Leitsatz (amtlich)
a) Die Vereinbarung einer zu niedrigen Honorarzone, die zu einer Unterschreitung der Mindestsätze der in Betracht kommenden zutreffenden Honorarzone führt, ist grundsätzlich nicht wirksam.
b) Für die Einordnung in die zutreffende Honorarzone kommt es auf eine objektive Beurteilung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien in § 11 HOAI an.
c) Soweit die Parteien im Rahmen des ihnen durch die HOAI eröffneten Beurteilungsspielraums eine vertretbare Festlegung der Honorarzone vorgesehen haben, ist dies vom Richter regelmäßig zu berücksichtigen.
Normenkette
HOAI § 4 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Urteil vom 20.09.2002) |
LG Halle (Saale) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 20.9.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der klagende Architekt begehrt restliches Honorar.
Die Parteien schlossen Ende 1992 schriftlich einen Vertrag. Für die Berechnung der Vergütung legten sie für die Gebäude die Honorarzone III sowie für die Hochglashäuser die Honorarzone II fest; sie vereinbarten jew. den Mindestsatz.Der Kläger stellte nach Fertigstellung seiner Arbeiten 1999 seine Honorarschlussrechnung, der er u. a. die Honorarzone IV für die Gebäude und die Honorarzone III für die Hochglashäuser zu Grunde legte. Die Beklagte weigerte sich, die Differenz zwischen den Mindestsätzen der Honorarzonen IV und III und den vertraglich festgelegten Honorarzonen zu zahlen.
Die Klage auf Zahlung der Differenz von 427.200,03 DM ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Der Senat hat die Revision zugelassen, mit der der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in NZBau 2003, 443 abgedruckt ist, hält die schriftlich vereinbarte Höhe der Vergütung gem. § 4 Abs. 1 HOAI für wirksam. Die HOAI regele nicht zwingend, dass die Vertragsparteien der Vereinbarung des Honorars ausschließlich die Abrechnungsbestimmungen der Teile II bis XII der HOAI zu Grunde legen müssten. § 4 Abs. 2, 3 HOAI sei vielmehr zu entnehmen, dass sie bei ihrer Honorarvereinbarung von den Abrechnungsgrundsätzen der HOAI abweichen dürften. Die preisrechtlichen Regelungen in § 4 Abs. 2 bis 4 HOAI seien nur insoweit zwingend, als sie den Höchstsatz und den Mindestsatz regelten. Daran hätten sich die Parteien in ihrem schriftlichen Vertrag gehalten. Die Berechnung des Mindestsatzes hätten sie dadurch eindeutig bestimmt, dass der Kläger sein Honorar für die Gebäude nach der Honorarzone III und für die Hochglashäuser nach der Honorarzone II berechnen sollte. Es sei nicht ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrages die Honorarzonen der Objekte nach ihrer damaligen Vorstellung unrichtig eingeordnet hätten. Da die Honorarvereinbarung mithin wirksam getroffen sei, könne der Kläger sie nicht nachträglich einseitig ändern. Für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage sei nichts ersichtlich. Die Beklagte habe bei Auftragserteilung davon ausgehen dürfen, dass sie sich auf das bindende Angebot des Klägers habe verlassen dürfen und nicht mit nachträglichen Veränderungen der Honorarforderung habe rechnen müssen. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, dass seine neue Bewertung und Ermittlung der Honorarzonen auf einer Änderung der Gebäude oder ihrer Bewertungsmerkmale oder auf einer besonderen Anordnung der Beklagten beruhe.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Unterschreitet das Honorar auf Grund der vereinbarten Honorarzone die Mindestsätze der HOAI, weil sich die vertraglich festgelegten Honorarzonen als unrichtig herausstellen, so sind der Honorarberechnung grundsätzlich die rechtlich zutreffenden Honorarzonen zu Grunde zu legen.
1. Das Berufungsgericht misst den vereinbarten Honorarzonen bindende Wirkung selbst dann zu, wenn, wovon in der Revision zu Gunsten des Klägers auszugehen ist, nach der HOAI höhere Honorarzonen zu Grunde zu legen sind. Damit überschreitet es die Grenze, die das bindende Preisrecht der HOAI der Vertragsfreiheit der Parteien setzt, die Höhe des Honorars für eine Architektenleistung frei festzulegen. Ebenso wie ein die Mindestsätze unterschreitendes Pauschalhonorar (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.1998 - VII ZR 176/96, MDR 1998, 899 = BauR 1998, 813 = ZfBR 1998, 239) ist eine Vereinbarung einer zu niedrigen Honorarzone, die zu einer Unterschreitung der Mindestsätze der in Betracht kommenden zutreffenden Honorarzone führt, im Regelfall nicht wirksam (allgemeine Meinung: LG Stuttgart v. 18.10.1996 - 15 O 1/96, NJW-RR 1997, 1380; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Rz. 78, 79; Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., § 4 Rz. 83; Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI, 7. Aufl., § 11, 12 Rz. 1a; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rz. 827; Quack, IBR 2003, 257). Anderenfalls hätten es die Vertragsparteien in der Hand, die Mindestsätze ohne das Vorliegen der gesetzlich geregelten Ausnahme (§ 4 Abs. 2 HOAI) oder der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen (z. B.: BGH, Urt. v. 22.5.1997 - VII ZR 290/95, BGHZ 136, 1 [9 f.] = MDR 1997, 729) durch Vereinbarung einer unzutreffend niedrigen Honorarzone zu unterschreiten. Das Berufungsgericht hat zum Vorliegen einer Ausnahme keine Feststellungen getroffen. Sie ist auch nicht ersichtlich.
2. Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben. Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht festzustellen haben, ob der Vortrag des Klägers zutrifft, die Objekte seien den Honorarzonen IV und III zuzuordnen. Dabei wird es zunächst eine anhand der Objektliste des § 12 HOAI vorzunehmende Zurechnung zu einer bestimmten Honorarzone vorzunehmen haben. § 12 HOAI ermöglicht allerdings nur eine unverbindliche Vorauswahl für den Regelfall. Ob ein solcher vorliegt oder nicht, bedarf stets der nachfolgenden Überprüfung nach Maßgabe der in § 11 HOAI genannten Merkmale (Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI, 7. Aufl., § 11, 12 Rz. 6). Sofern eine Klärung nach § 11 Abs. 1 HOAI nicht möglich ist, ist die endgültige Zuordnung nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 zu treffen.
Für die Einordnung in die zutreffende Honorarzone kommt es auf eine objektive Beurteilung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien in § 11 HOAI an. Soweit die Parteien im Rahmen des ihnen durch die HOAI eröffneten Beurteilungsspielraums eine vertretbare Festlegung der Honorarzone vorgesehen haben, ist dies vom Richter regelmäßig zu berücksichtigen. Unberührt hiervon bleibt, dass sich der Architekt im Ausnahmefall nicht darauf berufen kann, dass die mit dem Auftraggeber getroffene Vereinbarung zu einer Unterschreitung des Mindestsatzes führen kann (BGH, Urt. v. 22.5.1997 - VII ZR 290/95, BGHZ 136, 1 [9] = MDR 1997, 729).
Fundstellen
Haufe-Index 1090820 |
BGHR 2004, 293 |
BauR 2004, 354 |
BauR 2004, 553 |
DWW 2004, 68 |
NJW-RR 2004, 233 |
EWiR 2004, 291 |
IBR 2004, 78 |
ZAP 2004, 224 |
ZfIR 2004, 265 |
MDR 2004, 327 |
ZfBR 2004, 251 |
BTR 2004, 88 |
BrBp 2004, 259 |
NZBau 2004, 159 |
BauRB 2004, 66 |
DS 2004, 99 |
FSt 2004, 863 |
FuBW 2005, 114 |
FuHe 2005, 113 |
JbBauR 2005, 362 |