Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats – Kartellsenats – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Februar 1997 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 27. August 1996 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landkreis auf dem Gelände des Landratsamtes, in dem sich auch die Kraftfahrzeugzulassungsstelle befindet, Räume an Unternehmen vermieten darf, die Kraftfahrzeugschilder prägen und verkaufen.
Die Klägerin betreibt bundesweit etwa 300 Schilderprägestellen, meist in räumlicher Nähe zu Kfz-Zulassungsstellen. Der beklagte Landkreis unterhält das Landratsamt in A., das als untere Verwaltungsbehörde u.a. für die Zulassung von Kraftfahrzeugen und für die Zuteilung von Kfz-Kennzeichen zuständig ist. Das Grundstück, auf dem sich das Landratsamt mit der Kfz-Zulassungsstelle befindet, weist hinsichtlich seiner Zugänglichkeit eine Art Insellage auf, weil es von einer Bahntrasse, dem kanalisierten Fluß K. und zwei vierspurig ausgebauten Straßen umgeben ist. Das Grundstück des Landratsamtes ist von Nordwesten her zugänglich. Für das Gebäude gibt es neben einem (Haupt-)Eingang im Nordwesten einen weiteren Eingang im Südosten, der unmittelbar zur Kfz-Zulassungsstelle führt. Für die Besucher der Zulassungsstelle gibt es Parkplätze entlang der südöstlichen Grundstücksgrenze. Dort befindet sich – vom Eingang zur Zulassungsstelle etwa 15 m entfernt – ein kleines Nebengebäude, in dem zwei Schilderprägebetriebe untergebracht sind. Der Beklagte hatte die Vermietung dieser Räume im Oktober 1995 ausgeschrieben; dabei erhielten die Unternehmen den Zuschlag, die das Höchstangebot (40 % des Umsatzes) abgegeben hatten. Die Laufzeit der Mietverträge ist nicht befristet, der Beklagte hat jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, nach vier Jahren sei ein neues Ausschreibungsverfahren vorgesehen. Die Klägerin, die sich an der Ausschreibung nicht beteiligt hatte, hat ein für den Betrieb einer Schilderprägestelle geeignetes Garagengrundstück in der W. -Straße auf der anderen Seite des K. angemietet, ohne bislang dort einen entsprechenden Betrieb eröffnet zu haben. Auf der anderen Seite der Bahntrasse befindet sich in der W. -Straße noch ein weiterer Schilderpräger. Auf dieses Unternehmen und auf die beiden auf dem Gelände des Landratsamtes angesiedelten Betriebe weist der Beklagte in der Zulassungsstelle durch einen Aushang hin.
Die Klägerin sieht in der Vermietung der Räume auf dem Gelände des Landratsamtes eine nach § 26 Abs. 2 GWB kartellrechtswidrige und nach § 1 UWG wettbewerbswidrige unbillige Behinderung der anderen Schilderpräger. Da die Schilder in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren erworben werden müßten – wer ein Fahrzeug zulassen möchte, muß zunächst die Zulassungsstelle aufsuchen, sich danach das Kennzeichen verschaffen, um mit dem Kennzeichen nochmals bei der Zulassungsstelle vorzusprechen –, vermittle der Standort den in unmittelbarer Nähe der Zulassungsstelle untergebrachten Anbietern einen uneinholbaren Vorteil und lasse Mitbewerber, da andere Wettbewerbsfaktoren wie der Preis nahezu bedeutungslos seien, ohne Marktchancen. Da eine diskriminierungsfreie Vermietung der Räume für die Schilderprägestellen im Nebengebäude auch durch eine Ausschreibung nicht zu erreichen sei, müsse der Beklagte die Vermietung der Räume sowie die Fortführung der eingegangenen Mietverhältnisse unterlassen. Außerdem sei der Beklagte der Klägerin zum Ersatz des ihr entstandenen Schadens verpflichtet.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
es dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
- im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Räume und/oder Flächen im Gebäude und/oder auf dem Grundstück des O. kreises in A., in dem die Kfz-Zulassungsstelle untergebracht ist, an Kfz-Schilderpräger zu vermieten oder sonstwie zum Gebrauch zu überlassen und/oder derartige Räume/Flächen zur Gebrauchsüberlassung auszuschreiben, insbesondere aufgrund der Ausschreibung vom 12./14.10.1995;
- die aufgrund der Ausschreibung vom 12./14.10.1995 geschlossenen Mietverträge mit Kfz-Schilderprägern fortzuführen;
hilfsweise:
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Raum zu vermieten, der den aufgrund der Ausschreibung vom 12./14.10.1995 beschriebenen Räumen an Lage zu den Zulassungsschaltern der Kfz-Zulassungsstelle in A., Größe, Ausstattung, Zugänglichkeit und sonstigen Eigenschaften entspricht;
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin durch die Vermietung des Beklagten an Schilderprägebetriebe aufgrund der Ausschreibung vom 12./14.10.1995 entstanden sind.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat in Abrede gestellt, daß er den maßgeblichen Markt beherrsche, und hat auf eine Reihe anderer Grundstücke in der Umgebung des Landratsamtes verwiesen, die sich für Schilderprägestellen ebenfalls eigneten. Maßgeblich für die Vermietung sei die kundenfreundliche Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens; ferner gehe es darum, Einnahmen zu erzielen, wie sie auch ein privater Vermieter verlange.
Das Landgericht hat den Beklagten gemäß den Hauptanträgen verurteilt. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg (OLG Stuttgart NJW-RR 1997, 1541).
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten des Beklagten einen Verstoß gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot gesehen und zur Begründung ausgeführt: Der Beklagte besitze auf dem hier relevanten Markt der Vermietung von Räumen oder Flächen, die zum Betrieb von Schilderprägestellen in Betracht kommen, eine überragende Marktstellung. Da die Kunden nicht bereit seien, für den Erwerb der Kfz-Kennzeichen weite Wege in Kauf zu nehmen, bestehe schon bei Objekten in der näheren Umgebung des Landratsamtes nur noch ein geringes Anmietungsinteresse. Dies werde im Streitfall durch die Insellage besonders deutlich, in der sich das Landratsamt befinde. Auf der anderen Seite komme die Klägerin, auch wenn sie an der Ausschreibung im Herbst 1995 nicht teilgenommen habe, als Anspruchsberechtigte in Betracht. Da alle Mietinteressenten im Streitfall eine identische wirtschaftliche Funktion ausübten, handele es sich auch um einen gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr. Schließlich sei auch von einer Ungleichbehandlung der Klägerin durch den Beklagten auszugehen, da er ihr anders als Mitbewerbern das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung verweigere.
Für diese Ungleichbehandlung habe der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte keine hinreichenden Gründe vorbringen können. Im Ergebnis der Abwägung überwiege das Interesse der Klägerin an einer Offenhaltung des Marktes. Das vom Beklagten angeführte, an sich begrüßenswerte Interesse an einer zügigen und bürgerfreundlichen Gestaltung des Zulassungsverfahrens könne einen erheblichen Eingriff der öffentlichen Hand in den Wettbewerb zugunsten einzelner nicht rechtfertigen. Dies gelte auch für das fiskalische Interesse an einer möglichst einträglichen Vermietung der fraglichen Räume. Der Vorteil, in dessen Genuß der Beklagte dabei komme, beruhe nicht auf eigener Leistung und könne daher nicht als leistungsgerecht anerkannt werden. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Beklagte nicht nur einen, sondern zwei Wettbewerber durch die Vermietung von Räumlichkeiten auf dem Gelände des Landratsamtes bevorzuge. Daß bei der Ausschreibung des Beklagten der Meistbietende den Zuschlag erhalten habe, gewährleiste für die außerhalb des Amtsgeländes tätigen Anbieter nicht den Ausgleich der Wettbewerbschancen. Selbst wenn die höhere Miete sich in höheren Preisen niederschlagen sollte, könne der außerhalb tätige Anbieter auf den Vorteil, der für den Verbraucher ohnehin nur von untergeordneter Bedeutung sei, nicht hinweisen.
Da das Verhalten des Beklagten gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, seien die vom Beklagten geschlossenen Mietverträge nichtig. Da offenbar keine Möglichkeit bestehe, auf dem Amtsgelände in entsprechend günstiger Position weitere Schilderpräger anzusiedeln, könne dem Diskriminierungsverbot nur mit Hilfe eines Verbots der Fortsetzung der Mietverträge zur Durchsetzung verholfen werden. Schließlich sei der Beklagte der Klägerin auch zum Ersatz des durch sein Verhalten entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts stehen der Klägerin keine Ansprüche aus § 35 Abs. 1 i.V. mit § 26 Abs. 2 GWB zu.
a) Allerdings ist der beklagte Landkreis, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, Normadressat des Behinderungs- und Diskriminierungsverbots des § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB.
aa) Der relevante Markt, auf den zur Ermittlung der Marktstellung des Beklagten abzustellen ist, umfaßt in sachlicher und räumlicher Hinsicht das Angebot von Gewerbeflächen, die sich für einen Schilderpräger, der den bei den Besuchern einer bestimmten Zulassungsstelle anfallenden Bedarf an Kfz-Schildern decken möchte, zur Anmietung oder sonstigen Nutzung eignen. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß der Markt in räumlicher Hinsicht nach dem auch insoweit anwendbaren Bedarfsmarktkonzept nicht auf die im Gebäude der Zulassungsstelle befindlichen Räume beschränkt, sondern auch auf solche Flächen zu erstrecken ist, die sich in unmittelbarer Nähe des Gebäudes der Zulassungsstelle befinden. Die Nachfrage nach Kfz-Schildern wird erfahrungsgemäß nicht nur von Schilderprägern mit einem Geschäftslokal im Gebäude oder auf dem Gelände der Kfz-Zulassungsstelle, sondern auch von solchen Anbietern befriedigt, die sich in unmittelbarer Nähe angesiedelt haben. Unter diesen Umständen begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, für die Nachfrage der Marktgegenseite bestehe insoweit eine funktionelle Austauschbarkeit, keinen durchgreifenden Bedenken.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte genieße gegenüber den anderen Anbietern von Gewerbeflächen, die für einen Schilderprägebetrieb in Betracht kommen, jedenfalls eine überragende Marktstellung (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, daß sich diese besondere Marktstellung aus dem Vorteil ableitet, den der Standort auf dem Gelände des Landratsamtes dem dort tätigen Anbieter vermittelt. Denn für den Bürger, der vor und nach dem Erwerb des Kennzeichens die Zulassungsstelle aufsuchen muß, besteht ein hoher Anreiz, seinen Bedarf bei dem auf dem Gelände befindlichen Anbieter zu decken. Der Vorzug, den dieser Wettbewerber auf dem Markt für Kfz-Kennzeichen genießt, kommt auf dem vorgelagerten Vermietungsmarkt dem beklagten Landkreis zugute, der in der Lage ist, sich diese Vorzüge durch eine deutlich höhere Miete oder Pacht entgelten zu lassen, als sie für Standorte außerhalb des Gebäudes der Zulassungsstelle bezahlt werden.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß es sich bei der Anmietung von Räumen auf dem Gelände der Zulassungsstelle des Beklagten um einen Geschäftsverkehr handelt, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Die verschiedenen Bewerber für die Anmietung der Räume im Gebäude der Zulassungsstelle sind ihrer wirtschaftlichen Funktion nach untereinander gleichartig. Auch wenn nur zwei Anbieter als Mieter der in Rede stehenden Räume zugelassen werden können, handelt es sich um einen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr. Wie der Senat bereits in der Vergangenheit entschieden hat, schließen quantitative Begrenzungen des Zugangs die Üblichkeit nicht aus (vgl. BGHZ 52, 65, 70 – Sportartikelmesse; 107, 273, 278 – Staatslotterie).
c) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß die Klägerin dadurch ungleich behandelt und in ihrer Geschäftstätigkeit behindert worden ist, daß die Räume in der Zulassungsstelle nicht an sie, sondern an zwei Mitbewerber vermietet worden sind. Der Begriff der Behinderung in § 26 Abs. 2 GWB ist weit zu verstehen und erfaßt jedes Marktverhalten, das objektiv nachteilige Auswirkungen für den Betroffenen hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1967 - KZR 5/66, WuW/E 863, 870 - Rinderbesamung II; BGHZ 81, 322, 327 – Original-VW-Ersatzteile II; 116, 47, 57 – Amtsanzeiger). Auch die Feststellung einer unterschiedlichen Behandlung trägt noch kein Unwerturteil in sich. Vielfach wird ein Marktverhalten sogar beide Alternativen des § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB erfüllen. So verhält es sich im Streitfall: Eine Behinderung der Klägerin besteht schon darin, daß der Beklagte – aus welchen Gründen auch immer – die Gewerbeflächen auf dem Gelände der Zulassungsstelle nicht an sie, sondern an zwei Mitbewerber vermietet hat. Darin liegt gleichzeitig eine Ungleichbehandlung, die unabhängig davon zu bejahen ist, ob der Beklagte für die Entscheidung zugunsten der Mitbewerber vernünftige Gründe anzuführen vermag.
d) Unabhängig davon, ob von einer Ungleichbehandlung oder von einer Behinderung auszugehen ist, hängt die Frage des sachlich gerechtfertigten Grundes bzw. der Unbilligkeit von einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes ab. Diese Abwägung ergibt, daß die Behinderung der Klägerin durch den Beklagten nicht als unbillig angesehen werden kann.
aa) Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, daß das von der Klägerin begehrte Verbot darauf gerichtet ist, den Beklagten mit der in Rede stehenden gewerblichen Leistung vollständig vom Wettbewerb auszuschließen. Eine derart weitgehende Rechtsfolge kann im Rahmen des § 26 Abs. 2 GWB nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommen. Denn diese Bestimmung zielt darauf ab, die Spielräume, die der Normadressat genießt, einzuengen, nicht aber, ihn gänzlich vom Wettbewerb auszuschließen. Auch kann der Normadressat im allgemeinen nicht gezwungen werden, seine Interessen vollständig denen eines anderen Unternehmens unterzuordnen.
bb) Bei dem Interesse, das der Beklagte mit der Vermietung der Gewerbeflächen verfolgt, geht es nicht nur um das fiskalische Interesse, zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften, sondern zumindest auch darum, den Kunden der Zulassungsstelle dadurch entgegenzukommen, daß sie einen Schilderpräger auf dem Gelände der Zulassungsstelle aufsuchen können. Diesem Gesichtspunkt kommt gerade auch dann Bedeutung zu, wenn der Weg zu außerhalb tätigen Anbietern etwas beschwerlich wäre. Daß es sich bei dem Verkauf der Kfz-Kennzeichen um ein mit der hoheitlichen Tätigkeit der Zulassungsstelle in engem Zusammenhang stehendes Geschäft handelt und eine einfache Erwerbsmöglichkeit den Bedürfnissen des Publikums entgegenkommt, hat der Bundesgerichtshof auch im Rahmen der Beurteilung nach § 1 UWG als maßgeblichen Umstand angesehen, weshalb selbst der Verkauf der Schilder durch die Zulassungsstelle nicht beanstandet worden ist (BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf).
cc) Auf der Seite der Klägerin sowie anderer potentieller Mitbewerber ist das Interesse zu berücksichtigen, ihre Chancen im Wettbewerb nicht dadurch gefährdet zu sehen, daß der Beklagte zwei Mitbewerbern Geschäftsräume vermietet, die diesen einen erheblichen Standortvorteil verschaffen. Dem Umstand, daß die öffentliche Hand auf diese Weise Einfluß auf das Wettbewerbsgeschehen nimmt, kommt dabei allerdings – entgegen einer im Schrifttum geäußerten Auffassung (vgl. Immenga, NJW 1995, 1921, 1926; J.B. Nordemann, WRP 1996, 383, 384) – keine entscheidende Bedeutung zu. Auch an anderer Stelle wirkt sich die nicht auf eigene Leistung zurückzuführende Nachfrage- oder Angebotsmacht der öffentlichen Hand im Wettbewerb aus, ohne daß sich daraus kartellrechtlich ein Verbot wirtschaftlichen Handelns ableiten ließe. Vor allem aber werden die wettbewerbsschädlichen Auswirkungen, die von einem Verhalten wie dem im Streitfall beanstandeten ausgehen, nicht zutreffend dargestellt. Der auch von der Revisionserwiderung vorgebrachte Einwand, durch die Vermietung der Räume im Gebäude der Zulassungsstelle an einen Schilderpräger werde der Leistungswettbewerb vollständig ausgeschaltet, ist nicht begründet.
Zutreffend ist zwar, daß der im Gebäude oder auf dem Gelände der Zulassungsstelle tätige Mitbewerber – wie bereits dargelegt – einen Standortvorteil genießt, der je nach den örtlichen Verhältnissen erheblich sein kann. Mit Recht weist jedoch die Revision darauf hin, daß sich ein solcher Standortvorteil in einem funktionierenden Wettbewerb dadurch ausgleicht, daß für den vorteilhaften Standort ein höherer Preis, also in der Regel eine höhere Miete oder Pacht, zu zahlen ist, der sich im allgemeinen auch in höheren Verkaufspreisen niederschlagen wird. Derartige Erwägungen können nicht als hypothetisch abgetan werden. Denn sie gründen sich auf ein allgemeines Erfahrungswissen hinsichtlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, auf das bei der kartellrechtlichen Beurteilung der widerstreitenden Interessen ohne weiteres zurückgegriffen werden kann. Danach ist davon auszugehen, daß für den vorteilhaften Standort im allgemeinen ein höherer Preis zu zahlen ist und damit dem vom Standort her benachteiligten Wettbewerber ein Ausgleich in der Form eines deutlichen Kostenvorteils zukommt, der sich in günstigeren Endverbraucherpreisen niederschlagen kann.
Allerdings können Preisvorteile nur dann zum Zuge kommen, wenn für den Wettbewerber, der seine Schilder von dem ungünstigeren Standort aus anbietet, Möglichkeiten bestehen, auf sein Angebot, insbesondere auf die von ihm verlangten Preise, an geeigneter Stelle hinzuweisen. Daß es im Streitfall an derartigen Möglichkeiten fehlen würde, ist indessen nicht dargetan.
dd) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, daß die Auswahl der Mieter für die beiden Räume nicht unter angemessenen und fairen Bedingungen erfolgt ist. Der Beklagte hat darüber hinaus angekündigt, daß er in regelmäßigen Abständen Ausschreibungen durchführen werde, bei denen der Interessent zum Zuge kommt, der das Höchstgebot abgibt. Dies gibt nicht berücksichtigten Interessenten die Möglichkeit, sich bei einer der nächsten Ausschreibungen erneut um die Räume zu bemühen. Ein solches Vorgehen berücksichtigt die Interessen der Schilderpräger in fairer und angemessener Weise und bietet aus Rechtsgründen keinen Anlaß zu Beanstandungen. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte fordere mit dem Angebot, die fraglichen Gewerbeflächen an den meistbietenden Interessenten zu vermieten, zu ruinösem Wettbewerb auf und riefe Hasardeure auf den Plan, die zur Zahlung unverhältnismäßig hoher Mieten bereit seien. Ob ein bestimmter Mietzins für einen bevorzugten Standort angemessen ist, richtet sich in erster Linie nicht nach objektiven Gesichtspunkten, sondern nach den besonderen Umsatzerwartungen an dem bevorzugten Standort.
ee) Schließlich darf bei den Erwägungen, die das Berufungsgericht zu den drohenden Wettbewerbsverzerrungen auf dem Kennzeichenmarkt anstellt, nicht außer Betracht bleiben, daß eine entsprechende Situation auch ohne eine Vermietung von Gewerbeflächen durch die öffentliche Hand eintreten kann. Auch wenn im Gebäude oder auf dem Gelände der Zulassungsstelle keine Gewerbeflächen für Schilderpräger zur Verfügung gestellt werden, können sich für den räumlich am günstigsten gelegenen Wettbewerber ganz ähnliche Standortvorteile ergeben, wie sie ein im Gebäude oder auf dem Gelände der Zulassungsstelle tätiger Anbieter genießt, ohne daß dies mit den Mitteln des Kartellrechts zu verhindern wäre.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht aus § 1 UWG begründet. Im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung sind insoweit die gleichen Beurteilungskriterien wie bei § 26 Abs. 2 GWB maßgebend (vgl. BGHZ 96, 337, 346 – Abwehrblatt II; 107, 40, 41 – Krankentransportbestellung). Eine Gefährdung des Wettbewerbsbestandes, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das lauterkeitsrechtliche Verbot einer Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand rechtfertigen könnte (vgl. BGHZ 82, 375, 390 – Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 161 – Abrechnungs-Software für Zahnärzte), steht im Streitfall – wie dargelegt – nicht in Rede. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Klägerin nicht allein auf den Standort in A. angewiesen ist, sondern sich auch bei anderen Kfz-Zulassungsstellen um vorteilhafte Gewerbeflächen – sei es innerhalb oder außerhalb der Zulassungsstelle – bemühen kann.
3. Liegt im Verhalten des Beklagten weder ein Verstoß nach § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB noch ein solcher nach § 1 UWG, fehlt auch für das Verbot der Fortführung der abgeschlossenen Mietverträge sowie für die Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz die Grundlage.
III. Stehen der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nicht zu, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Geiß, v. Ungern-Sternberg, Melullis, Tepperwien, Bornkamm
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.07.1998 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen