Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung der Tätigkeit eines Architekten bei der Einmessung eines Gebäudes zur Sicherung dessen Entwässerung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein mit der Bauleitung beauftragter Architekt, um die Entwässerung des Gebäudes zu sichern, dessen Lage der Höhe nach einzumessen, so beurteilt sich dessen Tätigkeit nach Werkvertragsrecht.

 

Normenkette

BGB §§ 631, 635, 638

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 18. August 1972 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin übertrug dem Beklagten im August 1960 durch "Architektenvertrag" die "örtliche Bauleitung" für den Bauabschnitt I der Siedlung "S." in E. Nach Ziff. 1.34 ihrer dem Vertrag zugrunde gelegten "Vertragsbedingungen für Architektenleistungen" hatte der Beklagte auch unter Beachtung der Baufluchten und Nachbargrenzen die Baukörper abzustecken sowie deren Erdgeschoßhöhe unter Berücksichtigung der Entwässerungsmöglichkeiten festzulegen. Die Architektentätigkeit des Beklagten war spätestens 1964 beendet.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe bei der Gründung des Hauses Nr. ... die aus den genehmigten Entwässerungsplänen ersichtlichen Höhenmaße nicht eingehalten oder deren Einhaltung nicht überwacht. Um die Mängel der Entwässerungsanlage infolge zu tiefer Anlegung des Erdgeschoßfußbodens zu beseitigen, habe sie 11.914,32 DM aufwenden müssen. Diesen Betrag nebst Zinsen hat sie mit der im März 1971 erhobenen Klage ersetzt verlangt.

Der Beklagte hat seine Verantwortung für den Mangel bestritten und sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen, desgleichen die mit der Anschlußberufung vorgenommene Klageerweiterung um 1.247,33 DM nebst Zinsen. Mit der - zugelassenen -Revision, um deren Zurückweisung der Beklagte bittet, verfolgt die Klägerin den Klaganspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht läßt offen, ob und in welcher Höhe ein aus der zu tiefen Anlegung des Hauses hergeleiteter Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten entstanden ist. Es wendet auf den Vertrag der Parteien Werkvertragsrecht an und hält den geltend gemachten Anspruch jedenfalls für verjährt, weil die Klägerin ihn nicht vor Ablauf von 5 Jahren nach der Abnahme der vom Beklagten ausgeführten Leistungen eingeklagt habe (§ 638 BGB).

II.

Zu Unrecht meint die Revision, der Vertrag der Parteien müsse nach den gesetzlichen Vorschriften des Dienstvertrags (§ 611 ff BGB) beurteilt werden.

Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob ein Architektenvertrag, dessen alleiniger Gegenstand die Oberleitung (§ 19 Abs. 1 f u. g GOA) oder die örtliche Bauaufsicht (§ 19 Abs. 4 GOA) oder beides ist, nach dem Recht des Werk- oder des Dienstvertrags zu beurteilen ist (vgl. die Urteile des Senats NJW 1960, 1198 - in BGHZ 32, 206 insoweit nicht abgedruckt -, und vom 12. November 1964 - VII ZR 11/63 - = Schäfer/Finnern, Rspr. d. Bauausführung Z 3.01 Bl. 311, 313; aus dem Schrifttum: Neuenfeld, Handbuch des Architektenrechts I B 9, 11; Roth/Gaber, GOA, 10. Aufl., S. 56; weitere Nachweise bei Neuenfeld aaO). Dem Berufungsgericht ist jedenfalls zuzustimmen, daß ein mit der Bauleitung beauftragter Architekt, der über die ihm zur Verfügung gestellten Zeichnungen hinaus für die Ausführung des Werkes erforderliche Angaben zu machen und Anweisungen zu erteilen hat (GOA § 19, 1 e), an der Verwirklichung und Gestaltung des Bauwerks mitwirkt. Seine Tätigkeit ist nach Werkvertragsrecht zu beurteilen.

Das Berufungsgericht stellt zutreffend auf die Aufgabe des Beklagten ab, die Häuser abzustecken und deren Erdgeschoßhöhe im Hinblick auf die Entwässerung festzulegen. Der Beklagte hat das Haus Nr. ... mit einem Nivelliergerät eingemessen. Daß dieser Tätigkeit des Beklagten für die Ableitung der Abwässer und somit für eine mängelfreie Erstellung des Hauses wesentliche Bedeutung zukam, kann nicht zweifelhaft sein. Mit Recht vergleicht das Berufungsgericht diese vom Beklagten übernommene Vertragsleistung mit den Arbeiten eines Vermessungsingenieurs im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken. Auch der Vermessungsingenieur, der auf einem Baugrundstück den Standort des darauf zu errichtenden Hauses einmißt und absteckt, erbringt, wie der Senat in BGHZ 58, 225 ausgeführt hat, eine werkvertragliche Leistung i.S. des § 631 Abs. 2 BGB. Ein sich aus einem Vermessungsfehler ergebender Minderwert des Hausgrundstücks stellt einen Mangel des Vermessungswerks dar und begründet einen Anspruch aus § 635 BGB. Der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens verjährt nach § 638 BGB in der bei Bauwerken geltenden Verjährungsfrist von 5 Jahren.

Das Berufungsgericht ist deshalb mit Recht von der fünfjährigen Frist des § 638 BGB ausgegangen. Daß diese bei Klägerhebung abgelaufen war, stellt es fest. Insoweit greift die Revision das Urteil auch nicht an.

III.

Nach § 97 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihrer unbegründeten Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Vogt

Erbel

Schmidt

Meise

Recken

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456275

NJW 1973, 1458

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