003, 518 [520], m. Anm. Büttner). Denn auch als Surrogat kann nur der zu berücksichtigende Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens an die Stelle der eheprägenden früheren Haushaltstätigkeit oder Kindererziehung treten. Zu Recht hat das Berufungsgericht deswegen den nach den §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB zu bemessenden Anteil der überobligationsmäßigen Einkünfte (im Folgenden: unterhaltsrelevanter Anteil) der Mutter der Kläger in die Differenzmethode einbezogen.
Soweit teilweise aus dieser Rechtsprechung des Senats hergeleitet wird, ein nicht unterhaltsrelevanter überobligationsmäßig erzielter Einkommensanteil sei im Wege der Anrechnungsmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Büttner Anm. BGH, Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01, MDR 2003, 697 = BGHReport 2003, 495 = FamRZ 2003, 518 [520]), verkennt dieses die Rechtsprechung des Senats. Mit Urteil v. 22.1.2003 (BGH, Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01, MDR 2003, 697 = BGHReport 2003, 495 = FamRZ 2003, 518 [520]) hat der Senat lediglich ausgeführt, dass bei der Berechnung des eheangemessenen Unterhaltsbedarfs gem. § 1578 BGB der nicht unterhaltsrelevante Teil eines vom Unterhaltsberechtigten überobligationsmäßig erzielten Einkommensanteils nicht in die sog. Additions- bzw. Differenzmethode einzubeziehen ist. Damit hat der Senat seinen schon zuvor angelegten Wechsel der Rechtsprechung fortgeführt und entschieden, dass nur der unterhaltsrelevante Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens die ehelichen Lebensverhältnisse prägen kann und deswegen bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen ist. Umgekehrt prägt der in Anwendung der §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht. Das gilt allerdings in gleicher Weise auch für die Stufe der Bedarfsdeckung; auch insoweit ist nur der unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte einzubeziehen. Der nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte bleibt bei der Unterhaltsermittlung also vollständig unberücksichtigt.
Denn eine Einbeziehung des nicht unterhaltsrelevanten Anteils der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte würde stets zu Ergebnissen führen, die mit der Rechtsprechung des Senats nicht vereinbar sind. Würde dieser Einkommensanteil im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt, widerspräche das schon allgemein der Surrogatrechtsprechung des Senats zur Bemessung des Umfangs der eheprägenden Haushaltstätigkeit bzw. Kindererziehung. Danach ist - von Ausnahmen einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Karriereentwicklung abgesehen - ein später erzieltes Einkommen regelmäßig mit dem gleichen Betrag sowohl als eheprägend und damit als bedarfsbegründend, als auch als bedarfsdeckend zu berücksichtigen, was der Anwendung der Additions- bzw. Differenzmethode entspricht. Zudem würde eine Berücksichtigung dieses Anteils stets zu untragbaren Ergebnissen führen. Denn würde auch dieser Einkommensanteil im Wege der Additions- oder Differenzmethode berücksichtigt, stünde der Unterhaltsberechtigte so wie ein Unterhaltsberechtigter, dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist und das deswegen insgesamt im Wege der Additions- bzw. Differenzmethode Berücksichtigung findet. Würde man den nicht unterhaltsrelevanten Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte hingegen im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigen, stünde der Unterhaltsberechtigte mit überobligationsmäßig erzielten Einkünften sogar schlechter als ein Unterhaltsberechtigter, dem ein in gleicher Höhe erzieltes Einkommen in vollem Umfang zurechenbar ist.
Zu Recht und im Einklang mit dieser Surrogatrechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht deswegen dem unterhaltsrelevanten und somit eheprägenden Teil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte der geschiedenen Ehefrau des Beklagten auch im Rahmen der Bedarfsdeckung nur Einkünfte in diesem Umfang gegengerechnet.
3. Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das OLG bei der fiktiven Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger zu prüfen haben, ob die Anlage vermögenswirksamer Leistungen schon die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe des Beklagten geprägt hat. Dann können diese Beträge, die auch während der Ehezeit für den Konsum nicht zur Verfügung standen, bei der fiktiven Bedarfsbemessung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Zwar sind vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers grundsätzlich Bestandteil des Arbeitsentgelts und daher lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. In Höhe der Zusatzleistungen des Arbeitgebers verbleiben sie allerdings anrechnungsfrei, weil sie dem Arbeitnehmer insoweit zweckgebunden nur für eine Vermögensanlage zur Verfügung stehen. In diesem Umfang sind die vermögenswirksamen Leistungen daher mit der Nettoquote von dem Arbeitsentgelt abzuziehen (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien der OLG Ziff. 10.6 sowie Luthin/Margraf, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 1086). Nur soweit der Beklagte über die zweckgebundenen vermögenswirksamen Leistungen seines Arbeitgebers hinaus Teile seines Arbeitsentgelts vermögenswirksam anlegt, sind diese als freiwillige Vermögensbildung von seinem Einkommen nicht absetzbar.
Weiter wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Mutter der Kläger von einem Einkommen des Beklagten auszugehen ist, das den Splittingvorteil des Beklagten aus seiner zweiten Ehe außer Acht lässt (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, 1 BvR 2298/94, BVerfGE 108, 351 = MDR 2004, 36 = BFHReport 2003, 174 = FamRZ 2003, 1821 [1824]).
Fundstellen
Haufe-Index 1378346 |
BGHZ 2005, 384 |
NJW 2005, 2145 |
BGHR 2005, 1054 |
FamRZ 2005, 1154 |
FamRZ 2005, 1823 |
FamRZ 2007, 422 |
FamRZ 2007, 427 |
FuR 2005, 364 |
JR 2006, 335 |
ZAP 2005, 1001 |
FPR 2005, 527 |
MDR 2005, 1171 |
FF 2005, 261 |
FamRB 2005, 225 |
FamRB 2005, 226 |
ZFE 2005, 332 |
FK 2005, 145 |