Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtsposition eines Mieters, der ein Ladenlokal in einem erst zu erstellenden Einkaufszentrum gemietet hat, wenn dieses nach der Eröffnung nicht in der erwarteten Weise von den Kunden angenommen wird.
Normenkette
BGB § 537 ff., § 242
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Urteil vom 09.10.1997) |
LG Halle (Saale) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Oktober 1997 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin eines Einkaufszentrums „C. -C.” in der Innenstadt von H.. Sie bot dem Beklagten über die I. C. M. GmbH (ICM) – unter Vorlage von Grundrißzeichnungen und eines Standortprospekts – Geschäftsräume in dem damals erst noch zu erstellenden C. -C. an. Der Prospekt enthielt unter anderem folgende Angaben:
„… An den Bahnhof angrenzend, am R. platz, beginnt H.'s Fußgängerzone – die L. Straße. Vom Tunnelausgang L. Straße mit Läden und überdachten Verbindungen und über die R. Straße führt der direkte Weg in das neue C. -C. ein attraktiver Standort und ein starkes Konzept, das den Erfolg des C. C. garantiert.”
Durch Vertrag vom 28. Juni 1994 mietete der Beklagte ein Ladengeschäft mit einer Grundfläche von ca. 35 qm im Passagenbereich des Geschäftszentrums zum Betrieb eines Fachgeschäfts für Wäsche und Dessous. Das Mietverhältnis sollte mit der Übergabe des Objekts, voraussichtlich im November 1995, beginnen und war zunächst auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Der Mietzins sollte monatlich 2.100 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer betragen. Als Mietsicherheit hatte der Beklagte vor Übergabe der Mieträume eine Kaution von 8.100 DM zu leisten. Der Mietvertrag enthielt unter anderem nähere Regelungen über die Nutzung der Mieträume, die Betriebspflicht, die Ladenöffnungszeiten und die Verpflichtung des Mieters, einer zu gründenden Werbegemeinschaft anzugehören, sowie über die Aufgaben des Vermieters, unter anderem hinsichtlich der „Organisation eines objektbezogenen Center-Managements”, wodurch „die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden” sollten.
Am 15. Oktober 1995 schlossen sich die damaligen Mieter zu einer Interessengemeinschaft zusammen, die gegenüber der Klägerin beanstandete, daß bislang nur 50 % der Läden auf 2/3 der Gesamtfläche vermietet seien. Daraufhin halbierte die Klägerin den jeweils vereinbarten Mietzins.
Am 23. Oktober 1995 erhielt der Beklagte die gemieteten Räume übergeben. Die vereinbarte Kaution zahlte er nicht. In der Folgezeit geriet er in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die er darauf zurückführte, daß die Klägerin Zusagen unter anderem über die günstige Verkehrsanbindung sowie über die (Voll-)Belegung des C. -C. nicht eingehalten habe mit der Folge, daß dieses von den Kunden nicht angenommen worden sei.
Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 erklärte der Beklagte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, hilfsweise verlangte er die sofortige Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses.
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam.
Sie hat den Beklagten mit der Klage auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Mietkaution in Höhe von 8.100 DM in Anspruch genommen. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis durch die von ihm erklärte fristlose Kündigung beendet sei.
Er hat behauptet, die Klägerin habe ihm bei der Anmietung des Objekts umfangreiche Zusicherungen gemacht über die günstige Erreichbarkeit des Einkaufszentrums, das Vorhandensein einer erheblichen Anzahl von Parkplätzen und die Vollvermietung des C. -C. einschließlich der Belegung mit einem Lebensmittelmarkt. Damit habe die Klägerin – und zwar bereits in ihrem Prospekt – die Garantie für das Gesamtkonzept und für den Erfolg des Einkaufszentrums übernommen, der indessen nicht eingetreten sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses verneint, da dem Beklagten kein Kündigungsgrund zur Seite gestanden habe. Der Mietvertrag enthalte keine besonderen Zusicherungen der Klägerin. Das von ihr erstellte Exposé sei unverbindlich gewesen. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei ebenfalls nicht anzunehmen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 1997 eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung durchgeführt und sodann – im Hinblick auf eine noch ausstehende schriftliche Zeugenaussage – im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 11. August 1997 (später verlängert bis zum 14. August 1997) und Verkündungstermin am 28. August 1997 (später verlegt auf den 9. Oktober 1997) angeordnet.
Durch Urteil vom 9. Oktober 1997 hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, daß der Mietvertrag zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 7. Februar 1996 beendet sei.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
A
Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
B
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I.
Die Revision erhebt zunächst eine Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht. Sie macht dazu geltend: Das Oberlandesgericht habe nicht dargelegt, inwieweit der Prozeß nicht auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif gewesen sei. Durch die Anordnung des schriftlichen Verfahrens und die Verkündung des Berufungsurteils am 9. Oktober 1997 – auf die Verhandlung vom 23. Juni 1997 – sei die Dreiwochenfrist des § 310 Abs. 1 ZPO erheblich überschritten worden. Hierauf könne das angefochtene Urteil beruhen, da der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme berührt sei.
Diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens war durch den Umstand bedingt, daß die schriftliche Aussage des Zeugen H. noch ausstand. Aus diesem Grund haben sich beide Parteivertreter ausdrücklich mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Überschreitung der Dreiwochenfrist – im schriftlichen Verfahren allerdings zu bemessen vom Ende der eingeräumten Schriftsatzfrist bis zur Urteilsverkündung –, die aus dienstlichen Gründen, zunächst zum Zwecke einer Nachberatung, erfolgte, hält sich noch in dem Rahmen, den § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgibt (vgl. BVerfG Beschluß vom 5. Juni 1992 – 2 BvR 1307/91 = NJW-RR 1993, 253).
II.
Die Revision greift auch die materiell-rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts als fehlerhaft an.
1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Anspruch der Klägerin auf die Kautionszahlung sei infolge wirksamer fristloser Kündigung des Mietvertrages durch den Beklagten erloschen. Die fristlose Kündigung sei berechtigt gewesen, da dem Beklagten der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache nicht gewährt worden sei. §§ 542, 537 BGB.
Hierzu hat das Gericht im einzelnen ausgeführt:
Der gemietete Laden habe mehrere Mängel aufgewiesen, die seine Tauglichkeit für den vorgesehenen Zweck entscheidend beeinträchtigt hätten. Das gesamte C. -C. und damit auch das Geschäftslokal des Beklagten sei für Fußgänger aus dem Innenstadtbereich nicht in so bequemer Weise zu erreichen gewesen, daß Kunden auch bei schlechtem Wetter angezogen worden seien. Von dem Fußgängerbereich der L. Straße habe kein überdachter Weg zum C. -C. geführt. Das sei dem Beklagten aber bei der Anmietung zugesagt worden. Hierfür spreche schon der Wortlaut des Standort-Prospekts der den Mietern ausgehändigt worden sei. Außerdem hätten auch die Zeugen B. (B.) und K. (K.) – ebenfalls Mieter im C. – -C. – bekundet, ihnen sei zugesichert worden, man werde das C. – -C. vom Bahnhof trockenen Fußes erreichen können. Diesen Bekundungen sei entgegen den Aussagen der auf der Vermieterseite an den Mietverhandlungen beteiligten Zeugen C. (C.) und G.-S. (G.-S.) zu folgen. Das Fehlen einer Überdachung für die Fußgänger sei ein die Erreichbarkeit des C.-C. betreffender Mangel. Ein weiterer Mangel der Mietsache liege darin, daß am C. -C. weniger als 200 Parkplätze für Mieter und Kunden zur Verfügung ständen, obwohl 600 bis 1200 Parkplätze zugesagt worden seien, wie sich ebenfalls aus den Bekundungen der Zeugen B. und K. ergebe. Ferner sei nach den Aussagen B. und K. das Vorhandensein eines Lebensmittelmarktes mit Vollsortiment unter Beteiligung bekannter Firmen zugesichert worden. Auch das sei ein Umstand, der Kunden anziehen könne. Eingehalten worden sei die Zusicherung jedoch nicht. Schließlich sei nach der Aussage K. zugesichert worden, das Zentrum sei voll vermietet, wodurch eine werbewirksame Anziehung von Kunden zu erwarten gewesen sei. Auch diese Zusicherung sei nicht eingehalten worden.
Die Gesamtwürdigung der genannten Umstände führe zu dem Ergebnis, daß ein schwerwiegender Mangel des Mietobjekts im Sinne von § 537 BGB anzunehmen sei. Dieser habe die fristlose Kündigung gerechtfertigt.
Wenn auch der Mieter eines Ladenlokals das Risiko für die Verwertbarkeit des Mietobjekts und die Ertragslage seines Geschäfts selbst zu tragen habe, dürfe er doch darauf vertrauen, daß die objektiven Gegebenheiten, die die Erreichbarkeit der Geschäfte und die generelle Werbewirksamkeit eines Einkaufszentrums beträfen, in der zugesicherten Weise vorhanden seien. Nur auf dieser Grundlage könne er seine Entscheidung, ob er das Geschäftsrisiko an diesem Ort eingehen wolle, sachgerecht abwägen. Wenn ihm Umstände als besonders werbewirksam dargestellt worden seien, dürfe er darauf vertrauen, daß er sich in einem entsprechenden Umfeld einmiete. Wenn sodann mehrere dieser Umstände nachhaltig ausfielen, liege eine erhebliche Hinderung im Gebrauch vor (§ 542 Abs. 2 BGB).
Eine Frist zur Beseitigung der Mängel habe der Beklagte gemäß § 542 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zu bestimmen brauchen; denn es sei aufgrund der Haltung der Klägerin nicht damit zu rechnen gewesen, daß die Mängel innerhalb zumutbarer Frist behoben werden könnten. So habe die Klägerin durch ihr weiteres Verhalten zu erkennen gegeben, daß sie weitere bauliche Investitionen – insbesondere Schaffung eines überdachten Fußgängerweges und von Parkplätzen – nicht plane.
2. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht geltend macht, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Kündigungsrecht nach § 542 BGB setzt voraus, daß die Mietsache mit einem Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB behaftet ist, oder daß ihr eine besonders zugesicherte Eigenschaft (§ 537 Abs. 2 BGB) fehlt (vgl. Gerber/Eckert, Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 3. Aufl., Rdn. 116).
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht und mit nicht zutreffender Begründung das Vorliegen eines Mangels des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals bejaht. Unter einem Mangel im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen (vgl. BGH Urteil vom 26. September 1990 – VIII ZR 205/89 = BGHR BGB § 537 Abs. 1 Fehler 1 m.w.N.; Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. III B Rdn. 1328 ff; Gerber/Eckert aaO Rdn. 117), wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können (st. Rspr. vgl. etwa BGH Urteil vom 1. Juli 1981 – VIII ZR 192/80 = NJW 1981, 2405; Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 – XII ZR 63/90 = WM 1992, 583, 585, jeweils m.N.). So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände – etwa die Behinderung des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal – einen Fehler des Mietobjekts begründen (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasing rechts, 7. Aufl. Rdn. 235 ff). Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405 m.N.; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; auch Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. Vorbem. zu § 537 Rdn 32), wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Wolf/Eckert aaO Rdn. 243).
In diesem Sinn scheiden die Umstände, die das Berufungsgericht zur Begründung der allgemeinen Werbewirksamkeit des Einkaufszentrums hervorgehoben hat, von vornherein als Fehler des gemieteten Ladenlokals im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB aus. Sowohl das Vorhandensein eines überdachten Zuweges vom Hauptbahnhof zu dem C. -C. als auch der Bestand von Parkplätzen in ausreichender Anzahl in der Nähe des Einkaufszentrums sind zwar Umstände, die für die Attraktivität des Einkaufszentrums in der Innenstadtlage von – sogar erheblicher – Bedeutung sein dürften. Sie führen jedoch nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals für Wäsche und Dessous (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406). Ein Geschäft dieser Art. ist auch ohne überdachten Zuweg – grundsätzlich beschwerdefrei und ungehindert – zu erreichen, und zwar auch unabhängig davon, ob ein Kunde, je nach Tageszeit, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums oder an entfernterer Stelle findet. Bei einem Geschäft, zu und von dem die Kunden typischerweise schwerere Lasten zu transportieren haben (wie etwa bei einem Getränkemarkt), kann das anders sein.
Soweit der Beklagte seine fristlose Kündigung darauf gestützt hat, daß das Einkaufszentrum im Zeitpunkt der Eröffnung – und auch später – nicht vollständig vermietet und daß entgegen den Planungen kein Lebensmittelmarkt vorhanden gewesen sei, begründen auch diese Umstände keinen Fehler des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB. Denn auch sie stellen keine – unmittelbare – Beeinträchtigung der Tauglichkeit der gemieteten Räume zu dem vertraglich vereinbarten Zweck als Geschäftslokal für Wäsche und Dessous dar. Die Möglichkeit, an dem von anderen Geschäften in einem Einkaufszentrum angezogenen Kundenstrom zu partizipieren, kann sich zwar – mittelbar – auf den zu erwartenden Umsatz und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg des einzelnen Geschäfts auswirken. Insoweit steht jedoch, wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, nicht die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts in Frage, sondern das allgemeine unternehmerische Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko, das grundsätzlich bei dem Mieter und nicht bei dem Vermieter liegt (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH aaO NJW 1981, 2405 f; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; Wolf/Eckert aaO Rdn. 168).
b) Das Berufungsgericht hat mehrfach darauf abgehoben, daß die Klägerin bestimmte Zusicherungen bzw. Zusagen erteilt habe, die nicht eingehalten worden seien, und es ist sodann in einer „Gesamtwürdigung der aufgeführten Umstände” zu dem Ergebnis gelangt, daß „ein schwerwiegender Mangel im Sinne des § 537 BGB” vorliege. Diesen Ausführungen ist nicht mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ob das Oberlandesgericht hiermit das Fehlen zugesicherter Eigenschaften des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB bejahen wollte.
Sollte das der Fall sein, so hält auch diese Annahme der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände stellen – schon – keine zusicherungsfähigen Eigenschaften des hier streitigen Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB dar; im übrigen fehlt es auch an der schlüssigen Behauptung einer „zugesicherten” Eigenschaft im Sinne der Vorschrift.
Als Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB kommen – entsprechend der Regelung in § 459 Abs. 2 BGB (vgl. Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. § 537 Rdn. 58; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1357; RG, Urteil vom 12. November 1936 – IV 148/36 = JW 1937, 675) – neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstandes zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (vgl. BGHZ 111, 75, 78; 79, 183, 185; 114, 263, 266 jeweils m.w.N.).
Nach diesem Maßstab scheiden hier zunächst der – überdachte – Zugang vom Hauptbahnhof zu dem Einkaufszentrum, in welchem sich das gemietete Ladenlokal des Beklagten befindet, und das Vorhandensein von zugesagten 600 bis 1200 (statt ca. 200) Parkplätzen im Umfeld des Einkaufszentrums als zusicherungsfähige Eigenschaften der Mietsache selbst aus. Sie haben mit der Beschaffenheit des gemieteten Ladenlokals nichts zu tun. Aber auch eine (augenblickliche) Vollbelegung (Vollvermietung) des C. C., unter anderem mit einem für die Anziehung von Kunden gegebenenfalls wichtigen Lebensmittelmarkt, stellt keine Eigenschaft des einzelnen in dem Einkaufszentrum gemieteten Ladenlokals dar. Zwar wird die Vollvermietung eines Einkaufszentrums für den Mieter des einzelnen Ladenlokals regelmäßig von erheblicher Bedeutung sein. Gleichwohl stellt sie keinen Umstand dar, der dem Mietobjekt – auf Dauer – als „Eigenschaft” anhaftet. Denn auch insoweit fehlt es an dem notwendigen Bezug zu der Beschaffenheit des Mietobjekts, in der die Bedeutung und die Auswirkungen der „Umweltbeziehungen” auf die Mietsache ihren Grund haben müßten. So kann zwar die örtliche Lage eines gemieteten Ladenlokals als Beschaffenheitsmerkmal, d. h. als tatsächliche Beziehung der Mietsache zu ihrer Umgebung, eine zusicherungsfähige Eigenschaft gemäß § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, etwa in dem Sinn, daß die Lage in einer Fußgängerzone im Innenstadtbereich, in einem bestehenden Neubaugebiet oder auch in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt oder einem außerörtlichen Gewerbegebiet als Eigenschaft zugesichert wird. Ob und in welchem Umfang potentielle Kunden die Fußgängerzone besuchen, die Geschäfte in dem Neubaugebiet aufsuchen, und/oder durch die Attraktivität des – teil- oder vollbelegten – Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbes in dem gemieteten Ladenlokal beitragen, beurteilt sich hingegen aufgrund von Umständen, die außerhalb des Mietobjekts liegen (vgl. BGHZ 111 aaO) und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben.
Abgesehen davon, daß die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände hiernach bereits die Voraussetzungen einer zusicherungsfähigen Eigenschaft im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB nicht erfüllen, fehlt es nach dem eigenen Vortrag des Beklagten auch an dem Merkmal der Zusicherung im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB. Dazu müßte die Klägerin durch ihre mit den Vertragsverhandlungen betrauten Mitarbeiter über allgemeine Anpreisungen und Beschreibungen der Mietsache hinaus vertragsmäßig bindend erklärt haben, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen (vgl. Wolf/Eckert aaO Rdn. 221; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1355; BGHZ 132, 55, 58 zu § 459 Abs. 2 BGB).
Eine derartige Zusicherung durch die Klägerin hat der Beklagte nicht (schlüssig) behauptet. Sein allgemeingehaltener Vortrag, die Klägerin habe die Vollvermietung des Einkaufszentrums, das Vorhandensein eines überdachten Zugangs vom Hauptbahnhof zu dem Zentrum und die Erstellung von mehr als 600 Parkplätzen „zugesagt” bzw. „zugesichert”, erfüllt die Voraussetzungen des § 537 Abs. 2 BGB nicht. Soweit sich der Beklagte hinsichtlich des überdachten Zugangs auf den Prospekt der Klägerin bezieht, ist diesem schon nach seinem Wortlaut eine entsprechende Aussage nicht zu entnehmen.
c) Da das von dem Beklagten gemietete Geschäftslokal nach den vorstehenden Ausführungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit einem die Gebrauchstauglichkeit mindernden Fehler behaftet war (§ 537 Abs. 1 BGB) und ihm auch keine zugesicherte Eigenschaft fehlte (§ 537 Abs. 2 BGB), kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben.
3. Es kann auch nicht mit anderer Begründung gehalten werden (§ 563 ZPO).
a) Der Beklagte hat in seinem Schreiben vom 7. Februar 1996, mit dem er die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärte, hilfsweise die Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangt.
b) Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt war er indessen nicht zur vorzeitigen Kündigung des Mietvertrages berechtigt.
Zwar können die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 242 Rdn. 113 m.w.N.) dann eingreifen, wenn und soweit der Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nach §§ 537 ff. BGB nicht betroffen ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 aaO m.w.N.). Fehlt oder entfällt die Geschäftsgrundlage, so führt dies im Regelfall zur Notwendigkeit der Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände. Ist eine Anpassung im Einzelfall nicht möglich oder unzumutbar, so kann ausnahmsweise eine Auflösung des Vertrages verlangt werden (vgl. BGH Urteil vom 26. Oktober 1984 – V ZR 140/83 = WM 1985, 32, 33/34 m.w.N.). Die Auflösung tritt allerdings nicht automatisch als Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein, sondern wird durch entsprechende Gestaltungserklärung – beim Mietvertrag in der Regel durch eine für die Zukunft wirkende Kündigungserklärung – herbeigeführt (vgl. BGHZ 101, 143, 150 m.w.N.; Bub in Bub/Treier aaO II Rdn. 651).
Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage – hier etwa der dem Vermieter bei Vertragsschluß erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellung und Erwartung des Mieters, in dem gemieteten Ladengeschäft aufgrund einer positiven Entwicklung des angeblich bereits voll vermieteten und bequem erreichbaren Einkaufszentrums Gewinne zu erzielen – ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen (vgl. BGHZ 74, 370, 373 m.w.N.). Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt (vgl. etwa Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 – XII ZR 185/93 = BGHR BGB § 242 Geschäftsgrundlage 54) – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. Staudinger/Emmerich aaO Vorbemerkung zu § 537 Rdn. 31 ff.). Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen sich die Anfangsschwierigkeiten, die typischerweise mit einer Existenzgründung oder der Eröffnung eines neuen Ladenlokals verbunden sind, für den Mieter wirtschaftlich negativ auswirken.
Aus diesem Grund stand dem Beklagten im vorliegenden Fall kein Recht zur vorzeitigen Beendigung bzw. Kündigung des Mietvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB zu.
aa) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406 m.w.N.; Gerber/Eckert aaO Rdn. 128; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 7. Aufl. §§ 535, 536 Rdn. 174). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich diese Erwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann.
bb) Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, daß das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können (BGH aaO NJW 1981, 2406; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 400, 401; OLG Düsseldorf BB 1991, 159, 160; OLG München ZMR 1996, 256, 257; teilweise anderer Ansicht für ein projektiertes Einkaufszentrum: OLG Celle NJW 1978, 2510, 2511; allgemein zur Risikoverteilung: BGH Urteil vom 20. Mai 1970 – VIII ZR 197/68 = WM 1970, 907, 908 f.). Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfaßt bei einem erst geplanten Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2406). Allein der Umstand, daß auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht, verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht von dem Mieter auf den Vermieter.
cc) Die Parteien können allerdings die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, daß der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters – ganz oder zum Teil – übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln.
Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, eine Auslegung des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 unter diesem Gesichtspunkt nicht vorgenommen. Da weitere Feststellungen insoweit jedoch nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat den Vertrag selbst auslegen (vgl. BGH Urteil vom 12. Dezember 1997 – V ZR 250/96 = NJW 1998, 1219 m.w.N.). Hierbei ergibt sich, daß der Vertragsinhalt nicht die Annahme rechtfertigt, die Parteien hätten eine Verlagerung des unternehmerischen Geschäftsrisikos von dem Mieter auf den Vermieter vereinbart. Dafür reicht es nicht aus, daß der Mieter in einem projektierten Einkaufszentrum einzelne zusätzliche Vertragspflichten „im Gesamtinteresse” aller Mieter des Zentrums übernommen hat (insoweit teilweise anderer Ansicht OLG Koblenz aaO S. 401). Der Vertrag muß vielmehr konkrete Anhaltspunkte für eine Risikoübernahme durch den Vermieter enthalten. Dabei kann es sich um Vereinbarungen handeln, die den Mieter in seinen unternehmerischen Entscheidungen über das übliche Maß hinaus einschränken, sein Geschäft nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einem eingefügten Teil einer Anlage werden lassen (vgl. dazu Sonnenschein EWiR 1987, 1174, Anmerkung zu LG Duisburg 12 O 197/96) oder etwa dem Vermieter das Risiko einer Betriebsunterbrechung auch dann auferlegen, wenn nicht das vermietete Geschäft, sondern nur ein anderer Teil der Anlage dem Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich ist (OLG Koblenz aaO S. 402). Solche Vereinbarungen sind dem hier streitigen Vertrag nicht zu entnehmen. Die in den einzelnen Vertragsvorschriften enthaltenen, für Einkaufszentren nicht ungewöhnlichen Regelungen – wie etwa: Beschränkung des Sortiments. Betriebspflicht während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten, Pflichtmitgliedschaft in der Werbegemeinschaft, Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage und zur Mitteilung der Umsätze – führen allein nicht zu einer Verlagerung des unternehmerischen Risikos auf den Vermieter. Die Festlegung des Mietzweckes, hier zum Betrieb eines Geschäftes für Wäsche und Dessous (§ 1 Nr. 4), ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume üblich. Soweit nach § 2 Nr. 1 des Vertrages jede Änderung des Betriebszwecks und die Übernahme branchenfremder Artikel der Zustimmung des Vermieters bedürfen und die Gestaltung des Sortiments und des Geschäftsbetriebes so erfolgen muß, daß keine Überschneidung mit dem Sortiment eines anderen Geschäfts besteht (§ 2 Nr. 3), handelt es sich zwar um einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Mieters; dieser korrespondiert jedoch mit dem festgelegten Vertragszweck und schützt umgekehrt auch den Mieter vor der Konkurrenz durch andere Geschäfte in dem Einkaufszentrum. Hingegen betrifft die Pflicht, die Ladenöffnungszeiten „maximal auszuschöpfen” und für Beleuchtung zu sorgen (§ 2 Nr. 2), in erster Linie das Gesamtinteresse. Ähnliches gilt für die Nebenkosten, die für die Gesamtanlage zu zahlen sind, insbesondere die Kosten des Hauspersonals und zwar auch insoweit, als von diesem Leistungen für Instandhaltung und Hausverwaltung erbracht werden (§ 7 Nr. 1 Buchst. 1), sowie – neben anderem – die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Klimaanlage, für die Pflege der Außenanlagen, für die Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftseinrichtungen und -flächen, die Kosten des Center-Managements und die der zur kaufmännischen und technischen Betreuung des Objekts durch vom Vermieter eingesetzten Verwalter (§ 7). Derartige Kosten, die ein Mieter eines Geschäfts in Einzellage nicht zu zahlen hat, hat der Mieter des C. C. zu dem Zweck übernommen, auf diese Weise für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg seines Geschäfts von der Gesamtattraktivität des Einkaufszentrums zu profitieren. Damit läßt sich keine Verlagerung des einzelnen Unternehmerrisikos auf den Vermieter begründen. Ebenso wie ein Unternehmer in einer Einzelgeschäftslage möglicherweise, ohne dazu verpflichtet zu sein, in Außenanlagen in der Umgebung seines Geschäfts investiert, um die Lage attraktiver zu gestalten, steigert ein Mieter in einem Einkaufszentrum seine Umsatzchancen, indem er sich an den Kosten der Gesamtgestaltung des Zentrums beteiligt. Der Mieter erwirbt damit einen (durchsetzbaren) Anspruch gegen den Vermieter auf Verwendung der gezahlten Nebenkosten für die vorgesehene Gestaltung des Umfeldes innerhalb und außerhalb des Einkaufszentrums. Auf die Risikoverteilung für den Fall, daß das Zentrum vom Publikum dennoch nicht angenommen wird und die Kunden ausbleiben, hat dies jedoch keinen Einfluß.
Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzeptes, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt. Das kann äußerlich etwa durch einheitliche Gestaltung der Geschäfte und unternehmerisch durch ein Gesamtmanagement der Anlage geschehen. Hierfür bieten sich jedoch im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Regelung des § 10 des Vertrages über das Center-Management und die Werbegemeinschaft rechtfertigt nicht die Annahme eines „Gesamtmanagements” mit Risikoübernahme durch die Klägerin in dem vorbeschriebenen Sinn. Zwar ist der Klägerin nach § 10 die „Organisation eines objektbezogenen Center-Managements” als Vermieteraufgabe zugewiesen. Insoweit sollte jedoch ersichtlich die – in erster Linie verwaltungstechnische – Organisation angesprochen sein und nicht zugleich die umfassende unternehmerische Verantwortung für die Vermarktungsstrategie übernommen werden, zumal die Werbung durch eine Werbegemeinschaft gestaltet werden sollte, deren Mitglieder alle Mieter sein sollten. Insoweit ist nach § 10 des Vertrages allenfalls die Aufgabe einer Koordinierung zwischen den einzelnen Mietern im Bereich der Werbung auf die Klägerin übertragen worden. Die in § 10 Abs. 5 des Vertrages geregelte Verpflichtung des Mieters, auf Anforderung des Vermieters Auskunft über seine Umsätze in den Mieträumen zu geben, begründet schließlich ebenfalls keine Verlagerung des Geschäftsrisikos auf den Vermieter. Dabei kann offen bleiben, ob bei regelmäßiger, beispielsweise vierteljährlicher Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit anderen Umständen etwas anderes gelten könnte. Hier handelt es sich jedenfalls nicht um eine regelmäßige Verpflichtung des Mieters, sondern nur um die dem Vermieter eingeräumte Möglichkeit, sich im Einzelfall einen Überblick über die Geschäftssituation zu verschaffen. Daraus kann nicht auf eine Verlagerung des Unternehmerrisikos auf den Vermieter geschlossen werden.
Die in dem Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen halten sich nach alledem sowohl einzeln betrachtet als auch bei einer Gesamtwürdigung insgesamt in dem üblichen Rahmen einer Regelung über die allgemeinen organisatorischen Grundlagen für ein Einkaufszentrum. Eine Verlagerung des typischerweise dem gewerblichen Mieter obliegenden Unternehmerrisikos auf den Vermieter ist ihnen nicht zu entnehmen.
dd) Das unternehmerische Risiko kann im Einzelfall auch im Wege einer Garantiezusage bzw. Garantieerklärung – etwa auch für die Sicherstellung der dauerhaften oder jedenfalls langfristigen Vollvermietung (Vollbelegung) eines Einkaufszentrums – von dem Vermieter übernommen werden (vgl. allgemein BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 306 Rdn. 4) mit der Folge, daß bei Nichteintritt des garantierten Erfolges die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eingreifen können. Dafür, daß die Klägerin – durch ihre Mitarbeiter – eine derartige Garantieerklärung abgegeben hätte, bestehen allerdings im vorliegenden Fall nach dem Vortrag des Beklagten keine Anhaltspunkte.
4. a) Nachdem hiernach der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht betroffen ist und auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus Rechtsgründen nicht zum Zuge kommen, kann dem Beklagten unter Umständen ein Anspruch wegen Verschuldens der Klägerin beim Vertragsschluß zustehen, der Grund für eine fristlose Kündigung – unter Heranziehung des § 554 a BGB – sein kann (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 – XII ZR 103/95 = NJW E Mietrecht 1997, 150; Reinstorf in Bub/Treier aaO II Rdn. 205; BGHZ 111, 75, 82 m.w.N.). Der Anspruch wäre nicht durch die Sonderregelungen der §§ 537 ff. BGB ausgeschlossen, da diese, wie dargelegt, hier nicht eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1997 – XII ZR 192/95 – NJW 1997, 2813; BGH Urteil vom 28. November 1979 – VIII ZR 302/78 = NJW 1980, 777, 779 f.; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl. vor §§ 535, 536 BGB Rdn. 63). Der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß setzt voraus, daß die Klägerin dem Beklagten (entweder vorsätzlich falsche Angaben über die Mietsache gemacht oder) unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen in Bezug auf das Mietobjekt erteilt hat, die keine zusicherungsfähigen Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB betreffen. Dem Vermieter obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die – für den Vermieter erkennbar – von besonderer Bedeutung für den Entschluß des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO vor §§ 535, 536 Rdn. 63; BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 127; Staudinger/Emmerich aaO Vorbemerkung zu §§ 535, 536 Rdn. 172). Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nicht zuletzt nach der Person des Mieters, insbesondere nach dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit.
b) Das Berufungsgericht hat hierzu, von seinem Standpunkt aus konsequent, keine Feststellungen getroffen. Diese sind indessen für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich. So bedarf es tatrichterlicher Prüfung und Feststellung, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Mitarbeiter der Klägerin – über die allgemeine Anpreisung der erwarteten Attraktivität des C. – -C., auch in dem Standortprospekt, hinaus – dem Beklagten konkrete Angaben über bestimmte tatsächliche Umstände, insbesondere etwa die angeblich bereits erfolgte „Vollvermietung” des Einkaufszentrums, gemacht und hierdurch, für sie erkennbar, seinen Entschluß zur Eingehung des Mietvertrages maßgeblich beeinflußt haben. Nur allgemeine, eher unverbindliche Angaben, wie sie das Berufungsgericht im Rahmen seiner Prüfung zu § 537 BGB bisher festgestellt hat, reichen hierfür allerdings nicht aus. Darüber hinaus muß ein etwaiges der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihrer Mitarbeiter tatrichterlich festgestellt werden.
Zu diesem Zweck ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 542566 |
DB 2000, 1275 |
NJW 2000, 1714 |
DWW 2001, 238 |
NJW-RR 2000, 1320 |
EWiR 2000, 469 |
IBR 2000, 396 |
JurBüro 2000, 498 |
NZM 2000, 492 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 1012 |
ZIP 2000, 887 |
ZMR 2000, 508 |
ZfIR 2000, 351 |
GewArch 2001, 384 |
MDR 2000, 821 |
WuM 2000, 593 |
IPuR 2000, 33 |
RdW 2000, 445 |
JURAtelegramm 2001, 28 |