Leitsatz (amtlich)
a) Der Inhaber eines Verfahrenspatents ist grundsätzlich nicht gehindert, sich von dem Erwerber einer zur Ausführung des Verfahrens bestimmten und geeigneten Vorrichtung die Zahlung von Lizenzgebühren versprechen zu lassen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 24.09.1979 – KZR 14/78, GRUR 1980, 38 – Fullplastverfahren).
b) Die Vereinbarung einer Mindestlizenz schließt die Anpassung der Lizenz nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht zwingend aus (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.03.1973 – KZR 11/72, GRUR 1974, 40 – Bremsrolle).
Normenkette
PatG 1981 §§ 9, 15
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Urteil vom 30.06.1999; Aktenzeichen 6 U 115/98) |
LG Magdeburg (Urteil vom 19.06.1998; Aktenzeichen 7 O 3/98) |
Tenor
Die Revision gegen das am 30. Juni 1999 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien schlossen 1992 unter demselben Datum zwei schriftliche Verträge. Mit dem im folgenden als Kaufvertrag bezeichneten Vertrag verkaufte die Klägerin der Beklagten eine gebrauchte O.-Hochdruck-Bodenwaschanlage zur Reinigung kontaminierter Böden. Mit der als Unterlizenzvertrag bezeichneten Vereinbarung (im folgenden: Lizenzvertrag) räumte die Klägerin der Beklagten Nutzungsrechte an dem auf einer Anmeldung vom 18. Juli 1981 beruhenden, unter anderem für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland am 2. Oktober 1985 erteilten europäischen Patent 0 045 642 (im folgenden: Vertragspatent 1), an dem europäischen Patent 0 365 964 „Strahlrohr”, an dem europäischen Patent 0 365 965 „Spülsieb-Einrichtung”, an der deutschen Patentanmeldung 41 42 845 „Bodenreinigung” sowie an ihrem weiteren, auch künftigen Know-how auf dem Gebiet der Bodenwäsche ein.
Das Vertragspatent 1 betrifft ein Verfahren zur Reinigung von verschmutzter Erde unter Verwendung eines Strahlrohres in einer Rohrleitung. Dieses Verfahren kommt beim Betrieb der an die Beklagte verkauften Bodenwaschanlage zum Einsatz. Die Klägerin ist aufgrund eines mit einer niederländischen Gesellschaft geschlossenen Unterlizenzvertrages Unterlizenznehmerin an dem Vertragspatent 1 und war danach ihrerseits zur Erteilung von Unterlizenzen an dem Vertragspatent 1 berechtigt. Was die weiteren Vertragsschutzrechte anlangt, war die Klägerin jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses selbst Inhaberin der Patente bzw. der Patentanmeldung.
Der Lizenzvertrag sieht als Gegenleistung der Beklagten eine Lizenzgebühr in Höhe von 15,– DM/t für mit der von der Klägerin gelieferten Anlage verarbeitete Erde bzw. eine Mindestlizenzgebühr in Höhe von 200.000,– DM (zzgl. MwSt) pro Kalenderjahr vor, auf welche die vierteljährlich zu zahlende Lizenzgebühr angerechnet werden soll.
1994 vereinbarten die Parteien mit der demselben Konzern wie die Klägerin angehörenden N. GmbH & Co. KG, daß diese anstelle der Klägerin mit allen Rechten und Pflichten rückwirkend zum 31. Dezember 1993 in den zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag eintrete, hiervon aber der Lizenzvertrag unberührt bleiben solle.
Mit Zustimmung der Klägerin überließ die Beklagte sodann der mit ihr verbundenen RST R. GmbH (im folgenden: RST GmbH) die von ihr erworbene Bodenwaschanlage zum Gebrauch gegen ein Nutzungsentgelt sowie eine Lizenzgebühr, die der zwischen den Parteien vereinbarten Lizenzgebühr entspricht.
Seit dem 1. Januar 1995 wird die Bodenwaschanlage von der RST GmbH betrieben.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin nach ihrer Behauptung nicht bezahlte Lizenzgebühren für das Jahr 1996. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision mit dem Begehren, die Klage abzuweisen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin könne aufgrund des Lizenzvertrages wie gefordert als umsatzbezogene Lizenzgebühr noch 38.191,50 DM und als restliche Mindestlizenzgebühr noch weitere 93.017,70 DM verlangen, weil sie von der Beklagten für das Jahr 1996 einen Betrag von 200.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer noch nicht vollständig erhalten habe.
2. Das Berufungsgericht ist dabei davon ausgegangen, daß mit dem schriftlichen Abschluß des Lizenzvertrages die gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften gewahrt worden sind. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Meinung der Revision kann nicht beigetreten werden, dem angesichts des Vertragsschlusses bereits im Jahre 1992 hier noch zu beachtenden (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.1999 – KZR 23/97, GRUR 1999, 602 – Markant) Schriftformgebot des § 34 Satz 1 GWB in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990 (BGBl. I, 235) sei nicht genügt.
a) Mit ihrer Rüge, die Vertragsparteien hätten es versäumt, vertragswesentliche Punkte im Lizenzvertrag festzulegen, kann die Revision nicht durchdringen, weil § 34 Satz 1 GWB a.F. keine Anforderungen an den Inhalt des geschlossenen Vertrages stellt (BGHZ 77, 1, 5 ff. – Einstandspreis ab Raffinerie; BGH, Urt. v. 30.09.1992 – VIII ZR 196/91, GRUR 1993, 66, 67 – Bierlieferungsvertrag). Mit dem kartellrechtlichen Schriftformerfordernis gemäß § 34 Satz 1 GWB a.F. soll allein sichergestellt werden, daß Behörden und Gerichte den Inhalt einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung stets ohne weiteres aus bestimmten Schriftstücken entnehmen können, ohne langwierige Nachforschungen über mögliche mündliche Absprachen anstellen zu müssen (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 14.01.1997 – KZR 36/95, NJW 1997, 2182, 2183 – Kölsch-Vertrag m.w.N.). Dieser Gesetzeszweck ist nicht betroffen, wenn die Vertragsparteien das schriftlich niedergelegt haben, was sie vereinbart haben. Die Revision zeigt nicht auf, daß die Parteien dies nicht auch im Hinblick auf das der Klägerin selbst zustehende Nutzungsrecht am Vertragspatent 1 getan hätten, dessen Entstehung die Beklagte als nicht hinreichend im Lizenzvertrag behandelt ansieht.
b) Auch mit dem Hinweis, daß es im Lizenzvertrag hinsichtlich des Vertragsgebiets lediglich heißt, es entspreche Ziff. 15.2 dieses Vertrages, obwohl an diesem angegebenen Ort etwas völlig anderes geregelt ist, kann eine Mißachtung der gesetzlichen Schriftform nicht dargetan werden.
Nachdem das Berufungsgericht die für die Beurteilung der Formwirksamkeit erforderliche Auslegung des Lizenzvertrages nicht vorgenommen hat, kann sie durch den Senat erfolgen, weil die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind und eine weitere Aufklärung nicht mehr zu erwarten ist (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 16, 71, 81; BGH, Urt. v. 12.12.1997 – V ZR 250/96, NJW 1998, 1219). Sie ergibt, daß die Parteien mit „Ziff. 15.2 dieses Vertrages” nicht den Lizenzvertrag gemeint haben, sondern Ziff. 15.2 des von ihnen am selben Tag abgeschlossenen Kaufvertrages. Dort findet sich die Vertragsgebietsbestimmung. Da die Beklagte nur berechtigt sein soll, die Anlage zur Bodensanierung des Betriebsgeländes der E.- und H. T. AG und zur Reinigung von Böden anderer Orte in T. einzusetzen, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß allein diese Bestimmung nach den übereinstimmenden Interessen der Parteien auch für den Lizenzvertrag gelten soll. Es war nur konsequent, auch die Vertragsgebiete für beide Verträge identisch festzulegen, weil einerseits die Beklagte erst aufgrund des Lizenzvertrages berechtigt ist, mit der Bodenwaschanlage das im Vertragspatent 1 geschützte Reinigungsverfahren anzuwenden, sie andererseits aber erst durch den Erwerb der Bodenwaschanlage in die Lage versetzt wurde, das Reinigungsverfahren auszuüben; beide Verträge bildeten hiernach eine wirtschaftliche Einheit.
Werden die unterschiedlichen Teile eines wirtschaftlich einheitlichen Vertragswerks, bei dessen Abschluß § 34 Satz 1 GWB a.F. zu beachten ist, nicht in einer einzigen Urkunde, sondern – wie hier – in zwei Urkunden niedergelegt, ist allerdings eine wechselseitige Bezugnahme erforderlich. Denn erst dadurch erhalten die Kartellbehörden und die Gerichte die Möglichkeit, trotz Aufspaltung in mehrere rechtlich voneinander getrennte Verträge die volle wettbewerbliche Bedeutung der eingegangenen Bindungen zu erkennen (BGHZ 84, 322, 324 – Laterne; BGH, Urt. v. 11.03.1997 – KZR 44/95, GRUR 1997, 482, 483 – magic print; Urt. v. 06.05.1997 – KZR 42/95, GRUR 1997, 781, 782 – Sprengwirkungshemmende Bauteile).
Auch hieraus ergeben sich jedoch durchgreifende Bedenken gegen die Formwirksamkeit des Lizenzvertrages der Parteien nicht. Im Kaufvertrag ist der Lizenzvertrag unter der die Beilagen verzeichnenden Rubrik ausdrücklich aufgeführt. Im Lizenzvertrag ist festgehalten, daß die Beklagte beabsichtige, mit Hilfe einer von der Lizenzgeberin gekauften Bodenwaschanlage sowie mit deren Know-how verunreinigten Boden zu reinigen. In einer weiteren Bezugnahme auf den am selben Tag geschlossenen Kaufvertrag heißt es, daß der Vertrag mit der Unterzeichnung durch beide Parteien in Kraft trete und mit der Ausübung einer Rückkaufoption, jedoch frühestens am 31. Dezember 1993 ende. Damit war auch für die Behörden und Gerichte zu erkennen, daß mit dem in Lizenzvertrag enthaltenen Verweis auf „Ziff. 15.2 dieses Vertrages” nicht der als Unterlizenzvertrag bezeichnete Vertrag gemeint sein konnte, der an dieser Stelle eine völlig andere Regelung vorsieht, sondern der die Anlage betreffende Kaufvertrag, weil er dort die betreffende Bestimmung enthält.
3. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Lizenzvertrag der Beklagten kartellrechtlich mißbilligte Beschränkungen im Geschäftsverkehr nicht auferlegt habe. Die von der Klägerin an die Beklagte gelieferte Bodenwaschanlage habe vor allem der Umsetzung und Anwendung des lediglich ein Verfahren betreffenden Vertragspatents 1 gedient. Durch den gleichzeitigen Verkauf der Bodenwaschanlage an die Beklagte sei deshalb Gemeinfreiheit nicht eingetreten; der Lizenzvertrag sei nicht wegen Verstoßes gegen §§ 20, 21 GWB a.F. unwirksam.
Auch dies bekämpft die Revision ohne Erfolg.
a) Allerdings bilden nicht die §§ 20, 21 GWB in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 1990 (BGBl. I, 235) die hier maßgeblichen Bestimmungen. Sie sind mit der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl. I, 2546) nach Maßgabe der Regelung in § 131 Abs. 4 GWB n.F. aufgehoben (§ 131 Abs. 1 GWB n.F.); an ihre Stelle sind die §§ 17, 18 GWB n.F. getreten, die Verträge über die Lizenzierung von erteilten oder angemeldeten Patenten oder von in §§ 17, 18 GWB n.F. genannten anderen geschützten und nicht geschützten Leistungen einem gesetzlichen Verbot unterwerfen, soweit sie dem Lizenznehmer Beschränkungen im Geschäftsverkehr auferlegen, die über den Inhalt des überlassenen Rechts hinausgehen. Das Vorliegen dieser auch schon in §§ 20, 21 GWB a.F. normierten Voraussetzung hat das Berufungsgericht jedoch ohne Rechtsverstoß verneint.
b) Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Zahlung von Lizenzgebühren für die Benutzung einer Sache, in der sich ein in §§ 17, 18 GWB n.F. genanntes Schutzrecht oder eine der in § 18 GWB n.F. genannten anderen Leistungen verkörpert, vereinbart wird, obwohl die Benutzung dem Verbietungsrecht des Rechtsinhabers nicht mehr unterliegt, die Sache also gemeinfrei ist (vgl. BGHZ 17, 41, 54 ff. – Kokillengießverfahren; BGH, Urt. v. 16.10.1962 – KZR 11/61, GRUR 1963, 207, 210 – Kieselsäure). Handelt es sich um ein für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteiltes Sachpatent, ist dies regelmäßig bei denjenigen von seiner Lehre Gebrauch machenden Gegenständen der Fall, die der Rechtsinhaber oder ein durch ihn hierzu ermächtigter Dritter in Deutschland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem dem europäischen Wirtschaftsraum angehörigen Staat in den Verkehr gebracht hat (BGHZ 143, 268 – Karate). Dies hat seinen Grund darin, daß ein solches Inverkehrbringen die Gelegenheit bietet, die Vorteile wahrzunehmen, die das Patentrecht gewährt (BGH, Urt. v. 24.09.1979 – KZR 14/78, GRUR 1980, 38, 39 – Fullplastverfahren m.w.N.). Mit der ersten Veräußerung durch den Patentinhaber oder einen von ihm hierzu Ermächtigten tritt Erschöpfung des Patentrechts ferner bei einem Erzeugnis ein, das nach einem Verfahrenspatent hergestellt ist und gemäß § 9 Nr. 3 PatG seinen Wirkungen unterliegt, so daß auch für die weitere Benutzung eines solchen Erzeugnisses eine Lizenz nicht wirksam vereinbart werden kann.
Bei der Veräußerung einer Vorrichtung, die zur Ausübung eines durch ein Patent geschützten Verfahrens bestimmt ist, ist ein solche Rechtsfolge jedoch regelmäßig nicht geboten; der Inhaber eines Verfahrenspatents kann aus den in der Entscheidung „Fullplastverfahren” (aaO) angestellten Erwägungen grundsätzlich nicht gehindert sein, sich von dem Erwerber der Vorrichtung für die Benutzung des geschützten Verfahrens sowie von geheimem Verfahrens-Know-how die Zahlung von Lizenzgebühren versprechen zu lassen. Die überwiegend im Schrifttum vertretene Meinung (Immenga/Mestmäcker/Emmerich, GWB, 2. Aufl., § 20 Rdn. 88; Langen/Bunte/Bräutigam, GWB, 8. Aufl., § 20 Rdn. 16; Benkard, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 9 PatG Rdn. 24; Busse, PatG, 5. Aufl., § 9 Rdn. 152; Schulte, PatG, 5. Aufl., § 9 Rdn. 17; Schricker, Mitt. 1980, 31; a.A. GemeinschaftskommGWB/Axter, 3. Aufl., §§ 20, 21 Rdn. 37) entspricht dieser Rechtsprechung; an ihr ist festzuhalten.
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weist der vorliegende Fall keine Besonderheiten auf, die Anlaß zu einer abweichenden Bewertung geben können.
Das Vertragspatent 1 gewährt ausschließlich den Schutz, den ein Verfahrenspatent bietet; anders als das in der Entscheidung „Handhabungsgerät” (Sen.Beschl. v. 16.09.1997 – X ZB 21/94, GRUR 1998, 130, insbes. 132) zu beurteilende Schutzrecht beinhaltet sein Anspruchssatz keinen auf einen Sachschutz gerichteten Patentanspruch. Das Vertragspatent 1 gibt seinem Inhaber bzw. der Klägerin deshalb keine Handhabe, mit Erfolg bereits das erste Inverkehrbringen der Bodenwaschanlage zum Anlaß zu nehmen, Nutzen aus der durch dieses Patent geschützten Erfindung zu ziehen. Ein Entgelt kann erst im Falle der Benutzung der Bodenwaschanlage zur Durchführung des geschützten Verfahrens beansprucht werden. Im vorliegenden Fall fehlt mithin der entscheidende Grund, der bei bestehendem Sachschutz im Falle des ersten Inverkehrbringens durch einen Berechtigten zur Erschöpfung des Verbietungsrechts führt und auch die in einem Rechtsbeschwerdeverfahren ergangene Entscheidung „Handhabungsgerät” bestimmt hat.
Hieran ändert auch nichts der Umstand, daß – wie die Revision geltend macht – auch die weiteren Vertragspatente und die vom Lizenzvertrag ferner umfaßte Patentanmeldung die von der Klägerin veräußerte Bodenwaschanlage betreffen und es sich nach dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls bei den weiteren Patenten um zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Klägerin gehörende Sachpatente handelt. Diese Patente boten nur Gelegenheit, bei der Veräußerung der Bodenwaschanlage die Vorteile wahrzunehmen, welche die durch diese Patente geschützten Erfindungen gewähren; sie erlaubten nicht, wirtschaftlichen Nutzen aus der durch das Vertragspatent 1 geschützten Lehre zum verfahrensmäßigen Handeln zu ziehen. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das auf das mit der verkauften Bodenwaschanlage durchzuführende Verfahren gerichtete Schutzrecht das – wie das Berufungsgericht sich ausgedrückt hat – Kernpatent darstellt. Das Vertragspatent 1 beinhaltet danach die Lehre zum technischen Handeln, die beim Vertragsabschluß im Jahre 1992 im Mittelpunkt des beiderseitigen Interesses stand. Ein vertragliches Entgelt für ihre Benutzung ließ sich nur durch den Abschluß eines Lizenzvertrages realisieren. Außerdem kann angenommen werden, daß die Parteien auch die vereinbarte Lizenz gerade an dem Interesse an dieser technischen Neuerung ausgerichtet haben. Es mag sein, daß die Parteien in Verkennung der kartellrechtlichen Folge, die sich nach dem Vorgesagten hinsichtlich der Sachpatente bereits durch die Veräußerung der von ihrer Lehre Gebrauch machenden Bodenwaschanlage ergab, den Lizenzvertrag mit der irrtümlichen Vorstellung geschlossen haben, die Beklagte bedürfe für die Benutzung auch hinsichtlich dieser Schutzrechte einer Lizenzierung. Es fehlt jedoch jeder Anhalt dafür, daß die Parteien, wenn sie ihren Irrtum erkannt hätten, den Unterlizenzvertrag nicht oder jedenfalls nicht mit der tatsächlich getroffenen Lizenzgebührenregelung vereinbart hätten. Auch die Revision zeigt etwas anderes nicht auf. Das infolge des Veräußerungsgeschäfts sich aus § 17 GWB n.F. ergebende Verbot, für die Benutzung der beiden Sachpatente eine Lizenzgebühr zu verlangen, könnte sich unter diesen Umständen allenfalls dann auf die Zahlungspflicht der Beklagten aus dem Lizenzvertrag auswirken, wenn die Beklagte Lizenzgebühren auch für eine Benutzung der Bodenwaschanlage zahlen müßte, bei der das durch das Vertragspatent 1 geschützte Verfahren nicht ausgeübt wird. Da unstreitig ist, daß die Bodenwaschanlage nach dem geschützten Verfahren arbeitet, scheidet ein solcher Sachverhalt jedoch aus. Die Revision zeigt nicht auf, daß das Berufungsgericht insoweit entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen habe.
Entgegen der Meinung der Revision ergibt sich eine Besonderheit, die zur Abweichung von den anerkannten, zur Erschöpfung von Schutzrechten entwickelten Grundsätzen nötigt, schließlich auch nicht deshalb, weil die Vorrichtung, mit der das Verfahrenspatent ausgeübt werden kann, nicht von dem Inhaber dieses Patents, sondern von einem Lizenznehmer veräußert worden ist und dieser, nachdem er von dem Inhaber des Verfahrenspatents entsprechend berechtigt worden ist, sich von dem Erwerber der Vorrichtung für die Benutzung des geschützten Verfahrens die Zahlung einer Lizenz hat versprechen lassen. § 17 GWB n.F. unterscheidet nicht danach, wer Partei des Lizenzvertrages ist. Überdies ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb der zur Erteilung von Unterlizenzen berechtigte Lizenznehmer kartellrechtlich schlechter gestellt sein sollte als der Inhaber des Patents selbst.
4. Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, daß die Beklagte von der Zahlung der vereinbarten Lizenz auch dann nicht ganz oder teilweise frei geworden sei, wenn – wie sie behauptet hat – die Schutzrechte (Patente bzw. Patentanmeldung), die neben dem Vertragspatent 1 vom Lizenzvertrag umfaßt sind, nicht mehr in Kraft stehen. Dieser Umstand berühre die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages nicht, weil nichts dafür dargetan sei, daß infolge des Fortfalls der Rechte und der hierdurch möglich gewordenen Tätigkeit von Mitbewerbern die wettbewerbliche Position der Beklagten tatsächlich beeinträchtigt worden sei und daß unter den gegebenen Umständen ein Festhalten am unveränderten Lizenzvertrag für die Beklagte untragbare Folgen hätte.
Dies ist eine aufgrund des festgestellten Sachverhalts mögliche tatrichterliche Bewertung, welche der allgemein anerkannten Lehre vom Fehlen bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage gerecht wird, wonach ein Umstand, den mindestens eine Partei bei Vertragsschluß vorausgesetzt hat und der für diese Partei so wichtig war, daß sie den Vertrag nicht oder anders abgeschlossen hätte, wenn sie die Richtigkeit ihrer Voraussetzung als fraglich erkannt hätte, nur dann zu einer Anpassung vertraglich geschuldeter Leistungspflichten führt, wenn die andere Partei sich redlicherweise auf die Berücksichtigung dieses Umstandes hätte einlassen müssen (vgl. z.B. Sen.Urt. v. 14.05.1991 – X ZR 2/90, NJW-RR 1991, 1269). Die gegenteilige Meinung der Revision gründet sich darauf, daß die vereinbarte Lizenzgebühr sich auch auf die Nutzung der außer Kraft getretenen Schutzrechte bezogen habe, und damit nicht auf einen Sachverhalt, wie er der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist. Wie vorstehend bereits ausgeführt, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, daß die neben dem Vertragspatent 1 in den Lizenzvertrag aufgenommenen Schutzrechte (Patente bzw. Patentanmeldung) die Höhe der vereinbarten Lizenzgebühr bestimmt haben.
5. Auch soweit sich die Beklagte auf einen rapiden Preisverfall für die Reinigung kontaminierter Böden berufen hat und aus diesem Grund nach § 242 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Herabsetzung der vereinbarten Lizenz erstrebt, ist das Berufungsgericht der Verteidigung der Beklagten nicht gefolgt. Es hat dabei als möglich angenommen, daß die Parteien vor Vertragsschluß von der Fortdauer eines bestimmten Preisniveaus für die Reinigung kontaminierter Böden ausgegangen sind, daß diese Vorstellung bei der Vereinbarung der Höhe der umsatzbezogenen Lizenzgebühr zugrunde gelegt worden ist und daß seit Abschluß des Lizenzvertrages ein erheblicher Preisverfall eingetreten ist. Gleichwohl hat das Berufungsgericht ein Festhalten der Beklagten am unveränderten Lizenzvertrag vor allem in Anbetracht des mit der RST GmbH geschlossenen Unterlizenzvertrags nicht für unzumutbar gehalten, aufgrund dessen die Beklagte für die Gebrauchsüberlassung der Bodenwaschanlage ein Nutzungsentgelt und Lizenzgebühren in wie mit der Klägerin vereinbarter Höhe erhalte. Außerdem mache die von den Parteien vereinbarte Mindestlizenz nur Sinn, wenn sie auch in den Fällen zu zahlen sei, in denen sich die von den Parteien gehegten wirtschaftlichen Erwartungen nicht erfüllten.
a) Die Revision hält dem im wesentlichen entgegen, aus der Vereinbarung der Mindestlizenz könne nur der Schluß gezogen werden, daß die Beklagte das Risiko übernommen habe, daß ein bestimmtes Auftragsvolumen erreicht werde. Daraus ergebe sich aber nicht, daß die Beklagte auch für das Risiko eines nicht vorhersehbaren Preisverfalls habe einstehen wollen. Die Lizenzgebühr von 15,– DM/t sei auf der Grundlage eines Waschpreises von 300,– DM/t vereinbart worden. Dieser Preis sei über 130,– DM/t im Jahre 1996 bis auf 95,– DM/t im Jahre 1998 gefallen. Damit habe nicht gerechnet werden können. Diese Rüge beschränkt sich der Sache nach auf den Versuch, eine eigene Bewertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des zu beurteilenden Sachverhalts zu setzen; mit ihr wird ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler nicht geltend gemacht.
b) Mit der Klage werden die bisher nicht gezahlten Lizenzgebühren bis zur Höhe der vereinbarten Mindestlizenz für das Jahr 1996 verlangt. Die Parteien streiten hier also um die Berechtigung der Mindestlizenz von 200.000,– DM nebst Mehrwertsteuer für das Jahr 1996.
Im Falle der Vereinbarung einer Mindestlizenz entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß der Lizenznehmer vertraglich das Risiko eines Fehlschlages bei den erwarteten Umsätzen trägt (BGH, Urt. v. 15.03.1973 – KZR 11/72, GRUR 1974, 40, 43 – Bremsrolle). Dies schließt es allerdings nicht aus, im Einzelfall bei nachträglicher Änderung des Preisgefüges, das zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden hat, auch eine Anpassung einer vereinbarten Mindestlizenz in Erwägung zu ziehen. Denn auch die Höhe einer Mindestlizenz kann von gemeinsamen oder dem anderen Vertragspartner jedenfalls erkennbaren Überlegungen beeinflußt gewesen sein, die sich an den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu erzielenden Preisen und den voraussichtlich zu diesen Preisen umzusetzenden Mengen orientierten. Da das Berufungsgericht zu den Überlegungen, die hier die Höhe der Mindestlizenz bestimmt haben, Feststellungen nicht getroffen hat, kommt es mithin bei der Frage, ob eine Änderung der vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung der Lizenz für das Jahr 1996 in Betracht zu ziehen ist, entscheidend darauf an, ob die Veränderung der tatsächlichen Umstände, welche die Parteien 1993 bei Vertragsabschluß zugrunde gelegt haben, bereits 1996 zu einer derartigen Störung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung geführt haben, daß die Klägerin als benachteiligte Vertragspartei in der 1993 getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen konnte (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11.03.1993 – I ZR 21/91, GRUR 1993, 595, 596 – Hemingway-Serie).
Das hat das Berufungsgericht, wie seine oben wiedergegebene hauptsächliche Begründung zeigt, nicht verkannt. Diese Begründung trägt auch die mit der Revision beanstandete Entscheidung zum wirtschaftlichen Kern des Streits der Parteien. Es ist nachvollziehbar und vertretbar, bei Bestehen eines vergleichbaren Entgeltanspruchs gegen einen Dritten und entsprechenden Leistungen durch diesen die erforderliche Unzumutbarkeit zu verneinen.
c) Die Revision verweist zwar noch auf Vortrag der Beklagten in der Tatsacheninstanz, wonach die Firma RST GmbH ebenfalls keine höhere Lizenz als 5 % aus den am Markt erzielbaren Preisen zahlen könne und hierzu auch nicht bereit sei. In dieser Allgemeinheit beinhaltete dieser Vortrag jedoch nicht die Behauptung, daß bereits 1996 eine Zahlungsverweigerung vorgelegen haben könnte. Die in dem von der Revision in Bezug genommenen Schriftsatz vom 28. Dezember 1998 weiter enthaltene Angabe, daß sich die Bodenwaschanlage in T. wegen zu hoher Lizenzgebühren nicht mehr betreiben lasse, wenn der Preis von 15,– DM/t nicht gesenkt werde, deutet vielmehr darauf hin, daß die Firma RST GmbH erst wegen der ab Ende 1998 zu zahlenden Beträge die vereinbarte Lizenz als nicht mehr hinnehmbar bezeichnet hat. Die Revision kann daher auch hiermit der der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich zugrundeliegenden Feststellung, daß die Klägerin für den nach der Klageforderung maßgeblichen Zeitraum selbst Lizenzgebühren in vergleichbarer Höhe erhält, nichts Erhebliches entgegensetzen.
6. Das Berufungsgericht hat schließlich auch die Möglichkeit einer Minderung der vertraglich geschuldeten Lizenz verneint, welche die Beklagte mit der Behauptung geltend gemacht hatte, der A. GmbH (im folgenden: ABU GmbH) sei auf eine bereits am 20. September 1990 offengelegte Anmeldung hin am 18. September 1997 das deutsche Patent 39 08 185 erteilt worden, das die Anwendung eines Wendelabscheiders lehre, der – solle ein hinreichendes Waschergebnis erzielt werden – beim Betrieb der von der Klägerin gelieferten Bodenwaschanlage erforderlich sei und der deshalb auch – jedenfalls nach Erweiterung der Anlage durch die Klägerin – bei deren Betrieb tatsächlich eingesetzt werde.
Auch das hält rechtlicher Überprüfung stand.
Dem Vorbringen der Beklagten läßt sich nicht entnehmen, daß die Vertragspatente und der Gegenstand der von dem Lizenzvertrag ferner umfaßten Patentanmeldung ohne Benutzung der Lehre des Drittpatents nicht ausführbar seien; lediglich die Frage, wie die Vertragsschutzrechte wirtschaftlich genutzt werden können, ist hiernach betroffen. Eine möglichst wirtschaftliche Auswertung hat ein Lizenzgeber jedoch regelmäßig nicht zu gewährleisten (Benkard, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 15 Rdn. 108; Busse, PatG, 5. Aufl., § 15 Rdn. 111, jeweils m.w.N.). Aber auch der vom Berufungsgericht ferner geprüfte Rechtsmangel kann entgegen der Meinung der Revision nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat durch den Lizenzvertrag die Vorzugsstellung erhalten, deretwegen ein Lizenznehmer üblicherweise die Zahlung der vereinbarten Lizenz verspricht (vgl. hierzu BGHZ 86, 330, 334 – Brückenlegepanzer). Da das Vertragspatent 1 im Vergleich zum Drittpatent nach Anmeldung (Priorität), ihrer Veröffentlichung und der Patenterteilung das ältere Recht darstellt, konnte das Drittpatent zu keinem Zeitpunkt die von der Klägerin erteilte Erlaubnis zur Benutzung des durch das Vertragspatent 1 geschützten Verfahrens berühren. Zur Benutzung dieses Verfahrens bedurfte und bedarf die Beklagte nicht der Einwilligung der ABU GmbH; wegen der Benutzung dieses Verfahrens ist die Beklagte einem Entschädigungsanspruch gemäß § 33 Abs. 1 PatG nicht ausgesetzt. Hinsichtlich der übrigen Vertragsschutzrechte (Patente bzw. Patentanmeldung) kann ebenfalls nichts anderes angenommen werden. Auch die Revision beruft sich nicht darauf, daß insoweit andere rechtliche Verhältnisse bestanden hätten bzw. bestünden. Sie stellt vielmehr wesentlich darauf ab, daß der Lizenzvertrag infolge der bereits offengelegten Anmeldung des Drittpatents zumindest hinsichtlich des geschuldeten Know-hows mit einem anfänglichen Mangel behaftet gewesen sei. Ein diese Leistungspflicht betreffender Rechtsmangel könnte jedoch nur bestehen, wenn und soweit das über die Vertragsschutzrechte hinaus überlassene bzw. zu überlassende Know-how und die Benutzung dieses Wissens mit der von der ABU GmbH angemeldeten und offengelegten Erfindung kollidierte, die Klägerin also ein Wissen vermittelt hätte, das von der Beklagten wegen des anderen Schutzrechts nicht ohne die Gefahr rechtlicher Sanktionen hätte genutzt werden können bzw. genutzt werden kann. Hiervon kann der Senat aber nicht ausgehen. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen; die Revision zeigt nicht auf, daß von dem Berufungsgericht insoweit relevantes Vorbringen in der Tatsacheninstanz nicht berücksichtigt worden sei.
Das Vorliegen eines Rechtsmangels hinsichtlich der an die Beklagte veräußerten Bodenwaschanlage, der schließlich noch in Erwägung gezogen werden könnte, kann für den vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen. Nachdem die N. GmbH & Co. KG mit Zustimmung der Beklagten an die Stelle der Klägerin in den Kaufvertrag eingetreten ist, können hieraus sich ergebende Rechte der Beklagten nur gegenüber diesem Vertragspartner bestehen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Jestaedt, Melullis, Scharen, Keukenschrijver, Meier-Beck
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.11.2000 durch Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 512702 |
DB 2001, 197 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 2001, 826 |