Leitsatz (amtlich)
a) Die unbeschränkte Haftung der Post nach § 12 Abs. 6 PostG 1989 erfordert, daß sich der Vorsatz des Postbediensteten auf die Verletzung seiner Pflichten bezieht. Nicht erforderlich ist es, daß der Vorsatz den durch die Pflichtverletzung verursachten Schaden umfaßt.
b) § 14 Abs. 1 PostG 1989 setzt eine Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 254 Abs. 1 BGB voraus. Der in Satz 1 der Vorschrift geregelte Haftungsausschluß greift Platz, wenn die Abwägung nach § 254 BGB ergibt, daß der Schaden überwiegend durch den Absender verursacht worden ist. Hat die Post den Schaden überwiegend verursacht oder läßt sich ein überwiegender Beitrag des Absenders nicht feststellen, so verbleibt es bei der Regel des § 254 Abs. 1 BGB.
c) Die Vermutungsregelung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG 1989 enthebt die Post des Beweises überwiegender Verursachung des Schadens bei nicht ordnungsgemäßer Einlieferung einer Sendung. Voraussetzung ist, daß das konkrete Verhalten des Absenders bei der Einlieferung der Sendung für den Eintritt des Schadens in nicht unerheblicher Weise ursächlich gewesen ist.
Normenkette
PostG 1989 § 12 Abs. 6, § 14 Abs. 1; BGB § 254
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das am 31. Mai 2000 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Valorenversicherer. Sie macht Ersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin, der W…-bank (im folgenden: W.-Bank), aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlusts von Postsendungen geltend, für die sie Ersatz geleistet hat.
Die W.-Bank lieferte am 2. März 1995 bei Postämtern der Beklagten insgesamt sechs Pakete ein, die für verschiedene Raiffeisenbanken und Volksbanken bestimmt waren. Drei Pakete enthielten Banknoten im Wert von je 250.000,– DM, zwei Pakete solche im Wert von 200.000,– DM, und in einem Paket befanden sich 150.000,– DM. Die W.-Bank deklarierte die Pakete jeweils mit der Wertangabe „3.500,– DM”. Den Paketbeförderungsverträgen der W.-Bank mit der Beklagten lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Frachtdienst Inland (Stand April 1993, Amtsblatt 24 v. 29.3.1993) zugrunde, die unter anderem in der Anlage 2 die Bestimmung der Ziffer 6.1.1 enthielten:
6.1.1 Grundsätzliches
(1) Pakete werden gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts (Nr. 2.1 der Anlage 1) mit Wertangabe befördert. Die Wertangabe ist auf 100.000 DM, bei Paketen mit Luftpost auf 10.000 DM beschränkt; sie muß mindestens dem Wert des Inhalts entsprechen.
(2) Die Aufschrift muß den Vermerk „Wert” und die Angabe des Wertbetrags tragen. …
(3) (4) …
Am 3. März 1995 wurden die sechs Pakete aus einem Zustellfahrzeug der Beklagten gestohlen. An diesem Tag lud der Betriebsassistent der Beklagten, P. K., die sechs Wertpakete in einen Lkw. Entgegen der Dienstanweisung trug er den für die Pakete ausgestellten Ladezettel nicht am Körper, sondern steckte ihn auf eines der Wertpakete. Außerdem sicherte er die Laderaumtüren des Lkw auch nicht – wie in den Dienstvorschriften vorgeschrieben – mit einem Vorhängesicherheitsschloß. Anschließend fuhr K. mit dem Lkw an eine Postabgangsstelle, die auch für nicht bei der Beklagten beschäftigte Personen zugänglich war. Dort ließ er den Lkw etwa eine Viertelstunde unbeaufsichtigt mit geöffneten Laderaumtüren an einer Rampe stehen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch der Postangestellte J. an der Postabgangsstelle. Dieser wurde wegen des Diebstahls der sechs Pakete rechtskräftig verurteilt. Die Beklagte erstattete pro Paket 3.500,– DM. Weitere 447.850,– DM stellte die zuständige Staatsanwaltschaft sicher und kehrte den Betrag an die Klägerin aus.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte den restlichen Schaden in Höhe von 831.150,– DM nebst Zinsen geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte sowohl wegen der vorsätzlichen Dienstpflichtverletzung des Betriebsassistenten K. als auch wegen des Diebstahls des Postangestellten J. hafte. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat sich unter anderem damit verteidigt, daß ihr ein etwaiger Diebstahl des J. nicht zuzurechnen sei und der Betriebsassistent K. seine Pflichten nicht vorsätzlich verletzt habe. Im übrigen stehe dem Schadensersatzanspruch § 14 Abs. 1 PostG a.F. entgegen, da die W.-Bank den Schaden dadurch überwiegend verursacht habe, daß die Wertpakete in doppelter Hinsicht nicht ordnungsgemäß deklariert worden seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Klägerin durch gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Rechtsübergang aktivlegitimiert ist. Für das Revisionsverfahren ist deshalb mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß die Klägerin Inhaberin einer etwaigen Forderung gegen die Beklagte ist.
II. 1. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 12 Abs. 6 PostG a.F. verneint, weil der behauptete Diebstahl des ehemaligen Postangestellten J. der Beklagten nicht zugerechnet werden könne. Diese Vorschrift erfordere eine vorsätzliche Pflichtverletzung eines Erfüllungsgehilfen. Es sei nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber in § 12 Abs. 6 PostG a.F. von dem allgemeinen Grundsatz, daß eine sogenannte „Leutehaftung” nicht bestehe, habe abweichen wollen. Die Norm stelle zudem eine Ausnahmevorschrift dar. Um eine Ausuferung der Anwendbarkeit zu verhindern, sei sie nach Sinn und Zweck dahin auszulegen, daß eine uneingeschränkte Haftung für Sachschäden nur dann gegeben sei, wenn die Pflichtverletzung von Personen begangen worden sei, die als Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB in die konkrete Vertragserfüllung einbezogen worden seien. Der damalige Postbedienstete J. sei nicht Erfüllungsgehilfe gewesen; er sei am 3. März 1995 an der Briefabgangsstelle von der Beklagten nicht dazu eingesetzt worden, die von den Bankfilialen aufgegebenen Wertpakete zu befördern.
2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Schadensersatz aus Werkvertrag (§ 631 BGB) in Verbindung mit den Vorschriften des Gesetzes über das Postwesen in der Neufassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 1989 (BGBl. I, 1449) mit den hierzu ergangenen Änderungen gemäß Art. 6 des Postneuordnungsgesetzes vom 14. September 1994 (BGBl. I, 2325, 2368) (im folgenden: PostG a.F.) herleiten. Der Anspruch ergibt sich aus positiver Forderungsverletzung, wobei die haftungsrechtlichen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die spezialgesetzlichen Haftungsvorschriften der §§ 11 und 12 PostG a.F. modifiziert sind.
b) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob J. die sechs Wertpakete entwendet hat. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin von einem von J. begangenen Diebstahl auszugehen.
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, das Verhalten des ehemaligen Postbediensteten J. sei der Beklagten nicht zuzurechnen.
aa) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht § 278 BGB herangezogen und geprüft, ob J. als Erfüllungsgehilfe nach dieser Bestimmung angesehen werden kann. Es hat dabei verkannt, daß diese Vorschrift im Streitfall nicht zur Anwendung kommt, weil die §§ 11 ff. PostG a.F. eine spezielle und in ihrem Regelungsbereich abschließende Haftungsregelung enthalten, neben der für die Anwendung anderer Zurechnungsnormen, insbesondere des Bürgerlichen Rechts, kein Raum ist (BGH, Urt. v. 12.6.2001 – VI ZR 29/00, NJW 2001, 3128, 3129).
Nach § 11 Abs. 1 PostG a.F. ist die Haftung der Beklagten für Schäden, die durch die nicht ordnungsgemäße Ausführung ihrer Dienstleistungen entstehen, gesetzlich auf den Umfang beschränkt, der sich aus den Vorschriften des Postgesetzes ergibt. An dieser schon seit dem Reichspostgesetz 1871 bestehenden Sonderstellung hat sich durch die Neustrukturierung der Post im Zuge der Privatisierung bis zur Tatzeit im Jahr 1995, wie die Aufrechterhaltung der §§ 11 ff. PostG a.F. zeigt, nichts geändert (BGH, Urt. v. 12.6.2001 – VI ZR 29/00, NJW 2001, 3128, 3129; vgl. auch Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen (1989), Einl. I 1 Rdn. 22). Durch die 1989 neu in das Postgesetz eingefügte Vorschrift des § 12 Abs. 6 PostG a.F., nach der die Post unbeschränkt haftet, wenn der Schaden durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung verursacht worden ist, wurde nur der Umfang der Haftung für Fälle dieser Art erweitert.
bb) Das Berufungsgericht hat ferner verkannt, daß die Herbeiführung des Schadens bei der Erfüllung einer dem Geschäftsherrn obliegenden Verbindlichkeit kein Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 6 PostG a.F. ist. Während die Zurechnung des Verhaltens eines Dritten über § 278 BGB voraussetzt, daß zwischen der schadensstiftenden Handlung des Gehilfen und den ihm übertragenen Aufgaben nicht nur ein bloß äußerer oder gar nur zeitlicher Zusammenhang, sondern vielmehr ein unmittelbarer Sachzusammenhang besteht (st. Rspr.; BGHZ 114, 262, 270; BGH, Urt. v. 17.12.1992 – III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705; BGH, Urt. v. 29.1.1997 – VIII ZR 356/95, NJW 1997, 1233, 1234), reicht es für die Haftung der Post nach § 12 Abs. 6 PostG a.F. aus, wenn der Schaden von ihren Bediensteten „durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung verursacht worden ist” (BGH, Urt. v. 12.6.2001 – VI ZR 29/00, NJW 2001, 3128, 3129). Wegen der für den Postkunden unübersichtlichen Funktionen und Tätigkeiten ihrer Bediensteten soll die Post für alle bei ihr Beschäftigten haften. Ob der einzelne Bedienstete die Pflichtverletzung nur bei Gelegenheit seiner dienstlichen Verrichtungen begeht, ist unerheblich. Voraussetzung für die Haftung der Post ist lediglich, daß es sich um einen Schaden handelt, der mit einer typischen postalischen Tätigkeit und den damit verbundenen besonderen Gefahren in Zusammenhang steht. Diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn Postbedienstete vorsätzlich oder gar in strafbarer Weise gegen ihre Dienstpflichten verstoßen (BGH, Urt. v. 14.12.1967 – III ZR 40/67, NJW 1968, 646, 647; BGH, Urt. v. 4.12.1975 – III ZR 110/73, NJW 1976, 1319; BGH, Urt. v. 12.6.2001 – VI ZR 29/00, NJW 2001, 3128, 3129). Das entspricht dem in § 428 Satz 1 und § 462 Satz 1 HGB zum Ausdruck gekommenen Gedanken, wonach der Frachtführer oder Spediteur für alle betriebsangehörigen Mitarbeiter unabhängig davon haftet, ob sie bei Ausführung der fraglichen Beförderung mitgewirkt haben, sofern sie im Rahmen des ihnen jeweils übertragenen Pflichtenkreises tätig werden.
III. 1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Betriebsassistent K. dadurch eine vorsätzliche Pflichtverletzung begangen hat, daß er zum einen den Ladezettel entgegen der postinternen Anweisung nicht an seinem Körper getragen und zum anderen die Laderaumtüren des von ihm gefahrenen Fahrzeugs entgegen den bestehenden Sicherheitsvorschriften nicht mit einem Vorhängesicherheitsschloß gesichert hat, weil der Schadensersatzanspruch der Klägerin durch § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. ausgeschlossen sei.
2. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist insoweit für das Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin von einer vorsätzlichen Pflichtverletzung gemäß § 12 Abs. 6 PostG a.F. auszugehen. Soweit die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang vorbringt, das Verhalten des Mitarbeiters K. rechtfertige nicht die Annahme vorsätzlichen Verschuldens, da Vorsatz voraussetze, daß der Handelnde die Pflichtwidrigkeit seines Tuns kenne und einen dadurch bedingten Schadensfall billigend in Kauf nehme, kann dem nicht beigetreten werden. Zutreffend ist allerdings, daß zum Vorsatz im Zivilrecht nicht nur die Kenntnis der Tatbestandsmerkmale der verletzten Norm, sondern auch das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gehört (BGH, Urt. v. 27.3.1995 – II ZR 30/94, NJW 1995, 1960, 1961; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 276 Rdn. 11 m.w.N.). Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 6 PostG a.F. bezieht sich der Vorsatz jedoch nur auf die Verletzung einer Pflicht, nicht aber auch auf den dadurch verursachten Schaden. Insoweit kommt die im Haftungsrecht allgemein geltende Regel zur Anwendung, daß sich Vorsatz und Fahrlässigkeit grundsätzlich nur auf den die Haftung begründenden Tatbestand zu erstrecken brauchen, um die Ersatzpflicht für alle daraus folgenden (adäquaten) Schäden auszulösen (BGH, Urt. v. 27.6.1985 – I ZR 40/83, VersR 1985, 1060, 1061 unter Hinweis auf BGHZ 75, 328, 329). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof für die persönliche Haftung der Postbediensteten wegen vorsätzlicher Amtspflichtverletzung unter Geltung des Postgesetzes 1969 entschieden, daß sich der Vorsatz des Schädigers nur auf die Verletzung seiner dienstlichen Sorgfaltspflicht, nicht aber auf den Schaden beziehen muß (BGH, Urt. v. 21.5.1987 – III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130). Mit der sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB, bei der sich der Vorsatz auch auf die eingetretenen Schadensfolgen erstrecken muß (BGH, Urt. v. 27.6.1985 – I ZR 40/83, VersR 1985, 1060, 1061), ist § 12 Abs. 6 PostG a.F. nach Zweck und Funktion nicht vergleichbar. Auch den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 11/4316, 76, 87) lassen sich keine Anhaltspunkte für ein Abweichen des Verschuldenserfordernisses von der angeführten Grundregel entnehmen.
IV. 1. Das Berufungsgericht hat die Ersatzpflicht der Beklagten auch bei einem vorsätzlichen Handeln des Betriebsassistenten K. verneint. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. sei die Ersatzpflicht der Beklagten für den Verlust von Postsendungen ausgeschlossen, wenn der Schaden überwiegend durch den Absender verursacht sei. Die überwiegende Verursachung durch den Absender werde vermutet, wenn die Sendung nicht ordnungsgemäß eingeliefert worden sei. Die Vermutung streite für die Beklagte, weil die eingelieferten Sendungen jeweils mit nur 3.500,– DM deklariert worden seien und die Wertbeschränkung für jedes Wertpaket auf 100.000,– DM nicht beachtet worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es der Beklagten wegen der Zahlung von 21.000,– DM nicht verwehrt, sich auf den Haftungsausschluß zu berufen. Ein Verzicht auf das Recht oder ein Fall widersprüchlichen Verhaltens liege nicht vor. § 14 Abs. 1 PostG a.F. schließe allgemein die Ersatzpflicht der Beklagten aus und beziehe sich nach dem einschränkungslosen Wortlaut, der systematischen Stellung und nach Sinn und Zweck auch auf die Haftung nach § 12 Abs. 6 PostG a.F.. Die Wertpakete seien von den Absendern nicht ordnungsgemäß eingeliefert worden, weil zum einen die Pakete nicht ordnungsgemäß deklariert worden seien und zum anderen die Wertbeschränkung für Wertpakete auf 100.000,– DM nicht beachtet worden sei. Für die Absender hätten entsprechende Pflichten bestanden. Diese folgten indes nicht bereits aus dem Gesetz. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Deklaration und Beachtung der Wertbeschränkung ergebe sich aber aufgrund der Regelung in Ziffer 6.1.1 der Anlage 2 zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Frachtdienst Inland der Beklagten mit dem Stand vom 1. April 1993. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien ohne Einbeziehungsvereinbarung Vertragsbestandteil geworden. Sie seien wirksam und verstießen nicht gegen § 9 AGBG. Die Bankfilialen hätten gegen Ziffer 6.1.1 verstoßen, indem sie in jedem der sechs Pakete Geldbeträge im Wert von mindestens 150.000,– DM zur Versendung gebracht und den Wert mit nur 3.500,– DM angegeben hätten. Unerheblich seien die Behauptungen der Klägerin, Mitarbeiter der Beklagten hätten den Banken gegenüber stets den Eindruck vermittelt, eine Einlieferung von Geldbeträgen über 100.000,– DM mit Wertangabe von 3.500,– DM sei ordnungsgemäß, und die in Rede stehenden Pakete wären von den betreffenden Schalterkräften der Beklagten auch angenommen worden, wenn die einliefernden Personen jeweils erklärt hätten, daß der tatsächliche Wert höher als 3.500,– DM und auch höher als 100.000,– DM sei. Die Mitarbeiter der Beklagten seien nicht befugt gewesen, die Geschäftsbedingungen abzubedingen, was die Versicherungsnehmerinnen der Klägerin auch hätten wissen müssen. Zudem habe die Klägerin solche Falschauskünfte nicht konkret behauptet. Aufgrund der nicht ordnungsgemäß eingelieferten Sendungen werde gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. vermutet, daß der Verlust der Sendungen überwiegend durch die Absender verursacht worden sei mit der Folge, daß die Ersatzpflicht der Beklagten ausgeschlossen sei. Die Klägerin habe diese Vermutung nicht widerlegt. Sie habe keinen hinreichenden Beweis dafür angetreten, daß die Sendungen bei ordnungsgemäßer Einlieferung gleichwohl entwendet worden wären.
2. Auch hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. ist die Ersatzpflicht der Deutschen Bundespost POSTDIENST für den Verlust oder die Beschädigung von Sendungen ausgeschlossen, wenn der Schaden überwiegend auf der natürlichen Beschaffenheit der Sendung beruht oder wenn er überwiegend durch den Absender verursacht worden ist. Nach Satz 2 der Vorschrift wird die überwiegende Verursachung durch den Absender vermutet, wenn die Sendung nicht ordnungsgemäß eingeliefert worden ist. Der Haftungsausschluß nach § 14 Abs. 1 PostG a.F. setzt eine Abwägung der Verursachungsbeiträge der Absender und der Post gemäß § 254 BGB voraus. Wird festgestellt, daß der Schaden überwiegend durch das Verhalten des Absenders herbeigeführt worden ist, entfällt die Ersatzpflicht der Post, ohne daß es zu einer Quotelung der Verursachungsbeiträge kommt. Nur unter dieser Voraussetzung verdrängt der Ausschlußtatbestand des § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. zugunsten der Beklagten die Verursachungsabwägung nach § 254 BGB (Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen (1988), § 14 PostG Anm. 2; Ohnheiser, Postrecht, 4. Aufl., § 14 PostG Rdn. 4), und zwar, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch dann, wenn der Schaden durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung eines Bediensteten der Post verursacht worden ist (§ 12 Abs. 6 PostG a.F.). Hat hingegen die Post den Schaden überwiegend verursacht oder läßt sich ein überwiegender Beitrag des Absenders nicht feststellen, verbleibt es bei der Regel des § 254 BGB, wonach die Beiträge an der Herbeiführung des Schadens gegeneinander abzuwägen sind.
b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß eine erheblich zu niedrige Wertangabe bei Wertpaketen an sich geeignet ist, den Verlust einer Postsendung zu verursachen, und daß ein solches Verhalten eines Absenders bei entsprechenden Feststellungen die Ersatzpflicht der Post nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. ausschließen kann. Es hat auch mit Recht festgestellt, daß die Wertpakte nicht entsprechend den Regeln der Post über die Versendung von Wertpaketen deklariert waren und daß die Wertbeschränkung auf 100.000,– DM nicht beachtet worden ist. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgericht stützen allerdings nicht dessen Annahme, der Verstoß gegen diese Deklarationsregeln rechtfertigte die Schlußfolgerung, die Absender hätten die Wertsendungen nicht ordnungsgemäß eingeliefert mit der Folge, daß die überwiegende Verursachung des Schadens durch die Absender gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. vermutet werde.
aa) Das Postgesetz selbst enthält keine Regelungen, die den Begriff der nicht ordnungsgemäßen Einlieferung ausfüllen. Aus § 12 Abs. 4 PostG a.F. läßt sich lediglich entnehmen, daß die Haftung für den Verlust von Wertsendungen an die Wertangabe gebunden ist und die Post beschränkt nur bis zur Höhe der Wertangabe haftet. Daraus folgt nicht, welche Voraussetzungen an die nicht ordnungsgemäße Einlieferung durch den Absender im Rahmen der Verursachungsvermutung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. zu stellen sind.
bb) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß maßgeblich für die Ordnungsmäßigkeit der Einlieferung einer Postsendung die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Frachtdienst Inland (Stand 1.4.1993) (im folgenden: AGB FrD Inl) enthaltenen Regelungen sind.
Danach ist eine Sendung nicht ordnungsgemäß eingeliefert, wenn die für die jeweilige Sendung geltenden Benutzungsvorschriften der Post nicht eingehalten worden sind (Ohnheiser, aaO, § 14 PostG Rdn. 6). Nachdem § 6 RPostG 1871 noch den Begriff der „nicht reglementsmäßigen Einlieferung” verwendet hatte, der eine übergeordnete und selbständige Bedeutung als Ausschlußtatbestand hatte (Altmannsperger, aaO, § 14 PostG Rdn. 18; Reinert ArchPT 1992, 113, 115, 117), knüpfte das Postgesetz 1969 mit der Verwendung des Begriffs „ordnungsmäßig” begrifflich an die Postordnung vom 16. Mai 1963 (BGBl. I, 341) an, mit der die Benutzungsbedingungen für die Dienste der Post im einzelnen geregelt wurden (§ 1 Abs. 1 PostO), so daß in der Folge im Schrifttum der in § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. verwendete Begriff „ordnungsgemäß” im Sinne einer der Postordnung gemäßen Einlieferung verstanden wurde. Als nicht ordnungsgemäß eingeliefert wurden daher insbesondere Sendungen angesehen, die gegen Beschriftungs- oder Verpackungsvorschriften der Postordnung verstießen (Eidenmüller, aaO, § 14 PostG Anm. 6; Altmannsperger, aaO, § 14 PostG Rdn. 3). Die Regelungen der Postordnung sind im Zuge der Neustrukturierung und Privatisierung der Post von den von dieser verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgelöst worden.
Aus dieser Anknüpfung an die Postordnung läßt sich allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ableiten, die nunmehr in diesen enthaltenen Benutzungsregelungen seien als maßgeblich auch dafür heranzuziehen, ob eine ordnungsgemäße Einlieferung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. vorliegt.
(1) Zwar sind die AGB FrD Inl der Beklagten gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 a AGBG (i.d.F. von Art. 12 Abs. 28 PT NeuOG vom 14.9.1994, BGBl. I, 2325) auch ohne Einbeziehung gemäß § 2 AGBG Bestandteil des zwischen der W.-Bank und der Beklagten geschlossenen Postbeförderungsvertrages geworden (dazu vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1994 – III ZR 59/94, NJW 1995, 875; BGH, Urt. v. 1.2.1996 – I ZR 44/94, NJW 1996, 2374). Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus als Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendeten AGB FrD Inl der Beklagten unterliegt in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung (st. Rspr.; BGHZ 98, 256, 258; 112, 204, 210; BGH, Urt. v. 10.12.1998 – I ZR 162/96, NJW 1999, 1711, 1712).
(2) Auch sehen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die AGB FrD Inl in Nr. 3.2.1 besondere Versendungsformen vor. Gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts kann der Absender unter bestimmten Voraussetzungen die besondere Versendungsform „Wertangabe” beantragen. Anlage 2 regelt unter 6.1.1, daß Pakete gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts mit Wertabgaben befördert werden, wobei die Wertangabe auf 100.000,– DM beschränkt ist und mindestens dem Wert des Inhalts entsprechen muß.
(3) Zu Unrecht hat hingegen das Berufungsgericht angenommen, der Absender sei aufgrund der Regelung in Nr. 6.1.1 der Anlage 2 zu den AGB FrD Inl der Beklagten zur entsprechenden Deklaration und Beachtung der Wertbeschränkung verpflichtet; bei Nichtbeachtung sei die Sendung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. eingeliefert mit der Folge, daß überwiegende Verursachung des Schadens durch den Absender vermutet werde. Abgesehen davon, daß es vorliegend nicht um eine Obliegenheit des Absenders, sondern darum geht, ob und in welcher Höhe die Post wegen einer vorsätzlichen Pflichtverletzung ihrer Bediensteten für den durch diese verursachten Schaden haftet, wird der Absender durch die Vorschriften des Postgesetzes und der AGB FrD Inl nicht verpflichtet, den wirklichen Wert der Sendung anzugeben. Es steht ihm frei, durch die Höhe der Wertangabe entsprechend dem Wert des Inhalts der Sendung (vgl. zu dieser Beschränkung Art. 35 Nr. 2.6 Weltpostvertrag 1994 (Seoul), BGBl. 1998 II S. 2082) eine besonders gesicherte Beförderung zu erreichen und den Höchstbetrag der Haftung der Post nach § 12 Abs. 4 PostG a.F. zu bestimmen (OLG Frankfurt NJW 1995, 735, 736; Ohnheiser, aaO, § 12 PostG Rdn. 11; Altmannsperger, aaO, § 12 PostG Rdn. 39). Dem entspricht es, daß der Postverkehr mit Rücksicht auf das Postgeheimnis und aus Gründen des Massenverkehrs keinen Deklarierungszwang hinsichtlich des Inhalts der Sendungen kennt (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren betreffend das Gesetz über das Postwesen vom 28.7.1969, BT-Drucks. 5/3295, 31; Altmannsperger, aaO, § 14 PostG Rdn. 3).
(4) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten treffen ihrem Zweck entsprechend Regelungen nur für den Fall, daß der Absender bei der Versendung eines Pakets Wertangaben macht. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, NJW 1992, 2629; Sen.Urt. v. 20.10.1992 – X ZR 74/91, NJW 1993, 657, 658; BGH, Urt. v. 10.12.1998 – I ZR 162/96, NJW 1999, 1711, 1712). Für die vorzunehmende objektive Auslegung kommt es demnach entscheidend darauf an, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefaßt werden durften (Sen.Urt. v. 20.10.1992 – X ZR 74/91, NJW 1993, 657, 658). Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerkes an, wobei auch insoweit die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Postkunden (vgl. dazu Schmid, Der Postbeförderungsvertrag und das AGB-Gesetz, 1995, S. 130/131) maßgeblich sind.
(5) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die maßgebliche Klausel der Nr. 6.1.1 Abs. 1 der Anlage 2 der AGB FrD Inl vom durchschnittlichen Postkunden nicht dahingehend verstanden werden, durch diese Bestimmung für Pakete mit Wertangabe werde festgelegt, daß eine ordnungsgemäße Einlieferung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. nur vorliegt, wenn die Wertangabe dem tatsächlichen Wert der Postsendung entspricht. Satz 1 der Nr. 6.1.1 Abs. 1 betrifft allein den Inhalt und das Zustandekommen eines Vertrages zwischen der Post und ihrem Kunden. Darin wird festgelegt, daß für die Beförderung von Wertpaketen ein zusätzliches Entgelt zu zahlen ist. Dies legt es für den maßgeblichen durchschnittlichen Postkunden nahe, daß die im anschließenden Satz 2 der Bestimmung genannten Wertgrenzen und das Erfordernis einer mindestens dem Wert des Inhalts entsprechenden Wertangabe des Absenders nur dazu dienen, die Höhe des Entgelts zu bestimmen, das für eine Postsendung mit Wertangabe zu entrichten ist. Dagegen lassen sich aus der Sicht des Kunden aus den in der Klausel verwendeten Formulierungen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß mit den dort aufgestellten Erfordernissen hinsichtlich der Wertangabe auch eine haftungsrechtlich bedeutsame Festlegung der Ordnungsmäßigkeit der Einlieferung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. bewirkt werden soll. Dies gilt um so mehr, als die weiteren Absätze der Nr. 6.1.1 und auch die Nr. 6.1.2 der Anlage 2 der AGB FrD Inl sich näher mit den Erfordernissen befassen, denen die Postsendung selbst genügen muß und daß es hier um das Entstehen eines Anspruchs auf ein zusätzliches Entgelt und dessen Höhe geht. Nicht geregelt sind hingegen Fälle, bei denen der Absender entweder keine Wertangaben macht oder falsch deklariert. Aus den Deklarierungsregeln der AGB FrD Inl kann daher nicht gefolgert werden, es läge der haftungsrechtlich relevante Tatbestand der nicht ordnungsgemäßer Einlieferung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. bereits dann vor, wenn diese Regeln über Wertangaben nicht eingehalten werden.
cc) Eine solche Auslegung der Deklarierungsbestimmungen in den AGB FrD Inl verbietet sich zudem aus dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 PostG a.F.. Die Haftungsbeschränkung zugunsten der Postunternehmen rechtfertigt sich aus dem hohen Schadenspotential des postalischen Massenbetriebs, das nur durch kostenträchtige und den Ablauf verzögernde Maßnahmen reduziert werden könnte (BGH, Beschl. v. 7.5.1992 – III ZR 74/91, NJW 1993, 2235; Altmannsperger, aaO § 11 PostG Rdn. 4 f; Eidenmüller, aaO § 11 PostG Anm. 2). Die Bestimmungen über Haftungsbeschränkungen und Haftungsausschluß bilden insoweit das Ergebnis der Abwägung zwischen den Interessen des einzelnen am umfassenden Ausgleich möglicherweise entstehender Vermögensnachteile und dem Allgemeininteresse an der schnellen und kostengünstigen Abwicklung postalischer Dienste. Zwar hat die vom tatsächlichen Wert einer Wertsendung abweichende geringere Wertangabe in der Regel eine Erhöhung des Schadensrisikos zur Folge, weil Wertsendungen bei ihrer Beförderung entsprechend ihren Wertangaben behandelt zu werden pflegen. Es ist auch zu berücksichtigen, daß der Absender mit seinem Verzicht auf die von der Post angebotene Möglichkeit besondere Versendungsarten mit gesteigerten Haftungsfolgen und weitergehenden Schutzvorkehrungen das Transportgut freiwillig einem erhöhten Verlustrisiko aussetzt. Diese Erwägungen rechtfertigen es allerdings nicht, über den in § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. geregelten Haftungsausschluß bei überwiegender Schadensverursachung durch den Absender hinaus die in Satz 2 der Bestimmung geregelte Vermutung dahin auszulegen, daß unabhängig vom Verschulden jeder noch so geringe Verstoß des Absenders gegen Einlieferungsbestimmungen des Postunternehmens mit Hilfe einer gesetzlichen Vermutung zum Haftungsausschluß der Post führt, und zwar auch in Fällen, in denen der Schaden überwiegend durch vorsätzliche Pflichtverletzung eines Bediensteten der Post verursacht worden ist.
Ausgehend vom Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung der Post kann deshalb die Vermutungsregelung in § 14 Abs. 1 Satz 2 PostG a.F. schon wegen ihrer strengen Rechtsfolge nur in engen Grenzen Platz greifen. Es muß jeweils festgestellt werden, welches konkrete, das Transportrisiko erhöhende Verhalten des Absenders den Schluß einer nicht ordnungsgemäßen Einlieferung der Wertsendung zuläßt. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die gesetzliche Vermutung die Feststellung nicht ersetzt, daß der Absender durch sein Verhalten den Schaden verursacht hat. Eine solche Feststellung ist auch dann erforderlich, wenn hinreichend konkrete Anforderungskriterien für eine nicht ordnungsgemäße Einlieferung vorliegen. Das Gesetz knüpft die Vermutung der überwiegenden Verursachung zu Lasten des Absenders an diesen als besonders gravierend eingestuften Tatbestand, weil bei dessen Vorliegen typischerweise ein höheres Verlustrisiko der Post eintritt, ohne daß diese vorbeugend entsprechende Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann. Da die Postbediensteten bei Entgegennahme einer Wertsendung nicht feststellen können, ob die Wertangabe des Absenders dem tatsächlichen Inhalt entspricht, wird durch die Vermutungsregel des Gesetzes das durch den Absender geschaffene erhöhte Risiko auf diesen abgewälzt. Allerdings kann die Vermutung zugunsten der Post nur eingreifen, wenn die nicht ordnungsgemäße Einlieferung tatsächlich den Schaden in nicht zu vernachlässigender Weise verursacht hat. Die Vermutung ersetzt nicht die im Rahmen der §§ 254 BGB und 14 Abs. 1 PostG a.F. erforderliche Feststellung, daß der Beitrag des Absenders für die Herbeiführung des Schadens ursächlich gewesen ist. Die Vermutung erspart dem Postunternehmen nur den Beweis für das Überwiegen des Verursachungsbeitrags des Absenders, ohne daß sich dadurch die materielle Rechtslage ändert.
c) Die Revision kann nicht mit Erfolg einwenden, die Beklagte könne sich nicht mehr auf den Haftungsausschluß nach § 14 Abs. 1 PostG a.F. berufen, nachdem sie Zahlungen in Höhe der jeweiligen Wertangabe von 3.500,– DM angekündigt und damit ihre Ersatzverpflichtung dem Grunde nach anerkannt habe. Eine solche Beurteilung der Zahlungen durch die Beklagte verbietet sich bereits im Blick auf § 11 Abs. 4 PostG a.F., wonach die Deutsche Bundespost dem Absender beim Verlust von Sendungen mit Wertangaben in Höhe des unmittelbaren Schadens bis zum Betrag der Wertangabe haftet. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus zutreffend angenommen, daß aus den geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 21.000,– DM kein Verzicht auf den Haftungsausschluß folge und auch kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei, den Haftungsausschluß nicht geltend zu machen. Diese tatrichterliche Würdigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (st. Rspr. u.a. Sen.Urt. v. 25.2.1992 – X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968). Solche Fehler zeigt die Revision nicht auf. Zwar hat das Berufungsgericht die von der Revision angeführten Schreiben nicht im einzelnen gewürdigt. Dies kann jedoch einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht begründen, da sich den im wesentlichen gleichlautenden Schreiben entnehmen läßt, daß die Beklagte für einen über 3.500,– DM hinausgehenden Betrag pro Wertpaket gerade nicht einstehen wollte.
Die Revision kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, bei der Beklagten habe es zum Zeitpunkt der Einlieferung der Pakete eine von deren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichende Praxis gegeben, wonach bei der Abwicklung von Versendungen auf Nachfrage die Auskunft erteilt worden sei, daß die Wertangabe der Höhe nach frei wählbar sei und mit dem wirklichen Wert der Sendung nichts zu tun habe; deshalb sei es der Beklagten nunmehr verwehrt, sich auf Regelungen zu berufen, die sie im Tagesgeschäft selbst nicht beachtet habe. Der Revision könnte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allenfalls dann gefolgt werden, wenn den für die W.-Bank handelnden Personen bei der Einlieferung der Wertpakete eine solche Auskunft erteilt worden wäre. Dem von der Revision angeführten Vortrag der Klägerin läßt sich eine dahingehende Behauptung jedoch nicht entnehmen, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat. Selbst wenn die Bediensteten der Beklagten von einem wertvolleren Inhalt der Geldpakete ausgegangen sein sollten, als es der Wertangabe entsprach, rechtfertigt dies keine für die Revision günstigere Beurteilung. Auch in einem solchen Fall besteht für die Beklagte kein Grund, Wertpakete zurückzuweisen, von denen ihre Beschäftigten vermuten, daß der angegebene Wert nicht dem Wert des Inhalts entspricht. Dies folgt schon daraus, daß es den Bediensteten der Beklagten verwehrt ist, die eingelieferten Pakete zu öffnen, um Feststellungen zum Wert des Inhalts zu treffen (OLG Nürnberg VersR 1999, 912, 913).
V. Das Berufungsgericht hat ferner einen Schadensersatzanspruch nach § 831 BGB verneint, da § 11 Abs. 1 PostG a.F. die Haftung der Beklagten abschließend regele. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken und entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.6.2001 – VI ZR 29/00, NJW 2001, 3128, 3129), wonach die postrechtliche Haftung in §§ 11 ff. PostG a.F. erschöpfend geregelt ist, so daß andere Anspruchsgrundlagen insoweit ausgeschlossen sind.
VI. Mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts hat das angefochtene Urteil keinen Bestand. Es ist aufzuheben; der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zunächst die Verursachungsbeiträge der Absender und der Beklagten festzustellen und gemäß § 254 Abs. 1 BGB abzuwägen haben. Dabei wird es zu beachten haben, daß eine überwiegende Verursachung des Schadens durch die Absender im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. nicht schon dann gegeben sein muß, wenn diese das Risiko des Verlustes durch falsche Wertangaben erheblich gesteigert haben. Umgekehrt kann eine überwiegende Verursachung der Absender infolge einer erheblich zu niedrigen Wertangabe durchaus auch dann in Betracht kommen, wenn der Verlust durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung eines Bediensteten der Beklagten mitverursacht worden ist. Dabei ist bei der Abwägung im vorliegenden Fall zu beachten, daß die Post als Ganzes dem Kunden gegenübertritt, so daß sich hier unter Umständen die Beiträge der Postbediensteten J. und K. addieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 21.5.1987 – III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130 zum Postgesetz 1969), die auch nach der Neustrukturierung der Post im Zuge der Privatisierung im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 PostG a.F. Geltung beanspruchen kann, liegt es andererseits auf der Hand, daß eine hohe Wertangabe die mit der Beförderung befaßten Postbediensteten zu einer sorgfältigeren Behandlung der Sendung anhalten kann und im Hinblick auf drohende Rückgriffsansprüche in der Regel auch veranlassen wird, wobei sich diese Erkenntnis auch dem Postbenutzer aufdrängen muß, der eine Wertsendung aufgibt (BGH, Urt. v. 21.5.1987 – III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130; vgl. auch den in derselben Sache ergangenen Nichtannahmebeschluß vom 21.12.1988 – III ZR 54/88, WM 1989, 502, 503; OLG Oldenburg, PostRE 2.08.2.1. Nr. 4; Altmannsperger, aaO, § 11 PostG Rdn. 66a; a.A. OLG Koblenz VersR 1986, 771). Die Annahme einer Mitverursachung durch den Geschädigten nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. läßt sich in solchen Fällen aus dem allgemeinen Rechtsgedanken herleiten, daß den Schaden mitverursacht, wer gefährdete oder schadensanfällige Rechtsgüter leichtfertig erhöhten Risiken aussetzt (Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 43) und auf diese Weise überflüssige Gefahrenlagen schafft (MünchKomm/Oetker, BGB, 4. Aufl., § 254 Rdn. 51). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB in einem Fall angenommen, in dem ein Koffer mit wertvollem Inhalt (Briefmarkensammlung, Schmuck) als Reisegepäck aufgegeben wurde (BGHZ 24, 188, 200). Zudem gerät der Absender von Postgut in einen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. beachtlichen Selbstwiderspruch, wenn er erheblich zu niedrige Wertangaben macht, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, daß die Post das Transportgut bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt hätte (BGH, Urt. v. 15.11.2001 – I ZR 163/99, zur Veröffentlichung bestimmt). Bei der Bemessung der Verursachungsbeiträge gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 PostG a.F. wird das Berufungsgericht auch dem Vorbringen der Beklagten nachzugehen haben, daß nach § 22 der internen Dienstanweisung für die Betriebssicherung Bargeldsendungen mit einem Wert über 50.000,– DM in einem Wertgelaß zu transportieren sind und auch im vorliegenden Fall so verfahren worden wäre, wenn die Absender den wahren Inhalt der Pakete angegeben hätten.
Unterschriften
Melullis, Jestaedt, Mühlens, Meier-Beck, Asendorf
Fundstellen
Haufe-Index 788837 |
BGHZ |
BGHZ, 337 |
DB 2002, 2161 |
NJW 2002, 3255 |
BGHR 2002, 978 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 885 |
MDR 2003, 17 |
VersR 2002, 1396 |
TranspR 2003, 34 |