Entscheidungsstichwort (Thema)
Formerfordernisse der Vaterschaftsanerkennung und der Zustimmungserklärung des Kindes
Leitsatz (amtlich)
Zu den Formerfordernissen einer Vaterschaftsanerkennung und der Zustimmungserklärung des Kindes.
Normenkette
BGB §§ 1600a, 1600c Abs. 1-2, § 1600e Abs. 1; JWG § 37 S. 2, § 49 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Sätze 2-3; KJHG § 55 Abs. 2 (vom 26.06.1990), § 59 (vom 26.06.1990), § 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Teilurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 1994 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger hat in einer Urkunde des Jugendamts der Stadt M. vom 19. April 1990 anerkannt, der Vater des oder der Kinder zu sein, die von der Mutter des beklagten Kindes geboren wurden. In der Urkunde ist Bezug genommen auf den „Mutterpaß” des behandelnden Arztes vom 22. Dezember 1989. Das beklagte Kind ist am 28. Juli 1990 geboren worden. Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, daß die Beklagte nicht sein Kind sei. Das Amtsgericht hat nach einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger in erster Linie die Feststellung begehrt, daß das Vaterschaftsanerkenntnis vom 19. April 1990 unwirksam sei. Seinen ursprünglichen Klageantrag hat er nur noch hilfsweise gestellt.
Das Berufungsgericht hat über den Hauptantrag des Klägers, die Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses festzustellen, durch Teilurteil vorab entschieden und insofern die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen Hauptantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht führt aus, der nun als Hauptantrag geltend gemachte Feststellungsantrag sei unbegründet, weil der Kläger wirksam anerkannt habe, der Vater des beklagten Kindes zu sein. Nach § 1600b Abs. 2 BGB sei die Anerkennung schon vor der Geburt des Kindes zulässig gewesen. Die von dem Kläger am 19. April 1990 abgegebene Anerkennungserklärung genüge auch den Formerfordernissen der §§ 1600b bis 1600e BGB. Die Anerkennungserklärung sei i.S. des § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB durch die Stadtamtmännin B. öffentlich beurkundet worden. Diese sei nach § 49 Abs. 1 JWG durch das Landesjugendamt wirksam ermächtigt gewesen, die Anerkennung von Vaterschaften zu beurkunden.
Das beklagte Kind habe auch der Anerkennung form- und fristgerecht zugestimmt (§§ 1600c, 1600d Abs. 2 Satz 1, 1600e Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB). Die Zustimmung des Kindes habe Frau B. – inzwischen Stadtamtsrätin – in ihrer Eigenschaft als Amtspflegerin und damit als gesetzliche Vertreterin des Kindes abgegeben. Ihre Zustimmungserklärung sei durch den Stadtamtmann H. ordnungsgemäß beurkundet worden, der mit Urkunde vom 7. Februar 1990 vom Leiter der Verwaltung des Jugendamtes ermächtigt worden sei, Beurkundungen im Rahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 JWG vorzunehmen. Nach einer amtlichen Auskunft des Standesamtes sei die Zustimmungserklärung diesem Amt (am 21. Januar 1991) innerhalb von sechs Monaten seit der Geburt des Kindes und damit rechtzeitig zugegangen.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Zwar ist nach § 1600f Abs. 1 BGB die Vaterschaftsanerkennung unwirksam, wenn die Formerfordernisse der „vorstehenden Vorschriften”, insbesondere des § 1600e BGB nicht eingehalten worden sind. Die Revision macht jedoch ohne Erfolg geltend, diese Formvorschriften seien verletzt worden.
2. Zu Unrecht meint die Revision, Frau B. als Beamtin des Jugendamtes sei im April 1990 nicht mehr ermächtigt gewesen, die Anerkennungserklärung öffentlich zu beurkunden. Eine entsprechende Ermächtigung war Frau B. durch Urkunde des Landesjugendamtes vom 24. Februar 1977 unstreitig erteilt worden. Zur Erteilung einer solchen Ermächtigung war das Landesjugendamt nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des bis 31. Dezember 1990 geltenden JWG befugt. § 49 Abs. 1 Satz 3 JWG sah allerdings vor, daß die Landesregierungen durch Rechtsverordnung die zuständige Behörde abweichend von Satz 1 bestimmen konnten. Die Revision meint, da die zuständige Landesregierung Nordrhein-Westfalen durch Verordnung vom 19. März 1985 das Jugendamt (anstelle des Landesjugendamtes) als zuständige Behörde bestimmt habe, sei die zuvor vom Landesjugendamt – ordnungsgemäß – Frau B. erteilte Ermächtigung zur Beurkundung von Vaterschaftsanerkennungen erloschen. Vom Jugendamt sei Frau B. anschließend keine neue Ermächtigung erteilt worden.
Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Aus der genannten Rechtsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GV.NW. 1985, 305) ergibt sich lediglich, daß nach ihrem Erlaß das Jugendamt anstelle des Landesjugendamtes entsprechende Ermächtigungen zu erteilen hatte. Die durch die Rechtsverordnung neu geschaffene Zuständigkeit des Jugendamtes hatte nicht zur Folge, daß Ermächtigungen zur Beurkundung, die das Landesjugendamt im Rahmen seiner Zuständigkeit vor Erlaß der Rechtsverordnung erteilt hatte, erloschen sind. Für diese Annahme der Revision, die – soweit ersichtlich – in Literatur und Rechtsprechung bisher nicht in Erwägung gezogen wurde, spricht nichts.
3. Die Revision meint, Frau B. sei nach § 49 Abs. 1 Satz 2 JWG gehindert gewesen, die Anerkennung der Vaterschaft zu beurkunden. Nach dieser Vorschrift sollen Beamte oder Angestellte des Jugendamts keine Beurkundung vornehmen, wenn ihnen in dieser Angelegenheit die Vertretung eines Beteiligten obliegt. Die Revision verkennt nicht, daß Frau B. erst einige Monate nach der Beurkundung Amtspflegerin des beklagten Kindes geworden ist, nämlich bei dessen Geburt (§ 1709 Abs. 1 BGB). Sie meint jedoch, aufgrund der Geschäftsverteilung des Jugendamtes habe schon zur Zeit der Beurkundung festgestanden, daß Frau B. Amtspflegerin des beklagten Kindes werden würde. Sie habe deshalb schon „auf der Seite des Beklagten” gestanden, deshalb habe sie bereits zu diesem Zeitpunkt nicht über die Neutralität verfügt, die § 49 Abs. 1 Satz 2 JWG voraussetze.
Der Senat hat Zweifel, ob eine Beamtin des Jugendamtes nach § 49 Abs. 1 Satz 2 JWG schon dann von der Beurkundung einer vor der Geburt des Kindes abgegebenen Vaterschaftsanerkennung ausgeschlossen werden soll, wenn die – wenn auch naheliegende – Möglichkeit besteht, sie werde nach der Geburt des Kindes dessen Amtspfleger werden. Diese Frage kann aber offen bleiben. § 49 Abs. 1 Satz 2 JWG ist nämlich schon nach seinem ausdrücklichen Wortlaut eine Sollvorschrift, deren Verletzung nicht zur Unwirksamkeit der beurkundeten Erklärung führt (Frankfurter Kommentar zum JWG, 3. Aufl. 1985, § 49 Anm. 4; Potrykus, JWG 2. Aufl. 1972 § 49 Anm. 8; zu dem mit unbedeutenden redaktionellen Änderungen gleichlautenden § 59 Abs. 2 KJHG – vom 26. Juni 1990, BGBl I, 1163 – vgl. Schellhorn/Wienand KJHG § 59 Rdn. 10; aus der Formulierung von MünchKomm-BGB/Hinz, KJHG SGB VIII § 59 Rdn. 7, die Bestimmung sei ungeachtet ihrer Formulierung als Sollvorschrift für die Beamten und Angestellten verbindlich und lege die Bestellung von Urkundspersonen nahe, die nicht zugleich Amtspfleger seien, läßt sich nicht herleiten, daß nach Ansicht dieses Kommentars entgegen der herrschenden Meinung ein Verstoß zur Unwirksamkeit führen soll).
4. Ohne Erfolg wehrt sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, Frau B. habe als Amtspflegerin des beklagten Kindes form- und fristgerecht dem Standesbeamten gegenüber die Zustimmung zur Anerkennung erklärt (§ 1600c Abs. 1 und 2 BGB).
a) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, daß Frau B. die Ausübung der Amtspflegschaft und damit die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des beklagten Kindes übertragen war. Es ist bereits ausgeführt, daß das Jugendamt mit der Geburt des beklagten Kindes dessen Amtspfleger geworden ist (§ 1709 Abs. 1 BGB). Nach § 37 Satz 2 JWG hatte das Jugendamt die Ausübung der Aufgaben des Pflegers einzelnen seiner Beamten oder Angestellten zu betragen die im Umfang der Übertragung zur gesetzlichen Vertretung des Kindes befugt waren. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht in Zweifel gezogen werden, ist Frau B. durch Verfügung des Jugendamts vom 20. Mai 1981 beauftragt worden, vormundschaftliche Obliegenheiten innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftsbereichs wahrzunehmen und gehörte zu diesem Geschäftsbereich die Ausübung der Amtspflegschaft für das beklagte Kind.
Die Revision meint, dieser am 20. Mai 1981 gemäß § 37 JWG Frau B. erteilte Auftrag sei am 31. Dezember 1990 gegenstandslos geworden, weil am 1. Januar 1991 das neue Gesetz in Kraft getreten sei, das das JWG abgelöst habe und mit dessen Inkrafttreten das JWG außer Kraft getreten sei. Daraus ergebe sich, daß „sämtlichen Maßnahmen die Rechtsgrundlage entzogen worden” sei, die auf dem JWG beruhten.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Auch das in das Sozialgesetzbuch als 8. Buch (SGB VIII) eingefügte Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bestimmt in § 55 Abs. 2 Satz 1, der dem § 37 Satz 1 JWG nahezu wortgleich entspricht, daß das Jugendamt die Ausübung der Aufgaben des Pflegers oder Vormunds einzelnen seiner Beamten oder Angestellten überträgt. Insofern hat sich an der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des KJHG nichts geändert. Deshalb bestand auch keine Veranlassung und keine Notwendigkeit, den einem Beamten des Jugendamts erteilten Auftrag, die Amtspflegschaft auszuüben, nach Inkrafttreten des KJHG zu wiederholen. Die Wiederholung einer solchen Beauftragung wäre lediglich eine inhaltslose Formalie gewesen. Würde man in diesem Punkt der Ansicht der Revision folgen, so hätte die für den Gesetzgeber erkennbare Gefahr bestanden, daß nach dem 1. Januar 1991 – dem Tag des Inkrafttretens des KJHG – in einer Vielzahl von Fällen nichteheliche Kinder jedenfalls für eine gewisse Zeit keinen handlungsfähigen gesetzlichen Vertreter mehr gehabt hätten. Die Revision folgert zu Unrecht aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber zu diesem Punkt keine Übergangsregelung getroffen hat, daß nach dem Willen des Gesetzgebers die nach § 37 JWG erteilten Aufträge zur Ausübung der Amtspflegschaft unwirksam werden sollten. Der Gesetzgeber hat vielmehr eine Übergangsregelung deshalb nicht getroffen, weil er es als selbstverständlich angesehen hat, daß nach § 37 JWG erteilte Aufträge auch nach Inkrafttreten des KJHG weiterbestehen. Die gegenteilige Ansicht der Revision ist – soweit ersichtlich – bisher in Literatur und Rechtsprechung auch nicht erwogen worden.
b) Nach § 1600c Abs. 2 BGB ist die Zustimmung gegenüber dem Anerkennenden oder gegenüber dem Standesbeamten zu erklären. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht in Zweifel gezogen werden, hat Frau B. die Zustimmung des beklagten Kindes in einer Urkunde erklärt, in der es ausdrücklich heißt, die Erklärung werde gegenüber dem Standesbeamten abgegeben. Die Revision meint, dies genüge den Erfordernissen des § 1600c Abs. 2 BGB nicht, weil unstreitig bei Abgabe der Zustimmungserklärung kein Vertreter des Standesamtes zugegen gewesen sei. Im übrigen sei dem Standesamt nicht einmal die Zustimmungsurkunde im Original übersandt worden, sondern lediglich eine Ausfertigung.
Diese Argumentation der Revision beruht auf einem falschen Verständnis des § 1600c Abs. 2 BGB. Daß nach dieser Vorschrift die Zustimmungserklärung gegenüber dem Anerkennenden oder gegenüber dem Standesbeamten abzugeben ist, bedeutet lediglich, daß es sich um eine (einseitige) empfangsbedürftige Willenserklärung handelt (vgl. MünchKommBGB/Mutschler, aaO § 1600c Rdn. 2; Palandt/Diederichsen 54. Aufl. § 1600c Rdn. 2). Empfangsbedürftige Willenserklärungen können einem Abwesenden gegenüber abgegeben werden und werden dann wirksam in dem Zeitpunkt, in dem sie ihm zugehen (§ 130 Abs. 1 BGB). Mit der Übersendung einer Ausfertigung der Zustimmungserklärung an den zuständigen Standesbeamten ist diese Erklärung zugegangen. Die Übersendung des Originals der Urkunde ist nicht erforderlich. Zwar muß eine Willenserklärung jedenfalls im Regelfall in der Form zugehen, die für ihre Abgabe vorgeschrieben ist (BGHZ 121, 224, 228; Staudinger/Dilcher, BGB 12. Aufl. § 130 Rdn. 26 m.N.). Nach § 47 BeurkG, der auch bei Beurkundungen durch das Jugendamt anwendbar ist (§ 1 Abs. 2 BeurkG), vertritt jedoch die Ausfertigung (nicht: die bloße Abschrift) die Urschrift der Urkunde im Rechtsverkehr. Die Urschrift ist regelmäßig bei der beurkundenden Stelle aufzubewahren (vgl. im einzelnen Brüggemann, Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 4. Aufl. Rdn. 45 f).
c) Entgegen der Annahme der Revision ist die von Frau B. abgegebene Zustimmungserklärung durch den beim Jugendamt beschäftigten Stadtamtmann H. ordnungsgemäß beurkundet worden (§ 1600e Abs. 1 BGB). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist Herr H. mit Urkunde vom 7. Februar 1990 ermächtigt worden, solche Beurkundungen vorzunehmen (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 JWG). Die Zustimmungserklärung ist allerdings erst beurkundet worden, nachdem am 1. Januar 1991 das JWG von dem KJHG abgelöst worden war. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KJHG (in der damals geltenden Fassung) bestimmte, daß das Jugendamt Beamte und Angestellte, die die Befähigung zum höheren oder gehobenen Verwaltungsdienst besitzen, zur Vornahme von Beurkundungen und Beglaubigungen ermächtigen konnte. Insofern enthielt § 59 Abs. 1 KJHG Qualifikationsanforderungen, die § 49 Abs. 1 JWG nicht vorgesehen hatte. Die Frage, welche Auswirkungen das Inkrafttreten des KJHG auf nach § 49 JWG erteilte Ermächtigungen hatte, ist nicht einheitlich beantwortet worden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist in der Literatur überwiegend die Meinung vertreten worden, mit Ablauf des 31. Dezember 1990 seien diejenigen Ermächtigungen erloschen, die unter der Geltung des JWG solchen Personen erteilt worden seien, die nicht über die nunmehr geforderten Qualifikationsmerkmale verfügten. Dagegen sollten nach dem JWG erteilte Ermächtigungen wirksam bleiben, wenn die ermächtigten Personen den Qualifikationsanforderungen des neuen § 59 Abs. 1 KJHG genügten (so Schellhorn/Wienand aaO § 59 Rdn. 5; MünchKommBGB/Hinz aaO KJHG SGB VIII § 59 Rdn. 3; DIV DAVorm 1990, 925 f, das allerdings um Risiken auszuschalten empfohlen hat, alle Ermächtigungen neu auszusprechen). Demgegenüber hat z.B. der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen in einem Erlaß vom 5. Oktober 1990 mitgeteilt, die neuen Qualifikationsanforderungen hätten nur Bedeutung für nach dem Inkrafttreten des KJHG zu erteilende Ermächtigungen, bestehende Ermächtigungen blieben uneingeschränkt wirksam.
Auch nach der herrschenden Meinung wäre die Herrn H. unter der Geltung des JWG erteilte Ermächtigung schon deshalb wirksam geblieben, weil er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Befähigung zum gehobenen Verwaltungsdienst besitzt. Im übrigen hat sich die Streitfrage durch einen Eingriff des Gesetzgebers erledigt. Durch das erste Gesetz zur Änderung des 8. Buches des Sozialgesetzbuchs vom 16. Februar 1993 (BGBl I 239 f) ist § 59 KJHG dahin abgeändert worden, daß die zur Beurkundung ermächtigten Beamten und Angestellten des Jugendamtes nicht mehr mindestens die Befähigung zum gehobenen Verwaltungsdienst besitzen müssen. Nach Art. 5 dieses Änderungsgesetzes sind Beurkundungen und Beglaubigungen nach § 59 Abs. 1 KJHG, die nach Inkrafttreten des KJHG und vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vorgenommen worden sind, nicht allein deshalb unwirksam, weil die tätig gewordenen Personen nicht die Befähigung zum höheren oder gehobenen Verwaltungsdienst besessen haben. Diese Regelung erfaßt nicht etwa nur Beurkundungen, die von Personen vorgenommen worden sind, die nach Inkrafttreten des KJHG zur Beurkundung ermächtigt worden sind, obwohl sie nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht mehr hätten ermächtigt dürfen, weil sie die neuen Qualifikationsanforderungen nicht erfüllten. Die Regelung betrifft vielmehr zumindest in erster Linie Beurkundungen, die von Personen vorgenommen worden sind, die zwar die Qualifikationsanforderungen des neuen Rechts nicht erfüllten, deren Ermächtigung aber unter der Geltung des JWG ausgesprochen worden war und ausgesprochen werden durfte. Dem Gesetzgeber war der Meinungstreit bekannt. Er wußte demnach auch, daß in den Jugendämtern auch nach dem Inkrafttreten des KJHG entsprechend der in dem erwähnten Erlaß dargelegten Rechtsansicht Beurkundungen von Personen vorgenommen wurden, die keine entsprechende Qualifikation hatten. In der Einleitung der amtlichen Begründung des Änderungsgesetzes (BT-Drucks. 12/2866 S. 15) heißt es, das Gesetz sei erforderlich, weil die Auslegung und Anwendung einzelner Bestimmungen des KJHG zu Rechtsunsicherheit geführt habe. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich die Regelung der Ermächtigung zu Beurkundungen erwähnt. In der Begründung zu Artikel 4 Absatz 2 des Gesetzentwurfs, der in der endgültigen Fassung des Änderungsgesetzes Artikel 5 wurde, heißt es weiter, mit dieser Vorschrift sollten etwaige Wirksamkeitsmängel beseitigt werden, die sich daraus ergeben könnten, daß auch nach dem Inkrafttreten des KJHG „Personen Aufgaben der Beurkundung und Beglaubigung wahrgenommen hatten, die die Befähigung zum höheren oder gehobenen Verwaltungsdienst nicht besitzen” (BT-Drucks. aaO S. 29). Die amtliche Begründung stellt mithin nicht darauf ab, daß nach dem 1. Januar 1991 Personen ohne die erforderliche Qualifikation ermächtigt worden sind, sondern darauf, daß sie tätig geworden sind.
Wenn der Umstand, daß die Beurkundungsermächtigung vor dem 1. Januar 1991 erteilt und danach nicht erneuert worden war, die Wirksamkeit einer Beurkundung nicht beeinträchtigt, obwohl der Beurkundende die nun nach § 59 Abs. 1 KJHG (a.F.) erforderlichen Qualifikationsmerkmale nicht erfüllte, dann muß die Beurkundung erst recht wirksam sein, wenn der Beurkundende auch nach dem neuen Recht ermächtigt werden könnte.
d) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Zustimmungserklärung sei dem Standesbeamten rechtzeitig zugegangen. Nach § 1600e Abs. 3 BGB muß die Zustimmung des Kindes bis zum Ablauf von sechs Monaten seit der Beurkundung der Anerkennungserklärung erteilt werden, die Frist beginnt jedoch nicht vor der Geburt des Kindes. Da das beklagte Kind am 28. Juli 1990 geboren worden ist, mußte die Zustimmungserklärung dem Standesbeamten bis zum 28. Januar 1991 zugehen. Das Berufungsgericht hält es aufgrund einer amtlichen Auskunft des Standesamtes und aufgrund der mitgeschickten Anlagen für nachgewiesen, daß eine Ausfertigung der Zustimmungserklärung am 21. Januar 1991 bei dem Standesamt eingegangen ist. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang einen Beweisantrag des Klägers übergangen. Der Kläger habe nämlich durch Zeugnis der Standesbeamtin, die die amtliche Auskunft erteilt habe, unter Beweis gestellt, daß sie sich an den Eingang der Urkunde nicht erinnern könne. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht konnte das Beweisthema dieses Beweisantrags als richtig unterstellen; es hat nämlich nicht abgestellt auf das persönliche Erinnerungsvermögen der Standesbeamtin, sondern ausdrücklich auf Unterlagen, die das Standesamt zusammen mit der amtlichen Auskunft übersandt hat, insbesondere auf einen aus diesen Unterlagen zu ersehenden Eingangsstempel. Soweit die Revision geltend macht, der Eingangsstempel des Standesamtes auf der Zustimmungserklärung sei schlecht leserlich und deshalb nicht beweiskräftig, begibt sie sich auf das ihr verschlossene Gebiet der Beweiswürdigung.
Fundstellen
Haufe-Index 609874 |
NJW 1995, 2346 |