Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 10. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der bei den Beklagten eine Hausratversicherung auf der Grundlage der Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 84) unterhielt, verlangt nach einer Brandstiftung Entschädigung für die durch den Brand bzw. durch Vandalismus nach Einbruch entstandenen Hausratschäden.
Die Brandstiftung vom 13. September 1990 betraf ein vom Kläger gemietetes dreistöckiges Haus, in dessen Erdgeschoß seine Lebensgefährtin eine von ihm gepachtete Diskothek betrieb und in dessen im ersten und zweiten Obergeschoß gelegenen Wohnungen er mit seiner Lebensgefährtin wohnte. Der oder die Täter gelangten auf ungeklärte Weise in das Erdgeschoß. Die Feuerwehr fand die Außentüren des Hauses abgeschlossen und die Fenster verschlossen vor. Die Scheiben der Fenster und der Außentür des Billardraumes im Erdgeschoß waren zerstört, jedoch ist streitig, ob sie von den Tätern zwecks Einbruch beschädigt wurden oder erst später durch die Hitzeeinwirkung des Feuers zerbarsten. Im Inneren des Hauses waren das Vorhängeschloß einer Deckenluke zwischen dem Erdgeschoß und der Wohnung im ersten Obergeschoß und die Eingangstür zur Wohnung im zweiten Obergeschoß aufgebrochen. Der oder die Täter legten in sämtlichen Räumen des Hauses Lunten aus, die sie aus Papier und Kleidungsstücken herstellten und mit Hilfe eines mitgebrachten Schlauches und einer mitgebrachten Pumpe mit Heizöl tränkten, das sie dem in einem Nebengebäude stehenden Öltank entnahmen. Auch die Bodenbeläge begossen sie mit Heizöl. Das Feuer brach nachts im Billardraum der Diskothek aus, nachdem der Kläger und seine Lebensgefährtin abends eine Berlinreise angetreten hatten, wurde jedoch entdeckt und gelöscht, bevor es auf andere Räume übergreifen konnte. Der versicherte Hausrat wurde nicht von den Flammen, wohl aber von Rauch und Ruß erfaßt. Der Hausratschaden beträgt 232.353 DM zuzüglich 6.155,35 DM Aufräumkosten.
Den Gesamtbetrag von 238.508 DM hat der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Mit drei weiteren anhängigen Klagen verlangt er von den Beklagten rund 1 Mio. DM zusätzlich. Die Beklagten haben die Entschädigung mit der Begründung abgelehnt, der Kläger selber habe den Brand gelegt oder legen lassen. Außerdem sei der Hausrat großenteils nicht durch das Feuer, sondern schon vorher durch das Übergießen mit Heizöl unbrauchbar geworden; ein Einbruch, der die Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch wegen Vandalismus sei, habe aber nicht stattgefunden. Das gegen den Kläger und seine Lebensgefährtin eingeleitete Strafverfahren wegen Brandstiftung, Versicherungsmißbrauchs und Prozeßbetruges hat mit Freispruch geendet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin Klagabweisung begehren.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagten seien dem Kläger zwar nicht unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsfalles „Vandalismus nach einem Einbruch” zur Entschädigung verpflichtet, weil es am äußeren Bild eines Einbruchs fehle, wohl aber wegen des Versicherungsfalles „Brand”, weil sie den Beweis einer Eigenbrandstiftung nicht erbracht hätten. Aufgrund verschiedener Indizien bestehe zwar der Verdacht, daß ein Originalschlüssel des Klägers oder seiner Lebensgefährtin benutzt worden sei, jedoch sei dieser Verdacht doch noch um einiges von an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfernt und könnten andere Möglichkeiten des Eindringens nicht wirklich zuverlässig ausgeschlossen werden. Zu dem infolgedessen von den Beklagten zu ersetzenden Brandschaden gehörten auch die bereits vor dem Brand durch das Begießen mit Heizöl angerichteten Vorschäden. Diese seien zwar nicht kausal auf den Brand zurückzuführen, jedoch gebiete eine am Verständnishorizont des Verbrauchers orientierte Auslegung der Versicherungsbedingungen, bei einer Brandstiftung die Vorbeschädigung der versicherten Sachen durch Ausbringen eines Brandbeschleunigers jedenfalls bei offensichtlichem, unmittelbarem Zusammenhang mit dem später ausgebrochenen Brand in den Versicherungsschutz einzubeziehen.
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen Vandalismus nach Einbruch (§ 3 Nr. 3 VHB 84) verneint. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es davon ausgegangen, daß dem Versicherungsnehmer auch bei diesem Versicherungsfall, ebenso wie beim Einbruchdiebstahl, für den Nachweis des Einbruchs Beweiserleichterungen zugute kommen. Er muß nicht den Vollbeweis erbringen, sondern nur das äußere Bild eines Einbruchs beweisen, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf einen Einbruch zulassen (Senatsurteil vom 8. November 1995 - IV ZR 221/94 - VersR 1996, 186 unter 2 a). Wenn im vorliegenden Fall das Berufungsgericht konkrete Beweisanzeichen, die eindeutig auf einen Einbruch hindeuten, nicht zu erkennen vermocht hat, so begegnet diese tatrichterliche Feststellung keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht Spuren für ein gewaltsames Eindringen in das Gebäude von außen verlangt hat und deshalb die aufgebrochene Deckenluke und die aufgebrochene Wohnungseingangstür im Gebäudeinneren sowie die aufgebrochene Tür des Nebengebäudes nicht hat genügen lassen. Zwar setzt ein Einbruchdiebstahl nicht den Aufbruch gerade einer Außentür oder eines Fensters voraus, sondern liegt auch vor, wenn der Dieb in einen Raum des Gebäudes einbricht (§ 5 Ziff. 1 a VHB 84). Wenn aber im Einzelfall die Umstände darauf schließen lassen, daß der Täter, um überhaupt zu dem aufgebrochenen Raum zu gelangen, gewaltsam von außen in das Gebäude eindringen mußte, so setzt das äußere Bild eines Einbruchs auch entsprechende Spuren voraus. So liegt es hier. Das Gebäude wurde nur vom Versicherten und seiner Lebensgefährtin bewohnt. Es war abgeschlossen. Die Bewohner hatten dem Täter ihrem Vortrag nach keinen Zutritt gewährt. Weder waren ihnen die Originalschlüssel abhanden gekommen noch sind Anhaltspunkte für den Gebrauch eines Nachschlüssels ersichtlich. Der Täter müßte demnach gewaltsam in das Gebäude eingedrungen sein. Spuren hierfür fehlen.
2. Was den vom Berufungsgericht bejahten Entschädigungsanspruch wegen des Brandes betrifft, so hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen, daß den Beklagten hinsichtlich ihres Einwandes, daß der Kläger den Brand selber vorsätzlich herbeigeführt habe (§ 61 VVG), keine Beweiserleichterung zugute kommt, sondern sie den Vollbeweis führen müssen (Senatsurteil vom 17. Mai 1989 - IVa ZR 130/88 - VersR 1989, 841 unter 1.). Die Überzeugung des Berufungsgerichts, den Beklagten sei dieser Beweis nicht gelungen, ist jedoch nicht rechtsfehlerfrei zustande gekommen. Der Tatrichter ist zwar grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimißt. Revisionsrechtlich ist seine Beweiswürdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter gegen Denk-, Natur- oder Erfahrungsgesetze verstoßen und ob er sich nicht vollständig mit allen Umständen des Falles auseinandergesetzt hat (§ 286 ZPO; BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90 - NJW 1991, 1894 unter II. 1.).
a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht bei der Prüfung, ob ein Originalschlüssel des Klägers oder seiner Lebensgefährtin verwendet worden ist, die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung überspannt hat (§ 286 ZPO). Der Richter darf und muß sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Rechtsfehlerhaft ist es daher, einen Beweis deshalb als nicht erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewißheit gewonnen werden konnte (BGHZ 53, 245, 256; 61, 165, 169). Das Berufungsgericht hat demgegenüber unzulässigerweise zum einen bloß theoretischen Zweifeln Raum gegeben und zum anderen einen naturwissenschaftlich zwingenden Beweis gefordert.
Bloß theoretischer Natur sind jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen die Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht die von dem Privatgutachter L. der Beklagten aufgrund verschiedener Indizien geäußerte Ansicht in Zweifel gezogen hat, daß die Fensterscheiben des Billardraumes erst durch die Hitze des Feuers zerborsten seien („Benutzung eines Glasschneiders, Wiederverschließen des Fensters nach Eindringen …?”). Denn das Berufungsgericht hat sich weder mit dem Einwand der Beklagten befaßt, daß wegen der Doppelverglasung die Benutzung eines Glasschneiders gar nicht möglich gewesen sei, noch mit der Frage, ob die Fenster durch ein Loch in der Scheibe überhaupt hätten geöffnet und später wieder verschlossen werden können, obwohl nach einer vom Gutachter erwähnten Erklärung des Klägers die Fenstergriffe abmontiert waren. Eine nicht bloß theoretische Grundlage für die Zweifel des Berufungsgerichts ergibt sich auch nicht aus dem von ihm herangezogenen Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 (IV ZR 93/95 - VersR 1997, 102). Dieses Urteil betrifft einen Kfz-Diebstahl. Die darin genannten Möglichkeiten, daß etwa auf elektronischem Wege ein Schlüsselabdruck hergestellt werden kann oder daß ein unbefugter Dritter Kenntnis von der Schlüsselnummer erhält, die sich häufig auf Werkstattrechnungen und anderen Unterlagen befindet, und sich damit beim Hersteller einen passenden Schlüssel beschafft oder daß das Auslieferungsunternehmen einen Schlüssel zurückbehält, lassen sich auf Hausschlüssel nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände übertragen.
Außerdem hätte das Berufungsgericht zur Behebung seiner Zweifel nicht den naturwissenschaftlich zwingenden Schluß fordern dürfen, daß nur ein Originalschlüssel gebraucht worden sein könne (vgl. Langheid, VersR 1992, 13, 15 li. Spalte).
b) Ein weiterer Verfahrensfehler, den die Revision mit Erfolg rügt, liegt darin, daß das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung finanzieller Schwierigkeiten des Klägers, die für ihn ein Motiv zur Eigenbrandstiftung gewesen sein könnten, seine Ansicht, die Einkünfte des Klägers seien befriedigend gewesen, auf den Ertrag der Diskothek gestützt hat, obwohl diese nicht vom Kläger, sondern von seiner Lebensgefährtin betrieben wurde, und daß es den Ertrag mit dem Umsatz statt mit dem Gewinn gleichgesetzt hat. Insoweit hat das Berufungsgericht die tatsächlichen Umstände des Falles nicht vollständig berücksichtigt.
III. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht ohne die oben genannten Verfahrensfehler, zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre, war das angefochtene Urteil aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für den Fall, daß das Berufungsgericht nach erneuter Beweiswürdigung wiederum zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß eine Eigenbrandstiftung des Klägers nicht bewiesen ist und die Beklagten ihn infolgedessen für den Brandschaden entschädigen müssen, wird es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage ankommen, ob der Kläger auch für denjenigen Teil des Hausrats, der nach Behauptung der Beklagten schon durch das als Brandbeschleuniger ausgebrachte Heizöl vorgeschädigt worden war, Entschädigung verlangen kann. Der Senat pflichtet der bejahenden Ansicht des Berufungsgerichts im Ergebnis bei. Wenn der Hausrat – wie hier – durch Brandeinwirkung (z.B. Rauch und Ruß) beschädigt oder zerstört worden ist, entfällt die Entschädigungspflicht des Versicherers nicht deswegen, weil die Sachen bereits durch Aufbringen eines Brandbeschleunigers vorgeschädigt waren. Denn in einem solchen Fall bilden die Vorbereitungshandlungen des Brandstifters und der durch sie eingetretene Brand einen einheitlichen Lebensvorgang, der nach dem Schutzzweck des Vertrages auch hinsichtlich des eingetretenen Schadens keine Aufspaltung zuläßt.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Römer, Terno, Seiffert, Ambrosius
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.04.1999 durch Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541271 |
NJW-RR 1999, 1184 |
NVersZ 1999, 390 |
ZfS 1999, 452 |