Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 6. Juli 1999 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 26 Fällen, davon in 18 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es den Verfall eines Betrages von 18.760 DM angeordnet und sichergestellte Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien eingezogen. Gegen dieses Urteil richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie eine höhere Strafe erstrebt. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat keinen Erfolg.
Der Angeklagte führte 1996/1997 in 18 Fällen in den Niederlanden erworbenes Rauschgift – jeweils mindestens 1 kg Haschisch und 300 g Marihuana – in Deutschland ein und veräußerte es in Teilmengen gewinnbringend. 1998 kaufte er von einem Lieferanten in Deutschland in 7 Fällen jeweils 2 kg Marihuana und insgesamt 5 kg Haschisch, von einem weiteren Lieferanten 3 kg Haschisch, das er weiterveräußerte. Bei seiner Festnahme konnten noch 6 kg Haschisch und Marihuana sichergestellt werden. Der Angeklagte legte schon zu Beginn der Ermittlungen ein umfassendes Geständnis ab, das weit über die Ermittlungsansätze der Polizei hinausging, und gab Hinweise auf seine Lieferanten, Abnehmer und weitere an den Drogengeschäften beteiligte Personen.
Eine Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision, die der Sache nach – trotz des weitergehenden Revisionsantrags – auf den Strafausspruch beschränkt ist, hat weder zu Gunsten noch zum Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten Rechtsfehler im Strafausspruch aufgedeckt. Unter Berücksichtigung der im Urteil angeführten Qualitätsangaben (durchschnittliche Qualität mit Ausnahme von 3 kg Haschisch, das von sehr guter Qualität war) war der Schuldumfang ausreichend bestimmt. Denn bei Haschisch kann bei durchschnittlicher Qualität von mindestens 5 %, bei sehr guter Qualität von mindestens 10 % und bei Marihuana bei mittlerer Qualität von mindestens 2 % THC-Gehalt ausgegangen werden (BGH NJW 1996, 794, 797; Urteil v. 25.2.1992 – 1 StR 771/91). Dabei kann dahinstehen, ob eine Lücke des Urteils darin zu sehen ist, daß das Landgericht den THC-Gehalt der sichergestellten 6 kg Haschisch und Marihuana nicht mitteilt. Die Revision trägt selbst nicht vor, daß insoweit von wesentlich anderen Werten auszugehen wäre.
Das Landgericht hat in allen Fällen die Einzelstrafen dem nach § 31 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen. Die Ausführungen des Landgerichts zur Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG halten rechtlicher Prüfung stand.
Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte Angaben zu seinen Lieferanten in Deutschland sowie einigen größeren Abnehmern gemacht und Hinweise auf Hintermänner gegeben, die zu Festnahmen der Lieferanten und weiteren Ermittlungsergebnissen geführt haben. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Strafrahmenmilderung in den Fällen 19 – 26 der Urteilsgründe. Sie hält die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG jedoch nicht für erfüllt, soweit der Angeklagte auch wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln verurteilt worden ist (Fälle 1 – 18 der Urteilsgründe). Hinsichtlich der von ihm benannten Lieferanten in den Niederlanden sei ein Aufklärungserfolg nicht eingetreten.
Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Aufklärungserfolgs nicht entgegen, daß die Angaben des Angeklagten zwar an die niederländischen Ermittlungsbehörden weitergeleitet, Ermittlungsergebnisse von dort jedoch nicht mitgeteilt wurden. Die Revision verkennt, daß ein Aufklärungserfolg nicht die Verurteilung oder Festnahme der von dem Täter Belasteten voraussetzt, sondern schon dann – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – anzunehmen ist, wenn zur Überzeugung des Gerichts durch seine Angaben die Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens im Falle der Ergreifung geschaffen wurden (BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 10). Ein Aufklärungserfolg in diesem Sinne liegt allerdings nicht vor, wenn der Täter nur Ermittlungsansätze aufgezeigt hat (BGH StV 1997, 639). Der Täter muß vielmehr die von ihm belastete Person so genau bezeichnet haben, daß sie identifiziert und zur Festnahme ausgeschrieben werden könnte (BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 10, 14). Diese Voraussetzungen hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen erfüllt. Ihnen läßt sich – trotz einiger eher auf ein bloßes Aufklärungsbemühen hinweisender Formulierungen – noch ausreichend entnehmen, daß die Angaben des Angeklagten die Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens im Falle der Ergreifung geschaffen haben.
Auch im übrigen deckt die Revision keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände berücksichtigt. Dem umfassenden Geständnis durfte das Landgericht hier einen besonderen Stellenwert einräumen. Auch wenn die Auffindung des sichergestellten Rauschgifts den Nachweis eines nicht unbeträchtlichen Handels mit Betäubungsmitteln ermöglicht hätte, konnten die Einfuhrtaten und der volle Umfang des vom Angeklagten betriebenen Drogenhandels erst durch seine Angaben und die von ihm vorgelegten Aufzeichnungen aufgeklärt werden. Entgegen der Revision bedurfte es auch nicht weiterer Berechnungen zu dem durch den Drogenhandel erzielten Gewinn. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte aus den so erzielten Einkünften den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestritten und seine Spielschulden, die sich auf über 20.000,– DM beliefen, bis auf einen Rest von 5.000,– DM getilgt. Daß das Landgericht, das strafschärfend die gewerbsmäßige und professionelle Art seines Vorgehens und die Menge der umgesetzten Drogen bewertet hat, diesen Umstand übersehen hat, ist nicht zu besorgen.
Die Gesamtstrafe ist zwar außergewöhnlich, aber noch nicht unvertretbar milde. Ersichtlich hat das Landgericht dabei darauf abgestellt, daß sich der Angeklagte nicht nur durch seine weitgehende Aufklärungshilfe aus dem Drogenmilieu gelöst hat. Er hat sich mit dem Erwerb eines kleines Geschäfts, in dem er und seine Ehefrau tätig sind und den Lebensunterhalt für die vierköpfige Familie verdienen können, eine neue Lebensgrundlage und damit eine Perspektive geschaffen, nunmehr ein straffreies Leben zu führen. Angesichts der weiteren im Rahmen der Einzelstrafzumessung aufgeführten zugunsten des Angeklagten wirkenden Umstände, auf die das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung Bezug genommen hat, entfernt sich die verhängte Strafe noch nicht so weit nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. In Zweifelsfällen muß die Strafzumessung des Tatrichters hingenommen werden.
Schließlich kann ein Rechtsfehler hier auch nicht darin gesehen werden, daß das Landgericht sich nicht ausdrücklich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der verhängten Strafe gebietet. Angesichts der vorliegenden Besonderheiten – insbesondere des umfassenden Aufklärungsbemühens hinsichtlich der eigenen Taten und fremder Tatbeteiligter – drängte sich die Prüfung hier nicht in dem Maße auf, daß die fehlende Erörterung den Bestand des Urteils gefährdet. Daß das Landgericht generalpräventive Gesichtspunkte nicht übersehen hat, ergibt sich aus ihrer ausdrücklichen Erwähnung bei der Bemessung der Gesamtstrafe.
Unterschriften
Jähnke, Niemöller, Bode, Otten, Rothfuß
Fundstellen
Haufe-Index 556696 |
StV 2000, 318 |