Entscheidungsstichwort (Thema)
Klausel in Wohnraummietvertrag über Schönheitsreparaturen. Zulässige Fristenregelung für Schönheitsreparaturen. Starrer Fristenplan
Leitsatz (amtlich)
Die in einem Wohnraummietvertrag enthaltene Klausel, nach der Schönheitsreparaturen "i.d.R. in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen ... spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten ... spätestens nach sieben Jahren" durchzuführen sind, enthält keinen starren Fristenplan; sie ist deshalb nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.
Normenkette
BGB §§ 307, 535; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 11.11.2004; Aktenzeichen 21 S 241/04) |
AG Düsseldorf (Urteil vom 08.04.2004) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 21. Zivilkammer des LG Düsseldorf v. 11.11.2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Düsseldorf v. 8.4.2004i.H.v. 2.581,35 EUR nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Schönheitsreparaturen nach Beendigung eines Mietverhältnisses.
Mit Vertrag v. 30.8.1998 hatten die Beklagten vom Kläger eine Wohnung in dem Anwesen C. straße in D. gemietet. Das Mietverhältnis begann am 1.9.1998 und endete nach vorausgegangener Kündigung der Beklagten am 31.8.2002.
Über die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume enthält der Mietvertrag in § 8 Nr. 2 u.a. folgende vorgedruckte Klausel:
"Der Mieter hat insb. die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen ... auszuführen bzw. ausführen zu lassen ...
Diese Arbeiten sind ab Mietbeginn i.d.R. in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen ... spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten ... spätestens nach sieben Jahren zu tätigen."
Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten bei ihrem Auszug die erforderlichen Schönheitsreparaturen - trotz Setzung einer Nachfrist - nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Er habe deshalb die Arbeiten durch eine Firma ausführen lassen und hierfür 4.199,36 EUR bezahlt. Diesen Betrag hat der Kläger in der ersten Instanz begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und des Weiteren geltend gemacht, wegen der verzögerten Renovierung habe er die Wohnung erst ab dem 1.10.2002 wieder vermieten können, weshalb ihm für den Monat September 2002 eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 587,99 EUR zustehe. Nach Abzug der von den Beklagten geleisteten Kaution von 1.457,18 EUR hat er nunmehr einen Betrag von 3.330,17 EUR gefordert.
Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren noch i.H.v. 2.581,35 EUR weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gegen die Beklagten nicht zu. Die Klausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages sei unwirksam, weil sie wegen der Formulierung "spätestens nach drei (bzw. fünf oder sieben) Jahren" aus der Sicht eines verständigen Mieters eine Renovierung allein wegen des Fristablaufs vorschreibe, und zwar auch dann, wenn ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht bestehe. Es handele sich daher um eine starre Fälligkeitsregelung, die nach der Rechtsprechung des BGH eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstelle und deshalb gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam sei. Hieran ändere auch der Zusatz "i.d.R." nichts, weil er nicht hinreichend deutlich erkennen lasse, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter den Nachweis erbringen könne, dass die Räume noch nicht renovierungsbedürftig seien und er daher die Fristen nicht einhalten müsse.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht, sofern auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, auf Grund der Regelung über die Schönheitsreparaturen in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages v. 30.8.1998 ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu. Die Klausel ist nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält sie keinen starren Fristenplan.
1. Die Auslegung der Klausel unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Der Senat geht davon aus, dass Mietvertragsklauseln, die der hier zu beurteilenden Regelung entsprechen, auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden (BGH, Urt. v. 26.5.2004 - VIII ZR 77/03, BGHReport 2004, 1338 = MDR 2004, 1108 = NJW 2004, 3042 = WuM 2004, 466, unter II 2a aa).
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zu Grunde zu legen sind (st.Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 26.5.2004 - VIII ZR 77/03, BGHReport 2004, 1338 = MDR 2004, 1108 = NJW 2004, 3042 = WuM 2004, 466, unter II 2a bb). Hiervon ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen; seiner Auffassung, aus der Sicht eines verständigen Mieters könne die Formulierung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages nur die Bedeutung haben, dass er die verschiedenen Räume der Wohnung entsprechend der näheren Bezeichnung dieser Räumlichkeiten spätestens nach drei (oder fünf oder sieben) Jahren zu renovieren habe (so auch OLG Düsseldorf v. 7.10.2004 - I-10 U 70/04, OLGReport Düsseldorf 2005, 187 = WuM 2004, 603 = NZM 2004, 866), kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn sie lässt außer Acht, dass auch der durchschnittliche Mieter gehalten und in der Lage ist, die Klausel im Zusammenhang zu lesen und daraus ihren Sinn zu ermitteln (BGH, Urt. v. 28.4.2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 = WuM 2004, 333, unter III a). Im Zusammenhang gelesen, sagt die Klausel jedoch mit hinreichender Klarheit und Verständlichkeit aus, dass "i.d.R.", d.h. bei normaler Abnutzung der Räume, die Schönheitsreparaturen in den genannten Zeitabständen vorzunehmen sind. Insoweit unterscheidet sich die Klausel inhaltlich nicht von ähnlichen Formulierungen, wie sie sich z.B. im Mustermietvertrag 1976 des Bundesjustizministeriums finden; die dort verwendeten Worte "im Allgemeinen" lassen für die Beurteilung des Einzelfalls genügend Raum, um eine Anpassung der tatsächlichen Renovierungsintervalle an das objektiv Erforderliche zu ermöglichen. Soweit dadurch ein gewisser Auslegungsspielraum eröffnet wird, ist dies mit Rücksicht auf die von den Lebensgewohnheiten eines Mieters abhängige Abnutzung einer Wohnung und die Schwierigkeiten einer genaueren, aber noch hinreichend flexiblen Formulierung sachgerecht und hinnehmbar (BGH, Urt. v. 28.4.2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 = WuM 2004, 333, m.w.N.). Dem Wort "spätestens" kommt hierbei - für den verständigen Mieter unschwer erkennbar - lediglich die Bedeutung einer Betonung der genannten Fristen zu; es beseitigt jedoch weder die Aussagekraft der vorangestellten Wendung "i.d.R.", noch beeinträchtigt es sie im Sinne einer - vom Berufungsgericht angenommenen - Intransparenz. Dass der durchschnittliche Mieter auf Grund dieser Formulierung nicht zu erkennen vermag, "ob und unter welchen Voraussetzungen (er) den Nachweis erbringen kann, dass die Räume noch nicht renovierungsbedürftig sind", ist entgegen der Auffassung des LG nicht zu befürchten. Die Möglichkeit, dass die Klausel von den - nur für den Regelfall vorgesehenen - Fristen Ausnahmen zulässt und dass der Mieter bei einem geringeren Grad der Abnutzung der Wohnung eine längere Renovierungsfrist in Anspruch nehmen kann, liegt für jeden verständigen Mieter auf der Hand. Von einem "starren" Fristenplan, der nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (z.B. BGH, Urt. v. 23.6.2004 - VIII ZR 361/03, MDR 2004, 1290 = BGHReport 2004, 1334 m. Anm. Eisenschmid = NJW 2004, 2586 = WuM 2004, 463) zur Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturenklausel insgesamt führt, kann daher keine Rede sein. Deshalb wäre auch im Falle einer revisionsrechtlich nur beschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung der Klausel ein davon abweichendes tatrichterliches Verständnis nicht haltbar.
III.
Das Berufungsurteil kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist deshalb aufzuheben, soweit die Berufung gegen das klagabweisende Urteil i.H.v. 2.581,35 EUR nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist. Die Sache ist jedoch nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu den übrigen Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches getroffen hat. Zur Nachholung dieser Feststellungen und zur neuen Entscheidung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Fundstellen