Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebskosten. Nutzerwechsel. Nutzerwechselgebühr. Auszug des Mieters innerhalb der Abrechnungsperiode. Zwischenablesekosten. Risikobereich des Vermieters. Zwischenablesung verbrauchserfassender Geräte. Kosten der Bearbeitung des Nutzerwechsels
Leitsatz (amtlich)
Kosten der Verbrauchserfassung und der Abrechnung von Betriebskosten, die wegen des Auszugs eines Mieters vor Ablauf der Abrechnungsperiode entstehen, sind keine Betriebskosten, sondern Verwaltungskosten, die in Ermangelung anderweitiger vertraglicher Regelung dem Vermieter zur Last fallen.
Normenkette
BGB §§ 535, 556
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Görlitz vom 15.12.2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15.2.2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlicher Betriebskosten in Anspruch.
[2] Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Klägerin in G. Das Mietverhältnis endete am 31.7.2003. Mit der Betriebskostenabrechnung vom 19.5.2004 für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2003 verlangte die Klägerin u.a. die Zahlung einer sog. Nutzerwechselgebühr i.H.v. 30,74 EUR. Diese war ihr von dem für sie tätigen Abrechnungsunternehmen für den durch den Auszug der Beklagten innerhalb der Abrechnungsperiode bedingten Nutzerwechsel bezüglich der Wasserkosten in Rechnung gestellt worden.
[3] Das AG hat die Beklagte u.a. zur Zahlung von 30,74 EUR nebst Zinsen verurteilt. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hiergegen hat das Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
[4] Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
[5] Das Berufungsgericht (LG Görlitz WuM 2007, 265) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Zwischenablesekosten, zu denen auch die Nutzerwechselgebühren gehörten, seien grundsätzlich vom Vermieter zu tragen, da der Mieterwechsel und damit die Notwendigkeit der Zwischenablesung grundsätzlich in den Risikobereich des Vermieters falle. Bei der Nutzerwechselgebühr handele es sich nicht um umlegbare Betriebskosten. Weder könne auf die Anlage 3 zu § 27 der II. Berechnungsverordnung noch auf die Heizkostenverordnung zurückgegriffen werden. Die Nutzerwechselgebühr werde nicht durch den Verbrauch ausgelöst und stelle keine periodischen, regelmäßig wiederkehrenden Kosten dar. Da die Parteien die Erstattung von Nutzerwechselgebühren nicht ausdrücklich vereinbart hätten und das Mietverhältnis nicht außerordentlich und aufgrund vom Mieter zu vertretender Umstände beendet worden sei, fehle es an einer Rechtsgrundlage, dem Mieter die Nutzerwechselgebühr aufzuerlegen.
II.
[7] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
[8] 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der von ihr berechneten sog. Nutzerwechselgebühr verneint. Unter der Nutzerwechselgebühr sind hier die durch den Auszug eines Mieters innerhalb der laufenden Abrechnungsperiode veranlassten Kosten der Zwischenablesung verbrauchserfassender Geräte und die ggf. anfallenden Kosten der Bearbeitung des Nutzerwechsels zu verstehen.
[9] Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Kostentragung hinsichtlich der Nutzerwechselgebühr gesetzlich nicht geregelt ist und die hieraus entstehenden Kosten mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung der Parteien grundsätzlich dem Vermieter zur Last fallen. Dies folgt aus dem Grundsatz des § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB, wonach der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten trägt, sofern keine anderslautende Vereinbarung durch die Parteien getroffen wird.
[10] Eine solche Vereinbarung bezüglich der Nutzerwechselgebühr haben die Parteien hier jedoch weder ausdrücklich noch durch Einbeziehung der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung geschlossen. Auch aus §§ 7 Abs. 2, 9b HeizkostenV ergibt sich insoweit nichts anderes. Denn dort wird nur geregelt, dass bei einem Nutzerwechsel eine Zwischenablesung zu erfolgen hat, nicht jedoch, wer die Kosten dafür zu tragen hat (vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl., Rz. 6241).
[11] a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob es sich bei der Nutzerwechselgebühr um - nicht umlagefähige - Kosten der Verwaltung (zur Legaldefinition vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV, in Kraft getreten am 1.1.2004) oder um - umlagefähige - Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung oder gem. §§ 7 Abs. 2, 9b HeizkostenV handelt.
[12] aa) Nach einer vorwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, der sich auch das Berufungsgericht angeschlossen hat, sind die Nutzerwechselkosten vom Vermieter zu tragen, da der sie auslösende Mieterwechsel grundsätzlich in den Risikobereich des Vermieters falle (AG Münster WuM 1996, 231; AG Augsburg WuM 1996, 98; AG Rendsburg, WuM 1981, 105; AG Braunschweig, WuM 1982, 170 - nur Leitsatz).
[13] bb) Nach anderer Auffassung soll der ausziehende Mieter diese Kosten tragen (AG Coesfeld WuM 1994, 696 [hiergegen: AG Münster, WuM 1999, 405]; AG Köln, WuM 1997, 648).
[14] cc) Eine weitere Meinung stellt auf das Verursacherprinzip ab und will danach unterscheiden, wer den Auszug herbeigeführt hat: Der Vermieter oder der ausziehende Mieter (AG Lörrach WuM 1993, 68; LG Berlin, GE 2003, 121; von Brunn in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. III Rz. 93), wobei die Verursachung teilweise mit schuldhaftem Verhalten gleichgesetzt wird. Die Revisionsbegründung sieht als Verursacher den ausziehenden Mieter an.
[15] dd) Teilweise wird die Meinung vertreten, die Kosten seien verhältnismäßig zwischen dem ausziehenden Mieter und dem neuen Mieter/ggf. - bei Leerstand - dem Vermieter aufzuteilen (Lammel, Heizkostenverordnung, 2. Aufl., § 9b Rz. 11 ff., 15; ders. in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 9b HeizkostenV Rz. 15). Dieser Meinung tritt die Revisionsbegründung hilfsweise bei.
[16] ee) Die Gegenauffassung hält es nicht für gerechtfertigt, den Vermieter einerseits oder den ausziehenden Mieter andererseits (ggf. zusammen mit dem einziehenden Mieter) mit den Kosten des Nutzerwechsels zu belasten. Sie meint, diese Kosten flössen in die Gesamtkosten für die Betriebskostenabrechnung ein, die auf alle Mieter umzulegen seien (AG Hamburg WuM 1996, 562; AG Rheine WuM 1996, 715; AG Oberhausen, DWW 1994, 24; Wall in: Eisenschmid/Rips, Betriebskostenkommentar, 2. Aufl., Rz. 3001; Schmid, a.a.O., Rz. 6243; Wall, WuM 2007, 415, 424; Ropertz, WuM 1992, 291, 292; Lützenkirchen, Anw-Handbuch Mietrecht, 3. Aufl., L, Rz. 207; Staudinger/Weitemeyer, BGB (2006), § 556a Rz. 33; Both, Betriebskostenlexikon, 2. Aufl., Teil 1, Rz. 13; a.A. Schmidt-Futterer/Lammel, a.a.O., Rz. 4).
[17] b) Die unter aa) vertretene Auffassung trifft im Ergebnis zu. Bei den Nutzerwechselkosten handelt es sich schon begrifflich nicht um umlagefähige Betriebskosten. Nach der Legaldefinition in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB (gleich lautend mit § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung vom 12.10.1990, gültig bis 31.12.2003) sind unter Betriebskosten diejenigen Kosten zu verstehen, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Hiernach gehört zu den tatbestandlichen Voraussetzungen, dass es um "laufend entstehende Kosten" geht. Es muss sich daher um (stetig) wiederkehrende Belastungen handeln (vgl. auch BGH, Urt. v. 14.2.2007 - VIII ZR 123/06, NJW 2007, 1356, unter II 1, 2). Daran fehlt es hier. Die sog. Nutzerwechselgebühr fällt nicht in wiederkehrenden, periodischen Zeiträumen an, sondern im Laufe eines Mietverhältnisses lediglich einmalig im Zusammenhang mit dem Auszug des Mieters.
Fundstellen