Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Sorteninhabers auf Nachbauauskunft. Anspruch aus Nachbauvereinbarung auf Einsicht in Unterlagen des Landwirtes. Nachbau von Saat-/Pflanzgut. Saat-/Pflanzgut aus lizensierter Erzeugung
Leitsatz (amtlich)
a) Der Landwirt ist einem Sortenschutzinhaber nur insoweit zur Nachbauauskunft und zur Erbringung von Nachweisen verpflichtet, als der Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Landwirt Erntegut einer bestimmten, zu Gunsten des Sortenschutzinhabers geschützten Sorte zum Nachbau verwendet oder verwenden wird.
b) Zu Gunsten der Inhaber von Sorten, für die solche Anhaltspunkte nicht bestehen, ergibt sich auch aus der formularmäßigen Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3.6.1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. vereinbarten Kooperationsmodell "Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" (Kooperationsabkommen) kein Anspruch auf Einsicht in die Aufzeichnungen und Unterlagen des Landwirts.
c) Die Einräumung eines von Anhaltspunkten für einen Nachbau unabhängigen Nachprüfungsanspruchs durch allgemeine Geschäftsbedingungen benachteiligt den Landwirt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Normenkette
GemSortV Art. 14 Abs. 3; SortG § 10a Abs. 6; BGB § 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 14.10.2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den beklagten Landwirt im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für eine Vielzahl von Inhabern von Sortenschutzrechten, die entweder zu ihren Gesellschaftern gehören oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V. sind, der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist, auf Nachprüfung von dem Beklagten abgegebener Nachbauerklärungen in Anspruch.
Für die von der Klägerin bezeichneten Pflanzensorten besteht oder bestand Sortenschutz nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder nach nationalem Recht. Der Beklagte gab 1998 eine Erklärung über den von ihm im Wirtschaftsjahr 1997/98 betriebenen Nachbau ab, wobei er die unter Nr. 3 angebotene Veranlagung nach dem Kooperationsmodell "Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" v. 3.6.1996 (Kooperationsabkommen) wählte. Die Rückseite des dazu von dem Beklagten unterzeichneten Formulars wies folgenden Text auf (Absatznummerierung in Nr. 5 hinzugefügt):
Nachbauvereinbarung
Mit der Wahl des Veranlagungsverfahrens gem. Ziff. (3) der umseitigen Nachbauerklärung und Unterzeichnung und Rücksendung derselben, wird die in dem zwischen dem Deutschen Bauernverband und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter vereinbarten Kooperationsmodell "Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" v. 3.6.1996 ("Kooperationsabkommen") vorgesehene Vereinbarung zwischen dem Landwirt einerseits und den in Schaubild 1 bezeichneten Sortenschutzinhabern ("Züchtern") - vertreten durch die Saatgut-Treuhandverwaltungs-GmbH, Bonn (STV) - andererseits nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen abgeschlossen.
1. Vertragssorten
Diese Vereinbarung bezieht sich auf geschützte Pflanzensorten ("Vertragssorten") der am Kooperationsabkommen teilnehmenden Züchter - s. Anlage "Ratgeber zur Nachbauerklärung".
2. Saat-/Pflanzgutwechselklasse
Die Einstufung in die Saat-/Pflanzgutwechselklasse ergibt sich aus dem Verhältnis der Gesamtanbaufläche der betreffenden Fruchtart des Landwirts zu der mit Zertifiziertem Saat- und Pflanzgut - Importe eingeschlossen - bestellten Anbaufläche der betreffenden Fruchtart. ...
3. Nachbaugebühren
Landwirt zahlt an die durch die STV vertretenen Züchter für den Nachbau von aus lizenzierter Erzeugung stammendem Z-Saat-/Pflanzgut der Vertragssorten - mit Ausnahme von Speisefrühkartoffeln der Reifegruppe 1 - Gebühren. Deren Höhe pro Hektar Nachbaufläche ergibt sich auf der Grundlage der nach den vorstehenden Bestimmungen ermittelten Saat-/Pflanzgutwechselklasse aus dem Schaubild 2. ...
4. Z-Lizenzgebühren-Rabatt
Die STV zahlt im Namen und für Rechnung der Züchter an den Landwirt, gemäß Schaubild 2 einen Z-Lizenzgebühren-Rabatt für aus lizenzierter Erzeugung stammendes Z-Saat-/Pflanzgut von Vertragssorten. Hierzu ist Ziff. (3) der umseitigen Nachbauerklärung vollständig anzukreuzen. ...
5. Verfahren
(1) Die Feststellung des Saatgutwechsels, die Feststellung und Abrechnung der Nachbaugebühren und Z-Lizenzgebühren-Rabatte sowie die Rechnungsstellung/Gutschriftserteilung an den Landwirt, erfolgen durch die STV im Namen und für die Rechnung der Züchter, auf der Grundlage der Angaben und Nachweise des Landwirts.
(2) Der Landwirt fügt Kopien der Belege über den Bezug des Zertifizierten Saat- und Pflanzgutes und für den Fall der Beanspruchung von Z-Lizenzgebühren-Rabatt, Kopien der Belege über die Aufbereitung des Nachbausaat- und -pflanzgutes der Nachbauerklärung bei.
(3) Die STV behält sich vor, die Richtigkeit der Angaben im Rahmen von Stichprobenkontrollen festzustellen. Die STV ist berechtigt, im Namen der Züchter die Aufzeichnungen des Landwirts im Hinblick auf den Gegenstand dieses Vertrages und die in diesem Zusammenhang getätigten Geschäfte nach Anmeldung einzusehen und zu überprüfen.
(4) Der Landwirt wird der STV bei Stichprobenkontrollen geeignete Nachweise (insb. Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut/-Pflanzgut, aus denen sich die Sortenbezeichnung, die Saat-/Pflanzgutkategorie nebst Anerkennungsnummer sowie die bezogenen Mengen ergeben; Belege über die Aufbereitung von Nachbausaat-/Pflanzgut; Saatgutbescheinigungen; Flächenverzeichnis - Anlage 1 zum Antrag auf Agrarförderung - oder ein vergleichbares Verzeichnis) vorlegen.
(5) Die STV wird dem Landwirt nach Beendigung einer jeden Aussaat-/Pflanzsaison eine Abrechnung über die auszuzahlenden Z-Lizenzgebühren-Rabatte und die von dem Landwirt zu entrichtenden Nachbaugebühren übersenden. Die STV ist zur Verrechnung berechtigt. ...
6. Geltungsdauer
Die Vereinbarung gilt für den Anbau zur Ernte 1998.
7. Schlussbestimmungen
...
Im darauf folgenden Wirtschaftsjahr gab der Beklagte eine entsprechende, jedoch nicht unterzeichnete Erklärung ab.
Eine Ende des Jahres 2002 von der Klägerin verlangte Kontrolle seiner Angaben verweigerte der Beklagte.
Das LG hat den Beklagten verurteilt, näher bezeichnete Nachweise zu den von ihm übermittelten Nachbauerklärungen zu erbringen. Die weiter gehende Klage auf Einsicht in die Aufzeichnungen und Unterlagen des Beklagten hat es abgewiesen.
Mit der Berufung hat die Klägerin die Klageansprüche auf (im Wesentlichen) sämtliche Sorten der Sortenschutzinhaber ausgedehnt, deren Rechte sie wahrnimmt.
Insoweit hat das Berufungsgericht die Berufung - ebenso wie die Anschlussberufung des Beklagten - zurückgewiesen. Hingegen hat es über das erstinstanzliche Urteil hinaus den Beklagten hinsichtlich der von ihm in der Nachbauerklärung für das Wirtschaftsjahr 1997/98 angegebenen Sorten verurteilt, der Klägerin Einsicht in seine Aufzeichnungen und Unterlagen im Zusammenhang mit dem vom ihm durchgeführten An- und Nachbau zu gewähren (OLG Düsseldorf InstGE 5, 31).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter.
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne vom Beklagten hinsichtlich derjenigen Sorten, die er nach dem Inhalt seiner für dieses Jahr abgegebenen Nachbauerklärung im Wirtschaftsjahr 1997/98 nachgebaut habe, Einsicht in seine Unterlagen verlangen. Dieser Anspruch ergebe sich aus Nr. 5 der zwischen dem Beklagten und den von der Klägerin vertretenen Sortenschutzinhabern abgeschlossenen Nachbauvereinbarung. Die Klausel verstoße weder gegen § 3 noch gegen § 9 AGBG. Das Einsichtsrecht, das sich die Sortenschutzinhaber ausbedungen hätten, gehe nur geringfügig über die gesetzliche Verpflichtung des Landwirts hinaus, geeignete Nachweise für seine Angaben zu erbringen, und entspreche einer in Lizenzverträgen üblichen Regelung. Die Verpflichtung bestehe allerdings nur hinsichtlich der vom Beklagten angegebenen Sorten, denn mit der Nachbauvereinbarung sollten (nur) Einzelheiten hinsichtlich des zulässigen Nachbaus des jeweiligen Landwirts geregelt werden. Auch weiter gehende gesetzliche Ansprüche stünden den Sortenschutzinhabern nicht zu, da es an den erforderlichen konkreten Anhaltspunkten dafür fehle, dass der Beklagte weitere als die von ihm angegebenen Sorten nachgebaut habe.
II. Das hält im Ergebnis wie in der Begründung der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Herleitung des Einsichtsanspruchs aus Nr. 5 der von der Klägerin vorformulierten Nachbauvereinbarung wird von der Revision als ihr günstig hingenommen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Auslegung der Vereinbarung verkannt, dass die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und sämtlichen von der Klägerin vertretenen Sortenschutzinhabern zu Stande gekommen sei und Maßstab für die einschlägige Gebührenstaffel und die gewährten Z-Lizenzgebührenrabatte (Nrn. 3 und 4 der Vereinbarung) nicht das einzelne Schutzrecht, sondern der gesamte Anbau von Z-Saatgut aller in dem Pool der Klägerin bereitgestellten Sorten sei.
Das Berufungsgericht hat die Nachbauvereinbarung - die das Revisionsgericht auf Grund der bundesweiten Verwendung des Formularvertrages durch die Klägerin ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts beurteilen kann - zutreffend ausgelegt. Die Vereinbarung enthält keine Lizenzeinräumung durch die Inhaber der Sortenschutzrechte, die diesen als Lizenzgebern Kontrollrechte ggü. dem Beklagten als Lizenznehmer geben könnte. Vielmehr gestalten sie das gesetzliche Lizenzverhältnis aus, das nach § 10a Abs. 3 SortG, Art. 14 Abs. 1 GemSortV zwischen dem Inhaber der jeweiligen Sorte und dem Landwirt dadurch zu Stande kommt, dass der Landwirt von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch macht (BGH v. 13.11.2001 - X ZR 134/00 - Auskunftsanspruch bei Nachbau I, BGHZ 149, 165 [175] = MDR 2002, 471 = BGHReport 2002, 111). Auch wenn die Vereinbarung zwischen allen Sortenschutzinhabern, deren Rechte die Klägerin wahrnimmt, und dem Landwirt geschlossen wird, so steht doch der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nur denjenigen Sortenschutzinhabern zu, deren Sorten der Landwirt nachbaut. Nur diese Sortenschutzinhaber können Anspruch auf die Beifügung der Belege über den Bezug des zertifizierten Saat- und Pflanzguts haben, die Nr. 5 Abs. 2 der Vereinbarung vorsieht. Der Landwirt hat daher keine Veranlassung, das hieran anknüpfende Kontrollrecht in Nr. 5 Abs. 3 S. 1 auf andere als ebendiese Sortenschutzinhaber zu beziehen.
Daran ändert auch der in Nr. 4 der Vereinbarung vorgesehene Z-Lizenzgebührenrabatt nichts. Denn auch wenn dieser sortenübergreifend gewährt wird, so bleibt es doch bei der Beschränkung der wechselseitigen Ansprüche auf die nachgebauten Sorten und deren Inhaber.
Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass der weitere Text der Nr. 5 Abs. 3 sowie Nr. 5 Abs. 4 gewisse Anhaltspunkte für ein weiter gehendes Kontrollrecht enthalten. Zum einen soll die Klägerin nach Nr. 5 Abs. 3 S. 2 berechtigt sein, "die Aufzeichnungen des Landwirts im Hinblick auf den Gegenstand dieses Vertrages und die in diesem Zusammenhang getätigten Geschäfte" einzusehen. Zum anderen soll der Landwirt nach Nr. 5 Abs. 4 u.a. "Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut/Pflanzgut" und ein Flächenverzeichnis vorlegen. Da nach Nr. 5 Abs. 2 bereits der Nachbauerklärung Kopien der Belege über den Bezug des (angegebenen) zertifizierten Saat- und Pflanzguts beizufügen sind, könnte dies für sich genommen dafür sprechen, dass sich die Sortenschutzinhaber das Recht einer umfassenden Nachprüfung einräumen lassen wollten, in welchem Umfang der Landwirt geschützte Sorten nachgebaut hat.
Das reicht jedoch nicht aus, um die Vereinbarung in diesem Sinne auszulegen. Denn sowohl das Einsichtsrecht in Nr. 5 Abs. 3 S. 2 als auch der Vorlageanspruch in Nr. 5 Abs. 4 sind auf die in Nr. 5 Abs. 3 S. 1 vorgesehene Stichprobenkontrolle bezogen, die sie näher ausgestalten. Daher verbietet es sich, sie von dem Zweck zu lösen, die Richtigkeit der von dem Landwirt gemachten Angaben über den Nachbau bestimmter Sorten zu überprüfen. Daran ändert auch der in der mündlichen Verhandlung erörterte Umstand nichts, dass der Sortenschutzinhaber, dessen Sorte in der Nachbauerklärung des Landwirts bezeichnet ist, ein Interesse daran haben mag, die gesamten Angaben zum An- und Nachbau der betreffenden Pflanzenart zu überprüfen, wenn hiervon nach dem vereinbarten Entgeltsystem die anwendbare Gebührenstaffel oder die zutreffende Berechnung eines etwa in Anspruch genommenen Z-Lizenzgebührenrabatts abhängt. Denn auch hieraus ergibt sich nichts für das von der Revision verfolgte Nachprüfungsrecht anderer Sortenschutzinhaber.
Im Übrigen würde der Landwirt durch ein von dem Zweck, die Angaben zum Nachbau einer bestimmten Sorte nachzuprüfen, gelöstes Einsichts- und Vorlagerecht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt; eine so verstandene Regelung wäre daher - sofern ihr nicht schon Gemeinschaftsrecht entgegenstehen sollte - nach § 9 AGBGB (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam. Denn da - wie noch auszuführen ist - den Inhabern von Sortenschutzrechten, solange sie nicht über einen Anhaltspunkt dafür verfügen, dass der Landwirt eine für sie geschützte Sorte nachgebaut hat, nicht einmal ein Auskunftsanspruch zusteht, stellt es eine unangemessene Benachteiligung des Landwirts dar, ihn einem Einsichtsrecht eines Sortenschutzinhabers zu unterwerfen, das unabhängig davon ist, ob der Landwirt eine für diesen geschützte Sorte nachgebaut oder auch nur hierfür geeignetes Saat- oder Pflanzgut bezogen hat. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin die Rechte einer Vielzahl von Sortenschutzinhabern gebündelt wahrnimmt. Hierdurch verändern sich die Rechte der einzelnen Sortenschutzinhaber weder inhaltlich, noch erhält die Klägerin weiter gehende Rechte, als sie den einzelnen Sortenschutzinhabern zustehen. Als Prozessstandschafter kann die Klägerin vielmehr nur - mit Wirkung für und gegen die einzelnen Sortenschutzinhaber - deren jeweilige Rechte in dem Umfang geltend machen, in dem sie dem einzelnen Rechtsinhaber zustehen und auch von ihm selbst durchgesetzt werden könnten.
Daher kann auch der vom OLG Braunschweig (OLG Braunschweig, Urt. v. 16.12.2004 - 2 U 83/04) geteilten Erwägung der Revision nicht beigetreten werden, die von ihr angenommenen Pflichten des Landwirts ergäben sich bereits als Nebenpflicht "aus der erteilten Nachbaulizenz". Denn von einer Nachbaulizenz kann nur insoweit gesprochen werden, als der Landwirt tatsächlich von einem ihm vom Gesetz eingeräumten, auf eine bestimmte Sorte bezogenen Nachbaurecht Gebrauch macht.
3. Ebenso ohne Erfolg muss die Rüge der Revision bleiben, das Berufungsgericht habe zu Unrecht einen gesetzlichen, nicht auf die als nachgebaut bezeichneten Sorten beschränkten Anspruch auf Vorlage von Nachweisen verneint. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Art. 14 Abs. 1 lit. a NachbauV, noch besteht er nach deutschem Recht.
a) Wie die Revision einräumt, bezieht sich die Nachweispflicht in Art. 14 NachbauV auf dieselben Sorten, hinsichtlich deren der Landwirt nach Art. 14 Abs. 3 sechster Spiegelstrich GemSortV Informationen übermitteln muss. Die Informationspflicht besteht jedoch nur für diejenigen Sorten, für die der Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass sie von dem Landwirt nachgebaut worden sind oder nachgebaut werden sollen. Insoweit gilt nichts anderes als für die Informationspflicht des Aufbereiters (BGH, Urt. v. 30.3.2005 - X ZR 191/03 - Aufbereiter, MDR 2005, 1181 = BGHReport 2005, 1129 = GRUR 2005, 668).
Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache Schulin gegen Saatgut-Treuhand (EuGH, Urt. v. 10.4.2003 - C-305/00, Slg. 2003, I 3525 = GRUR 2003, 868) kann Art. 14 Abs. 3 GemSortV nicht dahin ausgelegt werden, dass er dem Inhaber des gemeinschaftlichen Schutzes für eine Pflanzensorte das Recht gibt, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Auskünfte von einem Landwirt zu verlangen, wenn er nicht über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Landwirt zu Vermehrungszwecken im Feldanbau in seinem eigenen Betrieb das Ernteerzeugnis verwendet oder verwenden wird, das er in seinem eigenen Betrieb durch Anbau von Vermehrungsgut einer geschützten Sorte gewonnen hat. Der Gerichtshof hat damit die Vorlagefrage des OLG Frankfurt verneint, ob die Vorschrift dahin auszulegen sei, dass der Inhaber einer geschützten Sorte von jedem Landwirt die in den genannten Vorschriften geregelten Auskünfte unabhängig davon verlangen könne, ob irgendwelche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Landwirt überhaupt eine Benutzungshandlung nach Art. 13 Abs. 2 in Bezug auf die fragliche Sorte vorgenommen oder die fragliche Sorte - zumindest - sonst in seinem Betrieb verwendet habe oder dies beabsichtige. In Übereinstimmung damit, dass der Informationsanspruch jeweils dem Inhaber der einzelnen Sorte zusteht, hat der Gerichtshof zu Art. 8 NachbauV ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vorschrift nur auf den betreffenden Sortenschutzinhaber und den betreffenden Landwirt abstelle (Rz. 61); es ist eine Rechtsbeziehung zwischen dem Landwirt und dem Sortenschutzinhaber erforderlich (Rz. 59). Dementsprechend sind auch die nachfolgenden Aussagen auf die individuelle Rechtsposition des Inhabers des einzelnen Sortenschutzrechts bezogen: Da es zum einen für den Sortenschutzinhaber schwierig sei, seinen Auskunftsanspruch durchzusetzen, weil die Untersuchung einer Pflanze nicht die Feststellung ermögliche, ob sie durch Verwendung des Ernteerzeugnisses oder durch den Erwerb von Saatgut gewonnen worden sei, und zum anderen die jeweiligen legitimen Interessen des Pflanzenzüchters und des Landwirts geschützt werden müssten, müsse der Sortenschutzinhaber berechtigt sein, von einem Landwirt Auskünfte zu verlangen, sobald er über einen Anhaltspunkt dafür verfüge, dass dieser von der Ausnahmeregelung des Art. 14 Abs. 1 Gebrauch mache (Rz. 63). Da ein solcher Anhaltspunkt genügt, ist auch die in Art. 8 Abs. 2 lit. b vorgesehene Information darüber, ob der Landwirt eine Sorte überhaupt nachgebaut hat, entgegen der Auffassung der Revision keineswegs sinnlos (Rz. 64). Schließlich verdeutlichen die Aussagen des Gerichtshofs zu den dem Sortenschutzinhaber möglichen Vorkehrungen gegen eine Aushöhlung seiner Rechte den sortenbezogenen Ansatz der Verordnung. Der Gerichtshof weist nämlich darauf hin, dass es dem Sortenschutzinhaber möglich sein müsse, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass er über Namen und Anschrift der Landwirte verfüge, die Vermehrungsmaterial einer seiner geschützten Pflanzensorten erwürben (Rz. 66). Die anschließende Feststellung, dass der Sortenschutzinhaber, wenn er die gebührenden Vorkehrungen treffe, einen Anhaltspunkt dafür erhalten könne, dass ein Landwirt von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht habe, und bei diesem die relevanten Informationen einholen könne (Rz. 70), sind sinnvoll nur auf diejenigen Sorten zu lesen, bei der die erforderlichen Anhaltspunkte vorliegen.
Bestätigt wird dieses Verständnis durch das Urteil des Gerichtshofs v. 14.10.2004 (EuGH v. 14.10.2004 - X ZR 190/00 - Saatgut-Treuhand/Brangewitz, BGHReport 2005, 525 = GRUR 2005, 236). Denn dort nimmt der Gerichtshof die Wertungen aus Rz. 63 des Urteils "Schulin" wörtlich und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Randnummer auf und leitet aus ihnen ab, dass der Sortenschutzinhaber berechtigt sein müsse, von einem Aufbereiter Auskünfte über eine seiner geschützten Sorten zu verlangen, sobald er über einen Anhaltspunkt dafür verfüge, dass dieser das durch Anbau von Vermehrungsgut dieser Sorte gewonnene Ernteerzeugnis zum Zweck des Anbaus aufbereitet habe oder aufzubereiten beabsichtige (Rz. 53).
Da das Berufungsgericht - von der Revision unangegriffen - die notwendigen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte andere als die von ihm angegebenen Sorten nachgebaut hat oder dies beabsichtigt, nicht festgestellt hat, hat es insoweit zu Recht einen Auskunftsanspruch und damit auch einen Anspruch auf Vorlage von Nachweisen verneint.
b) Soweit die Klägerin den entsprechenden Anspruch auf deutsche Sortenschutzrechte stützt, gilt im Ergebnis nichts Anderes. Denn der Auskunftsanspruch nach § 10a Abs. 6 SortG besteht nur ggü. Landwirten, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, und ist damit gleichfalls sortenbezogen (BGH, Urt. v. 30.3.2005 - X ZR 191/03 - Aufbereiter, MDR 2005, 1181 = BGHReport 2005, 1129 = GRUR 2005, 668).
4. Ob aus den zu 2 angesprochenen Erwägungen der Nachprüfungsanspruch des einzelnen Sortenschutzinhabers über die Angaben hinausreichen kann, die der Landwirt gerade zu der in der Nachbauerklärung bezeichneten Sorte gemacht hat, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung. Denn die Revision wendet sich ausschließlich dagegen, dass das Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen hat, als die Klägerin die ihr zuerkannten Nachweise über die von dem Beklagten in seinen Nachbauerklärungen angeführten Sorten hinaus "für weitere Sorten aus ihrem Sortenverzeichnis fordert". Den sachlichen Umfang der Verurteilung, auf die das Berufungsgericht zu Gunsten der Inhaber der in seiner Urteilsformel bezeichneten Sorten erkannt hat, beanstandet die Revision nicht und könnte sie auch nicht mit Erfolg beanstanden, da das Berufungsurteil insoweit dem Berufungsantrag der Klägerin entspricht. Ein etwaiger weiter gehender Anspruch der einzelnen Sortenschutzinhaber erstreckte sich jedenfalls nicht auf das gesamte Saat- und Pflanzgut des Beklagten, der sowohl verschiedene Getreidearten als auch Futtererbsen, Ackerbohnen und Kartoffeln angebaut hat. Er ist daher im Berufungsantrag auch nicht als Minus enthalten, und die Revision zeigt auch nicht auf, dass die Klägerin ihn der Sache nach in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hätte.
Fundstellen
BGHR 2006, 111 |
GRUR 2006, 47 |
MDR 2006, 407 |
WRP 2006, 120 |
Mitt. 2006, 80 |