Leitsatz (amtlich)

a) Überläßt der Vermieter die Entscheidung, ob eine vom Mieter geschaffene Einrichtung zurückbleibt, dem Mieter, so hat dieser, wenn er von seinem Wegnahmerecht keinen Gebrauch macht, keinen Ausgleichsanspruch nach § 12 Nr. 2 Satz 2.

b) Hat der Vermieter verlangt, daß eine Einrichtung, mit der der Mieter die Mieträume versehen hat, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zurückbleiben soll und macht der Mieter deshalb von seinem Wegnahmerecht keinen Gebrauch, so hat er einen Zahlungsanspruch auch dann, wenn der Vormieter das Wegnahmeverbot nicht mit einem Zahlungsangebot verbunden hat.

c) Der Vormieter kann seine Verpflichtung zum Ersatz der vom Mieter zurückgelassenen Einrichtung nicht dadurch beseitigen, daß er sein Verlangen, die Einrichtungsgegenstände zurückzulassen, mit der Erklärung verbindet, hierfür nichts zahlen zu wollen. Ob in einer solchen Erklärung ein Angebot auf Abschluß einer Vereinbarung des Verzichts auf Ersatz gesehen werden kann, hängt von den Umständen ab.

d) Der Mieter, der einen Anspruch auf Ausgleich für eine von ihm zurückgelassene Einrichtung nach § 12 Nr. 2 Satz 2 geltend macht, hat die Beweislast dafür, daß der Vermieter den Verbleib der Einrichtung in den Mieträumen verlangt hat.

e) Hat der Vermieter das Zurückbleiben der vom Mieter geschaffenen Einrichtung verlangt, so trifft ihn gegebenenfalls die Beweislast dafür, daß es sich dabei nur um die Bestätigung eines freiwilligen Wegnahmeverzichts des Mieters handelt.

f) Der Zahlungsanspruch des Mieters nach § 12 Nr. 2 Satz 2 geht auf Erstattung des Zeitwertes der zurückgelassenen Einrichtung und nicht auf Zahlung des Betrages, der notwendig wäre, um den alten Zustand der Mieträume wieder herzustellen.

 

Normenkette

DEinhMV § 12 Nr. 2

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 24.11.1967)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. November 1967 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin mietete durch Vertrag vom 12. Dezember 1958 von dem verstorbenen Ehemann der Beklagten (im folgenden Vermieter) in dessen Haus in D., B. straße …, Räume im ersten Obergeschoß auf unbestimmte Zeit. Der Vertrag wurde von dem Diplom-Ingenieur Otto U. als Bürge der Klägerin mit unterzeichnet. Die Vertragschließenden verwendeten das Formular des Deutschen Einheits-Mietvertrages (DEinhMV). Es lautet auszugsweise:

㤠12

Beendigung der Mietzeit

  1. Einrichtungen, mit denen der Mieter die Räume vorsehen hat, kann er wegnehmen. Der Vermieter kann aber verlangen, daß die Sachen in den Räumen zurückgelassen werden, wenn der Vermieter soviel zahlte wie zur Herstellung einer neuen Einrichtung erforderlich wäre, abzüglich eines angemessenen Betrages für die inzwischen erfolgte Abnutzung.”

Die Klägerin versah die Mieträume mit einer Badezimmereinrichtung und – anstelle der vorhandenen Warmwasserzentralheizung – mit einer Öl-Zentral-Luftheizung. Im Auftrag des Vermieters kündigte die Schwester der Beklagten, Anna H., am 9. Februar 1965 in einem mit U. geführten Telefongespräch das Mietverhältnis zum 30. Juni 1965. Sie erklärte dabei u. a., die vorgenommenen Einbauten dürften nicht entfernt werden. Der übrige Inhalt des Telefongesprächs ist streitig. Ein Schreiben des Vermieters an die Klägerin vom 10. Februar 1965 lautet:

„Kündigung

Ich bestätige meine gestrige, am 9. Februar, Herrn U. telefonisch ausgesprochene Kündigung Ihres Mietvertrages vom 12. Dezember 1958 zum 30. Juni 1965.

Der neue Mieter, Herr W., übernimmt die Räumlichkeiten zum 1. Juli 1965, wie bei Ihnen von diesem besichtigt.”

Ein an U. gerichtetes Schreiben vom selben Tage, von dem die Klägerin eine Kopie erhielt, hat folgenden Wortlaut:

„ich bestätige meine gestrige telefonische Unterredung mit Ihnen, in der ich Ihnen die Kündigung des Mietvertrages mit Fräulein Eva K., zum 30. Juni 1965, aussprach. Sie bestätigen, davon Kenntnis genommen zu haben, daß die von Ihnen z.Zt. vorgenommen Einbauten wie Badezimmer, Heizung etc. nicht entfernt werden dürfen.”

Die Klägerin begehrt für die von ihr bei Vertragsende zurückgelassenen Einrichtungsgegenstände von der Beklagten als Erbin des Vermieters Ersatz in Höhe von 11 264,23 DM. Die Beklagte hat eingewandt, der Vermieter habe bereits vor dem Einbau der Gegenstände erklärt, er werde für die Kosten jetzt und auch bei Mietende nicht aufkommen. Bei dem Telefongespräch vom 9. Februar 1965 sei es der Mieterin freigestellt worden, die Einrichtungen mitzunehmen. U. als von der Klägerin bevollmächtigter Vertreter habe jedoch auf eine Wegnahme entschädigungslos verzichtet.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Einrichtungen sind bewegliche Sachen, die mit der Mietsache körperlich verbunden und dazu bestimmt sind, dem wirtschaftlichen Zweck der Mietsache zu dienen. Unerheblich ist, ob sie nach der Verbindung Eigentum des Mieters geblieben oder als wesentliche Bestandteile der Mieträume Eigentum des Vermieters geworden sind. Danach handelt es sich bei der Badezimmereinrichtung und der Öl-Zentralheizung, mit denen die Klägerin die gemieteten Räume versehen hat, um Einrichtungen im Sinne des § 12 des Mietvertrages.

II. 1. Das Berufungsgericht führt aus 3 nach § 12 Nr. 2 des Mietvertrages habe der Vermieter, der dem Mieter die Wegnahme von Einrichtungen untersagt habe, Entschädigung zu leisten, wenn der Mieter wegen dieses Verbotes die Gegenstände zurücklasse.

2. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe § 12 Nr. 2 des Mietvertrages falsch ausgelegt. Das Verbot der Wegnahme begründe keinen Ersatzanspruch, wenn der Vermieter sich dabei nicht bereit erkläre, Zahlung zu leisten. Eine Bereitschaft des Vermieters, eine Entschädigung zu zahlen, sei aber nicht festgestellt.

3. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung frei nachprüfen, weil es sich bei § 12 Nr. 2 des DEinhMV um einen in mehr als einem Oberlandesgerichtsbezirk verwendeten Formularvertrag handelt.

§ 12 Nr. 2 Satz 1 wiederholt das gesetzlich begründete Recht des Mieters zur Wegnahme von Einrichtungen, mit denen er die Mietsache versehen hat (vgl. § 547 Abs. 2 Satz 2 a.F. BGB; jetzt § 547 a Abs. 1 BGB). Dieses Recht kann der Vormieter abwenden, wenn er dem Mieter den Zeitwert ersetzt. Will der Vermieter die Einrichtung behalten, so soll der Mieter zum Ausgleich seiner Aufwendungen entschädigt werden. Das ist der Sinn des § 12 Nr. 2 Satz 2. Dabei kann dahinstehen, ob das Wegnahmerecht solange bestehen bleibt, bis der Vermieter Zahlung leistet oder diese zumindest anbietet (vgl. zur ähnlichen Regelung des § 547 a Abs. 2 BGB: Roquette, Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches Nr. 10 zu § 547 a BGB; Pergande, Wohnraummietrecht; Anm. 5 zu § 547 a BGB). Auf jeden Fall hat der Mieter, der auf Verlangen des Vermieters die Einrichtung zurückläßt, einen Zahlungsanspruch nach Maßgabe des § 12 Nr. 2 Satz 2 (so zu § 547 a Abs. 2 BGB Pergande aaO). Wollte man den Ersatzanspruch davon abhängig machen, daß der Vermieter eine Entschädigung angeboten hat, so würde das auf eine Benachteiligung derjenigen Mieter hinauslaufen, die aus Rechtsunkenntnis oder unter dem Druck des Vermieters auch ohne Entschädigungsangebot dem Verlangen nach Zurücklassung der Einrichtung nachgeben. Die Auslegung, die die Revision für richtig hält, würde außerdem den Zweck der Vorschrift, dem Mieter für den Verzicht auf die Wegnahme eine Entschädigung zu geben, aushöhlen. Will der Vermieter die Einrichtung entschädigungslos behalten, so muß er es darauf ankommen lassen, ob der Mieter die Sachen freiwillig zurückläßt. Einem auch dann gleichwohl noch möglichen etwaigen Anspruch aus §§ 547, 683, 684, 946, 951, 812 BGB kann er nur entgehen, wenn er von seinem sich aus § 556 BGB ergebenden Recht Gebrauch macht, vom Mieter bei Beendigung des Vertrages die Wiederherstellung des früheren, bei Vertragsschluß gegebenen Zustandes zu verlangen.

4. Grundsätzlich ist es auch unerheblich, wenn der Vermieter das Verlangen, eine Einrichtung zurückzulassen, mit der Erklärung verbindet, er zahle dafür nichts. Damit allein kann er sich nicht seiner vertraglich begründeten Zahlungspflicht entziehen. Unter Umständen kann allerdings in einer derartigen Erklärung das Angebot einer Vereinbarung auf Ausschluß des Ersatzanspruchs des Mieters liegen. Ob hier in den vor dem Einbau der Einrichtungen vom Vermieter abgegebenen Erklärungen, er werde jetzt und auch bei Mietende nicht für die Kosten auf kommen, ein solches Angebot gesehen werden könnte und ob die Zeugin H. – was streitig ist – am 9. Februar 1965 gegenüber U. entsprechendes erklärt hat, kann dahinstehen. Denn das Berufungsgericht, das mit Recht die Beklagte insoweit für beweispflichtig hält, hat eine Vereinbarung über einen Ausschluß des Ersatzanspruchs der Klägerin nicht als erwiesen angesehen. Hiergegen hat die Revision keine Angriffe erhoben.

Auf die in den Vorinstanzen aufgeworfene Frage, ob U. zur Erklärung eines entschädigungslosen Verzichts namens der Klägerin bevollmächtigt war, brauchte das Berufungsgericht deshalb nicht einzugehen.

III. 1. Das Berufungsgericht sieht in dem Schreiben des Vermieters vom 10. Februar 1965 ein Wegnahmeverbot, das schon am 9. Februar 1965 telefonisch gegenüber U. ausgesprochen worden sei. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe freiwillig auf Mitnahme der von ihr eingebauten Gegenstände verzichtet, hält es nicht für bewiesen. Es hat die Beklagte verurteilt, weil es sie insoweit als beweispflichtig angesehen hat.

2. Die Revision ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe hierbei die Beweislast verkannt.

Das ist nicht richtig. Nach § 12 Nr. 2 Satz 2 DEinhMV ist der Zahlungsanspruch des Mieters, der von ihn geschaffene Einrichtungen zurückläßt, davon abhängig, daß der Vermieter den Verbleib der Sachen in den Mieträumen verlangt. Überläßt der Vermieter die Entscheidung, ob die Einrichtung zurückbleibt, dem Mieter, so hat dieser, wenn er von seinem Wegnahmerecht keinen Gebrauch macht, keinen Ausgleichsanspruch. Der Mieter, der den Ausgleichsanspruch nach § 12 Nr. 2 Satz 2 DEinhMV geltend macht, hat daher, wenn insoweit Zweifel auftreten, die Beweislast dafür, daß der Vermieter das Zurücklassen der Einrichtung verlangt oder, was dem gleichsteht, wie hier, die Wegnahme untersagt hat. Auf diese Beweislast kommt es hier aber nicht an; denn der Vermieter hat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, in seinen Briefen vom 10. Februar 1965 und in der telefonischen Erklärung der von ihm beauftragten Zeugin H., die vorgenommenen Einbauten dürften nicht entfernt werden, unzweideutig die Wegnahme der Einrichtungen untersagt.

Da die freiwillige Aufgabe von Rechten niemals zu vermuten ist, muß aber der Vermieter, der ein Wegnahmeverbot ausgesprochen hat, seinerseits dartun und notfalls beweisen, daß es sich insoweit nur um die Bestätigung eines freiwilligen Wegnahmeverzichts des Mieters handelt. Die von der Revision zur Frage der Beweislast vertretene Auffassung würde den Zweck der Vorschrift, den Mieter für Einrichtungsgegenstände, deren Verbleib der Vermieter wünscht, einen Zahlungsanspruch zu gewähren, selbst in Fällen erheblich erschweren, in denen der Vermieter unzweideutig die Zurücklassung der Einrichtung verlangt hat.

3. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht seine Auffassung darlegt, ein freiwilliger Verzicht der Klägerin auf ihr Wegnahmerecht sei nicht erwiesen, liegen auf tatsächlichen Gebiet. Sie lassen keinen Rechtsfehler erkennen und worden von der Revision auch nicht angegriffen.

IV. Das Berufungsgericht, das nur dem Grunde nach über den Klageanspruch entschieden hat (§ 304 ZPO), war entgegen der Meinung der Revision nicht verpflichtet, sich mit den einzelnen Posten der Anspruchsberechnung der Klägerin auseinanderzusetzen. Im übrigen trifft die Auffassung der Revision nicht zu, die Beklagte brauche alle Arbeiten, die im Falle der Wegnahme nutzlos wären, nicht zu ersetzen und auch keine Entschädigung zu leisten, soweit die von der Klägerin veranlaßten Arbeiten ohne weitere Aufwendungen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Nach § 12 Nr. 2 Satz 2 DEinhMV ist nicht in Höhe des Betrages Entschädigung zu leisten, der erforderlich wäre, um den alten Zustand wieder herzustellen. Der Anspruch des Mieters geht vielmehr auf Erstattung des Zeitwertes der bestehenden Einrichtung.

V. Die sonach unbegründete Revision war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Haidinger, Dr. Gelhaar, Dr. Mezger, Mormann, Braxmaier

 

Fundstellen

Haufe-Index 950575

Nachschlagewerk BGH

MDR 1969, 1001

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