Leitsatz (amtlich)

Die Einhaltung der in einem Mietvertrag über Gewerberaum vereinbarten Bestimmung, daß der Mieter gegenüber dem Vermieter eine Gegenforderung nur aufrechnen darf, wenn er das mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angekündigt hat, kann der Vermieter nicht mehr verlangen, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist, der Mieter das Mietobjekt geräumt und herausgegeben hat und lediglich noch wechselseitige Ansprüche abzurechnen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 387, 535

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 13.01.1987)

LG Heilbronn

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Januar 1987 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte unter Nr. I. 1. a) der Urteilsformel zur Zahlung von mehr als 29.568,42 DM zuzüglich 7 % Zinsen hieraus seit dem 1. November 1984 verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger, Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sind Mieter einer Tennishalle und einer Squash-Anlage. Über die Tennishalle schlossen sie am 25. Mai 1982 mit dem Beklagten einen (Unter-)Mietvertrag. Das Mietverhältnis war zunächst für die Zeit vom 1. Mai 1982 bis 30. April 1987 fest vereinbart. In dem Vertrag ist unter anderem bestimmt:

„§ 4 Mietzins, Mietzinsänderung, Zahlungsbestimmungen

Der Mieter kann gegenüber dem Vermieter eine Gegenforderung nur aufrechnen, wenn er dies mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses beim Vermieter schriftlich angekündigt hat. …

§ 9 Kaution

Die Vertragsbeteiligten vereinbaren die Leistung einer Kaution zugunsten des Vermieters für alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche desselben aus dem Mietverhältnis gegen den Mieter, gleich aus welchem Rechtsgrund.

Die Kaution kann dann in bar, in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft bzw. durch Eintragung einer erstrangigen Grundschuld auf einer im Wert angemessenen Immobilie gestellt werden. Wird sie in bar bzw. durch eine Bankbürgschaft gestellt, so beträgt sie DM 101.700. Für diesen Fall verpflichtet sich allerdings der Mieter bis zum 31.10. des jeweiligen Mietjahres für die Wintersaison (1.10. bis 30.4.) eine Mietvorauszahlung von 7 Monaten zu leisten. …”

Durch Nachtrag vom 20. Oktober 1983 bezogen die Vertragsparteien die Squash-Anlage in den (Unter-)Mietvertrag ein. In dem „ersten Nachtrag zum Mietvertrag” heißt es unter anderem:

„2. Mietbeginn für die Squash-Anlage ist der 1. November 1983. Die Mietzeit wird an die der Tennishalle angepaßt, dabei wird die in § 3 des Mietvertrages vom 25.5.82 fest vereinbarte Zeit verlängert bis 30.4.1992.

3. Der Mietzins für die Squash-Anlage beträgt jährlich DM 30.000 zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer mit zur Zeit 14 %. Er ist zusammen mit der Miete für die Tennishalle in monatlichen Raten von zur Zeit DM 2.850 zu entrichten.

…”

Aufgrund einer vertraglich vereinbarten Wertsicherungsklausel ist die Jahresmiete für die Tennishalle mit Wirkung ab 1. Oktober 1984 auf 220.938,84 DM erhöht worden. Die D. Bank, Filiale L., übernahm eine Mietkautionsbürgschaft zugunsten der Kläger im Betrage von 101.700 DM. Wegen der Zahlungsverpflichtungen des Beklagten, insbesondere wegen der Frage, ob die Kläger Mehrwertsteuer für die Tennishallenmiete zu Unrecht eingezogen haben, kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Mit Schreiben vom 2. November 1984 machten die Kläger gegenüber dem Beklagten unter Berücksichtigung einer Überweisung vom 5. Oktober 1984 (17.100 DM) einen Rückstand der für die Wintersaison 1984/85 zu leistenden Vorauszahlung von 111.780,99 DM geltend.

Die Mietzinsraten für die Squash-Anlage ab 1. November 1984 bis 31. März 1985, insgesamt 14.250 DM, zahlte der Beklagte nicht. Die Parteien beendeten das Mietverhältnis einvernehmlich zum 30. April 1985.

Die Kläger errechneten für die Tennishalle unter Berücksichtigung der Überweisung vom 5. Oktober 1984 und unter voller Inanspruchnahme der Bankbürgschaft einen Zahlungsrückstand von 51.798,62 DM. Diesen Betrag (= Klageantrag zu 1) und den Rückstand für die Squash-Anlage (14.250 DM = Klageantrag zu 2) machten sie zuzüglich Zinsen mit der Klage geltend.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Widerklage auf Zahlung von 7.326,51 DM zuzüglich Zinsen, hilfsweise auf Zahlung von 59.687,39 DM zuzüglich Zinsen erhoben. Er hat ausgeführt, die Kläger hätten erheblich übersetzte Mehrwertsteuerbeträge verlangt, außerdem sei der Mietzins für die Tennishalle vom 9. Juli bis 2. September 1984 um 60 % und vom 16. bis 30. September 1984 um 50 % wegen Mangelhaftigkeit des Mietobjekts gemindert gewesen, desgleichen für die Squash-Anlage ab August 1984 um 60 %. Er hat außer den daraus – nach seiner Ansicht – folgenden Überzahlungen die Erstattung von Vorhaltekosten und Schadensersatzansprüchen teils im Wege der Aufrechnung, teils im Wege der Widerklage geltend gemacht.

Das Landgericht hat den Klageantrag zu 1 (51.798,62 DM + 10 % Zinsen hieraus seit dem 1.11.1984) in voller Höhe zuerkannt, den Klageantrag zu 2 in Höhe von 12.500 DM zuzüglich 10 % gestaffelter Zinsen. Im übrigen hat es die Klage und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten hatte nur geringfügigen, die Zinszahlungspflicht betreffenden Erfolg.

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, hat der Beklagte das Berufungsurteil nur insoweit angegriffen, als er in Nr. I. 1. a der Urteilsformel (den Klageantrag zu 1 betreffend) zur Zahlung eines 24.438/42 DM übersteigenden Betrages verurteilt worden ist. Nach teilweiser Ablehnung der Annahme des Rechtsmittels verfolgt der Beklagte die Revision nur noch weiter, soweit die Summe in der genannten Nr. I. 1. a der Formel des Berufungsurteils 29.568,42 DM zuzüglich Zinsen übersteigt.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Beklagte wendet sich weder gegen seine Verurteilung zur Zahlung restlichen Mietzinses für die Squash-Anlage noch gegen die Abweisung der Widerklage. Soweit das Oberlandesgericht ihn zur Zahlung restlichen Mietzinses für die Tennishalle für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 30. April 1985, dem Zeitpunkt einvernehmlicher Beendigung des Mietverhältnisses, antragsgemäß verurteilt hat, bekämpft er diese Entscheidung nur noch mit der Rüge, die Vorinstanz habe den Aufrechnungseinwand mit Gegenforderungen aus dem Gesichtspunkt der Mietzinsminderung für die Tennishalle (= 18.360 DM) wegen Aufwendungsersatzes für Rohrreinigungskosten (= 1.067,78 DM) und wegen Schadensersatzes (= 2.802,42 DM) zu Unrecht nicht durchgreifen lassen.

II. Diese Rüge hat Erfolg.

1. Zur Minderung des Mietzinses für die Tennishalle hat das Berufungsgericht ausgeführt, selbst dann, wenn der Vortrag des Beklagten so zu verstehen wäre, daß er insoweit mit einer Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung aufrechnen wolle, bedürfe es keiner sachlichen Prüfung dieses Anspruchs, weil die Aufrechnung nicht zulässig sei. Nach § 4 des Mietvertrages könne der Mieter gegenüber dem Vermieter eine Gegenforderung nur aufrechnen, wenn er dies mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses beim Vermieter schriftlich angekündigt habe. Nach seiner Klageerwiderung habe der Beklagte seine „Minderungs- und Schadensersatzansprüche aus dem beendeten Mietverhältnis” erstmals mit „Schreiben vom 18.10.1984 und vom 3.12.1984 bekanntgegeben” und „zur Aufrechnung gegen die Mietzinsansprüche gestellt”. Die mit dem Klageantrag Nr. 1 geltend gemachte Mietzinsforderung sei jedoch als Vorauszahlung bereits zum 1. Oktober 1984 zur Zahlung fällig geworden.

Der Standpunkt des Berufungsgerichts hält einer Nachprüfung nicht stand.

a) Für die Revisionsinstanz ist von der Mangelhaftigkeit der Tennishalle wegen Blasenbildung im Fußbodenbelag in der fraglichen Zeit vom 9. Juli bis 2. September und vom 16. bis 30. September 1984 auszugehen. Den Sachvortrag des Beklagten in der Klageerwiderung und in der Berufungsbegründung mit entsprechenden Beweisangeboten hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung als richtig unterstellt. Bestanden die Mängel, so war der Mietzins kraft gesetzlicher Regelung gemäß § 537 BGB in dem Maß gemindert, in dem die Gebrauchstauglichkeit der Halle beeinträchtigt war, nach Darstellung des Beklagten teils um 60, teils um 50 %. Für die Zeit, während der der Mietzins gemindert war, ist andererseits Zahlung in voller Höhe geleistet worden. Im Betrage von 101.700 DM haben die Kläger Befriedigung durch Inanspruchnahme der Bankbürgschaft gesucht. Die danach zuviel gezahlte Hallenmiete, insgesamt 18.360 DM, kann der Beklagte gemäß § 812 BGB zurückfordern. Der Gewährleistungsanspruch ist nicht durch vorbehaltlose Fortsetzung des Vertrages über geraume Zeit untergegangen (vgl. dazu Senatsurteile vom 15. Februar 1967 – VIII ZR 222/64 = WM 1967, 515, vom 17. Mai 1967 – VIII ZR 265/64 = WM 1967, 850 und vom 21. Januar 1976 – VIII ZR 113/74 = WM 1976, 385). Der Beklagte hat die Blasenbildung im Fußboden beanstandet, die Vermieter haben den Schaden besichtigt und den Mangel im September 1984 beheben lassen. Der Beklagte war im übrigen mit der Inanspruchnahme der Bankbürgschaft über den vollen Betrag nicht einverstanden. Die Aufrechnung mit dem Bereicherungsanspruch ist erstmals im Anwaltsschreiben des Beklagten vom 18. Oktober 1984 erklärt worden.

b) § 4 Abs. 5 des Mietvertrages vom 25. Mai 1982 schließt die Aufrechnung, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus. Die Vertragsbestimmung, die der für Wohnraum geltenden Bestimmung des § 552 a BGB nachgebildet ist, enthält kein generelles Aufrechnungsverbot. Vielmehr ist die Aufrechnung gegen Mietzinsforderungen mit jeweiligen Gegenforderungen dann zulässig, wenn der Mieter dies in der in § 4 Abs. 5 des Vertrages näher geregelten Art und Weise ankündigt. Der Vermieter hat sich mithin nur gegen eine überraschende Aufrechnung, d. h. gegen einen ihn unvorbereitet treffenden Ausfall der laufenden Einnahmen aus der Vermietung geschützt. Eine derartige Regelung verliert ihren Sinn, wenn das Mietverhältnis, wie hier, einvernehmlich beendet worden ist, der Mieter das Mietobjekt geräumt und herausgegeben hat und lediglich die noch bestehenden wechselseitigen Ansprüche abzurechnen und auszugleichen sind (vgl. Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl., § 552 a, Rdn. 8 und Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl., § 552 a Rdn. 4 m.w.Nachw.; a.A. Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., II Rdn. 108). Aus diesem Grunde war dem Beklagten die im Prozeß erklärte Aufrechnung nicht deshalb verwehrt, weil er sie nicht einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses, der bis spätestens 31. Oktober 1984 für den gesamten Zeitraum bis zum Vertragsende am 30. April 1985 im voraus zu zahlen war, angekündigt hat.

2. Die Aufrechnung mit dem Aufwendungsersatzanspruch (1.067,78 DM) und mit dem Schadensersatzanspruch (2.803,42 DM), hat das Oberlandesgericht – ohne Sachprüfung – an dem „Aufrechnungsverbot” scheitern lassen. Das hält, wie ausgeführt, einer Nachprüfung nicht stand.

3. Das angefochtene Urteil war danach, soweit es vom Beklagten angefochten worden ist, aufzuheben. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des erkennenden Senats in der Sache selbst sind nicht gegeben. Deshalb war der Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ihm war auch die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz vorzubehalten.

 

Unterschriften

Braxmaier, Wolf, Treier, Dr. Zülch, Groß

 

Fundstellen

Haufe-Index 950553

NJW 1988, 1201

BGHR

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