Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Erben bei Verfügung über ein aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstück
Leitsatz (amtlich)
a) Gegenstand des Anspruchs aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist das in § 281 Abs. 1 BGB bestimmte Surrogat.
b) Haben mehrere Erben nach dem Tod des Begünstigten über ein diesem aus dem Bodenfonds zugewiesenes Grundstück verfügt und den als Gegenleistung erhaltenen Kaufpreis untereinander geteilt, haftet jeder der Erben dem Gläubiger nur insoweit, als ihm der Erlös durch die Teilung zugewiesen wurde.
c) Soweit ein Erbe den von ihm erhaltenen Anteil an dem Erlös vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 verschenkt hat, ist er dem Gläubiger gegenüber frei.
d) Ist die Schenkung nach dem 21. Juli 1992 erfolgt, ist zu prüfen, ob sie dem Erben im Verhältnis zum Gläubiger vorgeworfen werden kann. Die Verkündung des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes im Bundesgesetzblatt reicht zur Begründung eines Vorwurfs nicht aus.
Normenkette
EGBGB 1986 Art. 233 § 16 Abs. 2 S. 2; BGB § 281 Abs. 1, §§ 421, 279, 276
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG |
LG Frankfurt (Oder) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. September 1997 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Das klagende Land (Kläger) nimmt die Beklagten wegen Veräußerung eines Grundstücks aus der Bodenreform in Anspruch.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war O. R. als Eigentümer des landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Bei dem Grundstück handelte es sich um Bodenreformland. Der Bodenreformvermerk war im Grundbuch eingetragen. O. R. verstarb am 4. Januar 1988. Er wurde von seinen Kindern, den Beklagten zu 1 und 2, und ihrer nachverstorbenen Schwester R. R. beerbt.
Durch Vertrag vom 26. November 1990 übertrug der Beklagte zu 2 schenkweise seinen Anteil am Nachlaß von O. R. der Beklagten zu 1 und R. R. jeweils zur Hälfte. Unter Vorlage eines Erbscheins nach O. R. verkauften die Beklagten zu 1 und 2 und ihre Schwester durch Vertrag vom 6. November 1991 das Grundstück für 672.714 DM, ließen der Käuferin das Eigentum auf und bewilligten die Eintragung einer Vormerkung zu ihren Gunsten. Am 27. Februar 1992 wurde die Vormerkung in das Grundbuch eingetragen. Am 22. April 1993 verstarb R. R.. Sie wurde von dem Beklagten zu 3 als Vorerben beerbt.
Mit der Klage hat der Kläger die Beklagten unter anderem auf Zahlung des Betrages von 672.714 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 2 hat behauptet, von dem Kaufpreis nichts erhalten zu haben. Die Beklagten zu 1 und 3 haben geltend gemacht, den von ihnen jeweils zur Hälfte erhaltenen Kaufpreis vollständig verbraucht zu haben. Insoweit behauptet die Beklagte zu 1 im wesentlichen Schenkungen.
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen gegenüber den Beklagten zu 1 und 3 stattgegeben. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat es die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zu 1 zurückgewiesen und den Tenor des landgerichtlichen Urteils dahingehend klargestellt, daß die Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch neben dem Beklagten zu 3 zur Zahlung des Betrages von 672.714 DM und der erkannten Zinsen verpflichtet sei. Mit der Revision erstrebt die Beklagte zu 1 die Aufhebung ihrer Verurteilung.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 EGBGB seien die Beklagten zu 1 und 2 und ihre Schwester R. R. mit Inkrafttreten des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 Eigentümer des Grundstücks geworden. Da sie nicht zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB seien, sei das Grundstück grundsätzlich gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB an den Kläger aufzulassen gewesen. Die Beklagten könnten den Anspruch des Klägers auf Übertragung des Eigentums jedoch nicht erfüllen, weil sie durch die voraufgegangene gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 1 EGBGB wirksame Verfügung zugunsten der Käuferin hierzu unvermögend geworden seien. Gemäß Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB schuldeten sie dem Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe des für das Grundstück erlangten Kaufpreises. Insoweit sei die Beklagte zu 1 dem Kläger neben den übrigen Miterben nach O. R. gesamtschuldnerisch verpflichtet. Ohne Bedeutung sei, in welchem Umfang ihr der Kaufpreis zugeflossen sei und ob er sich noch in ihrem Vermögen befinde.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Der Senat hat mit Urteil vom 5. Dezember 1997, V ZR 179/96, WM 1998, 408, entschieden, daß Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB keinen Schadensersatzanspruch begründet. Hieran ist festzuhalten. Die von Eckert, WuB IV B Art. 233 § 16 EGBGB 1.98, an dieser Entscheidung geäußerte Kritik zeigt keine Erwägungen auf, die vom Senat nicht schon berücksichtigt wären. Das Urteil hat die Frage offen gelassen, ob Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB einen Anspruch begründet, der an § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB angelehnt ist, oder ob Gegenstand des Anspruchs das in § 281 BGB bestimmte Surrogat ist. Diese Frage entscheidet der Senat nunmehr in letzterem Sinne.
a) § 816 Satz 1 BGB dient dem Ausgleich der Beeinträchtigung, die der Berechtigte durch eine Verfügung eines Dritten erfährt, die trotz fehlender Berechtigung des Dritten zur Verfügung nach §§ 892 f, 932 ff BGB gegen den Berechtigten wirksam ist. An einer derartigen Situation fehlt es, soweit die Erben eines vor dem 16. März 1990 verstorbenen Begünstigten aus der Bodenreform vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes über ein diesem aus dem Bodenfonds zugewiesenes Grundstück verfügt oder sich zu einer solchen Verfügung verpflichtet haben und zugunsten des Dritten die Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch bewilligt und beantragt wurde.
Die Voraussetzungen eines Ausgleichs nach § 816 Satz 1 BGB liegen in diesem Fall schon deshalb nicht vor, weil die Verfügung der Erben keine Verfügung eines Nichtberechtigten bedeutet. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren V ZR 200/97 entschieden hat, ist die Annahme des Gesetzgebers des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes unzutreffend, die Grundstücke aus der Bodenreform seien nicht vererblich gewesen. Nach dem Recht der DDR waren sie vielmehr vererblich. Die Erben der Begünstigten aus der Bodenreform wurden mit dem Erbfall Eigentümer der den Verstorbenen aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstücke. Das im Wege der erbrechtlichen Nachfolge erworbene Eigentum unterlag den für die Grundstücke aus der Bodenreform geltenden Verfügungsbeschränkungen. Darüber hinaus war es öffentlich-rechtlich dahin gebunden, daß die landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücke einem Erben zuzukommen hatten, der Mitglied einer LPG war (Senat, BGHZ 136, 284, 296). Auch in der Nutzung der Gebäude als Wohnhäuser waren die Erben nicht frei. Fehlte es an einem Erben, an den eine Übertragung der Grundstücke durch den Rat erfolgen konnte, waren sie durch Verwaltungsakt in den Bodenfonds zurückzuführen (Senatsurt. v. 17. Dezember 1998, V ZR 200/97, Umdruck S. 5 ff, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (GBl. I, S. 134) wurden die für Grundstücke aus der Bodenreform geltenden Verbote der Verpachtung, Übertragung, Belastung und Teilung sowie die Besitzwechselverordnung aufgehoben. Damit waren die Erben seit Inkrafttreten dieses Gesetzes mit Beginn des 16. März 1990 zur Verfügung über die ererbten Grundstücke in der Lage. Der in Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 1 EGBGB bestimmten Zuordnung einer Verfügungsberechtigung bedurfte es zur Wirksamkeit der Verfügungen der Erben nicht. Diese waren vielmehr wirksam, weil sie durch die Eigentümer erfolgt waren.
b) Durch das Gesetz vom 6. März 1990 wurden nicht nur die zivilrechtlichen Beschränkungen aufgehoben, die für die Grundstücke aus der Bodenreform galten, sondern auch die Besitzwechselverordnung. Damit bestand seit Beginn des 16. März 1990 die in § 4 Abs. 3, Abs. 5 BesitzwechselVO bestimmte Verpflichtung der Räte der Kreise nicht mehr, die Grundstücke aus der Bodenreform in den Bodenfonds zurückzuführen, sofern eine Nachfolge eines der Erben oder eines seiner Verwandten in die Bodenreformwirtschaft oder auch nur in die Nutzung eines Gebäudes als Wohnhaus durch einen der Erben nicht in Betracht kam. Wäre es hierbei verblieben, hätte die Aufhebung der Verpflichtung zur Rückführung von Grundstücken in den Bodenfonds durch das Gesetz vom 6. März 1990 zum Ergebnis, daß das Desinteresse der Erben an den Grundstücken aus der Bodenreform und die Nachlässigkeit der Behörden der DDR beim Vollzug der Besitzwechselverordnung dazu geführt hätten, daß den Erben das Eigentum an den Grundstücken aus der Bodenreform zu verbleiben hätte (Senatsurt. v. 17. Dezember 1998, V ZR 200/97, Umdruck S. 12 ff). Dem wirken Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 EGBGB dadurch entgegen, daß das Eigentum an den Grundstücken demjenigen zu übertragen ist, dem es in pauschalierter Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung zuzukommen hatte. Fehlt es an einem solchen, hat die Übertragung an den Fiskus des Landes zu erfolgen, in dem das Grundstück belegen ist. Im Auflassungsanspruch des Fiskus setzt die nach der Besitzwechselverordnung vorzunehmende, bis zum 16. März 1990 unterlassene Rückführung der Grundstücke in den Bodenfonds fort (Senat, BGHZ 132, 71, 78; Urt. v. 21. Juni 1996, V ZR 284/95, WM 1996, 1865).
c) Der Anspruch auf Auflassung ist schuldrechtlicher Natur (Art. 233 § 11 Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Soweit die Auflassung des Grundstücks durch die Erben nicht zu Eigentum des Besserberechtigten führen kann, weil die Erben das Eigentum schon vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes einem Dritten aufgelassen oder zur Sicherung des Anspruchs eines Dritten auf Auflassung die Eintragung einer Vormerkung bewilligt haben und die Eintragung erfolgt oder der Antrag auf Eintragung gestellt ist, sind die Erben aufgrund ihres Unvermögens von der Verpflichtung zur Auflassung frei. Sie schulden dem Besserberechtigten zwar keinen Schadensersatz (Senatsurt. v. 5. Dezember 1997, V ZR 179/96, WM 1998, 408), haben ihm jedoch grundsätzlich dasjenige zu erstatten, was sie im Zusammenhang mit dem Umstand erlangt haben, der sie zur Übertragung des Eigentums an den Besserberechtigten unvermögend gemacht hat (§§ 275 Abs. 2, 281 Abs. 1 BGB).
2. Ist die Verfügung durch eine Mehrzahl von Erben erfolgt, hat jeder von ihnen das von ihm jeweils Erlangte herauszugeben. Eine gesamtschuldnerische Haftung besteht nicht.
a) Im Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB setzt sich der nicht erfüllbare Anspruch auf die zunächst geschuldete Leistung fort. Der Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB unterscheidet sich lediglich nach seinem Inhalt von dem aufgrund Unmöglichkeit oder Unvermögen erloschenen Anspruch (Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 281 Rdn. 39). Aus der Tatsache, daß der ursprüngliche Anspruch gegen eine Mehrheit von Verpflichteten gerichtet war, folgt nicht ohne weiteres eine gesamtschuldnerische Haftung der Verpflichteten für Sekundäransprüche, die in der Unmöglichkeit oder dem Unvermögen zur Erfüllung des Primäranspruchs ihren Grund finden.
Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1, Satz 2 EGBGB gestaltete das gesamthänderische Eigentum der Miterben zu Miteigentum um. Gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB schulden die Erben als Miteigentümer dem Besserberechtigten die Auflassung des Grundstücks als gemeinschaftlich zu erbringende Leistung (Senatsurt. v. 31. Oktober 1997, V ZR 209/96, WM 1998, 402, 404). Hierzu sind sie nur im Zusammenwirken in der Lage, § 747 Satz 1 BGB. Ihre Verpflichtung bedeutet eine gemeinschaftliche Schuld, keine Gesamtschuld (Selb, Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern, § 9 II 2, S. 193; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., vor § 420 BGB Rdn. 13). § 431 BGB gilt nicht für Leistungen, die aus Rechtsgründen nur von mehreren Verpflichteten gemeinsam erbracht werden können (BGH, Urt. v. 11. Dezember 1974, VIII ZR 186/73, NJW 1975, 310, 311; MünchKomm-BGB/Selb, 3. Aufl., § 431; Soergel/Wolf, aaO, § 431 BGB Rdn. 1, 2).
Eine Einstandspflicht eines Miteigentümers für die Leistungsfähigkeit eines anderen besteht im Rahmen der Auflassungsverpflichtung aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB nicht. Diese Verpflichtung beruht nicht auf einer willentlichen gemeinschaftlichen Begründung des Anspruchs, aufgrund deren jeder Beteiligte für die Erfüllung der gemeinschaftlich versprochenen Leistung einzustehen hätte, sondern auf gesetzlicher Bestimmung. Soweit ein Erbe über ein ererbtes Grundstück aus der Bodenreform vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verfügt hat und hierdurch zur Auflassung an den Besserberechtigten unvermögend geworden ist, hat er nach § 281 Abs. 1 BGB das von ihm Erlangte dem Besserberechtigten zu erstatten. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB dient der Beschränkung, nicht der Erweiterung seiner Haftung. Eine Verantwortlichkeit für die Leistungsfähigkeit eines Mitverpflichteten liefe dem entgegen. Die Haftung eines jeden Miterben ist vielmehr auf dasjenige beschränkt, was er im Zusammenhang mit der Verfügung über das Grundstück erlangt hat. Haben die Miterben den Erlös untereinander aufgeteilt, ist die Haftung eines jeden Miterben auf den erhaltenen Anteil aus dem Erlös beschränkt. Eine gesamtschuldnerische Haftung ist hiermit nicht zu vereinbaren.
b) Entgegen der Meinung der Revison führt die Tatsache, daß der Beklagte zu 2 neben den Beklagten zu 1 und 3 Erbe nach dem Verstorbenen geworden ist, nicht dazu, daß die Haftung der Beklagten zu 1 hinter dem Anteil an dem Erlös zurückbliebe, den sie aus der Zahlung des Käufers für das Grundstück erlangt hat.
Der Beklagte zu 2 ist durch die Übertragung seines Anteils am Nachlaß seines Vaters auf seine Schwestern aus der Mitberechtigung an dem Grundstück am 26. November 1990 ausgeschieden. Allein die Beklagte zu 1 und R. R. wurden mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 Schuldner des Anspruchs aus Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c BGB. Allein sie wurden durch die Veräußerung des Grundstücks zur Erfüllung des Anspruchs auf Auflassung des Grundstücks an den Kläger unvermögend. An die Stelle des durch ihr Unvermögen erloschenen Anspruchs auf Auflassung ist der Anspruch auf das von ihnen erlangte stellvertretende commodum getreten.
3. Aus der Tatsache, daß der Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB nach Berichtigung des Kaufpreises auf Zahlung gerichtet ist, folgt nicht, daß die Beklagte zu 1 dem Kläger unabhängig von dem von ihr behaupteten Verbrauch des erhaltenen Kaufpreisanteils dem Kläger zur Zahlung verpflichtet wäre.
a) Die Rechtsprechung wertet die Verpflichtung zur Zahlung grundsätzlich als Fall von § 279 BGB (BGHZ 28, 123, 128; 83, 293, 298). Grundlage von § 279 BGB ist die mit der vertraglichen Begründung einer Zahlungsverpflichtung übernommene Garantie, für das eigene Zahlungsvermögen einzustehen (MünchKomm-BGB/Emmerich, aaO, § 279 Rdn. 2; Staudinger/Löwisch, BGB, 1995, § 279, Rdn. 1). Auf gesetzlich begründete Verpflichtungen kann die Vorschrift daher nicht ohne weiteres Anwendung finden (Soergel/Wiedemann, aaO, § 279 Rdn. 8; Staudinger/Löwisch, aaO, § 279 BGB, Rdn. 6; ferner MünchKomm-BGB/Emmerich, aaO, § 279 Rdn. 6). Folgt aus einem gesetzlich begründeten Schuldverhältnis eine Zahlungsverpflichtung, ist vielmehr zu prüfen, ob eine unbedingte Verpflichtung zur Zahlung mit dem Zweck der Zahlungsverpflichtung in Einklang steht.
Soweit den Schuldner an der Unmöglichkeit oder dem Unvermögen zur Erfüllung der primär geschuldeten Leistung kein Verschulden trifft und er von dieser Verpflichtung frei geworden ist, hat für seine Verantwortlichkeit zur Erstattung des stellvertretenden commodums dasselbe zu gelten. Ist der Schuldner zur Herausgabe des Surrogats nicht in der Lage, ist die Frage, ob er das auch insoweit eingetretene Unvermögen zu vertreten hat, nach dem Maßstab zu beantworten, der für die Frage gilt, ob er sein Unvermögen zur Erfüllung der zunächst geschuldeten Leistung zu vertreten hat (MüchKomm-BGB/Emmerich, § 281 Rdn. 27; Soergel/Wiedemann, § 281 BGB Rdn. 40; a.M. Staudinger/Löwisch, § 281 BGB Rdn. 39). Die Verantwortlichkeit des Schuldners wird nicht dadurch gesteigert, daß Gegenstand seiner Leistungsverpflichtung nunmehr ein auf Zahlung gerichteter Anspruch ist. Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB begründet keinen Schadensersatzanspruch, sondern ordnet dem Gläubiger das schuldrechtliche Surrogat zu, das an die Stelle des nicht erfüllbaren Anspruchs auf Auflassung getreten ist. Eine von einem Verschulden unabhängige Haftung bestimmt die Vorschrift nicht (Senatsurt. v. 5. Dezember 1997, V ZR 179/96, WM 1998, 408, 409).
b) Soweit ein Erbe über ein aus dem Bodenfonds stammendes Grundstück vor Inkrafttreten des zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verfügt hat, fehlte es im Augenblick seiner Verfügung an einer Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung er durch seine Verfügung vorwerfbar unvermögend geworden sein könnte. Dasselbe hat für die Verpflichtung zu gelten, dem Besserberechtigten den im Zusammenhang mit seiner Verfügung erhaltenen Erlös zu erstatten. Soweit der Erbe diesen vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verschenkt hat, ist er auch insoweit gegenüber dem Besserberechtigten frei.
c) Erfolgte die schenkweise Verfügung über den Erlös nach dem 21. Juli 1992, ist zu prüfen, ob die Schenkung dem Erben im Hinblick auf seine durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz begründete Verantwortlichkeit gegenüber dem Besserberechtigten vorgeworfen werden kann. Insoweit obliegt es zwar nach § 282 BGB dem Erben als Schuldner, darzutun und zu beweisen, daß er im Augenblick der Weggabe des Erlöses das Bestehen des Anspruchs aus § 281 Abs. 1 BGB weder kannte noch kennen mußte. Die Unkenntnis der durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz begründeten Ansprüche kann ihm jedoch nicht ohne weiteres vorgeworfen werden (OLG Celle, VIZ 1996, 104). Das gilt insbesondere, soweit der Erbe eines Begünstigten aus der Bodenreform im Zusammenhang mit der Veräußerung eines ererbten Grundstücks die Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar in Anspruch genommen hat (Senatsurt. v. 17. Dezember 1998, V ZR 200/97, Umdruck S. 20 f), oder, wie im vorliegenden Fall von den Beklagten behauptet, vom Grundbuchamt dahingehend aufgeklärt wurde, über das Grundstück frei verfügen zu können. Daß ein noch vorhandener Erlös aus der Verfügung seit dem 22. Juli 1992 abzuführen war, mußte ein Erbe bei Anwendung der geschuldeten üblichen Sorgfalt aufgrund der Verkündung des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes im Bundesgesetzblatt allein nicht erkennen. Entscheidend ist insoweit vielmehr, wann in den allgemeinen Medien über die Auswirkungen dieses Gesetzes berichtet wurde.
III.
Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, weder Feststellungen dazu getroffen, welcher Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstücks an die Beklagte zu 1 gelangt ist, noch dazu, in welchem Umfang er noch in ihrem Vermögen vorhanden ist, und ob die von der Beklagten zu 1 behaupteten Verfügungen über den Kaufpreis ihr vorgeworfen werden können. Diese Feststellungen sind nachzuholen.
Unterschriften
Vogt, Wenzel, Tropf, Schneider, Klein
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.12.1998 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 609581 |
BGHR |
FamRZ 1999, 584 |
EWiR 1999, 455 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 176 |
WM 1999, 453 |
WuB 1999, 1157 |
ZEV 1999, 280 |
MDR 1999, 473 |
NJ 1999, 207 |
OVS 1999, 128 |