Leitsatz (amtlich)
a) § 37 SaarlNatSchG ist eine Ausgleichsregelung im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Nutzungsbeschränkende Maßnahmen im Interesse des Naturschutzes, die nach dieser Vorschrift einen Entschädigungs- oder Übernahmeanspruch auslösen können, stellen keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung dar.
b) Ein Ausgleichsanspruch nach § 37 SaarlNatSchG kommt nur dann in Betracht, wenn sich die den Eigentümer belastende naturschutzrechtliche Maßnahme im Rahmen einer zulässigen Inhaltsbestimmung hält. Der Anspruch setzt weiter einen Eingriff in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition voraus, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich und damit unzumutbar belastet wird.
c) Zur Abgrenzung ausgleichspflichtiger von ausgleichsfreien inhaltsbestimmenden Maßnahmen des Naturschutzes.
d) Zur verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Ausgleichsanspruchs nach § 37 SaarlNatSchG.
Normenkette
GG Art. 14; SaarlNatSchG § 37
Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Urteil vom 29.11.1991) |
LG Saarbrücken |
Tenor
Auf die Revisionen der Beteiligten zu 1, 2 und 3 wird das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken – Senat für Baulandsachen – vom 29. November 1991 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin in den Gemarkungen F. und B. gelegener, im wesentlichen zusammenhängender Grundflächen in einer Größe von 403.903 qm. Das Gelände wurde durch die Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen im Landkreis S. vom 15. Oktober 1956 (Amtsbl. S. 1619) und durch die Verordnung über die Landschaftsschutzgebiete im Stadtverband S. vom 9. Juni 1976 (Amtsbl. S. 717), möglicherweise auch schon durch die Verordnung zum Schütze von Landschaftsteilen im Landkreis S. vom 30. Januar 1952 (Amtsbl. S. 155), unter Landschaftsschutz gestellt. Durch die Verordnung über das Naturschutzgebiet „B.” des saarländischen Ministers für Umwelt vom 15. Oktober 1985 (Amtsbl. S. 1059) wurde ein näher bezeichnetes Gebiet, das von dem Grundbesitz der Beteiligten zu 1 eine Teilfläche von 239.013 qm umfaßt, zum Naturschutzgebiet erklärt.
Die Beteiligte zu 1 erwarb das gesamte Gelände im Oktober 1972 von den Stahlwerken R.-B. GmbH, der Rechtsnachfolgerin der A. B. GmbH. Diese hatte auf einem Teil des Geländes bis zum 1. Januar 1957 einen Kalksteinbruch betrieben.
Unter dem 11. April 1983 erteilte der saarländische Minister für Umwelt, Raumordnung und Bauwesen der Beteiligten zu 1 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer ortsfesten Abfallbeseitigungsanlage (Bauschutt- und Erdmassendeponie) auf einer näher bezeichneten Teilfläche des Steinbruchgeländes. Außerdem gestattete die Landeshauptstadt S. der Beteiligten zu 1 mit Bescheid vom 20. August 1984 die Entnahme von Abraummassen im Steinbruch.
Nach Inkrafttreten der Naturschutzverordnung vom 15. Oktober 1985 beantragte die Beteiligte zu 1 beim Beteiligten zu 2 als Enteignungsbehörde gemäß § 37 Abs. 3 und 4 des Saarländischen Naturschutzgesetzes die Übernahme des gesamten in ihrem Eigentum stehenden Geländes – mit Ausnahme der Deponie – gegen eine angemessene Entschädigung. Zur Begründung machte sie geltend, die Naturschutzverordnung erlege ihr einer Enteignung gleichkommende Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich der Wohnbebauung, des Kalksteinabbaues und der Abraumentnahme auf. Der Beteiligte zu 2 wies den Antrag mit Bescheid vom 11. Mai 1987 zurück.
Einen Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erweiterung der Bauschutt- und Erdmassendeponie lehnte der saarländische Minister für Umwelt mit Bescheid vom 2. Oktober 1987 ab. Über die hiergegen erhobene verwaltungsgerichtliche Klage ist noch nicht entschieden.
Die Beteiligte zu 1 hat den Bescheid der Enteignungsbehörde vom 11. Mai 1987 mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten und im gerichtlichen Verfahren ihr Übernahmeverlangen auf das Deponiegelände erstreckt. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung den Beteiligten zu 2 verpflichtet, über den Übernahmeantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, soweit er die innerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Parzellen betrifft; insoweit hat es in den Entscheidungsgründen seines Urteils einen Übernahmeanspruch der Beteiligten zu 1 bejaht. Gegen dieses Urteil haben sämtliche Beteiligten Revision eingelegt. Die Beteiligte zu 1 verfolgt mit ihrem Rechtsmittel den Übernahmeanspruch auch hinsichtlich der außerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Flächen weiter, während die Beteiligten zu 2 und 3 (diese als Oberste Naturschutzbehörde) die Zurückweisung des Übernahmebegehrens in vollem Umfang erstreben.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Revision der Beteiligten zu 2 und 3:
1. Grundlage des Übernahmebegehrens der Beteiligten zu 1 ist § 37 Abs. 3 Satz 1 des saarländischen Gesetzes Nr. 1097 über den Schutz der Natur und die Pflege der Landschaft (Saarländisches Naturschutzgesetz – SNG) vom 31. Januar 1979 (Amtsbl. S. 147). Nach dieser Vorschrift kann der Grundstückseigentümer verlangen, daß der Entschädigungspflichtige das Grundstück übernimmt, soweit es ihm infolge einer enteignenden Maßnahme nach dem Saarländischen Naturschutzgesetz wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist, das Grundstück zu behalten oder es in der bisherigen oder in einer anderen zulässigen Art zu nutzen.
Gegen die Gültigkeit des § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG bestehen keine Bedenken.
a) Die Vorschrift ist nicht an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen. Da die Maßnahmen, an die sie den Übernahmeanspruch knüpft, keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen, findet die Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG, die sich nur auf Enteignungen (im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts) bezieht, auf diese Vorschrift keine Anwendung. Das hat der Senat für § 31 Satz 1 des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes entschieden, der dem Eigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinde auf Übernahme des Denkmals gewährt, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf seine Pflicht zur Erhaltung des Denkmals aufgrund einer behördlichen Maßnahme nach dem Denkmalschutzgesetz wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, das Denkmal zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen (Urteil vom 17. Dezember 1992 – III ZR 112/91 –, für BGHZ vorgesehen).
Für § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG gilt nicht deswegen etwas anderes, weil er den Übernahmeanspruch von einer „enteignenden” Maßnahme abhängig macht. Damit knüpft § 37 Abs. 3 SNG inhaltlich an Absatz 1 dieser Vorschrift an. Danach ist dem Eigentümer oder dem sonstigen Nutzungsberechtigten eine angemessene Entschädigung zu leisten, wenn eine Behörde aufgrund des Saarländischen Naturschutzgesetzes eine Maßnahme getroffen hat, die eine Enteignung darstellt oder einer solchen gleichkommt, insbesondere weil sie eine wesentliche Nutzungsbeschränkung darstellt oder in einen bestehenden Gewerbebetrieb eingreift. Soweit hiernach eine Maßnahme, die eine Enteignung darstellt, entschädigungspflichtig sein soll, ist die Vorschrift gegenstandslos; denn das Saarländische Naturschutzgesetz bietet für Enteignungen im förmlichen Sinne keine Grundlage. Soweit § 37 Abs. 1 SNG die Entschädigungspflicht an eine Maßnahme knüpft, die einer Enteignung gleichkommt, gilt das zu § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG und § 31 Satz 1 DSchG NW Gesagte entsprechend. Solche Maßnahmen stellen – bei verfassungskonformer Gesetzesauslegung (dazu BVerwGE 84, 361, 367 ff.; vgl. auch Kröner in Festschrift für Geiger, 1989, S. 445, 452) – keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung des Eigentums dar, auf die die Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG ebenfalls nicht anwendbar ist. Dies steht im Einklang mit der Erwägung, daß naturschutzrechtliche Regelungen, jedenfalls soweit sie die Erhaltung im wesentlichen bereits vorhandener naturnaher Verhältnisse bezwecken oder lediglich die Art und Weise der Nutzung näher bestimmen, regelmäßig nur die Sozialbindung des Eigentums aktualisieren (vgl. BVerwGE 84, 361, 370 f.; Nüßgens/Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, Rdn. 205 f. m.w.N.). Als Ausgleichsregelung im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums dient § 37 Abs. 1 SNG dem Zweck, eine dem Eigentümer durch naturschutzrechtliche Maßnahmen im Einzelfall auferlegte besondere Belastung durch die Entschädigungsleistung auf ein zumutbares Maß herabzumindern und so die sonst eintretende Folge der Verfassungswidrigkeit abzuwenden (vgl. BVerfGE 58, 137; s. auch BVerfGE 79, 174, 192). In diesem Sinne ist § 37 Abs. 1 SNG, dessen Fassung ersichtlich noch auf dem vom Senat bis zum Naßauskiesungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 58, 300) vertretenen weiten Enteignungsbegriff beruht, im Lichte der inzwischen gewandelten höchstrichterlichen Rechtsauffassung einengend auszulegen. Voraussetzung der Entschädigungspflicht ist danach ein Eingriff in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich und damit unzumutbar belastet wird (vgl. Senatsurteil a.a.O.; Senatsbeschluß vom 29. März 1990 – III ZR 105/89 – BGHR NW LG § 7 – Zumutbarkeit 1; Nüßgens/Boujong a.a.O. Rdn. 339 f.; Kröner a.a.O. S. 452).
Dieses Verständnis des § 37 Abs. 1 SNG steht zumindest im Ergebnis im Einklang mit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, die – nicht durch Beispielsfälle angereicherte – salvatorische Klausel des § 7 Satz 1 LandschaftsG NW sei bei verfassungskonformer Auslegung als Grundlage eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums jedenfalls für eine Übergangszeit weiterhin anwendbar (BVerwGE 84, 361, 367 ff.). Im Falle des § 37 Abs. 1. SNG bedarf es einer Begrenzung der Geltungsdauer schon deswegen nicht, weil diese Vorschrift, soweit sie nicht obsolet ist, – anders als § 7 Satz 1 LandschaftsG NW in der Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht – nicht auch Enteignungen i.S. des § 14 Abs. 3 GG erfaßt.
Der Senat sieht sich an der vorstehenden Auslegung des § 37 Abs. 1 und 3 SNG als Ausgleichsregelungen im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums auch nicht dadurch gehindert, daß das Berufungsgericht diese Vorschriften anscheinend als Enteignungstatbestände i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG versteht. Zwar handelt es sich bei § 37 SNG um nicht revisibles Recht (§ 549 Abs. 1 ZPO), dessen Auslegung durch den Tatrichter das Revisionsgericht bindet (§ 562 ZPO). Die Frage, ob die Norm eine Entschädigungsregelung i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG oder eine Ausgleichsregelung im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG enthält, betrifft jedoch die Einordnung und Beurteilung nach bundesrechtlichen Kategorien, die das Revisionsgericht selbst vorzunehmen hat.
b) Bedenken gegen die Gültigkeit des § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG könnten sich allerdings ergeben, wenn die Entschädigungsregelung in § 37 Abs. 1 SNG dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes zuwiderlaufen würde. Es erscheint nämlich nicht ausgeschlossen, daß im Falle der Nichtigkeit der zuletzt genannten Bestimmung zumindest wesentliche Teile des Saarländischen Naturschutzgesetzes einschließlich der Vorschrift über die Ausweisung von Naturschutzgebieten (§ 19) ungültig wären, wobei die Nichtigkeit des § 19 SNG der Naturschutzverordnung vom 15. Oktober 1985 die Grundlage entziehen würde.
Dies alles bedarf indessen keiner Vertiefung, weil § 37 Abs. 1 SNG rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Dabei kann offenbleiben, ob Ausgleichsregelungen, deren Zweck es ist, auf der Anwendung gesetzlicher Vorschriften beruhende unverhältnismäßige oder gleichheitssatzwidrige Belastungen Einzelner im Rahmen des noch verfassungsrechtlich Zulässigen zu halten, unter dem Gesichtspunkt des vornehmlich auf Eingriffsnormen zugeschnittenen Bestimmtheitsgebotes gewisse inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen müssen (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit „reiner” salvatorischer Klauseln vgl. Senatsurteil BGHZ 99, 24, 28 m.w.N.). Denn § 37 Abs. 1 SNG genügt diesem Erfordernis, indem er durch Angabe zweier typischer Beispielsfälle – die wesentliche Nutzungsbeschränkung und der Eingriff in einen bestehenden Gewerbebetrieb – den Rahmen möglicher Maßnahmen, die „einer Enteignung gleichkommen”, hinreichend umschreibt (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 99, 24, 26, wo allerdings als Prüfungsmaßstab noch Art. 14 Abs. 3 GG herangezogen worden ist; s. ferner Maurer DVBl 1991, 781, 785; Melchinger NJW 1991, 2524, 2531; Engelhardt NuR 1991, 101, 103).
c) Die rechtliche Einordnung der Entschädigungsansprüche nach § 37 Abs. 1 und 3 SNG als Ausgleichsansprüche im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums ändert nichts daran, daß zur Entscheidung über diese Ansprüche gemäß der Bestimmung des § 37 Abs. 4 SNG weiterhin zunächst die Enteignungsbehörde und im Rechtsstreit die Gerichte für Baulandsachen berufen sind. Dem steht nicht entgegen, daß diese verfahrensrechtliche Regelung, soweit es um den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten geht, entgegen den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers nach heutigem Verständnis nicht mehr eine solche im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG darstellt. Wie der Senat zur Ausgleichsregelung in § 31 des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes entschieden hat, gebieten es die im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachtenden Grundsätze nicht, daß die für den Erlaß des eigentumsbeschränkenden Verwaltungsakts zuständige Behörde über die Gewährung einer solchen Ausgleichsleistung selbst entscheidet; diese kann vielmehr auch – wie hier: nach Maßgabe des Landesrechts – durch eine andere Behörde (hier: die Enteignungsbehörde) in einem gesonderten Verfahren festgesetzt werden (Urteil vom 17. Dezember 1992 a.a.O.). Für den hier vorliegenden Fall einer naturschutzrechtlichen Eigentumsbeschränkung in Gestalt einer Rechtsverordnung gilt nichts anderes. Solange die landesrechtliche Ausgleichsregelung des § 37 SNG in Kraft ist, bleibt auch deren verfahrensrechtliche Ausgestaltung, wie sie der Gesetzgeber festgelegt hat, für die rechtsanwendenden Stellen verbindlich.
2. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Berufungsgericht nimmt an, die Unterschutzstellung des „B.” durch die Verordnung vom 15. Oktober 1985 habe sich für die Beteiligte zu 1 „enteignend” ausgewirkt. Dabei prüft es nicht abschließend, ob die Unterschutzstellung einzelne von der Beteiligten zu 1 ausgeübte Nutzungen oder (behauptete) Nutzungsmöglichkeiten – Wohnbebauung, Kalksteinabbau, Abraumentnahme, Nutzung als Deponiegelände – in entschädigungsrechtlich relevanter Weise beeinträchtigt. Es sieht die „enteignende” Wirkung vielmehr darin, daß der Beteiligten zu 1 sämtliche Möglichkeiten einer sinnvollen Nutzung ihres im Naturschutzgebiet gelegenen Grundbesitzes genommen seien, daß sie nur noch „den bisherigen Zustand beizubehalten” habe und daß damit die Privatnützigkeit ihres Eigentums vollständig aufgehoben sei. Dabei geht es davon aus, daß die Verbotstatbestände des § 4 der Naturschutzverordnung der Beteiligten zu 1 jedenfalls den weiteren Kalksteinabbau, die Entnahme von Abraummassen, die Rekultivierung des Geländes mit späterer forstwirtschaftlicher Nutzung und das Betreten außerhalb der Wege untersagen.
b) Soweit dieser Würdigung tatrichterliche Feststellungen zum Inhalt nicht revisibler Vorschriften zugrunde liegen, ist der Senat hieran gemäß §§ 549 Abs. 1, 562 ZPO gebunden. Die Bindung erstreckt sich aber nicht auf die rechtliche Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, dem Eigentum der Beteiligten zu 1 an den unter Schutz gestellten Flächen sei infolge der anzuwendenden Verbotsbestimmungen die Privatnützigkeit entzogen. Namentlich die Frage, wo in diesem Zusammenhang die Grenzen zwischen zulässiger (ausgleichspflichtiger) Inhaltsbestimmung und Maßnahmen mit enteignender Wirkung zu ziehen sind, ist vom Revisionsgericht frei zu entscheiden.
c) Bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme des Naturschutzes den betroffenen Eigentümer unzumutbar belastet und deshalb einen Entschädigungsanspruch nach § 37 SNG auslösen kann, sind die Grundsätze sinngemäß heranzuziehen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Abgrenzung der Sozialbindung des Eigentums von Eingriffen mit enteignender Wirkung anwendet. Danach wird jedes Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie seine Einbettung in die Landschaft und Natur, also seine „Situation”, geprägt. Auf ihm lastet mithin gleichsam eine aus seiner Situationsgebundenheit abzuleitende immanente Beschränkung der Rechte des Eigentümers, aus der sich Schranken seiner Nutzungs- und Verfügungsmacht ergeben. Wie die Grenzen im Einzelfall zu ziehen sind, ist jeweils aufgrund einer wertenden Beurteilung der Kollision zwischen den berührten Belangen des Allgemeinwohls und den betroffenen Eigentümerinteressen unter Berücksichtigung der Lage und der Umweltverhältnisse des Geländes festzustellen, Dabei sind in der Regel die bisherige Nutzung und die in der Vergangenheit schon verwirklichte Benutzungsart sowie insbesondere der Umstand von Bedeutung, ob eine zulässige Nutzungsmöglichkeit, die sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks objektiv anbietet, untersagt oder wesentlich eingeschränkt worden ist (vgl. BGHZ 72, 211, 216 f.; 87, 66, 71 f.; 90, 4, 14 f.; 90, 17, 24 f.; 99, 24, 31 f.; 105, 15, 18; s. auch Urteil vom 17. Dezember 1992 a.a.O.; ferner BVerwGE 84, 361, 371).
Diese Grundsätze sind nicht in dem Sinne zu verstehen, daß das Eigentum in jedem Fall einer Unterschutzstellung den Belangen des Naturschutzes weichen müsse und daß sich die gebotene Abwägung stets auf die Prüfung beschränke, ob die naturschutzrechtliche Maßnahme eine ausgleichspflichtige oder eine ausgleichsfreie Inhaltsbestimmung des Eigentums darstelle. Eine solche Betrachtungsweise würde den Eigentumsschutz in Gestalt der verfassungsrechtlichen Bestandsgarantie unzulässig verkürzen. Diesem kann vielmehr, insbesondere soweit es um Bestandsschutz genießende ausgeübte Nutzungen geht, gegenüber den naturschutzrechtlichen Belangen der Vorrang gebühren. Das kann im Einzelfall, wenn eine normative Konfliktbewältigung – etwa in Gestalt einer Übergangsregelung – fehlt oder zum Schutz der Eigentümerbelange nicht ausreicht, sogar die Nichtigkeit der Unterschutzstellung zur Folge haben. Es gibt also neben den Fällen, in denen es dem Eigentümer nicht zuzumuten ist, die mit einer naturschutzrechtlichen Maßnahme verbundene Belastung entschädigungslos hinzunehmen, auch solche, in denen die Belastung für ihn überhaupt nicht hinnehmbar ist. Nur bei der ersten Fallgestaltung kann von einer ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung gesprochen werden, während bei der zweiten der Bereich der zulässigen Inhaltsbestimmung überschritten und der Interessenkonflikt nur im Enteignungswege zugunsten der öffentlichen Belange lösbar ist (vgl. dazu auch BVerfG DVBl 1993, 33, 35; ferner Leisner DÖV 1991, 781, 786).
Hiernach ist in diesen Fällen stets zu prüfen, ob sich die den Eigentümer belastende naturschutzrechtliche Maßnahme noch im Rahmen einer zulässigen Inhaltsbestimmung des Eigentums hält; nur dann kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 37 SNG in Betracht. Das kann nicht schon mit der Begründung verneint werden, die Maßnahme sei unverhältnismäßig oder belaste den Betroffenen im Verhältnis zu anderen ungleich; denn die darin liegende Belastung kann durch die Entschädigungsregelung, die auch den Übernahmeanspruch einschließt, in zulässiger Weise kompensiert werden. Diese Kompensationsmöglichkeit gestattet es aber nicht, auch besonders schwerwiegende, in die Substanz des Eigentums eingreifende Belastungen noch als verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhaltsbestimmungen anzusehen. Deren Grenze ist in aller Regel überschritten, wenn eine auf Dauer angelegte Beschränkung die Privatnützigkeit des betroffenen Grundeigentums aufhebt, indem sie dem Eigentümer keine rechtlich zulässige private Verwendungsart mehr beläßt (vgl. Nüßgens/Boujong a.a.O. Rdn. 212 m.w.N.). Auch bei besonders einschneidenden, etwa existenzbedrohenden oder gar existenzvernichtenden Eingriffen in einen bestandsgeschützten Gewerbebetrieb kann eine zulässige Inhaltsbestimmung zu verneinen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 80, 111, 116).
d) Das Berufungsgericht sieht in der Unterschutzstellung des „B.” eine „enteignende” Maßnahme im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG, welche die Privatnützigkeit des Eigentums der Beteiligten zu 1 vollständig aufgehoben habe. Diese Würdigung begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
aa) Der Senat hat für den Bereich des Denkmalschutzes entschieden, daß einer behördlichen Anordnung, nach der ein bestimmtes Gebäude unter Denkmalschutz gestellt (bzw. in die Denkmalliste aufgenommen) wird, für sich genommen noch keine „enteignende” Wirkung zukomme; die Unterschutzstellungsverfügung könne jedoch dann eine solche Wirkung haben, wenn mit ihr eine weitere Anordnung der Denkmalschutzbehörde verbunden sei, durch die dem Eigentümer eine bestimmte, von ihm beabsichtigte Änderung untersagt oder ihm aufgegeben wird, mit seiner Sache in bestimmter Weise zu verfahren (BGHZ 99, 24, 32 f. m.w.N.; 105, 15, 17; vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 1992 a.a.O.).
Diese Grundsätze sind auf die Unterschutzstellung von Flächen nach dem Saarländischen Naturschutzgesetz trotz bestehender Unterschiede in der rechtlichen Qualität übertragbar. Zwar greift auch die Unterschutzstellung als solche, die nach § 19 Abs. 1 und 2 Satz 1 SNG durch Rechtsverordnung der obersten Naturschutzbehörde angeordnet wird, für sich genommen noch nicht in das Eigentum des Betroffenen ein. Welche Maßnahmen im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG „enteignend” wirken können, ergibt sich vielmehr erst aus den zur Erreichung des Zwecks der Unterschutzstellung notwendigen Ge- und Verboten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 Nr. 3 SNG). Diese sind aber nicht, wie beim Denkmalschutz, von Fall zu Fall nach Maßgabe der ausgeübten oder beabsichtigten Nutzungen durch gesonderte behördliche Anordnungen zu erlassen, sondern sie sind Bestandteil der Rechtsverordnung, die die Unterschutzstellung ausspricht. Die Verordnung selbst muß die – in Verbindung mit der Unterschutzstellung als „enteignende” Maßnahmen in Betracht kommenden – Nutzungsbeschränkungen und Veränderungsverbote enthalten, deren Zweck es ist, alle Handlungen zu unterbinden, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können (§ 19 Abs. 3 SNG).
bb) Hätten die in der Verordnung vom 15. Oktober 1985 im Zusammenhang mit der Unterschutzstellung des „B.” normierten Nutzungsbeschränkungen und Veränderungsverbote die Privatnützigkeit des Grundeigentums der Beteiligten zu 1 gänzlich aufgehoben, so würde dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts das Übernahmebegehren nicht rechtfertigen. Dann wäre nämlich nach dem oben Gesagten die Naturschutzverordnung nichtig und der geltend gemachte Anspruch schon aus diesem Grunde nicht gegeben.
cc) Indessen tragen die tatrichterlichen Feststellungen eine solche Schlußfolgerung nicht. Zwar schränken die Verbote des § 4 der Naturschutzverordnung die Möglichkeiten der Nutzung der betroffenen Flächen stark ein. Im Grundsatz zulässig bleiben aber die in § 6 der Verordnung aufgeführten Handlungen, die den Zweck der Unterschutzstellung nicht gefährden, insbesondere die ordnungsgemäße forst- und landwirtschaftliche Nutzung im bisherigen Umfang und die sonstige, bisher rechtmäßig ausgeübte Nutzung der Grundstücke und Wege sowie der rechtmäßig bestehenden Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang sowie deren Unterhaltung und Instandsetzung, soweit sie dem Schutzzweck nicht zuwiderlaufen. Darüber hinaus kann die Naturschutzbehörde von den nutzungsbeschränkenden Ge- und Verboten nach Maßgabe des § 34 Abs. 2 SNG in Verbindung mit § 8 der Naturschutzverordnung Befreiung erteilen, insbesondere dann, wenn die Durchführung der betreffenden Vorschrift im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist. Dabei kann sich in Ausnahmefällen das Ermessen der Naturschutzbehörde sogar auf Null reduzieren mit der Folge, daß der betroffene Grundeigentümer einen Rechtsanspruch auf die – gegebenenfalls unter Auflagen zu erteilende – Befreiung hat.
Im übrigen darf bei der wertenden Beurteilung, ob eine Maßnahme des Naturschutzes die Privatnützigkeit des Grundeigentums aufhebt, nicht unberücksichtigt bleiben, daß praktisch jede Ausweisung von Flächen als Naturschutzgebiet zu einschneidenden Nutzungsbeschränkungen führt, weil anders der Zweck derartiger Unterschutzstellungen – die Erhaltung (und Verbesserung) des bisherigen Zustandes von Natur und Landschaft – nicht erreichbar wäre. Wollte man in solchen Maßnahmen regelmäßig eine Aufhebung der Privatnützigkeit des Eigentums sehen, dann würde dies die Durchsetzung naturschutzrechtlicher Ziele unangemessen behindern.
e) Hiernach kann die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängen, ob es der Beteiligten zu 1 zuzumuten ist, die einzelnen auf der Unterschutzstellung beruhenden Nutzungsbeschränkungen entschädigungslos hinzunehmen. Dies kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.
aa) Nach der Darstellung der Beteiligten zu 1 hat die Unterschutzstellung des Geländes bewirkt, daß eine Nutzung zum Zwecke der Wohnbebauung, des Kalksteinabbaues, der Abraumentnahme und als Deponie nicht mehr zulässig ist.
Eine Nutzung als Bauland scheidet hier von vornherein aus, weil das Gelände im Außenbereich liegt und die Voraussetzungen, unter denen eine Bebauung nach § 35 BauGB zulässig wäre, ersichtlich nicht erfüllt sind. Ein seinerzeit von der Gemeinde B. aufgestellter Bebauungsplan ist nicht in Kraft getreten, nachdem die Landeshauptstadt S. als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde das Planaufstellungsverfahren nicht fortgeführt hat. Danach verbleiben die von der Beteiligten zu 1 behaupteten Beeinträchtigungen des Kalksteinabbaues, der Abraumentnahme und des Deponiebetriebes.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die frühere Eigentümerin des Steinbruchgeländes, die A. B. GmbH, den – seit Jahrzehnten betriebenen – Kalksteinabbau bereits zum 1. Januar 1957 eingestellt. Anfang der 60er Jahre ließ sie zwar Kalksteinplatten im Umfang von etwa 3 ha freilegen; zu einer Wiederaufnahme der Kalksteingewinnung kam es jedoch nicht. Auch die Beteiligte zu 1 hat nach dem Erwerb des Geländes im Jahre 1972 den Steinbruchbetrieb nicht wiedereröffnet, obwohl sie in einem Schreiben an den Beteiligten zu 2 vom 20. November 1972 als Ziel ihrer Investition den Betrieb eines Kalksteinbruchs zur Gewinnung von Kalksteinprodukten angegeben hatte.
Angesichts einer derartig langfristigen Unterbrechung des Kalksteinabbaues kann in dem Steinbruchbetrieb bei Inkrafttreten der Naturschutzverordnung im Jahre 1985 eine ausgeübte und bestandsgeschützte Nutzung nicht mehr gesehen werden (zu den zeitlichen Grenzen des Bestandsschutzes vgl. BVerwG BauR 1977, 254, 255; Buchholz Nr. 47 zu 406.16). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß im Jahre 1973 die M. GmbH aufgrund einer Vereinbarung mit der Beteiligten zu 1 dem Gelände 250.000 cbm „Auffüllmassen” entnommen und abgefahren hat. Dabei handelte es sich – auch nach der Erläuterung der Beteiligten zu 1 – um Abraum, mag darin auch Kalkstein enthalten gewesen sein. Eine Wiederaufnahme des Steinbruchbetriebes stellte diese Maßnahme jedenfalls nicht dar. Die von der Beteiligten zu 1 in den Vorinstanzen aufgestellte Behauptung, sie habe nach dem Erwerb des Geländes den Steinbruch teilweise selbst genutzt, entbehrt in zeitlicher und sachlicher Hinsicht der erforderlichen Substanz.
cc) Die Nutzung des Geländes zur Entnahme von Abraummassen genoß ebenfalls keinen Bestandsschutz. Zwar hatte die Untere Bauaufsichtsbehörde die Nutzungsart mit Bescheid vom 20. August 1984 gestattet, jedoch mit der Maßgabe, daß die Gestattung erlosch, „wenn innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung der Gestattung mit der Ausführung des Vorhabens nicht ernstlich begonnen … worden ist”. Nach den Angaben des Berufungsgerichts stellt der Bescheid der Enteignungsbehörde vom 11. Mai 1987 dazu fest, bisher sei diese Nutzung im Bereich des Naturschutzgebietes nicht realisiert worden. Dem ist die Beteiligte zu 1 nicht entgegengetreten.
dd) Für die Prüfung, ob und gegebenenfalls inwieweit die auf dem Gelände der Beteiligten zu 1 betriebene Deponie Bestandsschutz genoß, fehlt es an ausreichenden Feststellungen. So ist ungeklärt, in welchem Umfang die Deponnie in das Naturschutzgebiet hineinreicht, auf welche Parzellen sich die Genehmigung zum Betrieb der Deponie bezog und in welchem Zustand sie sich befanden. Eine spätere, nach weiterem Kalksteinabbau etwa in Betracht kommende Nutzbarkeit zusätzlicher Flächen zu Deponiezwecken würde als bloße Chance nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallen. Im übrigen sprechen gute Gründe dafür, daß sich der von der Beteiligten zu 1 geltend gemachte Übernahmeanspruch gar nicht auf das Deponiegelände bezieht. Die Beteiligte zu 1 hat im Enteignungsverfahren „die Übernahme ihres gesamten Grundbesitzes in den Gemarkungen F. und B, mit Ausnahme des Deponiegeländes” verlangt (S. 8 des Berufungsurteils). Über diesen Antrag hat die Enteignungsbehörde entschieden. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beteiligte zu 1 sodann ihr Übernahmeverlangen auch auf das Deponiegelände erstreckt. Es liegt nahe, daß die Baulandgerichte über diesen Teil des Antrages nicht in der Sache entscheiden durften, wenn es insoweit am zwingenden gesetzlichen Erfordernis eines Vorschaltverfahrens nach der – irrevisiblen – Vorschrift des § 37 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 SNG fehlte (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 1975 – III ZR 128/73 – NJW 1976, 1264, 1265 f; Senatsbeschluß vom 17. Januar 1991 – III ZR 94/90 –, insoweit in BGHR BauGB § 42 Abs. 1 – Nutzung, zulässige 2 nicht abdruckt).
ee) Dagegen vermag der Senat nach den getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen, daß der Kalksteinabbau und die Abraumentnahme im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Naturschutzverordnung vom 15. Oktober 1985 zulässige Nutzungsmöglichkeiten darstellten, die sich nach Lage und Beschaffenheit des Geländes objektiv anboten und deren Unterbindung daher entschädigungsrechtlich relevant sein kann. Insoweit könnte allerdings eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition der Beteiligten zu 1 zu verneinen sein, wenn schon die bei Inkrafttreten der Naturschutzverordnung bestehenden landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen derartigen Nutzungen entgegengestanden hätten. Dabei ist allein auf die Landschaftsschutzverordnung vom 9. Juni 1976 und nicht auch auf die Verordnungen vom 30. Januar 1952 und vom 15. Dezember 1956 abzustellen; denn nach § 12 der Verordnung vom 9. Juni 1976 sind mit deren Inkrafttreten Vorschriften, die dieser Verordnung entgegenstanden oder den gleichen Inhalt hatten, außer Kraft getreten.
Nach § 5 der Verordnung vom 9. Juni 1976 ist es in den geschützten Gebieten zwar verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, den Naturhaushalt zu schädigen, das Landschaftsbild zu verunstalten oder den Naturgenuß zu beeinträchtigen. Solche Veränderungen sind jedoch insbesondere dann erlaubnisfähig, wenn sie den Abbau von Steinen oder anderen Erdbestandteilen sowie die Änderung der Bodengestaltung betreffen (§ 6 Abs. 1 und 2 Buchst. c). Dabei besteht ein Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung, wenn die beabsichtigte Maßnahme nicht gegen das Verbot des § 5 verstößt (§ 6 Abs. 3 Satz 1). Die Erlaubnis ist mit entsprechenden Auflagen und Bedingungen zu versehen, wenn hierdurch ein solcher Verstoß abgewendet werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 2).
Ob hiernach der Kalksteinabbau und die Abraumentnahme sich objektiv anbietende zulässige Nutzungsmöglichkeiten waren, läßt sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen; dazu bedarf es nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung aller wesentlichen Umstände, zu denen auch die Erklärung des saarländischen Ministers für Umwelt, Raumordnung und Bauwesen gehört, die Neuordnung des Landschaftsschutzgebietes lasse die materielle Rechtslage unverändert (Schreiben vom 25. Mai 1976). Die Annahme des Berufungsgerichts, die landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen hätten einem weiteren Gesteinsabbau über die Grenzen des bisherigen Steinbruchgeländes hinaus entgegengestanden, macht weitere Feststellungen nicht entbehrlich. Seine diesbezüglichen Ausführungen beziehen sich auf das von der Naturschutzverordnung nicht erfaßte Gelände, betreffen nur die horizontale und nicht auch die vertikale Ausdehnung und lassen die Möglichkeit der Abraumentnahme unerwähnt.
3. Das angefochtene Urteil stellt sich, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beteiligten zu 2 und 3 entschieden hat, auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 563 ZPO).
Die Beteiligte zu 1 hat – erstmalig in der Berufungsinstanz – ihr Übernahmebegehren hilfsweise auf die „enteignende” Wirkung der Landschaftsschutzverordnung vom 9. Juni 1976 gestützt. Insoweit steht ihr jedoch ein Übernahmeanspruch nach § 37 Abs. 3 SNG schon deswegen nicht zu, weil die genannte Verordnung keine aufgrund des – erst am 1. April 1979 in Kraft getretenen – Saarländischen Naturschutzgesetzes getroffene Maßnahme ist. Eine andere gesetzliche Grundlage für das Übernahmeverlangen der Beteiligten zu 1 ist nicht ersichtlich.
Revision der Beteiligten zu 1:
1. Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Übernahme des außerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Grundbesitzes der Beteiligten zu 1 ist § 9 Abs. 1 des nach § 37 Abs. 3 Satz 2 SNG anzuwendenden preußischen Gesetzes über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874 (PrGS S. 221) i.d.F. des saarländischen Gesetzes Nr. 808 vom 17. Dezember 1964 (Amtsbl. 1965 S. 117; im folgenden: PrEnteigG). Nach dieser Vorschrift kann, wenn nur ein Teil von einem Grundstück in Anspruch genommen wird, der Eigentümer verlangen, daß der Unternehmer das Ganze gegen Entschädigung übernimmt, wenn das Grundstück durch die Abtretung so zerstückelt werden würde, daß das Restgrundstück nach seiner bisherigen Bestimmung nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann. Grundstück im Sinne dieser Bestimmung ist jeder im Zusammenhang stehende Grundbesitz des nämlichen Eigentümers (§ 9 Abs. 4 PrEnteigG).
Der Senat hat keine Bedenken, § 9 Abs. 1 PrEnteigG auch im Falle der Übernahme eines Grundstücksteils aufgrund eines gesetzlichen, als Entschädigungsanspruch ausgestalteten Übernahmeanspruchs anzuwenden. Wenn der Staat die Eigentümerbefugnisse hinsichtlich eines Grundstücksteils so einschränkt, daß es dem Eigentümer nicht mehr zuzumuten ist, diesen Teil zu behalten, dann ist seine Rechtsstellung derjenigen eines Eigentümers vergleichbar, dessen Grundstück teilweise enteignet worden ist.
2. a) Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Beteiligten zu 1 auf Übernahme des Restbesitzes. Es führt dazu aus, das außerhalb des Naturschutzgebietes gelegene Gelände bilde eine weitgehend zusammenhängende Fläche, die im bisherigen Umfang entsprechend ihrer Zweckbestimmung ohne die Beschränkungen der Naturschutzverordnung genutzt werden könne. Die Möglichkeit, diese Fläche in den Kalksteinabbau einzubeziehen, sei bereits durch die Landschaftsschutzverordnungen vom 1956 und 1976, möglicherweise auch schon durch die Verordnung von 1952, beseitigt worden.
b) Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die „Situation” des Grundbesitzes der Beteiligten zu 1 kann, soweit es um die getroffenen landschaftsschutzrechtlichen Maßnahmen geht, für die Flächen innerhalb und außerhalb des Naturschutzgebietes nicht grundsätzlich verschieden beurteilt werden. Sollten sich beispielsweise – was noch tatrichterlicher Prüfung bedarf – der Kalksteinabbau und die Abraumentnahme ungeachtet der Belange des Landschaftsschutzes als zulässige Nutzungsmöglichkeiten objektiv angeboten haben, so muß dies im Prinzip für den gesamten Grundbesitz gelten. Bejaht man einen Anspruch der Beteiligten zu 1 auf Übernahme ihres innerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Grundbesitzes, dann richtet sich die weitere Beurteilung allein nach § 9 Abs. 1 PrEnteigG. Insoweit kommt es entscheidend auf die räumlichen und funktionellen Zusammenhänge zwischen den innerhalb und außerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Geländeteilen an. Bilden diese in bezug auf die genannten Nutzungsmöglichkeiten bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Einheit, so kommt die Anwendung des § 9 Abs. 1 PrEnteigG in Betracht. Dabei kann vor allem von Bedeutung sein, ob und in welchem Umfang der Steinbruch und die Abraummassen sich über das Naturschutzgebiet hinaus erstrecken und ob die Flächen außerhalb dieses Gebietes dem Steinbruch funktionell zugeordnet sind, sei es als Randflächen, Sicherheitsstreifen, Vorratsgelände oder in ähnlicher Weise. Dazu sind weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich, sofern der Beteiligten zu 1 hinsichtlich der innerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Flächen ein Übernahmeanspruch zusteht.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beteiligte zu 1 darauf hingewiesen, daß eine sinnvolle Nutzung des außerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Geländes zu Deponiezwecken nur möglich sei, wenn diese Nutzung zugleich die Flächen innerhalb des Naturschutzgebietes einschließe. Auch das kann ohne weitere tatrichterliche Feststellungen nicht sachgerecht beurteilt werden.
III.
Hiernach war das angefochtene Urteil in vollem Umfang aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Beachtung der vom Senat aufgestellten Grundsätze zu prüfen haben, welche zulässigen Nutzungen und Nutzungsmöglichkeiten der Beteiligten zu 1 nach Erlaß der Naturschutzverordnung verblieben sind, ob sich insbesondere der Kalksteinabbau und die Abraumentnahme nach Lage und Beschaffenheit des Geländes – auch bei Berücksichtigung des Landschaftsschutzes – als zulässige Nutzungsmöglichkeiten objektiv anboten und (bei Bejahung eines Übernahmeanspruchs für das Gelände innerhalb des Naturschutzgebietes) wie gegebenenfalls die außerhalb des Naturschutzgebietes gelegenen Flächen den Flächen innerhalb dieses Gebietes zugeordnet waren. Die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Betretungs- und Aufforstungsverbote (§ 4 Abs. 2 Nr. 1. und 7 der Verordnung vom 15. Oktober 1985) können in diesem Zusammenhang als Elemente der Gesamtbeurteilung eine Rolle spielen (zum Betretungsverbot vgl. OVG Lüneburg NuR 1992, 244; zur Beschränkung der forstwirtschaftlichen Nutzung eines ehemaligen Steinbruchgeländes vgl. Senatsbeschluß vom 29. März 1990 a.a.O.). Erst wenn sich ergibt, daß die Unterschutzstellung und die damit einhergehenden Nutzungsbeschränkungen und Veränderungsverbote „enteignende” Wirkung i.S. des § 37 Abs. 3 Satz 1 SNG haben, wird weiter zu prüfen sein, ob und inwieweit es der Beteiligten zu 1 infolge dieser Maßnahmen wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist, die Grundstücke zu behalten oder sie in einer anderen zulässigen Art als bisher zu nutzen. Bei dieser Beurteilung können die vom Senat zum Übernahmeanspruch nach § 40 Abs. 2 BBauG/BauGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden (Urteile BGHZ 50, 93, 98 f.; 63, 240, 249 ff.; 93, 165, 167 f.; 97, 1, 3 f.).
Hinsichtlich des Deponiegeländes wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob wegen der Beschränkung des von der Beteiligten zu 1 im Enteignungsverfahren gestellten Antrages ihr Übernahmeverlangen im Prozeß insoweit den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügt (I. 2. e dd der Entscheidungsgründe).
Unterschriften
Krohn, Werp, Rinne, Wurm, Deppert
Fundstellen
Haufe-Index 1444685 |
BGHZ |
BGHZ, 328 |
NJW 1993, 2095 |
BGHR |
NVwZ 1993, 915 |
Nachschlagewerk BGH |
BRS 1993, 614 |