Leitsatz (amtlich)
Eine Abtretung der Klageforderung nach Eintritt der Hemmungswirkung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO, aber vor Zustellung der Klage an den Beklagten, führt nicht zur Beendigung der Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 167
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 20.4.2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, ein deutsches Speditionsunternehmen, nimmt den in Italien ansässigen Beklagten wegen Verlustes von Transportgut aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 2
Die Kraftverkehr N. Italia S.A.R.L., eine Tochtergesellschaft der Klägerin mit Sitz in Italien (im Weiteren: N. Italia), beauftragte den Beklagten am 11.11.2005 mit dem Transport einer Partie Schokolade von Reichenbach/Deutschland nach San Nicola La Strada/Italien. Ein Fahrer des Beklagten übernahm das auf 34 Paletten gepackte Gut mit einem Nettogewicht von 14.074 kg am 14.11.2005 in Reichenbach, wo die Klägerin für die A. R. GmbH & Co. KG (im Weiteren: Versenderin) ein Lager unterhielt, zur Beförderung nach Italien. Er erreichte am 15.11.2005 gegen 17 Uhr die nördlich von Neapel gelegene Autobahnraststätte "Teano Ovest", auf der er den beladenen Lkw abstellte, um eine Pause einzulegen. In der folgenden Nacht wurde der Fahrer von drei Männern auf der Raststätte überfallen, das Transportgut wurde geraubt. Am 5.4.2006 stellte die Versenderin der Klägerin für die abhandengekommene Ware 60.767,52 EUR in Rechnung.
Rz. 3
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte für den Verlust des Gutes gem. Art. 17 Abs. 1 CMR, da die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 2 CMR nicht vorlägen. Darüber hinaus schulde der Beklagte ihr den Ersatz der durch die außergerichtliche Rechtsverfolgung angefallenen Kosten, weil er sich mit der Erfüllung ihrer berechtigten Schadensersatzforderung in Verzug befunden habe.
Rz. 4
Die Klägerin hat den Beklagten wegen des streitgegenständlichen Verlusts zunächst unter Berufung auf eine Abtretung der N. Italia vom 29.3.2006 auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Nach Einreichung, aber vor Zustellung der Klage an den Beklagten hat sie den geltend gemachten Schadensersatzanspruch am 28.9.2006 an die N. Italia zurückabgetreten. Diese hat die Klageforderung nach Zustellung der Klage gegen Ansprüche aufgerechnet, die dem Beklagten unstreitig gegen sie zustanden. Die Klägerin hat daraufhin die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit mit Ausnahme der verlangten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in der Hauptsache erledigt sei. Im Berufungsverfahren ist die Klägerin zu ihrem ursprünglichen Zahlungsantrag zurückgekehrt, weil die N. Italia - so der Vortrag der Klägerin - mit Vereinbarung vom 23.8.2007 erneut sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem Transport vom 14.11.2005 gegen den Beklagten an sie abgetreten habe. Die von der N. Italia erklärte Aufrechnung sei mangels Zustimmung des Beklagten nicht wirksam geworden. Die N. Italia sei damit einverstanden, dass sie, die Klägerin, die Ansprüche aus dem Transportvertrag vom 11.11.2005 weiterverfolge und Zahlung an sich verlange.
Rz. 5
Im Übrigen hätten auch die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft vorgelegen. Ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Verfolgung der streitgegenständlichen Ansprüche ergebe sich aus dem Umstand, dass sie wegen des Verlustes der Ware am 25.11.2005 an die Versenderin Schadensersatz geleistet habe.
Rz. 6
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 60.767,52 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 1.479,90 EUR zu zahlen, hilfsweise für den Fall, dass a) der Beklagte der Aufrechnung vom 31.10.2006 zustimmt sowie b) das Berufungsgericht die Umstellung auf den ursprünglichen Klageantrag als unzulässig ansehen sollte, 1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.479,90 EUR zu zahlen, 2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.793,62 EUR (Zinsen) zu zahlen, 3. festzustellen, dass der Rechtsstreit sich in Höhe des Betrages von 60.767,52 EUR durch Aufrechnung der N. Italia S.A.R.L. vom 31.10.2006 in der Hauptsache erledigt hat.
Rz. 7
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Rz. 8
Das Berufungsgericht hat der vom LG für unbegründet erachteten Klage in seinem ersten Urteil in der Hauptsache nach Abzug von 2.000 EUR für Transportkosten i.H.v. 58.767,52 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Darüber hinaus hat es der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 1.479,90 EUR zuerkannt (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.10.2007 - 3 U 92/07, juris). Dieses Urteil hat der Senat auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede für unbegründet erachtet und die geltend gemachte Schadensersatzforderung i.H.v. 2.000 EUR für Transportkosten gekürzt worden war (BGH, Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 191/07, TranspR 2010, 200).
Rz. 9
Das Berufungsgericht hat dem Klagehauptantrag in seinem zweiten Urteil nunmehr in vollem Umfang stattgegeben (OLG Stuttgart, TranspR 2011, 340). Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte weiterhin die Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei der Klägerin aus abgetretenem Recht der N. Italia gem. Art. 17 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 CMR zum Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe verpflichtet. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung hat das Berufungsgericht erneut nicht durchgreifen lassen. Dazu hat es ausgeführt:
Rz. 11
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Der Transportvertrag, aus dem die streitgegenständliche Schadensersatzforderung resultiere, sei zwar zwischen der N. Italia und dem Beklagten geschlossen worden. Die N. Italia habe die ihr gegen den Beklagten wegen des Diebstahls der Ware zustehenden Schadensersatzansprüche jedoch zunächst am 29.3.2006 und nochmals - nach der am 28.9.2006 vorgenommenen Rückabtretung - am 23.8.2007 an die Klägerin abgetreten. Die jeweiligen Abtretungen seien sofort wirksam gewesen. Einem Forderungserwerb der Klägerin aufgrund der am 23.8.2007 vorgenommenen Abtretung stehe nicht die von der N. Italia am 31.10.2006 erklärte Aufrechnung gegen Frachtvergütungsansprüche des Beklagten entgegen; die Aufrechnung sei unwirksam gewesen, weil die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung nach Grund und Höhe streitig gewesen sei.
Rz. 12
Der an die Klägerin abgetretene Schadensersatzanspruch aus Art. 17 Abs. 1 CMR belaufe sich gem. Art. 23 Abs. 1 CMR auf 60.767,52 EUR. Die Klägerin habe den Umfang und den Wert des abhandengekommenen Gutes hinreichend belegt. Die Haftungshöchstgrenze nach Art. 23 Abs. 3 CMR werde angesichts des Gewichts der gestohlenen Ware mit der geltend gemachten Schadensersatzforderung nicht erreicht. Der zuerkannte Zinsanspruch sei gem. Art. 27 Abs. 1 CMR begründet. Der Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten ergebe sich aus §§ 249, 286 BGB. Die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 2 CMR lägen nicht vor.
Rz. 13
Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch. Die im Streitfall zur Anwendung kommende einjährige Verjährungsfrist (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR) habe nach Art. 32 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b CMR am 17.12.2005 zu laufen begonnen und daher frühestens am 16.12.2006 geendet. Eine Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist beurteile sich gem. Art. 32 Abs. 3 CMR nach dem Recht des angerufenen Gerichts. Dementsprechend kämen im Streitfall die §§ 203 ff. BGB - und damit auch § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB - zur Anwendung. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfordere die Klage eines materiell Berechtigten. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung (27.10.2006) materiell Berechtigte in Bezug auf die geltend gemachte Schadensersatzforderung gewesen. Ihr habe aufgrund einer von der N. Italia erteilten (generellen) Ermächtigung die Befugnis zugestanden, den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen. Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin sei dem Beklagten gegenüber vor Ablauf der Verjährungsfrist offengelegt worden.
Rz. 14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch, weil der Lauf der im vorliegenden Fall maßgeblichen Verjährungsfrist von einem Jahr (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR) in noch unverjährter Zeit gem. Art. 32 Abs. 3 CMR, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO gehemmt worden ist.
Rz. 15
1. Aus dem ersten Revisionsurteil des Senats vom 29.10.2009 ergibt sich bereits, dass der Beklagte der Klägerin für den Verlust des Gutes gem. Art. 17 Abs. 1 CMR i.V.m. Art. 1260 Codice Civile Schadensersatz schuldet und dass der zu ersetzende Schaden sich gem. Art. 23 Abs. 1 CMR auf 60.767,52 EUR beläuft (BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 17, 25 bis 31). Ebenso steht fest, dass der Beklagte sich nicht mit Erfolg auf den Haftungsausschlussgrund des Art. 17 Abs. 2 CMR berufen kann (BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 18 bis 24).
Rz. 16
2. Der vom Berufungsgericht zuerkannte Zinsanspruch ist gem. Art. 27 Abs. 1 CMR begründet. Insoweit wird von der Revision auch keine Rüge erhoben.
Rz. 17
3. Das Berufungsgericht hat der Klägerin auch mit Recht einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.459,90 EUR zuerkannt. Der Anspruch ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht aus §§ 249, 286 BGB, weil sich die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen gem. Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht richtet (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2009 - Xa ZR 76/07, TranspR 2010, 153 Rz. 17). Die von der N. Italia an die Klägerin abgetretene Forderung unterliegt gem. Art. 28 Abs. 4 EGBGB a.F. dem italienischen Recht (vgl. BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 27).
Rz. 18
Die Ersatzpflicht des Beklagten für die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten besteht aber auch nach italienischem Recht, dessen maßgebliche Bestimmungen der Senat selbst ermitteln und auslegen kann. Dabei kann offenbleiben, ob die Auslegung ausländischen Rechts durch den Tatrichter der revisionsrechtlichen Überprüfung gem. §§ 560 Abs. 1, 545 Abs. 1 ZPO in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung zugänglich ist. Denn nach der Übergangsbestimmung in Art. 111 FGG-Reformgesetz, mit dem die Vorschrift des § 545 Abs. 1 ZPO geändert worden ist, sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes eingeleitet worden sind, die zuvor geltenden Vorschriften anzuwenden. Ist das Verfahren - wie im vorliegenden Fall - in erster Instanz nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, erfolgt auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht (vgl. BT-Drucks. 16/, 359). Die Bestimmung des § 545 Abs. 1 ZPO in der vor dem 1.9.2009 geltenden Fassung hat eine revisionsrechtliche Überprüfung des ausländischen Rechts zwar nicht vorgesehen. Das Revisionsgericht war dadurch jedoch nicht gehindert, ausländisches Recht selbst zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen, wenn das Berufungsgericht - wie im Streitfall - dieses Recht außer Betracht gelassen und infolgedessen nicht gewürdigt hat (vgl. BGH, TranspR 2010, 153 Rz. 21).
Rz. 19
Ein Schuldner, der sich in Verzug befindet, ist gem. Art. 1218 Codice Civile zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. Eccher//, Handbuch italienisches Zivilrecht, Kap. 3 Rz. 90). Nach Art. 1219 Abs. 1 Codice Civile gerät ein Schuldner durch Aufforderung oder Mahnung in Verzug. Ob im Streitfall eine nach italienischem Recht hinreichende Mahnung vorgelegen hat, hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt. Jedoch hat der Verkehrshaftungsversicherer des Beklagten mit dem an die N. Italia gerichteten Schreiben vom 10.2.2006 jegliche Ersatzpflicht zurückgewiesen. Dies führt zum automatischen Verzug des Beklagten i.S.v. Art. 1219 Abs. 2 Nr. 2 Codice Civile (vgl. Eccher//, a.a.O., Kap. 3 Rz. 88). Der zu ersetzende Schaden umfasst nach Art. 1223 Codice Civile den vom Gläubiger erlittenen Verlust, soweit dieser eine unmittelbare Folge der Verspätung ist. Hierzu zählen auch die infolge des Schuldnerverzugs des Beklagten entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung.
Rz. 20
4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die streitgegenständliche Schadensersatzforderung sei nicht verjährt.
Rz. 21
a) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei aufgrund einer von der N. Italia (generell) erteilten Ermächtigung zum Zeitpunkt der Klageerhebung (27.10.2006) berechtigt gewesen, die Klageforderung im eigenen Namen geltend zu machen, ist allerdings nicht frei von Rechtsfehlern.
Rz. 22
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Lauf der im Streitfall maßgeblichen einjährigen Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR sei gem. Art. 32 Abs. 3 CMR, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt gewesen, weil die Klägerin als Einziehungsermächtigte rechtzeitig Klage erhoben habe. Die Vernehmung der Zeugen P. und B. habe ergeben, dass der Klägerin von der N. Italia eine Einziehungsermächtigung erteilt worden sei. Hierfür spreche auch der weitere Umstand, dass die Klägerin dem Beklagten schon am 30.11.2005 eine Rechnung über 65.877,76 EUR erteilt und Zahlung an sich verlangt habe. In die gleiche Richtung weise auch die Tatsache, dass die Klägerin sich mit Schriftsatz vom 22.3.2006 wegen der Schadensregulierung an den Versicherer des Beklagten gewandt habe. Die Bekundungen der vernommenen Zeugen hätten zudem ergeben, dass die Ermächtigung seitens der N. Italia nicht nur auf eine außergerichtliche Geltendmachung der Forderung beschränkt gewesen sei. Der Umstand, dass die N. Italia Schadensersatzansprüche wegen des streitgegenständlichen Schadensereignisses zusätzlich am 29.3.2006 an die Klägerin abgetreten habe, stehe der Annahme einer Einziehungsermächtigung nicht entgegen. Eine Einziehungsermächtigung könne (hilfsweise) neben einer primären Zession geltend gemacht werden.
Rz. 23
bb) Die Revision rügt mit Recht, dass den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen ist, ob es - wie es erforderlich gewesen wäre - die Wirksamkeit der von der Klägerin behaupteten Einziehungsermächtigung nach italienischem Recht beurteilt hat, weil es in den Gründen an Darlegungen dazu fehlt. Die Einziehungsermächtigung ist unbeschadet ihrer dogmatischen Einordnung im internen deutschen Recht international privatrechtlich als Abtretung zu qualifizieren mit der Folge, dass sie in Fällen mit Auslandsberührung nach den für die Abtretung maßgeblichen Kollisionsregeln zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.1994 - VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 204). Da die der Einziehungsermächtigung zugrunde liegende Schadensersatzforderung der N. Italia gegen den Beklagten dem italienischen Recht unterliegt (vgl. Rz. 17), beurteilt sich die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gem. Art. 33 Abs. 2 EGBGB a.F. ebenso nach italienischem Recht (vgl. BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 27).
Rz. 24
b) Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts erfordert jedoch nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, weil sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Die Klägerin war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 1.8.2006 Inhaberin der streitgegenständlichen Schadensersatzforderung und damit Berechtigte i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Rz. 25
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerin durch die nach italienischem Recht zu beurteilende Abtretung der in Rede stehenden Schadensersatzforderung vom 29.3.2006 unmittelbar und mit sofortiger Wirkung zu deren Inhaberin geworden ist. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt. Die Auslegung des italienischen Rechts, insb. die Annahme des Berufungsgerichts, dass die in Art. 1264 Abs. 1 Codice Civile geregelte Information des Schuldners keine konstitutive Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung sei, ist nach dem im Streitfall noch zur Anwendung kommenden § 545 Abs. 1 ZPO a.F. im Übrigen der revisionsrechtlichen Nachprüfung entzogen (vgl. Rz. 18).
Rz. 26
bb) Als Forderungsinhaberin war die Klägerin daher materiell Berechtigte i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, als sie die Klageschrift in noch unverjährter Zeit am 1.8.2006 beim LG Stuttgart eingereicht hat. Die Einreichung der Klageschrift in unverjährter Zeit hat gem. § 167 ZPO i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der noch laufenden Verjährungsfrist geführt. Der Umstand, dass die Klägerin die mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzforderung vor Zustellung der Klageschrift wieder an die N. Italia zurück abgetreten hat, ändert hieran entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts. Für die Verjährungshemmung ist es nicht erforderlich, dass die materielle Berechtigung auch noch zum Zeitpunkt der Klagezustellung fortbesteht (a.A. OLG Brandenburg, Urt. v. 2.4.2008 - 3 U 83/07, juris Rz. 27; Lakkis in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 204 Rz. 27).
Rz. 27
Die Vorschrift des § 167 ZPO verlegt den Zeitpunkt der Verjährungshemmung unter der - im Streitfall gegebenen - Voraussetzung, dass die Zustellung der Klageschrift demnächst erfolgt, generell auf den Eingang der Klageschrift bei Gericht. Der Umstand, dass die Klägerin den Rechtsverlust zum Zeitpunkt der Klagezustellung wegen der von ihr zuvor erklärten Abtretung selbst herbeigeführt hat, ändert daran nichts. Denn mit Einreichung der Klageschrift konnte die Klägerin die von Amts wegen zu bewirkende Zustellung, die Voraussetzung für den Eintritt der Rechtshängigkeit war, nicht mehr beeinflussen. Durch die Regelung in § 167 ZPO sollen die Parteien bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsablaufs bewahrt werden, weil sie auf den Geschäftsbetrieb keinen Einfluss nehmen können (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2003 - V ZR 414/02, NJW 2003, 2830, 2831). Da sich der genaue Zeitpunkt der Klagezustellung oftmals - etwa wie im vorliegenden Fall bei einer Zustellung im Ausland - nicht kurzfristig durch eine Nachfrage bei Gericht in Erfahrung bringen lässt, ist für die Beteiligten einer Forderungsübertragung nicht ohne Weiteres erkennbar, wer bei Klagezustellung Inhaber der übertragenen Forderung ist. Käme es für die Verjährungshemmung ungeachtet der Bestimmung des § 167 ZPO auch auf die Berechtigung im Zeitpunkt der Klagezustellung an, wäre der Zessionar, der dem klagenden Zedenten keine Einziehungsermächtigung erteilt hat, zur Vermeidung verjährungsbedingter Nachteile genötigt, ins Ungewisse hinein die Forderung selbst erneut gerichtlich geltend zu machen. Nach der der Vorschrift des § 167 ZPO zugrunde liegenden Wertung, das Verjährungsinteresse des Schuldners gegenüber dem Interesse des Anspruchstellers auf Rechtsdurchsetzung unter den Voraussetzungen des § 167 ZPO zurückzustellen, ist eine solche mehrfache gerichtliche Befassung mit der Streitsache nicht gerechtfertigt. Eine Abtretung der Klageforderung an einen Dritten nach Eintritt der Hemmungswirkung gem. § 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt daher nicht zur Beendigung der Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist (vgl. auch BGH, Urt. v. 20.10.1983 - I ZR 86/82, NJW 1984, 2102, 2104 zu § 211 BGB a.F.). Dementsprechend ist im Streitfall für die Verjährungshemmung maßgeblich, dass die Klägerin bei Einreichung der Klage am 1.8.2006i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB berechtigt war, den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch geltend zu machen (vgl. BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 47).
Rz. 28
c) Durch die einseitig gebliebene Erledigungserklärung der Klägerin ist ihre materielle Berechtigung nicht entfallen, da diese Erklärung nicht die Rechtshängigkeit des für erledigt erklärten Anspruchs beendet (BGH, TranspR 2010, 200 Rz. 47).
Rz. 29
III. Danach ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3742246 |
BB 2013, 1153 |
NJW 2013, 1730 |
EBE/BGH 2013 |
JurBüro 2013, 497 |
ZIP 2013, 1048 |
JZ 2013, 379 |
JZ 2013, 385 |
MDR 2013, 988 |
ZfBR 2013, 451 |
FMP 2013, 113 |
RdTW 2013, 225 |
TranspR 2013, 398 |