Entscheidungsstichwort (Thema)
Identität Marke und Ware. Rechtserhaltende Benutzung der Marke. Hinweis auf Herkunft der Waren
Leitsatz (amtlich)
Sind die Marke und die Ware identisch (hier: schwarz-bunte Kuh mit dem Schriftzug „SYLT” als Aufkleber und Schlüsselanhänger), setzt die rechtserhaltende Benutzung der Marke i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG voraus, daß die maßgeblichen Verkehrskreise in der Abbildung nicht nur die Ware selbst sehen, sondern die Abbildung auch als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen auffassen.
Normenkette
MarkenG § 26 Abs. 1, § 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 55 Abs. 1, 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 14.12.1999) |
LG Flensburg |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. Dezember 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten sind Inhaber der u.a. für „Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie, Anhänger aus Metall oder Kunststoff” am 10. November 1992 unter Nr. 2 024 390 eingetragenen nachstehend abgebildeten Marke, die eine schwarz-bunte Kuh darstellt, deren weiße Flecken den Schriftzug „SYLT” bilden:
Die Beklagten vertreiben Kunststoffaufkleber, die sich von dem Papieruntergrund abziehen lassen, und (flächenhafte) Schlüsselanhänger aus Metall und Kunststoff in folgender Aufmachung:
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, die im Jahre 1998 dreidimensionale Aufkleber mit einer schwarz-bunten Kuh und dem Schriftzug „SYLT” hergestellt und danach auf Betreiben der Beklagten die weitere Herstellung unterlassen hat, hält die Marke der Beklagten für löschungsreif, weil in dem Vertrieb der Kunststoffaufkleber und der Schlüsselanhänger keine rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen Marke liege.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der im Markenregister beim Deutschen Patentamt unter der Nr. 2 024 390 eingetragenen Bildmarke für die Waren „Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie” gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage erweitert und beantragt,
die Beklagten unter Zurückweisung ihrer Berufung zu verurteilen, auch in die Löschung der eingetragenen Bildmarke für die Ware „Anhänger aus Metall und Kunststoff” gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen.
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Einwilligung in die teilweise Löschung der Marke der Beklagten weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage auf Löschung wegen Verfalls (§§ 55, 49 MarkenG) für unbegründet erachtet. Es hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke der Beklagten i.S. von § 26 MarkenG bejaht und hierzu ausgeführt:
Die Marke müsse von ihrem Inhaber für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen sei, im Inland ernsthaft benutzt werden. Dazu sei die Verwendung der Marke zur kennzeichenmäßigen Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen des Benutzers von den Produkten anderer Unternehmen erforderlich. Diese Funktion erfüllten die von den Beklagten vertriebenen Aufkleber und Schlüsselanhänger durch die Wiedergabe der eingetragenen Marke auch in unveränderter Form. Abzustellen sei auf die im Verkehr übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke. Bestimmte Marken könnten bei funktionsgemäßer Benutzung die Ware selbst darstellen. Dies sei bei der zugunsten der Beklagten eingetragenen Marke bei Warenaufklebern und Schlüsselanhängern der Fall. Der Verbraucher werde die Gegenstände, für die die Marke eingetragen sei, gerade wegen des originellen Motivs kaufen. Einer verkleinerten Wiedergabe der Marke auf den Waren bedürfe es zur Kennzeichnung nicht. Unter Geltung des Markengesetzes sei auch die Form der Ware markenfähig. Eine eigenartig und phantasievoll ausgestaltete Ware könne auf deren Herkunft aus einem Unternehmen hinweisen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Für die nach Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 erhobene Löschungsklage ist das Berufungsgericht zutreffend von den Vorschriften des Markengesetzes ausgegangen, auch wenn die Marke der Beklagten vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 60 f. = WRP 2001, 1211 – ISCO).
2. Der Klägerin steht der mit der Klage nach § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 MarkenG verfolgte Anspruch auf Einwilligung in die Löschung wegen Verfalls der Marke der Beklagten für die Waren „Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie, Anhänger aus Metall und Kunststoff” nur zu, wenn die Beklagten die Marke nicht rechtserhaltend i.S. des § 26 MarkenG benutzt haben. Das Berufungsgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke bejaht. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach der Vorschrift des § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert eine rechtserhaltende Benutzung der Marke regelmäßig, daß diese von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft verwendet worden ist. Als Benutzung im Sinne dieser Bestimmung kann grundsätzlich nur eine Verwendung als Marke angesehen werden, d.h. in einer Form, die der Verkehr aufgrund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände als einen zeichenmäßigen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen ansieht (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.1995 – I ZR 99/93, GRUR 1995, 583 = WRP 1995, 706 – MONTANA; Beschl. v. 24.11.1999 – I ZB 17/97, GRUR 2000, 890, 891 = WRP 2000, 743 – IMMUNINE/IMUKIN; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 26 Rdn. 12; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 26 Rdn. 9; vgl. auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 26 Rdn. 12).
Abzustellen ist dabei auf die übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke, ohne daß aus Gründen des Benutzungszwangs weitergehende Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.1999 – I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 – HONKA).
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Aufkleber und die Schlüsselanhänger mit dem Motiv der schwarz-bunten Kuh und dem Schriftzug „SYLT” würden vom Verkehr nur als schmückendes Element oder – wegen der Anführung von Sylt in der Abbildung – als geographische Angabe und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Aufkleber und der Anhänger aus einem bestimmten Unternehmen verstanden. Die Benutzung des Zeichens als Ware sei keine Benutzung der Marke für die Ware.
Da die rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 1 MarkenG eine Verwendung der Marke für die Waren voraussetzt, kann allerdings die Feststellung der markenmäßigen Benutzung Probleme aufwerfen, wenn die Marke und die Ware identisch sind (vgl. Eichmann, GRUR Int. 2000, 483, 485; Althammer/Ströbele aaO § 26 Rdn. 28; vgl. auch Giefers, Festschrift für Vieregge, S. 267, 286). Denn die Marke muß gegenüber der zu kennzeichnenden Ware begrifflich selbständig sein (vgl. BGHZ 140, 193, 197 – Farbmarke gelb/schwarz; BGH, Beschl. v. 23.11.2000 – I ZB 18/98, GRUR Int. 2001, 462, 463 = WRP 2001, 265 – Stabtaschenlampen; Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 526; Ingerl/Rohnke aaO § 3 Rdn. 6; Althammer/Ströbele aaO § 26 Rdn. 28 m.w.N.). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein die Auffassung des Verkehrs. Erkennen die maßgeblichen Verkehrskreise in der Abbildung nicht nur die Ware selbst, sondern fassen sie die Abbildung auch als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem Unternehmen auf, ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der mit der Ware identischen Marke auszugehen.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die naturgetreue Abbildung der Marke als Aufkleber und als Schlüsselanhänger eine im Verkehr übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke darstellt. In einem solchen Fall wird der Verkehr bei der naturgetreuen Wiedergabe der Bildmarke einen zeichenmäßigen Hinweis auf die Herkunft derartiger Ware aus einem bestimmten Unternehmen ansehen.
Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, bei einer Anerkennung der Verwendung der Abbildung der schwarz-bunten Kuh mit dem Schriftzug „SYLT” für Aufkleber und Schlüsselanhänger als rechtserhaltende Markenbenutzung werde im Streitfall ein zeitlich unbegrenzter Schutz für die Waren selbst geschaffen. Der Markenschutz ist Folge des Entstehens des Markenrechts nach § 4 MarkenG und nicht der rechtserhaltenden Benutzung i.S. von § 26 MarkenG.
Im vorliegenden Fall spielt es auch keine Rolle, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach Öffnung des Registers für neue Markenformen durch das Markengesetz die Wiedergabe der Marke in einer anderen Markenform noch eine rechtserhaltende Benutzung der Marke i.S. des § 26 Abs. 1 MarkenG oder in abgewandelter Form nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG darstellt (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.12.1997 – I ZR 163/95, GRUR 1998, 934 = WRP 1998, 759 – Wunderbaum; Eichmann, GRUR Int. 2000, 483, 484 f., m.w.N.; Fezer aaO § 26 Rdn. 114; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rdn. 99; Althammer/Ströbele aaO § 26 Rdn. 27; Giefers aaO S. 267, 286). Von einer formwechselnden Wiedergabe der Marke der Beklagten (Benutzung einer zweidimensionalen Marke in dreidimensionaler Form) ist im Streitfall auch nicht bei den Schlüsselanhängern auszugehen. Die von den Beklagten vertriebenen Schlüsselanhänger stellen – wie mit den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat näher erörtert – ebenso wie die Aufkleber flächenhafte Abbildungen der Marke und nicht eine plastische Gestaltung der abgebildeten Kuh dar.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Erdmann, RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann, Bornkamm, Büscher, Schaffert
Fundstellen
Haufe-Index 846361 |
BGHR 2002, 1042 |
BGHR |
NJW-RR 2002, 1562 |
GRUR 2002, 1072 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 2002, 1284 |
Mitt. 2002, 554 |