Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. November 1988 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt wegen Mängeln am Dach und im Keller ihres Hauses Ersatz der voraussichtlichen Sanierungskosten und Schadensersatz. Sie hat von den früheren Beklagten zu 1) und 2) durch einen als Kaufvertrag bezeichneten Erwerbsvertrag für 240.000 DM Wohnungseigentum an einer Bungalow-Hälfte erworben. Diese hatten die früheren Beklagten durch Umbau aus einem eingeschossigen ehemaligen Ladenlokal hergestellt. Nach Vertrags Schluß am 30. Mai 1985 zog die Klägerin am 7. Juni 1985 ein.
Wenig später stellte die Klägerin fest, daß Kellerwände durchfeuchtet sind, in den Keller bei starkem Regen Wasser eindringt und das Flachdach infolge unzureichender Durchlüftung und deshalb anfallenden Kondenswassers schadhaft ist. Die Beklagten bestritten eine Haftung und lehnten Schadensersatz ab. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage 72.997,46 DM, um die Mängel beseitigen zu können, sowie Ersatz für verschiedene Nässeschäden in Höhe von 6.858,51 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 80.816,16 DM. Hiervon macht sie nach erklärter Aufrechnung mit 23.842,10 DM restlichen Erwerbspreises einen Anspruch auf Zahlung von 56.974,06 DM und Zinsen geltend. Daneben begehrt sie, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Erwerbsvertrages für unzulässig zu erklären.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Nachdem der frühere Beklagte zu 1) im Januar 1990 gestorben ist, hat seine Ehefrau als Erbin, nunmehr Beklagte zu 1), das insoweit ausgesetzte Verfahren aufgenommen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß auf den Erwerbsvertrag Werkvertragsrecht anzuwenden sei. Die Arbeiten an dem Gebäude seien nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar. Diese rechtliche Würdigung stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein (vgl. Urteil vom 29. Juni 1989, BGHZ 108, 164 m.w.N.) und wird von der Revision nicht angegriffen.
1. a) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht entschieden, die Klägerin könne einen Vorschuß nach § 633 Abs. 3 BGB für die Beseitigung der Mängel nicht verlangen. Sie habe nicht schlüssig dargelegt, daß sich die Beklagten mit der Beseitigung in Verzug befänden. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung und damit eine Mahnung könne nicht festgestellt werden. Das Berufungsgericht hat ferner erkannt, der Klägerin stehe insoweit auch ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB nicht zu.
b) Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts brauchte die Klägerin die Beklagten nicht zur Beseitigung der Mängel in bestimmter Frist (§ 633 Abs. 2 und 3 BGB) aufzufordern.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerät ein Schuldner ohne weiteres schon dann in Verzug, wenn er sich ernsthaft und endgültig weigert, seiner vertraglichen Pflicht nachzukommen (vgl. z. B. BGHZ 2, 310, 312; Senatsurteil BGHZ 65, 372, 377). Hiermit übereinstimmend ist nach gefestigter Rechtsprechung des Senats die Aufforderung, innerhalb bestimmter Frist Mängel zu beseitigen, entbehrlich, wenn sie nur eine nutzlose Förmlichkeit wäre. Das gilt vor allem, wenn der Auftragnehmer seine Pflicht zur Gewährleistung schlechthin bestreitet, oder wenn er die Beseitigung des Mangels in anderer Weise ernsthaft verweigert. Aus welchen Gründen er das tut, ist unerheblich. Entscheidend sind dagegen die konkreten Umstände des Einzelfalles. Zu würdigen ist das gesamte Verhalten des Auftragnehmers, auch seine spätere Einlassung im Prozeß (Senatsurteil vom 22. November 1984 – VII ZR 287/82 zu § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B = BauR 1985, 198, 199 m.w.N.).
In diesem Rahmen ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts, daß der frühere Beklagte zu 1) sowie der Beklagte zu 2) (im Folgenden: Beklagte) in Verzug gekommen sein können, ohne daß die Klägerin noch ausdrücklich unter Fristsetzung hätte Mängelbeseitigung verlangen müssen. Den Beklagten war bekannt, um welche Mängel es sich handelte. Sie haben sich wegen der Beseitigung von vornherein auf den im Erwerbsvertrag vorgesehenen Ausschluß jeder Gewährleistung berufen. Dort heißt es pauschal, das „Kaufobjekt” werde „ohne Haftung für sichtbare oder unsichtbare Sachmängel gleich welcher Art” übernommen. Damit haben die Beklagten zum Ausdruck gebracht, daß sie ihrer Ansicht nach nicht verpflichtet seien, Mängel zu beheben. Darin liegt zugleich die bestimmte und ernsthafte Erklärung, Mängel nicht beseitigen zu wollen. Die Weigerung umfaßt die Pflicht nachzubessern, obwohl im Vertrag die Parteien davon ausgegangen sind, daß ein Kauf getätigt werde. Die Ansicht, andere als kaufrechtliche Vorschriften kämen nicht zum Tragen, bedeutet unmißverständlich, daß keinerlei Verbindlichkeit anerkannt werde. Bei dieser Meinung sind die Beklagten selbst nach dem Hinweis des Berufungsgerichts geblieben, nach der Rechtsprechung des Senats sei möglicherweise Werkvertragsrecht anzuwenden.
c) Ob die auf die Vertragsklausel gestützte Weigerung der Beklagten berechtigt ist, oder wegen des nur formelhaften Ausschlusses der Gewährleistung in der Vertragsklausel keine Grundlage im Vertrag hat, kann nicht abschließend beurteilt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein formelhafter Ausschluß der Gewährleistung für Sachmängel beim Erwerb neu errichteter Eigentumswohnungen und Häuser auch in einem notariellen Individualvertrag gemäß § 242 BGB unwirksam, wenn die Frei Zeichnung nicht mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist (vgl. zuletzt Senat Urteil vom 29. Juni 1989 aaO).
Der Gewährleistungsausschluß, der in Abschnitt I. (7) a des Erwerbsvertrages vereinbart wurde, ist in einer solchen formelhaften Klausel enthalten. Für die Wirksamkeit dieses Gewährleistungsausschlusses ist daher entscheidend, wie die Klausel zustande gekommen ist, vor allem ob die Freizeichnung mit der Klägerin unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen erörtert worden ist.
Darüber hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dies ist nachzuholen. Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Klägerin als Erwerberin die unzureichende Aufklärung substantiiert vorträgt. Vielmehr muß der Veräußerer darlegen und beweisen, daß der Notar die Erwerberin ordnungsgemäß belehrt und aufgeklärt hat (Senat Urteil vom 29. Juni 1989 aaO).
Wenn der formelhafte Ausschluß der Gewährleistung unwirksam sein sollte, kann die Klägerin die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten entweder als Vorschuß nach § 633 Abs. 3 BGB oder als Schadensersatz nach § 635 BGB geltend machen, soweit sie als Wohnungseigentümerin nach der Rechtsprechung des Senats dazu befugt ist (vgl. zuletzt Urt. v. 15. Februar 1990, VII ZR 269/88, für BGHZ bestimmt).
2. a) Zu den Nässeschäden hat das Berufungsgericht ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin könne sich allein aus § 635 BGB ergeben. Aus positiver Vertragsverletzung könne die Klägerin nichts herleiten. Es handele sich ausschließlich um Schäden, die mit dem Mangel des Werks eng zusammenhingen und durch diesen unmittelbar verursacht seien. Keiner der Teilschäden sei ein nur mittelbarer, entfernterer Folgeschaden. Ein Schadensersatzanspruch scheide jedoch ebenfalls aus, weil die „formellen” Voraussetzungen der §§ 635, 634 BGB fehlten. Die Klägerin habe es unterlassen, den Beklagten eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen. Das sei nicht entbehrlich gewesen. Vor allem hätten die Beklagten sich nicht ausdrücklich geweigert, die Mängel zu beseitigen. Ein Verhalten, das einer Weigerung gleichzusetzen sei, lasse sich nicht feststellen.
b) Auch dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
aa) Soweit die Klägerin Schäden am Wandanstrich, an Tapeten und an verlegten Teppichfußböden geltend macht, ist der Ansicht des Berufungsgerichts zu folgen, daß die Klägerin ihren Anspruch auf § 635 BGB stützen kann. Diese Schäden hängen eng mit der fehlerhaften Bauleistung der Beklagten zusammen (vgl. Senatsurteil BGHZ 96, 221, 226 m.w.N.). Im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichts steht jedoch einem möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht entgegen, daß sie eine Fristsetzung und Ablehnungsandrohung (§§ 635, 634 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht ausgesprochen hat. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist hier ein Fall gegeben, in dem eine Fristsetzung von vornherein nicht nötig war.
Für einen Mangelfolgeschaden nach § 635 BGB kann nicht nur unter denselben Voraussetzungen Ersatz verlangt werden wie bei denjenigen Schäden, die dem Werk selber anhaften. Geht es um den Ersatz eines Schadens, der neben dem schadenstiftenden Mangel des Werkes entstanden ist, bedarf es keiner Fristsetzung, weil deren Zweck fehlt. Dieser besteht darin, dem Auftragnehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, das noch mit Mängeln behaftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, ehe an deren Stelle die finanziell regelmäßig belastendere Gewährleistung nach § 635 BGB tritt (im einzelnen vgl. Senatsurteil BGHZ 96, 221, 226 m.w.N.). Demgegenüber haben sich die Mängel an den Innenwänden und Fußböden des Kellers erst infolge des fehlerhaften Werkes, der von den Beklagten nicht fachgerecht hergestellten Außenisolierung und Drainage eingestellt, nachdem Anstrich, Tapeten und Teppichböden für sich genommen zunächst keinen Anlaß für Beanstandungen gaben. Selbst wenn der Keller trocken gelegt wird, bleiben die schadhaften Innenbeläge. Diese in Ordnung zu bringen ist nicht Gegenstand der nötigen Nachbesserung an der Unterkellerung des Hauses.
bb) Soweit die Klägerin Schadensersatz für 60 qm im Keller lagernden Teppichboden verlangt, kommt im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts eine Haftung der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung in Betracht. Mach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist diese Anspruchsgrundlage heranzuziehen, wenn es darum geht, entferntere und deshalb nicht unter § 635 BGB fallende Mangelfolgeschäden auszugleichen (vgl. Senatsurteil NJW 1979, 1651; BGH Urteil vom 12. Juni 1980 – IVa ZR 3/80 = BauR 1980, 572, 573). Um einen solchen entfernteren Schaden handelt es sich bei dem Vorrat an Teppichboden. Die Beschädigung des Materials ist ebenso zu beurteilen, wie diejenige beliebiger anderer Gegenstände im Eigentum der Klägerin. Der Teilschaden steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Mangel des Werkes. Das Berufungsgericht hat im einzelnen hierzu keine Feststellungen getroffen. Deutlich ist immerhin, daß das Material lediglich im Keller aufbewahrt wurde und nur deshalb in Mitleidenschaft gezogen wurde, ohne daß ein weiterer Bezug zu dem auslösenden Werkmangel bestand.
Der Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung hat nicht zur Voraussetzung, daß zunächst eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt wird. Vielmehr kann die Klägerin diesen Schaden ohne weiteres geltend machen.
II.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO). Auf die weiteren Angriffe der Revision gegen die Ablehnung deliktischer Ansprüche kommt es nicht mehr an. Sollte jedoch der Gewährleistungsausschluß wirksam sein, wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob die Beklagten die Mängel arglistig verschwiegen haben (§ 637 BGB) oder ob der Klägerin deliktische Ansprüche zustehen. In diesem Fall wird der Klägerin Gelegenheit zu geben sein, ihre Einwände gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung hinsichtlich einer Kenntnis der Beklagten von den Mängeln dem Berufungsgericht vorzutragen.
Unterschriften
L, T, H, H, W
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.03.1990 durch Henco Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen