Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Baumängel nach mangelhafter Beseitigung bei VOB-Vertrag sowie Neubeginn der Verjährung für Mängelbeseitigung bei verjährten Gewährleistungsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

a) Erbringt der Auftragnehmer eine unvollständige und fehlerhafte Nachbesserungsleistung, indem er lediglich einige Mangelerscheinungen beseitigt, nicht aber den Mangel selbst behebt, so beschränkt sich die nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) laufende neue Verjährungsfrist nicht auf die vom Auftraggeber aufgezeigten und vom Auftragnehmer beseitigten Mangelerscheinungen, sondern erfaßt alle Mängel, die für diese Mangelerscheinungen ursächlich sind (im Anschluß an Senatsurteile NJW 1987, 381; vom 6. Oktober 1988 – VII ZR 227/87 = BauR 1989, 79 = ZfBR 1989, 27; vom 10. November 1988 – VII ZR 140/87 = BauR 1989, 81 = ZfBR 1989, 54; vom 23. Februar 1989 – VII ZR 31/88 – und vom 20. April 1989 – VII ZR 334/87 zur Veröffentlichung bestimmt).

b) § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) ist auch auf Mängelbeseitigungsleistungen anzuwenden, die der Auftragnehmer erbracht hat, obwohl die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers bereits verjährt waren.

 

Normenkette

VOB/B § 13 B Nr. 5

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Urteil vom 20.11.1987; Aktenzeichen 8 U 1730/86)

LG Trier (Urteil vom 26.11.1986; Aktenzeichen 5 O 447/85)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 20. November 1987 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Im Mai 1976 erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag, die Gehweganlage in B. an der B 257 zu erstellen. Im Mai 1978 erteilte sie der Beklagten einen entsprechenden Auftrag für die L 38. In beiden Verträgen vereinbarten die Parteien für die Gewährleistung hinsichtlich der Erd- und Entwässerungsarbeiten, des Unterbaus und der Deckenarbeiten eine Verjährungsfrist von vier Jahren und hinsichtlich der Randeinfassungen und sonstigen Nebenarbeiten eine Verjährungsfrist von zwei Jahren, im übrigen sollte die VOB/B (1973) gelten.

Die Arbeiten an der B 257 wurden am 6. Dezember 1976 und die an der L 38 am 15. November 1978 förmlich abgenommen. In der Zeit vom Mai 1980 bis September 1982 führte die Beklagte verschiedene Nachbesserungsarbeiten an den Gehweganlagen der B 257 und der L 38 aus, um Setzungsschäden zu beseitigen, die nach der Abnahme auf getreten waren. Die Nachbesserungsarbeiten der Beklagten an beiden Gehweganlagen wurden am 15. Oktober 1982 förmlich abgenommen.

Am 30. August 1984 führten die Vertreter der Parteien eine gemeinsame Begehung der Gehweganlagen durch, um die erneut auf getretenen Setzungsschäden und Risse zu besichtigen. Mit Schreiben vom 31. August 1984 forderte die Verbandsgemeinde K. die Beklagten im Namen der Klägerin vergeblich auf, die am 30. August 1984 festgestellten Schäden an beiden Gehweganlagen zu beseitigen. Am 29. Dezember 1984 beantragte die Klägerin die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens.

Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten einen Kostenvorschuß von 40.000 DM für die Beseitigung von Mängeln an den Gehweganlagen und die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, die den Vorschuß übersteigenden Mängelbeseitigungskosten zu zahlen.

Das Landgericht hat den Leistungsantrag als unbegründet und den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer – angenommenen – Revision, die die Beklagte zurückzuweisen bittet, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

1. Das Berufungsgericht hat Gewährleistungsansprüche, die sich auf Nachbesserungsarbeiten der Beklagten beziehen, die diese vor 1982 ausgeführt hat, mit folgenden Erwägungen als verjährt angesehen:

Die Verjährungsfrist betrage gemäß § 13 Nr. 4, 5 VOB/B für sämtliche Arbeiten an der Gehweganlage der B 257 und für die Randeinfassungen und Nebenarbeiten der Gehweganlage der L 38 zwei Jahre. Für den Oberbau, Unterbau und Untergrund der Gehweganlage an der L 38 betrage die Verjährungsfrist aufgrund einer besonderen Vereinbarung der Parteien vier Jahre. Etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich der Arbeiten, die die Beklagte vor dem Jahr 1982 ausgeführt habe, seien gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B verjährt, weil die Arbeiten an der B 257 am 6. Dezember 1976 und an der L 38 am 15. November 1978 abgenommen worden seien.

2. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin im Ergebnis mit Erfolg:

a) Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich des Ober- und Unterbaus der Gehweganlage an der L 38 sind – soweit sie bestehen sollten – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verjährt.

aa) Die vertraglich vereinbarte vierjährige Verjährungsfrist begann gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 16. November 1978 mit der Abnahme zu laufen. Sie wäre am 16. November 1982 abgelaufen. Ob die Verjährung bis zu diesem Zeitpunkt unterbrochen oder gehemmt worden ist, kann dahinstehen, weil mit der Abnahme der von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten am 15. Oktober 1982 für diese Arbeiten die zweijährige Regelfrist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) zu laufen begann.

bb) Entgegen der von der Beklagten in der Revisionserwiderung erhobenen Rüge ist diese Bestimmung hier nicht etwa deshalb unanwendbar, weil die Parteien in den Abnahmebescheinigungen vom 12. Oktober 1982 die Gewährleistung „neu festgelegt” und das Ende der neuen Gewährleistungsfrist auf den 15. September 1984 bestimmt haben. Die rechtlichen Erwägungen aus dem Urteil des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs NJW 1981, 2741, auf das sich die Beklagte beruft, sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind.

Dort enthielt bei isolierter – also unwirksamer – Vereinbarung des § 13 VOB/B (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 96, 129, 132 ff; 100, 391, 397 ff; NJW 1987, 2373, 2374 jeweils m.w.N.) schon der ursprüngliche Vertrag die Abrede, daß die Gewährleistung in noch wesentlich kürzerer Frist als der Regelfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B „erlischt”. Hier dagegen war die VOB/B (1973) als Ganzes vereinbart und das Ende derneuen Gewährleistungsfrist ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 13 VOB/B festgesetzt worden. Damit ist die Regelung des § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 3 VOB/B (1973) aber gerade nicht abbedungen.

cc) Die neue Verjährungsfrist ist zwar auf die ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten beschränkt (Ingenstau/Korbion, VOB, 11. Aufl., B § 13 Rdn. 417/418; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab, VOB, 5. Aufl., B § 13 Rdn. 58 a). Diese Beschränkung ist hier jedoch für die Gewährleistungsansprüche der Klägerin ohne Bedeutung. DerUmfang der von der neuen Verjährungsfrist erfaßten Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers ist nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die der Senat für die Bezeichnung von Mängeln beim Mangelbeseitigungsverlangen nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B, bei der Vorschußklage, im Beweissicherungsverfahren, für die Mängelanzeige gem. §§ 639 Abs. 1, 478, 479 BGB und die Hemmung der Verjährung durch Prüfung und Beseitigung von Mängeln nach § 639 Abs. 2 BGB entwickelt hat (Senatsurteile NJW 1987, 381; vom 6. Oktober 1988 – VII ZR 227/87 = ZfBR 1989, 27, 28 = BauR 1989, 79, 80/81; vom 10. November 1988 – VII ZR 140/87 = ZfBR 1989, 54, 55 = BauR 1989, 81, 82/83; vom 23. Februar 1989 – VII ZR 31/88 – und vom 20. April 1989 – VII ZR 334/87 – zur Veröffentlichung bestimmt). Wenn der Auftragnehmer eine unvollständige und fehlerhafte Nachbesserungsleistung in der Weise erbringt, daß er lediglich einige Mangelerscheinungen beseitigt, beschränkt sich die neue Verjährungsfrist nicht auf die vom Auftraggeber aufgezeigten und vom Auftragnehmer beseitigten Mangelerscheinungen, sie erfaßt vielmehr alle Mängel, die für diese Mangelerscheinungen ursächlich waren.

dd) So war es hier. Die vergeblichen Nachbesserungsversuche der Beklagten bezogen sich auf Mangelerscheinungen, die vor und nach den Nachbesserungsversuchen in gleicher Weise wiederauftraten, weil die Beklagte nur die Erscheinungen und nicht die Mängel selbst beseitigt hat. Die neue Verjährungsfrist, die am 16. Oktober 1982 begann, ist nicht abgelaufen. Durch das rechtzeitige weitere Mängelbeseitigungsverlangen der Klägerin vom 31. August 1984 ist die Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) erneut in Lauf gesetzt worden. Der Hinweis in dem Schreiben der Klägerin auf die aufgetretenen Setzungen und die wesentlichen sichtbaren Schäden im Erscheinungsbild der Gehweganlage ohne exakte örtliche Bezeichnung war ausreichend. Die Beschreibung der Mangelerscheinungen ist dann hinreichend bestimmt, wenn der Auftragnehmer nach den besonderen Umständen des Falles ersehen kann, welche Mängel vorliegen und welche Beseitigungsarbeiten erforderlich sind. Diesen Anforderungen genügte das Schreiben der Klägerin vom 31. August 1984 schon deshalb, weil die Beklagte aufgrund ihrer bisherigen Nachbesserungsversuche und der gemeinsamen Begehung der Gehweganlagen am 30. August 1984 ersehen konnte, welche Arbeiten von ihr erwartet wurden.

ee) Die neue Regelfrist nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) ist durch den Antrag der Klägerin auf Durchführung des Beweissicherungsverfahrens vom 27. Dezember 1984, der sich auch auf die Mängel an der Gehweganlage der L 38 bezieht, rechtzeitig unterbrochen worden.

b) Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich der Mängel an der Gehweganlage der B 257 sind ebenfalls nicht verjährt.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist für den Senat bindend festgestellt, daß die Parteien im Gegensatz zu den Arbeiten an der L 38 füralle Arbeiten an der B 257 eine zweijährige Verjährungsfrist vereinbart haben.

Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe abweichend vom übereinstimmenden Vortrag der Parteien festgestellt, daß die Verjährung für sämtliche Arbeiten an der B 257 zwei Jahre betrage, die Parteien hätten auch für die Erd- und Entwässerungsarbeiten sowie für die Unterbau- und Deckenarbeiten der Gehweganlage an der B 257 vier Jahre vereinbart. Eine etwaige Unrichtigkeit des Tatbestandes kann mit der Verfahrens rüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 lit. b ZPO nicht richtiggestellt werden, weil derartige Mängel nur im Berichtigungsverfahren gemäß § 320 ZPO behoben werden können (BGH Urteil vom 18. Oktober 1962 – II ZR 47/61 – = WM 1962, 1289, 1290; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 554 Rdn. 11 m.w.N.). Da eine Urteilsberichtigung gemäß § 320 ZPO nicht durchgeführt worden ist, sind die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 314 ZPO für das weitere Verfahren bindend festgestellt. Der Senat muß folglich seiner Entscheidung die Feststellung des Berufungsgerichts zugrunde legen, daß sämtliche Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich aller Arbeiten an der Gehweganlage der B 257 gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B in zwei Jahren verjähren.

bb) Im Unterschied zu den Gewährleistungsansprüchen für Mängel an der Gehweganlage der L 38 sind die ursprünglichen Gewährleistungsansprüche für Mängel an der B 257 verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist, die mit der Abnahme am 6. Dezember 1976 zu laufen begann, war bereits abgelaufen, als die Klägerin die Beklagte durch die Verbandsgemeinde K. am 27. September 1979 erstmals zur Mängelbeseitigung auffordern ließ.

cc) Diemit der Klage verfolgten Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind hingegen nicht verjährt, weil durch die Abnahme der Nachbesserungsarbeiten der Beklagten an der B 257 am 15. Oktober 1982 eineneue Regelfrist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) zu laufen begann. Sinn und Zweck des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) erfordern es, die Vorschrift dahingehend auszulegen, daß mit der Abnahme der Nachbesserungsarbeiten des Auftragnehmers die Regelfrist auch dann eröffnet wird, wenn der Auftragnehmer Nachbesserungsarbeiten durchführt, obwohl die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers verjährt waren. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B ist im Interesse des Auftraggebers in die VOB/B 1973 eingeführt worden, weil sich die Regelfrist von zwei Jahren vor allem bei komplexen, mangelanfälligen Werkleistungen als zu kurz erwiesen hat.

Die Bestimmung hatselbständige, über den Rahmen des Satzes 1 hinausgehendeTragweite (vgl. Ingenstau/Korbion aaO Rdn. 417). Die Regelung greift immer dann ein, wenn der Auftragnehmer tatsächlich Mangelbeseitungsleistungen erbringt und diese abgenommen werden. Mehr wird nicht gefordert, gleichviel was der Nachbesserung vorausgegangen ist. Die Mängelbeseitungsleistung wird vielmehr als Erfüllungshandlung im Rahmen der den Auftragnehmer bei der Herstellung des Werkes treffenden Pflichten verselbständigt und nach ihrer Abnahme einereigenen Gewährleistungsregelung mit neuer Verjährungsfrist unterworfen (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 344, 348 und vom 20. November 1986 – VII ZR 360/85 = BauR 1987, 207, 208 = ZfBR 1987, 71, 72; a.A. wohl Kaiser, Das Mängelhaftungsrecht in Baupraxis und Bauprozeß, 6. Aufl., Rdn. 187). Deren Verlängerung richtet sich deshalb wiederum nach § 13 Nr. 5 Abs. 1Satz 2 VOB/B (1973) (Senatsurteil vom 11. Juli 1985 – VII ZR 14/84 = Schäfer/Finnern/Hochstein § 13 Nr. 5 VOB/B (1973) Nr. 15 und vorstehend 2 a; ebenso Ingenstau/Korbion aaO Rdn. 427; Soergel in Münch/Komm, 2. Aufl., § 639 BGB Rdn. 25; anders Kaiser aaO Rdn. 187 d). Die Verjährung kann auch sonst erneut nach allgemeinen Vorschriften unterbrochen werden oder gehemmt sein (allg. M. vgl. etwa Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab aaO Rdn. 58 f; Ingenstau/Korbion aaO Rdn. 426).

Das alles ist auch sinnvoll, weil der Auftragnehmer das Werk bis dahin nicht den Anforderungen des § 13 Nr. 1 bis 3 VOB/B entsprechend hergestellt hat und die Nachbesserung gerade dazu dient, den vom Auftragnehmer geschuldeten vertragsgemäßen Zustand nachträglich herbeizuführen. Die Bestimmung der Nr. 5 Abs. 1 S. 3 sichert daher das berechtigte Interesse des Auftraggebers an einer ihrerseits mangelfreien Nachbesserung in besonderer sachgerechter Weise. Sie schützt ihn nicht nur vor unzureichenden Nachbesserungsversuchen, die lediglich die Mangelerscheinungen und nicht die Mängel selbst beseitigen, sondern auch vor neuen durch die Nachbesserung erst herbeigeführten Mängeln und Schäden.

Dieses Interesse des Auftraggebers besteht unabhängig davon, ob seine ursprünglichen Gewährleistungsansprüche verjährt waren. Wenn der Auftragnehmer seine Gewährleistungsverpflichtung mit dem Ziel erfüllt, die ihm obliegende vertragsgemäße Leistung zu erbringen, obwohl die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers bereits verjährt waren, ist für den Auftraggeber die Interessenlage gegeben, in der er durch § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) geschützt werden soll.

Der Auftragnehmer wird dadurch nicht in unbilliger Weise benachteiligt. Es steht ihm frei, sich gegenüber dem Nachbesserungsverlangen des Auftraggebers auf Verjährung zu berufen oder seine vertraglichen Gewährleistungsverpflichtungen zu erfüllen. Bessert er nach, obwohl die Gewährleistungsanprüche des Auftraggebers verjährt sind, treten neben der auch dann immer noch möglichen Erfüllungswirkung seiner Nachbesserungsleistung auch die weiteren Rechtsfolgen des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B (1973) ein. Das ist für ihn ohne weiteres überschaubar.

II.

1. Das Berufungsgericht hat zu den Gewährleistungsansprüchen der Klägerin hinsichtlich der am 15. Oktober 1982 abgenommenen Nachbesserungsarbeiten der Beklagten im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Diese Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt, weil die am 16. Oktober 1982 begonnene Verjährung durch das Schreiben der Klägerin vom 7. August 1984 unterbrochen worden sei. Der Hinweis in dem Schreiben auf die entstandenen Risse und Setzungen sei als Mängelbeseitigungsverlangen im Sinne des § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ausreichend, weil die Beklagte daraus habe ersehen können, welche Nachbesserungsarbeiten von ihr gefordert würden. Gewährleistungsansprüche hinsichtlich der genannten Arbeiten würden der Klägerin jedoch deshalb nicht zustehen, weil sie die Art der Mängel, deren Ausmaß und örtliche Lage nicht hinreichend genau beschrieben habe, die für die Unterbrechung der Verjährung ausreichende Mängelrüge genüge den Erfordernissen eines substantiierten Sachvortrages nicht. Die Klägerin hätte darlegen müssen, welche Mängel vor dem Jahre 1982 nachgebessert worden seien und auf welche Mängel sich die am 15. Oktober 1982 abgenommenen Nachbesserungsarbeiten beziehen, weil die im Jahre 1980 durchgeführten Arbeiten verjährt seien. Da die Gehwege an der B 257 und der L 38 etwa 3 km lang seien, hätte die Klägerin die örtliche Lage der einzelnen Mängel und deren Ausmaß genau beschreiben müssen. Die erstmals in der Berufungsbegründung erhobene Mängelrüge, die Beklagte habe die Gehweganlage nicht auf gewachsenem Boden aufgebracht, sondern auf unverdichtetem Mutterboden, betreffe einen neuen Mangel; insoweit seien Gewährleistungsansprüche ebenfalls verjährt.

2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt und übersehen, daß die Klägerin die Mängel als solche hinreichend gerügt hat, indem sie die wiederholt auf getretenen Mangelerscheinungen der nach wie vor nicht beseitigten Mängel der Gehweganlagen aufgezeigt hatte. Auf diesem Rechtsfehler beruht auch die Ansicht des Berufungsgerichts, der Gewährleistungsanspruch der Klägerin, den sie erstmals in der Berufung mit der Behauptung geltend mache, die Beklagte habe die Gehweganlagen auf unverdichtetem Mutterboden gegründet, sei verjährt. Dieser Vortrag der Klägerin enthält keine neue Mängelrüge, sondern eine Präzisierung der mit der Bezeichnung der Mangelerscheinungen bereits umfassend gerügten Mängel im Unterbau der Gehweganlagen.

Eine genaue Zuordnung der einzelnen Mangelerscheinungen nach den Zeiträumen, in denen die Beklagte die Nachbesserungsarbeiten durchgeführt hat, ist hier deshalb nicht erforderlich, weil die Gewährleistungsansprüche der Klägerin hinsichtlich der diesen Mangelerscheinungen zugrunde liegenden Mängel an beiden Gehweganlagen insgesamt nicht verjährt sind. Eine genaue Beschreibung der örtlichen Lage und des Ausmaßes der einzelnen Erscheinungen war hier weder erforderlich noch zumutbar. Die Beklagte, eine Fachfirma für Tiefbau, konnte aus den Hinweisen auf die Erscheinungen der Mängel, die ihr aufgrund ihrer bisherigen Nachbesserungsversuche hinreichend bekannt waren, erkennen, welche Mängelbeseitigungsarbeiten notwendig wurden. Die vom Berufungsgericht geforderte genaue örtliche Beschreibung der Erscheinungen war unnötig. Es war und ist Aufgabe der Beklagten, den erforderlichen Umfang und die Art der Nachbesserung der Mängel und nicht nur der Erscheinungsformen dieser Mängel in eigener Verantwortung an Ort und Stelle zu klären.

III.

Das Berufungsgericht meint, dem Feststellungsantrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Vorschußanspruch der Klägerin unbegründet sei.

Die Revision hat auch insoweit Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Feststellungsantrag, wie ihn die Klägerin hier gestellt hat, zulässig und begründet, wenn dem Auftraggeber ein Vorschußanspruch zusteht (Senatsurteil vom 20. Februar 1986 – VII ZR 318/84 = ZfBR 1986, 120, 121 = BauR 1986, 345, 346). Sollte sich der Vorschußanspruch nach der erforderlichen Beweisaufnahme als begründet erweisen, wird das Berufungsgericht dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgeben müssen.

IV.

Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zu einer abschließenden Entscheidung gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist der Senat nicht in der Lage, weil über die zwischen den Parteien streitigen Mängel am Ober- und Unterbau der Gehweganlagen sowie über die ebenfalls streitige Höhe des Vorschußanspruchs Beweis zu erheben sein wird. Nicht von Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist die Frage, ob durch die gegebenenfalls erforderliche Nachbesserung eine längere Lebensdauer der Gehweganlagen erreicht wird. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein derartiger Vorteil nicht zugunsten des Auftragnehmers berücksichtigt werden, wenn – wie hier – dieser Vorteil auf der Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten beruht (BGHZ 91, 206, 215/217 m.w.N.; Ingenstau/Korbion aaO B § 13 Rdn. 830; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab aaO B § 13 Rdn. 59 k).

 

Unterschriften

Girisch, Walchshöfer, Quack, Thode, Haß

 

Fundstellen

Haufe-Index 512609

BGHZ

BGHZ, 65

NJW 1989, 2753

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