Leitsatz (amtlich)
Für den Zugang einer an einen Empfangsboten abgegebenen schriftlichen Willenserklärung ist, sofern nicht ein früherer Zugang feststeht, der Zeitpunkt maßgebend, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Übermittlung der Erklärung an den Adressaten zu erwarten war.
Normenkette
BGB § 130 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 30.09.1987) |
LG München I |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. September 1987 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte kaufte am 13. Dezember 1985 von der Firma Re. GmbH, einer Vertragshändlerin der BMW AG, einen BMW 735 zum Preise von 57.000 DM und leistete eine Anzahlung in Höhe von 11.400 DM. Der PKW wurde der Beklagten am 19. Dezember 1985 unter Eigentumsvorbehalt ausgeliefert.
Am 20. Dezember 1985 unterzeichnete der Geschäftsführer der Beklagten bei der Firma Re. auf einem von dieser bereitgehaltenen und ausgefüllten Formular der Klägerin einen Antrag auf Abschluß eines Leasingvertrages über den BMW. Er vermerkte auf dem Formular: „Der Leasingvertrag wird am 30.4.85 abgelöst. Restsumme ca. 36.000,– DM + Mehrwertsteuer”. Dieser Vermerk ist auf der bei der Klägerin verbliebenen Durchschrift des Leasingantrages durchgestrichen. Unter Abschnitt I Nr. 1 der dem Formular beigehefteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist bestimmt, daß der Leasingnehmer vier Wochen an seinen Antrag gebunden und der Leasingvertrag abgeschlossen ist, wenn der Leasinggeber den Antrag innerhalb dieser Frist schriftlich bestätigt hat.
Da die Beklagte die Leasingraten nicht zahlte, kündigte die Klägerin den „Leasingvertrag” mit Schreiben vom 24. April 1986 fristlos.
Mit der Behauptung, sie habe den Leasingantrag durch Schreiben vom 3. Januar 1986 bestätigt, den zwischen der Firma Re. und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag übernommen und das Eigentum an dem BMW erhalten, hat die Klägerin die Beklagte klageweise auf Herausgabe des Fahrzeuges und auf Zahlung von Leasingraten (monatlich 1.155,88 DM) bzw. Schadensersatz für die Zeit vom 20. Dezember 1985 bis 31. Juli 1986 in Höhe von insgesamt 8.553,52 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe am 20. Dezember 1985 nach der Unterzeichnung des Leasingantragsformulars und vor dessen Weiterleitung an die Klägerin nochmals die Firma Re. aufgesucht und schriftlich erklärt, daß er den Leasingantrag zurücknehme.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin – gestützt auf eine Erklärung der Firma Re., wonach diese ihr vorsorglich alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 13. Dezember 1985 abtrat – hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restkaufpreises begehrt. Durch Versäumnisurteil vom 20. Mai 1987 hat das Berufungsgericht diesem Hilfsantrag entsprochen. Nach erfolgtem Einspruch der Beklagten hat es diese unter Aufhebung des Versäumnisurteils nach dem Hauptantrag zur Herausgabe des BMW und zur Zahlung von 8.553,52 DM nebst Zinsen verurteilt.
Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwischen den Parteien sei aufgrund des Antrages der Beklagten vom 20. Dezember 1985 mit dem Inhalt dieses Antrages ein Leasingvertrag zustande gekommen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Firma Re. den Antrag als Empfangsbote oder Passivvertreter der Klägerin entgegengenommen habe. Hierzu sei sie jedenfalls unstreitig ermächtigt bzw. bevollmächtigt gewesen. Mit der Entgegennahme durch die Firma Re. sei der Antrag daher wirksam „abgegeben” worden. Eine Willenserklärung werde nur dann nicht wirksam, wenn dem Empfänger vorher oder gleichzeitig mit der Erklärung ein Widerruf im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB zugehe. Im Hinblick hierauf könne dahinstehen, ob die Beklagte nach Übergabe des Leasingantrags an die Firma Re. noch an demselben Tag den Antrag widerrufen und wann die Firma Re. diese Erklärung an die Klägerin weitergegeben habe.
Den hiernach wirksamen Antrag der Beklagten habe die Klägerin innerhalb der vierwöchigen Bindungsfrist, nämlich durch Schreiben vom 3. Januar 1986 schriftlich bestätigt. Damit sei der Leasingvertrag abgeschlossen gewesen. Der Umstand, daß die Klägerin den Ablösungsvermerk auf der Durchschrift des Leasingantragsformulars gestrichen habe, sei ohne Einfluß auf die Wirksamkeit des Vertragsschlusses geblieben. Hierbei habe es sich unstreitig um einen – der Beklagten nicht zur Kenntnis gebrachten – betriebsinternen Vorgang gehandelt. Der Sachbearbeiter der Klägerin habe den Vermerk wegen des Datums „30.4.1985”, das richtig 30. April 1986 hätte lauten sollen, als obsolet betrachtet. Die Klägerin habe den Vertrag wegen Nichtzahlung der Leasingraten wirksam nach § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Schreiben vom 24. April 1986 gekündigt. Daher sei die Beklagte gemäß § 556 BGB und Abschnitt XII Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zur Herausgabe des BMW verpflichtet. Ein Besitzrecht aufgrund des zwischen ihr und der Firma Re. abgeschlossenen Kaufvertrages stehe der Beklagten nicht zu, weil die Klägerin diesen Kaufvertrag wirksam übernommen habe. Der Zahlungsanspruch sei bis zur Kündigung als Erfüllungsanspruch aus dem Leasingvertrag und für die Zeit danach unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung gerechtfertigt.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Entscheidung hängt davon ab, ob zwischen den Parteien ein Leasingvertrag zustande gekommen ist.
a) Der mit dem Hauptantrag verfolgte Zahlungsanspruch setzt sich zusammen aus Leasingraten für die Zeit vom 20. Dezember 1985 bis zum Zugang des Kündigungsschreibens der Klägerin vom 24. April 1986 und einer Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung für die Zeit danach bis zum 31. Juli 1986. Ein Anspruch auf Zahlung von Leasingraten könnte seine Grundlage allein in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB finden, ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung ließe sich lediglich unter dem Gesichtspunkt eines (Vertrags-)Auflösungsverschuldens rechtfertigen, das – ähnlich wie bei der reinen Miete den Mieter – im Leasingvertrags-recht den Leasingnehmer zum Schadensersatz verpflichtet, sofern er durch vertragswidriges Verhalten dem Leasinggeber Anlaß zur fristlosen Kündigung des Vertrages gegeben hat (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1984 – VIII ZR 313/82 = WM 1984, 933 = ZIP 1984, 1107). Beide Anspruchsgrundlagen erfordern, daß es zwischen den Parteien zum Abschluß eines Leasingvertrages gekommen ist.
b) Dem auf Herausgabe des BMW gerichteten Klagebegehren könnte gleichfalls nur unter dieser Voraussetzung entsprochen werden.
aa) Für die in erster Linie in Frage kommende Anspruchsgrundlage des § 556 Abs. 1 BGB bzw. des Abschnittes XII Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, worin die Rückgabepflicht des Leasingnehmers nach Beendigung des Leasingvertrages näher geregelt ist, folgt dies ohne weiteres daraus, daß sie an ein einmal begründetes Schuldverhältnis anknüpft.
bb) Ob die Klägerin – wie sie behauptet – von der Firma Reuter das Eigentum an dem herausverlangten PKW erworben hat, kann offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall und deshalb als weitere Anspruchsgrundlage § 985 BGB in Betracht zu ziehen wäre, könnte der Klägerin dieser dingliche Herausgabeanspruch ebenfalls nur zuerkannt werden, wenn feststünde, daß zwischen den Parteien ein Leasingvertrag zustande gekommen ist.
Nach § 986 Abs. 1 BGB kann der Besitzer (hier: die Beklagte) die nach § 985 BGB beanspruchte Herausgabe der Sache verweigern, wenn er dem Eigentümer gegenüber, von dem er die Sache erhalten hat, zum Besitze berechtigt ist. Nach Abs. 2 des § 986 BGB steht ihm diese Einwendung auch gegenüber einem neuen Eigentümer zu, an den die Sache nach § 931 BGB durch Abtretung des Anspruches auf Herausgabe veräußert worden ist. Da sich hier die – unterstellte – Eigentumsübertragung allein nach § 931 BGB vollzogen haben kann, ist die Beklagte berechtigt, sich auch der Klägerin gegenüber auf ein Besitzrecht aus dem zwischen ihr und der Firma Re. geschlossenen Kaufvertrag zu berufen.
Dieses bestünde nur dann nicht mehr, wenn die Klägerin, wie sie behauptet hat, den Kaufvertrag wirksam übernommen hätte, also anstelle der Beklagten in dieses Vertragsverhältnis eingetreten wäre. Dazu hätte es indessen einer Mitwirkung der Beklagten zumindest in Form der Zustimmung zu einer zwischen der Klägerin und der Firma Re. getroffenen Übernahmevereinbarung bedurft (vgl. BGHZ 95, 88, 94 f; 96, 302, 307 f). Eine solche Zustimmung könnte nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand allenfalls – als konkludente Erklärung – in dem an die Klägerin gerichteten Antrag der Beklagten auf Abschluß des beabsichtigten Leasingvertrages erblickt werden. Damit stand sie aber unter der Bedingung der Wirksamkeit dieses Antrages und des Zustandekommens des Leasingvertrages.
Unabhängig von einer Vertragsübernahme durch die Klägerin hätte das Besitzrecht der Beklagten an dem unter Eigentumsvorbehalt gekauften PKW zwar auch durch einen Rücktritt vom Kaufvertrag nach § 455 BGB entfallen können. Daß die Firma Re. einen solchen Rücktritt erklärt habe, ist aber nicht behauptet worden. Die Klägerin, die hierzu aufgrund der an sie erfolgten Abtretung der Verkäuferansprüche berechtigt gewesen sein könnte (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 1985 – VIII ZR 251/84 = WM 1986, 20, 23 unter A II 3 d), hat ausdrücklich von einem Rücktritt abgesehen und sich darauf berufen, ihr stehe das Recht zu, die Herausgabe auch vor einem Rücktritt verlangen zu können.
Soweit die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma Re. habe die Beklagte ihr Besitzrecht unabhängig von einem Rücktritt nach § 455 BGB allein wegen Verzuges mit der Kaufpreiszahlung verloren, kann sie damit nicht gehört werden. Dieses Vorbringen ist neu und daher für das Revisionsgericht unbeachtlich (§ 561 Abs. 1 ZPO).
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei aufgrund des Antrages der Beklagten vom 20. Dezember 1985 ein Leasingvertrag zustande gekommen, läßt sich mit der von ihm gegebenen Begründung nicht halten. Andererseits bieten die bisher getroffenen tatrichterlichen Feststellungen keine hinreichende Grundlage, um die Frage eines Vertragsschlusses in der einen oder anderen Richtung abschließend beurteilen zu können.
Ein Vertrag kommt zustande durch die rechtzeitige, uneingeschränkte Annahme eines Antrags. Wirksam und damit annahmefähig ist der – wie hier – in Abwesenheit des Adressaten abgegebene Antrag, wenn er dem Adressaten zugeht, ohne daß ihm vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht (§ 130 Abs. 1 BGB).
a) Die Beklagte hat behauptet, ihren Vertragsantrag vom 20. Dezember 1985 noch am selben Tag bei der Firma Re., die auch den Antrag entgegengenommen hatte, widerrufen zu haben. Das Berufungsgericht hat dies offengelassen. Für die Revisionsinstanz ist daher von einem solchen Widerruf auszugehen.
b) Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen dazu getroffen, sondern dahinstehen lassen, ob die Firma Re. den Antrag der Beklagten und dessen Widerruf als bevollmächtigter Passivvertreter (§ 164 Abs. 3 BGB) der Klägerin oder als deren ermächtigter Empfangsbote entgegengenommen hat. Diese Frage dürfte nicht ungeklärt bleiben. Denn entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist die Rechtslage, was den Zugang einer Willenserklärung angeht, in beiden Fällen nicht dieselbe. Hatte die Firma Re. Empfangsvollmacht, so ist der Klägerin der Antrag auf Abschluß eines Leasingvertrages ebenso wie der Widerruf mit der Aushändigung der Urkunde bzw. der ebenfalls schriftlich abgefaßten Widerrufserklärung an die Firma Re. zugegangen (§ 164 Abs. 3 BGB). War sie dagegen nur Empfangsbote, so ist für den Zugang der Zeitpunkt entscheidend, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge das Eintreffen dieser Schriftstücke in den Geschäftsräumen der Klägerin oder die Unterrichtung ihres Geschäftsführers über deren Inhalt zu erwarten war. Dies entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 27. Januar 1965 – VIII ZR 11/63 = LM § 346 (Ea) HGB Nr. 8/9 = NJW 1965, 965 unter II 3). Daran wird festgehalten.
Eine Willenserklärung ist zugegangen, sobald sie derart in den Machtbereich des Adressaten gelangt, daß bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, er könne von ihr Kenntnis nehmen (BGHZ 67, 271, 275; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 130 Rdn. 8 m.w.N.). Wann diese Zugangsvoraussetzungen im Einzelfall vorliegen, kann, wenn – wie hier – eine Mittelsperson eingeschaltet ist, nicht einheitlich beantwortet werden. Ist die Mittelsperson, der gegenüber die Erklärung abgegeben wird, als Vertreter des Adressaten zu deren Empfangnahme berechtigt, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Voraussetzungen des Zugehens in der Person des Vertreters, der an die Stelle des Vertretenen tritt, erfüllt sind. Handelt es sich dagegen um einen Empfangsboten, bestimmen sich diese Voraussetzungen nach der Person des Adressaten der Erklärung. Erst wenn dieser bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse die (theoretische) Möglichkeit der Kenntnisnahme hat, ist die an seinen Empfangsboten abgegebene Erklärung zugegangen. Der Empfangsbote hat die Funktion einer personifizierten Empfangseinrichtung des Geschäftsherrn (Adressaten).
Als dessen Übermittlungswerkzeug soll er die Willenserklärung entgegennehmen und an ihn weiterleiten, also noch eine Tätigkeit entfalten, um dem Adressaten die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen. Vom Adressaten, auf den es für den Zugang allein ankommt, kann daher erst nach Ablauf der Zeit, die der Empfangsbote für die Übermittlungstätigkeit normalerweise benötigt, erwartet werden, daß er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Diese Zeit kann sich allerdings dann auf Null reduzieren, so daß der Zugang der Erklärung schon mit deren Entgegennahme durch den Empfangsboten bewirkt ist, wenn der Empfangsbote die Erklärung im räumlichen Machtbereich des Adressaten, nämlich in dessen Wohnung oder – während der Geschäftszeit – in dessen Geschäftsräumen entgegennimmt, der Fall also ähnlich liegt, wie wenn die Erklärung in den Briefkasten des Adressaten eingeworfen oder unter der Tür der Wohnung oder der Geschäftsräume durchgeschoben wird. Die damit für den Adressaten gegebene Möglichkeit, ohne weiteres schon im Zeitpunkt ihrer Abgabe an den Empfangsboten von der Erklärung Kenntnis zu nehmen, fehlt jedoch, wenn der Empfangs bote sich bei der Entgegennahme der Erklärung außerhalb der genannten Räumlichkeiten – etwa in der eigenen Wohnung oder in den eigenen Geschäftsräumen oder auf der Straße – befindet. Solchenfalls muß zur Bestimmung des Zeitpunktes, in dem die Erklärung als zugegangen gilt und damit wirksam im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB wird, die Zeitspanne berücksichtigt werden, die der Bote bei sachgerechter Ausübung seiner Botenfunktion normalerweise benötigen würde, um die Erklärung dem Adressaten tatsächlich zu übermitteln.
c) Für den im vorliegenden Rechtsstreit in der Revisionsinstanz zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Fall, daß die Firma Re. Empfangsbote der Klägerin war, hat dies folgende Bedeutung: Der Antrag auf Abschluß des Leasingvertrages und der – zu unterstellende – Widerruf dieser Willenserklärung sind in den eigenen Geschäftsräumen der Firma Re. abgegeben worden. Da dies an demselben Tag, dem 20. Dezember 1985 – einem Freitag –, geschehen und nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, daß nicht beide Erklärungen an diesem Tag zwecks Übermittlung an die Klägerin zur Post gegeben werden konnten, ist davon auszugehen, daß bei sachgerechtem Verhalten der Firma Re. die Widerrufserklärung am folgenden Montag gemeinsam mit dem Leasingantrag bei der Klägerin eingegangen wäre und damit der Antrag auf Abschluß des Leasingvertrages nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht wirksam geworden ist.
d) Auf die Rechtzeitigkeit des Widerrufs käme es allerdings nicht an, wenn, was die Revision hilfsweise geltend macht, die Klägerin den Leasingantrag jedenfalls verspätet angenommen oder abgelehnt hätte. Dies ist nach dem in der Revisionsinstanz verwertbaren Sachverhalt indessen zu verneinen.
aa) Die Beklagte war an den Leasingantrag vier Wochen gebunden. Seine Annahme mußte also, um zu einem Vertragsschluß zu führen, innerhalb dieser Frist der Beklagten gegenüber erklärt werden (§§ 146, 148 BGB).
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin die Annahme mit Schreiben vom 3. Januar 1986, also noch während der Bindung der Beklagten an ihren Antrag, erklärt hat.
Die Revision rügt demgegenüber als Verstoß gegen § 286 ZPO, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß die Beklagte im Schriftsatz vom 17. Juni 1986 den Zugang des Schreibens vom 3. Januar 1986 bestritten und die für den Zugang beweispflichtige Klägerin keinen entsprechenden Beweis angetreten habe. Damit kann die Revision indessen keinen Erfolg haben.
Zwar hat die Beklagte in dem vorgenannten Schriftsatz ausgeführt, sie habe die Vertragsbestätigung vom 3. Januar 1986 nie erhalten. Ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils (§ 314 ZPO) hat sie dies aber nicht mündlich vorgetragen. Im Tatbestand des Berufungsurteils ist ein entsprechendes Bestreiten nicht wiedergegeben. Es ist auch nicht durch Bezugnahme zum Inhalt des Tatbestandes geworden. Das Berufungsurteil hat wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten lediglich auf deren Schriftsatz vom 20. Februar 1987 Bezug genommen. Darin wird der hier fragliche Punkt jedoch nicht einmal angesprochen.
bb) Die Revision macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe die Behauptung der Beklagten übergangen, wonach die Klägerin bei einem „wenige Tage nach Neujahr” geführten Telefongespräch erklärt habe, das im Leasingantrag enthaltene Ablösungsrecht zum 30. April 1986 nur gegen einen Aufpreis anzuerkennen; damit habe die Klägerin den Leasingantrag abgelehnt (§ 150 Abs. 2 BGB). Insoweit gilt indessen das vorstehend unter aa) Ausgeführte entsprechend. Darüberhinaus ist nicht ersichtlich, ob das Telefongespräch vor oder nach dem Zugang des Schreibens vom 3. Januar 1986 geführt wurde. Nur im ersteren Falle hätte die als übergangen gerügte Behauptung der Beklagten überhaupt erheblich sein können.
cc) Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß die betriebsinterne Streichung des Ablösungsvermerks auf dem bei der Klägerin verbliebenen Leasingantragsformular für das Zustandekommen des Leasingvertrages keine Bedeutung habe, wendet sich die Revision nicht. Sie sind aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden.
Unterschriften
Wolf, Dr. Skibbe, Dr. Zülch, Dr. Paulusch, Groß
Fundstellen
Haufe-Index 1502293 |
NJW 1989, 2049 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1989, 650 |
JZ 1989, 502 |