Leitsatz (amtlich)
a) Es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Gebührenverzeichnis zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) die Vergütungsauslösenden zahnärztlichen Leistungen vollständig beschreibt.
b) Die GOZ gestattet die Berechnung einer Gebühr für das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung nicht.
Normenkette
GOZ-
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 27.05.1991) |
LG München I |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. Mai 1991 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten privat krankenversichert. Zu den durch den Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungen der Beklagten rechnet auch die – durch eine Höchstsumme und eine Leistungsquote (90 %) begrenzte – Erstattung der notwendigen Kosten von Zahnbehandlungen, so auch der Kosten von Gußfüllungen (Inlays). Zahnarztkosten sind nach den Bedingungen der Beklagten insoweit erstattungsfähig „als sie nach den in der GOA (Gebührenordnung für Ärzte) oder GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) festgelegten Grundsätzen berechnet werden”.
Am 8. Januar 1990 ließ sich der Kläger einen Kostenvoranschlag über zahnärztliche Leistungen erstellen, der neben der Position „GOZ-217 Einlagefüllung dreiflächig” eine weitere Position über die Kosten einer provisorischen Einlagefüllung, bezeichnet mit „GOZ-217 laborgefertigte Einlagefüllung aus Kunststoff”, enthielt. Er bat die Beklagte, eine Kostenübernahmeerklärung nach Maßgabe dieses Kostenvoranschlags abzugeben. Mit Schreiben vom 5. März 1990 lehnte die Beklagte eine Übernahme der Zahnarztkosten für die provisorische Einlagefüllung ab. Diese seien nach der Gebührenordnung für Zahnärzte nicht abrechnungsfähig. Die Beklagte verwies zur Begründung auf ein schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 18. Oktober 1989, in dem dargelegt wird, daß eine eigene Gebühr für das Eingliedern einer provisorischen Einlagefüllung in der Gebührenordnung für Zahnärzte nicht enthalten sei. Der Verordnungsgeber habe bei der Novellierung der Gebührenordnung die temporäre Versorgung als Bestandteil der Leistung „Einlagefüllung” gesehen.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm jeweilige Zahnarztkosten für provisorische Einlagefüllungen – unter Berücksichtigung der vereinbarten Leistungsquote und der Höchstsummenbegrenzung – zu erstatten. Er hat die im Kostenvoranschlag beschriebene Behandlung nach Klageerhebung durchführen lassen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
Das Berufungsgericht hält die Feststellungsklage teilweise für unzulässig, zum anderen Teil für unbegründet.
I.
1. Es erachtet den Feststellungsantrag insoweit für unzulässig, als er nicht nur die Erstattung von Behandlungskosten betrifft, die im Kostenvoranschlag vom 8. Januar 1990 ausgewiesen worden sind, sich vielmehr auch auf die Erstattung von Kosten sich noch nicht konkret abzeichnender, künftiger Behandlungsfälle bezieht. Insofern bestehe zwischen den Parteien bisher nur ein Versicheruhgsrechtsverhältnis und kein Erstattungsrechtsverhältnis, dessen Inhalt festgestellt werden könnte. Ober den Inhalt des Versicherungsverhältnisses aber bestehe zwischen den Parteien weder Unsicherheit noch Streit. Vielmehr betreffe die Uneinigkeit nur die Frage, wie eine bestimmte gesetzliche Regelung, deren Anwendung in Zukunft im Rahmen des Versicherungsverhältnisses in Betracht komme, auszulegen sei. Das sei kein der Feststellung nach § 256 ZPO zugängliches Rechtsverhältnis.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Die vom Kläger insoweit beantragte Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, ihm zukünftig entstehende Zahnarztkosten für die hier in Rede stehenden zahnärztlichen Leistungen zu erstatten, betrifft kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO. Zwar setzt diese Vorschrift nicht voraus, daß alle Umstände, von denen die Entstehung der festzustellenden Rechtsfolge abhängt, bereits eingetreten sind. Es reicht aus, daß die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden (BGH, Urteil vom 23. September 1987 – IVa ZR 59/86 – VersR 1987, 1107, 1108).
Der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag schafft hier zwar eine Rechtsgrundlage, aus der sich in vielfacher Hinsicht Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Versicherungsleistungen ergeben können, soweit ein Versicherungsfall eintritt. Die darin angelegte Möglichkeit auch eines solchen Anspruchs, der auf Erstattung der Zahnarztkosten für das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung gerichtet ist, begründet aber noch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO. Denn anders als bei dem Teil des Feststellungsbegehrens, das auf Erstattung der im Kostenvoranschlag beschriebenen, ärztlich für notwendig erachteten und bevorstehenden zahnärztlichen Behandlung gerichtet ist, fehlt es für das Begehren hinsichtlich künftiger und allenfalls möglicher Behandlungen an einem nahen Zusammenhang mit einem Versicherungsfall, welcher das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien insoweit zu einem gegenwärtigen machte.
Aus der Entscheidung des Senats vom 23. September 1987 (aaO) folgt nichts anderes. Denn die Notwendigkeit einer künftigen Heilbehandlung hatte sich in jenem Falle bereits aktualisiert, der Anspruch auf Versicherungsschutz fußte auf dieser Notwendigkeit und war zudem auf die Möglichkeit einer zweimaligen Durchführung der Behandlung begrenzt. Dagegen erstrebt der Kläger hier die Feststellung allein mit Blick auf die bloße Möglichkeit der – hinsichtlich ihres Eintritts ungewissen – Notwendigkeit von Zahnärztlichen Behandlungen und daraus resultierender Erstattungsansprüche gegen die Beklagte. Sie ist damit auf noch ungewisse, künftige Rechtsverhältnisse gerichtet und zielt letztlich auf die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen, die nicht zur Grundlage einer Feststellungsklage gemacht werden können.
II.
1. Für unbegründet hält das Berufungsgericht dagegen den Feststellungsantrag, soweit er die Verpflichtung der Beklagten betrifft, dem Kläger die Zahnarztkosten für die im Kostenvoranschlag vom 8. Januar 1990 als gesonderte Leistung ausgewiesene Einfügung einer provisorischen Einlagefüllung zu erstatten. Es nimmt an, die provisorische Versorgung stelle keine nach der GOZ gesondert zu vergütende Leistung dar. Sie werde vielmehr durch die Leistung nach Nr. 217 des Gebührenverzeichnisses zur GOZ mit erfaßt und vergütet. Die Berechnung einer Gebühr in analoger Anwendung des Leistungstatbestandes unter Nr. 227 des Gebührenverzeichnisses zur GOZ (Eingliederung einer provisorischen Krone) komme nicht in Betracht. Denn § 6 Abs. 2 GOZ gestatte die Berechnung von Gebühren im Wege der Analogie nur für einen Ausnahmefall, der hier nicht vorliege. In anderen Fällen wolle diese Vorschrift, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergebe, eine Analogie nicht zulassen. Auch ein offenkundiges Redaktionsversehen des Verordnungsgebers dahin, daß dieser die provisorische Einlagefüllung zwar als selbständige Leistung vergütet wissen wollte, deren Aufnahme in das Gebührenverzeichnis aber versehentlich oder Irrtümlich unterlassen habe, sei nicht feststellbar.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch des Klägers auf Versicherungsleistungen für die verlangten Zahnarztkosten bestehe nicht, erweist sich als zutreffend.
a) Der dem Kläger in der Krankheitskostenversicherung zu gewährende Versicherungsschutz ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten, den diese ergänzenden Tarifen und Tarifbedingungen – die ihrerseits als Allgemeine Versicherungsbedingungen anzusehen sind (Bach/Moser, Private Krankenversicherung § 4 MB/KK Rdn. 3) – sowie aus gesetzlichen Vorschriften. Gemäß § 4 Abs. 1 AVB ergeben sich Art und Höhe der Versicherungsleistungen aus dem vereinbarten Tarif, hier Tarifwerk N – Zahnersatz-Zusatztarif ZE 90 – und den Tarifbedingungen. Tarif und Tarifbedingungen schränken den Leistungsrahmen des Versicherers ein. Insbesondere bewirkt hier die Tarifbedingung unter Nr. 12 des Zahnersatz-Zusatztarifs eine Leistungsbegrenzung bei der Kostenerstattung von Zahnarztkosten. Denn erstattungsfähig sind danach solche Kosten nur insoweit, als sie „nach den in der GOA oder GOZ festgelegten Grundsätzen berechnet werden”. Durch die weitere Klarstellung, daß Honorarvereinbarungen nicht anerkannt zu werden brauchen, wird mit der Anbindung an eine Leistungsberechnung nach Maßgabe der genannten Gebührenordnungen eine Begrenzung der Kostenerstattung herbeigeführt. Die einbezogenen Gebührenordnungen bilden also insoweit einen Bestandteil des Bedingungswerkes der Beklagten, indem sie die Leistungsbegrenzung konkretisieren und inhaltlich ausfüllen. Dieser Regelungszusammenhang verdeutlicht auch dem Versicherungsnehmer, daß sein Anspruch gegen den Versicherer auf Erstattung von Zahnarztkosten von vornherein auf solche Kosten begrenzt ist, die der Zahnarzt auf der Grundlage der einschlägigen Gebührenordnungen zu berechnen berechtigt ist und berechnet. Nach Maßgabe der Gebührenordnungen als Bestandteil der Tarifbedingungen der Beklagten ist also festzustellen, ob im Einzelfall ein Anspruch auf Versicherungsleistungen besteht. Das ist hier nicht der Fall.
b) Die Gebührenordnung für Zahnärzte in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2316) gestattet die Berechnung einer Gebühr für das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung nicht.
aa) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ kann der Zahnarzt Gebühren nur für selbständige zahnärztliche Leistungen berechnen. Gebühren sind nach § 4 Abs. 1 GOZ Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten zahnärztlichen Leistungen. Dieser Zusammenhang verdeutlicht, daß als selbständige Leistungen diejenigen anzusehen sind, die im Gebührenverzeichnis eine Beschreibung und Bewertung gefunden haben. § 4 GOZ bindet also – vom Ausnahmefall des § 6 GOZ abgesehen – die Berechnung einer Gebühr an das Erbringen einer im Gebührenverzeichnis zur GOZ beschriebenen Leistung. Dabei stellt § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ ergänzend klar, daß dem Zahnarzt die Berechnung einer Gebühr für eine Leistung verschlossen ist, die Bestandteil oder besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, wenn er für diese andere Leistung eine Gebühr berechnet.
Das Gebührenverzeichnis zur GOZ beschreibt in einem Katalog zahnärztliche Einzelleistungen. Als solche Einzelleistung ist das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung nicht angeführt. Das Gebührenverzeichnis bietet für diese Leistung mithin unmittelbar keine Grundlage für die Berechnung einer Gebühr. Gebührenauslösend ist in diesem Zusammenhang nach Nr. 215 bis 217 des Gebührenverzeichnisses allein die Leistung „Einlagefüllung” (ein-, zwei- oder mehr als zweiflächig) selbst.
bb) Diese klare Eingrenzung auf nur einen Leistungstatbestand legt – unter Berücksichtigung des Regelungsgedankens in § 4 Abs. 1 und 2 GOZ – nahe, daß das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung als ein unselbständiger Leistungsteil der Leistung gemäß Nr. 215 bis 217 des Gebührenverzeichnisses anzusehen ist und schon deshalb nicht gesondert berechnet werden kann. Daß zur Erbringung der Leistung „Einlagefüllung” mehrere Teilleistungen gehören, die hier indessen zu einer in sich geschlossenen Einzelleistung zusammengefaßt sind, bestätigt der Nachsatz zu Nr. 222 des Gebührenverzeichnisses. Darin sind solche Teilleistungen beschrieben und als mit der Leistung nach Nr. 215 bis 217 des Gebührenverzeichnisses für abgegolten erklärt. Zwar wird dort das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung nicht erwähnt. Das allein rechtfertigt jedoch nicht den Schluß, daß das Gebührenverzeichnis diese Leistung deshalb nicht als unselbständige Teilleistung behandelt. Abgesehen von der Frage, ob der Nachsatz die abgegoltenen Teilleistungen überhaupt vollständig erfaßt (verneinend Meurer, Gebührenordnung für Zahnärzte 2. Aufl. S. 161), ist hier zu berücksichtigen: Der Nachsatz bezieht sich auch auf die unter Nr. 220 bis 222 des Gebührenverzeichnisses beschriebenen Leistungen, welche die Versorgung eines Zahnes mit einer Krone oder Teilkrone betreffen. Auch für diesen Leistungsbereich bestimmt der Nachsatz die Mitabgeltung von Teilleistungen. Im Leistungsbereich „Krone” ist allerdings – wie sich aus den Leistungsbeschreibungen zu Nr. 227 bis 228 des Gebührenverzeichnisses ergibt, das Eingliedern einer provisorischen Krone als selbständige, also gesondert abrechenbare Leistung ausgewiesen. Wenn für diesen Leistungsbereich die provisorische Versorgung demgemäß von der Abgeltungsbestimmung im Nachsatz zu Nr. 222 des Gebührenverzeichnisses ausdrücklich ausgenommen, dies dagegen für den Leistungsbereich „Einlagefüllung” gerade nicht erfolgt ist, so verdeutlicht dies, daß hier die provisorische Versorgung zu den unselbständigen Teilleistungen rechnet, es also mit der Zuerkennung einer Gebühr für die Leistung „Einlagefüllung” sein Bewenden hat (vgl. Meurer, a.a.O. S. 158, 159).
cc) Aus dieser dem Gebührenverzeichnis zu entnehmenden unterschiedlichen Einordnung der provisorischen Leistungen im Leistungsbereich „Einlagefüllung” einerseits und im Leistungsbereich „Krone” andererseits folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht, daß vergessen worden ist, die provisorische Einlagefüllung als selbständige Leistung aufzuführen.
Die GOZ hat zur Grundlage, daß mit den in ihrem Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistungen die vergütungspflichtigen zahnärztlichen Leistungen grundsätzlich vollständig erfaßt werden. Das ergibt sich zunächst aus § 4 Abs. 1 und 2 GOZ, der die Berechnung einer Gebühr an das Erbringen einer im Gebührenverzeichnis ausgewiesenen Leistung bindet. Diesem Vollständigkeitsansatz entspricht auch § 6 Abs. 2 GOZ, indem er nur für solche selbständigen zahnärztlichen Leistungen eine Berechnung in entsprechender Anwendung der im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistungen vorsieht, die erst nach Inkrafttreten der Gebührenordnung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt werden.
Der Wille des Verordnungsgebers, wie er in der Begründung zum Regierungsentwurf der GOZ (Bundesratsdrucksache Nr. 276/87 vom 26. Juni 1987) zum Ausdruck kommt, bestätigt diesen Befund. Darin heißt es zu § 6 Abs. 2 GOZ (Begründung S. 71) unter anderem:
„Die im Gebührenverzeichnis enthaltenen und die nach § 6 Abs. 1 für abrechnungsfähig erklärten Leistungen decken das Spektrum der wissenschaftlich allgemein anerkannten zahnärztlichen Leistungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Leistungen, die der Verordnungsgeber in Kenntnis der bisher gebräuchlichen Analogie-Listen nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen hat, können nach Erlaß der GOZ nicht mehr in Rechnung gestellt werden.”
Demnach ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Gebührenverzeichnis zur GOZ die vergütungsauslösenden zahnärztlichen Leistungen vollständig beschreibt. Aus der fehlenden Beschreibung einer Einzelleistung folgt demgemäß nicht, daß insoweit eine Regelungslücke vorliegt, vielmehr, daß diese Einzelleistung eine Gebühr nicht auslösen soll. Das gilt auch mit Blick auf die fehlende Beschreibung einer Einzelleistung für das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung im Gebührenverzeichnis. Denn zwischen den Parteien ist außer Streit, daß diese Leistung schon im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zu den bekannten und anerkannten zahnärztlichen Leistungen rechnete. Der Grundgedanke der Vollständigkeit des Gebührenverzeichnisses steht also auch hier der Annahme einer Regelungslücke entgegen.
Anhaltspunkte dafür, daß der Verordnungsgeber die Aufnahme einer entsprechenden Leistungsbeschreibung nur unbewußt unterlassen habe, also eine planwidrige Unvollständigkeit vorliege, erschließen sich aus dem Gebührenverzeichnis nicht. Sie ergeben sich nicht schon daraus, daß im Gebührenverzeichnis jedenfalls die provisorische Eingliederung einer Krone als selbständige Leistung ausgewiesen ist.
Das System des Gebührenverzeichnisses und die daran geknüpfte Gebührenberechnung gründet sich auf die Ausweisung von – zu bewertenden – Einzelleistungen. Das Gebührenverzeichnis differenziert demgemäß auch zwischen selbständigen Einzelleistungen im Bereich „Einlagefüllung” und solchen im Bereich der Versorgung eines Zahnes mit einer Krone. Dieser Differenzierung entspricht es, wenn für jeden Bereich selbständig eine Entscheidung darüber getroffen wird, was in ihm als unselbständiger – mitabgegoltener – Teil einer Einzelleistung anzusehen ist oder was eine selbständige Einzelleistung darstellt. Für diese Entscheidung sind Bewertungen der jeweiligen zahnärztlichen Teil- und Gesamtleistung in ihrem Verhältnis zueinander erforderlich, die nicht notwendig dazu führen müssen, daß einer Teilleistung – wie hier der provisorischen Versorgung eines Zahnes – in jedem Bereich durch Ausweisung eines gesonderten Leistungstatbestandes Rechnung zu tragen ist. Das gilt um so mehr, als das System zur Bestimmung des Gebührensatzes gemäß § 5 Abs. 1 GOZ dem Verordnungsgeber die Möglichkeit offenläßt, eine Einzelleistung, die zahlreiche Teilleistungen zusammenfaßt, mit einer entsprechend hohen Punktzahl zu bewerten und so eine Gesamtgewichtung zu bewirken, die in dem anderen Bereich durch Ausweisung eines Teils einer Gesamtleistung als selbständige Einzelleistung herbeigeführt wird. Diese unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten verdeutlichen, daß die Entscheidung darüber, was in einem Leistungsbereich als Teilleistung von einer Einzelleistung mitumfaßt und abgegolten wird, eine entsprechende Entscheidung in dem anderen Bereich nicht gebietet, auch wenn es sich in beiden Bereichen um die provisorische Versorgung eines Zahnes handelt. Der Umstand, daß das Gebührenverzeichnis das Eingliedern einer provisorischen Krone als selbständige Leistung ausweist, das einer provisorischen Einlagefüllung dagegen nicht, rechtfertigt daher nicht den Schluß, es liege mit Blick auf die letztgenannte Leistung ein unbewußtes planwidriges Unterlassen des Verordnungsgebers vor. Denn der Verordnungsgeber konnte diese Leistung auch in der Gesamtleistung „Einlagefüllung” mitbewerten und auf diese Weise im Wege der Mitabgeltung einer Vergütung zuführen.
Daß der Verordnungsgeber eine Entscheidung in diesem Sinne treffen wollte, bestätigt ein Rückgriff auf die Abgeltungsregelung im Nachsatz zu Nr. 222 des Gebührenverzeichnisses. Diese Regelung betrifft den Leistungsbereich unter Nr. 215 bis 217 des Gebührenverzeichnisses („Einlagefüllung”) wie den Leistungsbereich unter Nr. 220 bis 222 („Krone”). Da diese gemeinsame Regelung die provisorische Versorgung des Zahnes nicht erwähnt, der Verordnungsgeber aber gleichwohl für den Leistungsbereich „Krone” insoweit einen eigenen Leistungstatbestand in das Gebührenverzeichnis aufgenommen hat, wird deutlich, daß er die Notwendigkeit einer Entscheidung darüber, ob die provisorische Versorgung eines Zahnes als selbständige Leistung Berücksichtigung finden oder der Mitabgeltung unterfallen soll, erkannt hat. Vor diesem Hintergrund aber stellt sich die fehlende Aufnahme einer Leistungsbeschreibung für das Einfügen einer provisorischen Einlagefüllung in das Gebührenverzeichnis als bewußte Entscheidung des Verordnungsgebers dahin dar, daß diese Leistung durch die Gebühr für die Leistung „Einlagefüllung” selbst mitabgegolten wird.
Damit scheidet auch die Berechnung einer Gebühr nach Nr. 217 des Gebührenverzeichnisses – wie der Kläger hilfsweise geltend gemacht hat – aus.
Die Frage des Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 2 GOZ stellt sich danach nicht mehr.
Unterschriften
Bundschuh, Dr. Ritter, Römer, Dr. Schlichting, Terno
Fundstellen
Haufe-Index 1128817 |
NJW 1992, 2360 |
Nachschlagewerk BGH |