Leitsatz (amtlich)
§ 7 des nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetzes ist eine Ausgleichsregelung im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (Anschluß an die Senatsurteile vom 18. Februar 1993 – BGHZ 121, 328 – und vom 16. Juli 1993 – für BGHZ 123, 242 vorgesehen).
Die Vorschrift ist auch als sog. „reine” salvatorische Klausel hinreichend bestimmt und deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 14; NRWLandschG § 7 S. 1
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 03.12.1992) |
LG Arnsberg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Dezember 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin eines etwa 15,5 ha großen Geländes in der Gemarkung I., auf dem sie bis Mitte der sechziger Jahre in drei Steinbrüchen Kalk abbaute. Im Hinblick darauf, daß nach dem Abbau wertvolle Pflanzengesellschaften und vielfältige Biotope entstanden waren – u.a. hatten sich Kreuzkröten angesiedelt –, stellte der Regierungspräsident A. das ehemalige Steinbruchgelände der Klägerin durch ordnungsbehördliche Verordnung vom 2. Juli 1986 unter Naturschutz (Naturschutzgebiet „Steinbruch H.”). § 2 der Naturschutzverordnung sieht umfangreiche Nutzungs- und Veränderungsverbote vor; u.a. ist die Errichtung baulicher Anlagen, auch befestigter Wege und von Stellplätzen für Fahrzeuge untersagt (Nr. 1). Unberührt von den Verboten bleiben gemäß § 3 „die naturnahe forstwirtschaftliche Bodennutzung unter Berücksichtigung des Schutzgrundes” (Nr. 1), die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd (Nr. 2) und „die bei Inkrafttreten dieser Verordnung durch behördliche Einzelentscheidung rechtmäßig zugelassenen Nutzungen, ausgeübten Befugnisse sowie bestehende Anlagen und Betriebe einschließlich ihrer Unterhaltung” (Nr. 3), womit ein im nordwestlichen Teil des Geländes von der Firma K. betriebenes Autoschrottverarbeitungs- und Abschleppunternehmen gemeint war. Darüber hinaus konnte die untere Landschaftsbehörde auf Antrag eine Befreiung von Verboten erteilen (§ 4).
Am 6. Juli 1989 beantragte die Klägerin beim Märkischen Kreis eine Befreiung von den Verboten des § 2 der Naturschutzverordnung zum Zwecke einer gewerblichen Nutzung der Steinbruchsohlen unter entsprechender Bebauung; als mögliche Nutzungsarten nannte die Klägerin unter Beifügung von Plänen eine Rindenkompostierungsanlage, eine Maschinenfabrik und ein Speditionsunternehmen bzw. Lagerplätze. Der Märkische Kreis lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 ab, und der Regierungspräsident A. wies den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin am 2. Mai 1990 zurück. Daraufhin machte die Klägerin beim Regierungspräsidenten A. einen Entschädigungsanspruch geltend, den dieser mit Bescheid vom 4. Oktober 1990 ablehnte.
Die im Frühjahr 1991 von der Klägerin gegen das beklagte Land erhobene, auf Zahlung von 775.000 DM (behauptete Wertminderung des Geländes) nebst Zinsen gerichtete Klage haben Landgericht und Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Entschädigungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach § 7 Satz 1 des nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetzes (LG NW) kann, wenn eine Maßnahme nach diesem Gesetz „enteignende Wirkung” hat, der hiervon Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Diese Vorschrift kommt im Hinblick auf die Beschränkungen, die der Klägerin durch die auf der Grundlage des § 42 a Abs. 1 LG NW erlassene Naturschutzverordnung auferlegt worden sind, (allein) als Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch der Klägerin in Betracht.
1. Gegen die Gültigkeit des § 7 Satz 1 LG NW bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
a) Die Vorschrift ist nicht an der sogenannten Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG zu messen, weil sie keinen Fall der Enteignungsentschädigung regelt, sondern den finanziellen Ausgleich von Eigentumsbeschränkungen, die keine Enteignungen sind, aber wegen der Schwere der mit ihnen verbundenen Einschränkungen der Nutzungsbefugnisse nicht ohne einen solchen Ausgleich zulässig wären (vgl. BVerfGE 58, 137, 147; 79, 174, 192). Auch eine entsprechende Anwendung des Art. 14 Abs. 3 GG scheidet aus. Wenn schon hinsichtlich der Entschädigung eine solche Analogie unzulässig ist, kann bezüglich der Bestimmtheitsanforderungen nichts anderes gelten. Die Warnfunktion des Art. 14 Abs. 3 GG (vgl. dazu Labbé/Kaltenegger, BayVBl 1994, 1, 4) spielt im Bereich der Inhaltsbestimmung keine Rolle.
aa) Nutzungsbeschränkungen im Interesse des Landschafts- und Naturschutzes, an die § 7 Satz 1 LG NW anknüpft, stellen keine Enteignungen i.S. von Art. 14 Abs. 3 GG, sondern lediglich Inhaltsbestimmungen des Eigentums dar (Senatsurteile vom 18. Februar 1993 – III ZR 20/92 – BGHZ 121, 328 = LM Art. 14 (Ca) GrundG Nr. 40 m. Anm. Schmidt, und vom 16. Juli 1993 – III ZR 60/92 – NJW 1993, 2605 – für BGHZ 123, 242 vorgesehen; vgl. auch Senatsurteil vom 17. Dezember 1992 – III ZR 112/91 – BGHZ 121, 73). Zulässigkeit und Rechtsfolgen einer Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne aus Gründen des Naturschutzes bestimmen sich in Nordrhein-Westfalen nicht nach § 7, sondern nach § 42 LG NW.
Das steht zumindest im Ergebnis im Einklang mit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 84, 361, 367 ff; 94, 1). Soweit der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts – auf der Grundlage der als bindend angesehenen Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht – angenommen hat, § 7 Satz 1 LG NW erfasse auch Enteignungen i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG und verstoße insoweit gegen die Junktimklausel (BVerwGE 84, 361, 367), berührt dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm als Grundlage eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums nicht. Das entspricht auch dem Urteil des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 1993 (BVerwGE 94, 1, 5), der – unter Hinweis auf die Abweichung von BVerwGE 84, 361, 370 ff – entschieden hat, daß Regelungen in einer Naturschutzverordnung, die die Nutzbarkeit situationsbedingt einschränken, auch insoweit keine Enteignungen i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind, als diese Regelungen in konkrete, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtspositionen eingreifen. Eine Begrenzung der Geltungsdauer des § 7 Satz 1 LG NW in Betracht zu ziehen (vgl. BVerwGE 84, 361, 367 ff), hält der Senat nicht für geboten.
bb) Als Ausgleichsregelung im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums dient § 7 Satz 1 LG NW dem Zweck, eine dem Eigentümer durch naturschutzrechtliche Maßnahmen im Einzelfall auferlegte besondere Belastung durch eine Geldleistung auf ein zumutbares Maß herabzumindern und die andernfalls eintretende Folge der Verfassungswidrigkeit zu vermeiden (vgl. BVerfGE 58, 137; 79, 174, 192). Ausgleichspflichtig ist danach eine Beeinträchtigung einer als Eigentum oder Eigentumsbestandteil geschützten Rechtsposition, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich in unzumutbarer Weise belastet wird (Senatsurteile vom 18. Februar und 16. Juli 1993 a.a.O.).
b) In dieser Auslegung ist § 7 Satz 1 LG NW auch im Blick auf das Bestimmtheitsgebot, eine Ausprägung des allgemeinen Rechtsstaatsprinzips, mit dem Grundgesetz vereinbar.
In seinem Urteil vom 24. Juni 1993 (a.a.O.) hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts unter diesem Gesichtspunkt zu Art. 36 Abs. 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) – („Hat eine Behörde aufgrund dieses Gesetzes eine Maßnahme getroffen, die eine Enteignung darstellt oder einer solchen gleichkommt, insbesondere weil sie eine wesentliche Nutzungsbeschränkung darstellt, so ist … Entschädigung in Geld zu leisten”) – ausgeführt: Der Entschädigungstatbestand der „wesentlichen Nutzungsbeschränkung” verstoße nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift könne auf die langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts zum verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzrechts zurückgegriffen werden, an die der Landesgesetzgeber schon zur Vermeidung möglicher Verfassungsverstöße ersichtlich auch habe anknüpfen wollen. In dieser Rechtsprechung hätten sich trotz mancher Unterschiede im Detail doch übereinstimmend zwei hauptsächliche Fallgestaltungen herausgebildet, in denen die Grundstückseigentümer nicht dem Regelfall entsprechend auf die Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG verwiesen werden könnten, nämlich zum einen bei Eingriffen in bereits verwirklichte Nutzungen und zum ändern beim Ausschluß von Nutzungsmöglichkeiten, die sich nach Lage der Dinge objektiv anböten oder sogar aufdrängten (Hinweis auf BGHZ 90, 17, 24 f; 99, 24, 31 f; 105, 15, 18; BVerwGE 67, 84, 87, 91 f; 67, 93, 95 f; 84, 361, 371). Dabei seien die Ergebnisse der bisherigen Rechtsprechung auch vor dem Hintergrund der veränderten Eigentumsdogmatik weiterhin verwendbar; der früheren Abgrenzung zwischen den entschädigungslos hinzunehmenden Nutzungsbeschränkungen und den (Ausnahme-)Tatbeständen einer entschädigungspflichtigen Enteignung lägen im wesentlichen dieselben Kriterien zugrunde, nach denen die ausgleichspflichtigen von den nicht ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen zu unterscheiden seien, weil auch bisher schon die rechtliche Beurteilung durch die Gesichtspunkte der Zumutbarkeit, des Vertrauensschutzes und einer hinreichenden Differenzierung zwischen den Grundstückseigentümern je nach Art und Schwere ihrer Belastung bestimmt worden sei.
Der Senat, der in seiner früheren Rechtsprechung salvatorische Klauseln der vorliegenden Art stets für wirksam gehalten hatte (vgl. BGHZ 99, 24, 28; 105, 15, 17; Kröner, in Festschrift für Geiger [1989], S. 444, 450), jedoch in den Urteilen vom 18. Februar und vom 16. Juli 1993 die Verfassungsmäßigkeit „reiner” salvatorischer Klauseln als bloßer Ausgleichsregelungen im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums offengelassen hat, schließt sich insoweit dem 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts im Ergebnis und in der Begründung an (in diesem Sinne auch: Steinberg/Lubberger, Aufopferung, Enteignung und Staatshaftung, S. 229, 230; Nüßgens/Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung Rn. 340; Engelhardt, NuR 1991, 101, 103; Heinz/Schmitt, NVwZ 1992, 513, 521; Kleinlein, DVBl. 1991, 365, 373 f, 375; Moench, BauR 1993, 420, 429; a.A. Detterbeck, DÖV 1994, 273, 277; Melchinger, NJW 1991, 2524, 2531; Papier, NWVwBl. 1990, 397, 401; Pietzcker, JuS 1991, 369, 372; ders. NVwZ 1991, 418, 426; wohl auch Krohn a.a.O. Rn. 9; vgl. auch Ehlers, VVDStRL 51 [1992], 211, 234; Maurer, DVBl. 1991, 781, 785; Ossenbühl, JZ 1990, 89, 91; Osterloh, DVBl. 1991, 906, 914; Schink, DVBl. 1990, 1375, 1383 ff; Schwabe, DVBl. 1993, 840, 842). Dabei ist unerheblich, daß § 7 Satz 1 LG NW – anders als Art. 36 Abs. 1 BayNatSchG – nicht ausdrücklich die „wesentliche Nutzungsbeschränkung” erwähnt. Daß derartige Beschränkungen den Hauptanwendungsfall auch des § 7 Satz 1 LG NW darstellen, ist nach inzwischen gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung evident.
Mit der Anknüpfung an die langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abgrenzung von Enteignung und Inhaltsbestimmung ist zugleich dem Bedenken der Boden entzogen, der Gesetzgeber sei in § 7 Satz 1 LG NW seiner Verpflichtung, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Ausgleichspflicht selbst zu regeln, nicht nachgekommen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die salvatorischen Klauseln als Ausgleichsregelungen im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums durch die jüngste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats weitere inhaltliche Konkretisierungen erfahren haben. Die ihnen damit eigenen Konturen (vgl. BVerfGE 80, 269, 279) machen sie auch für den Bürger hinreichend voraussehbar und berechenbar. Ein Mehr an Bestimmtheit der gesetzlichen Vorgaben, die einerseits die Eingriffsbefugnisse der Verwaltung regeln, andererseits für jedenfalls bestimmbare Fallgestaltungen einen aus anerkannten Grundsätzen hergeleiteten Geldausgleich vorsehen, ist nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen nicht gefordert, zumal es sich bei den Ausgleichsregelungen nicht (primär) um Eingriffsnormen handelt, auf die das verfassungsrechtliche Bestimmheitsgebot in erster Linie zugeschnitten ist. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung, daß das im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG wirkende Abwägungsgebot den Gesetzgeber zwingt, die „Eingriffs”-Tatbestände, bei deren Vorliegen die Rechtsfolgen der Kompensation eintreten, jeweils konkret zu beschreiben (wegen dieser Forderung vgl. Papier, NWVBl. 1990, 395, 396; Melchinger, NJW 1991, 2524, 2531; Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung [1993], Rn. 9). Gerade in dem in Rede stehenden Bereich der Inhaltsbestimmung des Eigentums durch das Denkmal-, Landschafts- und Naturschutzrecht ist der Gesetzgeber auf solche generalklauselartigen Regelungen dringend angewiesen, um nach den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 58, 1; 79, 174, 192) einigermaßen sicher ausschließen zu können, daß gesetzlich vorgesehene Maßnahmen zum Denkmal-, Landschafts- oder Naturschutz im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums sich im konkreten Fall mangels einer wirksamen Ausgleichsanordnung als verfassungswidrig erweisen (zu den Schwierigkeiten des Gesetzgebers aus dem früheren Blickwinkel des weiteren Enteignungsbegriffs vgl. Senat BGHZ 99, 24, 27).
Daraus folgt, daß § 7 Satz 1 LG NW auch hinsichtlich der Art und Höhe des gegebenenfalls zu leistenden Ausgleichs („angemessene Entschädigung”) nicht etwa dem Gericht die Definition des Ausgleichsmaßstabes überläßt. Nach der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszusammenhang ist eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen gemeint (wie z.B. Art. 36 Abs. 1 BayNatSchG ausdrücklich ausspricht). Das macht für die nordrhein-westfälische Regelung neuerdings – jedenfalls verfahrensrechtlich – § 41 EEG NW deutlich, der für Entschädigungen wegen „außerhalb der förmlichen Enteignung eingetretener Nachteile” auf für die Enteignung geltende Vorschriften verweist.
2. § 7 Satz 1 LG NW ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Die Klägerin leitet ihren Entschädigungsanspruch aus – unmittelbar fühlbaren und nach dem Sachverhalt, von dem im Revisionsverfahren auszugehen ist, auch dauerhaften – Beschränkungen durch die Naturschutzverordnung vom 2. Juli 1986 mit ihren in § 2 enthaltenen Nutzungs- und Veränderungsverboten her.
Jedenfalls nach dem bisherigen Prozeßstoff sind Anhaltspunkte dafür, daß die Naturschutzverordnung vom 2. Juli 1986 rechtswidrig, also nichtig sein könnte, nicht ersichtlich.
a) Verstöße gegen materielle oder formelle Vorschriften des Landschafts- und Naturschutzrechts hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, auch die Revision führt solche nicht an. Durchgreifende Verstöße etwa gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder den Gleichbehandlungsgrundsatz, die die Wirksamkeit der Naturschutzverordnung als solcher in Frage stellen könnten, drängen sich ebenfalls nicht auf. Dem steht nicht entgegen, daß der Steinbruch der Klägerin unter mehreren Steinbrüchen offenbar verschiedener Eigentümer als einziger zur Unterschutzstellung ausgewählt wurde, wobei die Entscheidung i.S. des Naturschutzgebietes „Steinbruch H.” auf konkreten Vergleichen beruhte, die zu dem Ergebnis geführt hatten, daß das Gelände der Klägerin zwar nicht aus floristisch-vegetationskundlicher Sicht, wohl aber hinsichtlich der „Biotopvielfalt und Strukturen” am reichhaltigsten war (Gutachten der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung Nordrhein-Westfalen vom 15. November 1985). Eine andere Frage ist, ob dieses an sich nicht zu beanstandende Auswahlverfahren mit dem Ergebnis der Unterschutzstellung nur des Steinbruchs der Klägerin im Vergleich zu den Eigentümern anderer Steinbrüche zu einem Sonderopfer geführt hat, das einen finanziellen Ausgleich im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums fordert (dazu unten II 4).
b) Infolge der Naturschutzverordnung vom 2. Juli 1986 ist nicht die Privatnützigkeit des Eigentums der Klägerin in dem unter Schutz gestellten Gebiet vollständig aufgehoben worden (vgl. dazu Senatsurteile vom 18. Februar und 16. Juli 1993; kritisch Lege, JZ 1994, 431 ff).
Es kann dahingestellt bleiben, ob davon schon deshalb keine Rede sein kann, weil der Grundbesitz der Klägerin vor der Unterschutzstellung als Steinbruch vollständig ausgebeutet und mithin schon einer umfassenden wirtschaftlichen Verwertung zugeführt worden war, und zwar ohne daß das Gelände bis zum Inkrafttreten der Naturschutzverordnung im Blick auf neue Nutzungsmöglichkeiten umgestaltet worden wäre. Jedenfalls verbleiben der Klägerin auch nach der Unterschutzstellung noch gewisse – wenn auch eng begrenzte, so doch nicht völlig unbedeutende – Nutzungsmöglichkeiten.
Nach § 2 der Naturschutzverordnung ist es in dem Naturschutzgebiet untersagt,
- „bauliche Anlagen, auch befestigte Wege, Frei-, Rohr- oder Fernmeldeanlagen, Zäune oder andere Einfriedungen, Werbeanlagen, Verkaufsstände, Warenautomaten sowie Stellplätze für Fahrzeuge, Boots- und Angelstege und Einrichtungen für den Luft- oder Wassersport zu errichten, zu erstellen, anzubringen oder zu erweitern,
- Gewässer – einschließlich Teichanlagen aller Art – oder deren Ufer herzustellen, zu beseitigen oder umzugestalten, Grundwasser einschließlich Staunässe zu entnehmen oder abzuleiten,
- Aufschüttungen oder Abgrabungen vorzunehmen oder die Bodengestalt durch anderweitige Eingriffe zu verändern,
- Motorfahrzeuge aller Art, Anhänger, Wohnwagen und Verkaufswagen außerhalb der öffentlichen Wege, Park- oder Stellplätze oder Hofräume zu führen oder abzustellen; ferner ist jedes Betreten der Flächen außerhalb der Wege verboten, auch das Baden, Surfen, Bootfahren, Reiten und Klettern; ausgenommen sind der forstwirtschaftliche Verkehr sowie der Wartungsdienst für Ver- und Entsorgungsanlagen,
- außerhalb der Hofräume zu zelten, Feuer zu machen, Motorsport oder Modellsport zu betreiben sowie landschaftsfremde Stoffe oder Gegenstände zu lagern oder abzulagern,
- wildlebenden Tieren nachzustellen, sie zu beunruhigen oder einzubringen, sie zu fangen oder zu töten; Puppen, Larven, Eier oder Nester oder sonstige Brut- und Wohnstätten fortzunehmen oder zu beschädigen; ausgenommen sind landschaftsbehördlich angeordnete Pflegemaßnahmen,
- Bäume, Sträucher oder sonstige Pflanzen oder Teile davon einzubringen, zu beschädigen oder zu entfernen; ausgenommen sind landschaftsbehördlich zugelassene Pflegemaßnahmen sowie unvermeidbare Maßnahmen zur Unterhaltung der Wege und Gewässer im Einvernehmen mit der unteren Landschaftsbehörde.”
Zulässig bleiben nach § 3 neben dem Betrieb der Firma K., der Bestandsschutz hat:
- „die naturnahe forstwirtschaftliche Bodennutzung unter Berücksichtigung des Schutzgrundes,
- die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd …”
Die Revision führt zwar mit Recht an, daß eine Aufforstung des gesamten Geländes in Widerspruch zu dem Schutzgrund der Naturschutzverordnung stünde. Es ist jedoch davon auszugehen, daß unbeschadet dessen die Möglichkeit der forstlichen Nutzung auf einzelnen bewaldeten Flächen verbleibt. Nicht ausschließen läßt sich im übrigen nach dem derzeitigen Sachstand, daß sich trotz der Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 6. Juli 1989 durch den Märkischen Kreis noch einzelne, örtlich begrenzte andere Nutzungsmöglichkeiten durch Befreiungen gemäß § 4 der Naturschutzverordnung ergeben könnten.
c) Daran, daß die Klägerin gegen die Ablehnung ihres Befreiungsantrages vom 6. Juli 1989 keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen hat, scheitert der Klageanspruch nicht. Da die Unterschutzstellung des gesamten Geländes wirksam war, lag es nahe, daß eine gewerbliche Nutzung in dem Umfang, wie die Klägerin sie anstrebte, von vornherein ausschied. Das ist der Klägerin sowohl vom Kreis als auch im Widerspruchsverfahren vom Regierungspräsidenten bescheinigt worden. Dem durfte sie sich, ohne daß ihr dies zum Nachteil gereicht, beugen.
II.
Das Berufungsgericht verneint eine i.S. von § 7 Satz 1 LG NW „enteignende” Wirkung der Landschaftsschutzverordnung vom 2. Juli 1986 mit ihren Nutzungs- und Veränderungsverboten; vielmehr müsse die Klägerin diese Beschränkungen wegen der Sozialbindung ihres Eigentums entschädigungslos hinnehmen. Zur Begründung stellt das Berufungsgericht unter Hinweis auf den Nichtannahmebeschluß des Senats vom 29. März 1990 (III ZR 103/89 – BGHR NW LG § 7 – Zumutbarkeit 2) wesentlich darauf ab, daß die Klägerin durch den Kalkabbau auf ihrem Gelände selbst bewirkt habe, daß sich dort nicht nur Halbtrockengräser und andere seltene Pflanzenfamilien gebildet hätten, sondern daß dort sogar eine Kreuzkrötenpopulation ihr Laichgewässer finde und existieren könne. Deswegen müsse der Klägerin zugemutet werden, alle mit dem Fortbestand dieser ungewöhnlichen Pflanzen- und Tiergemeinschaften nicht zu vereinbarenden Nutzungen ihres Grund und Bodens entschädigungslos zu unterlassen. Dabei könne unterstellt werden, daß das Steinbruchgelände gewerblich nutzbar gewesen sei und infolge der Unterschutzstellung 775.000 DM an Wert verloren habe, denn auch Vermögenseinbußen in dieser Höhe müsse die Klägerin im Hinblick darauf hinnehmen, daß sie, wenn auch möglicherweise unbewußt und ungewollt, ihr Gelände durch den Kalkabbau in früheren Jahrzehnten so geprägt habe, daß damit Pflanzen und Tiere heimisch geworden seien, die die Unterschutzstellung rechtfertigten. Überdies sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin durch den Kalkabbau über mehr als sechs Jahrzehnte wirtschaftliche Vorteile erzielt habe, die die ihr jetzt auferlegten Nutzungsbeschränkungen bei weitem ausglichen. Der Klägerin werde auch im Vergleich zu den Eigentümern anderer, nicht unter Naturschutz gestellter Steinbrüche kein Sonderopfer abverlangt, weil das Gelände der Klägerin im Gegensatz zu abgelegeneren Steinbrüchen in dicht besiedelter Umgebung am Rand des Ruhrgebiets liege, so daß der Erhalt ihres vielen Menschen leicht zugänglichen Pflanzen- und Tierbestandes dem Allgemeinwohl besonders dienlich sei.
Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Wie bereits ausgeführt sind bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme des Natur- und Landschaftsschutzes „enteignende Wirkung” i.S. des § 7 Satz 1 LG NW hat, d.h. ob, wenn kein Ausgleich in Geld erfolgt, eine unzumutbar belastende Inhaltsbestimmung des Eigentums vorliegt, sinngemäß die Grundsätze heranzuziehen, die der Bundesgerichtshof – noch unter der Geltung eines umfassenderen Enteignungsbegriffs – zur Abgrenzung der (entschädigungslosen) Sozialbindung des Eigentums von (entschädigungspflichtigen) Eingriffen mit „enteignender” Wirkung entwickelt hat (Senatsurteil vom 16. Juli 1993 a.a.O.).
Danach wird jedes Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie seine Einbettung in die Landschaft und Natur, also seine „Situation”, geprägt. Darauf muß der Eigentümer bei der Ausübung seiner Befugnisse im Hinblick auf die Sozialbindung des Eigentums Rücksicht nehmen. Daher lastet auf jedem Grundstück gleichsam eine aus seiner Situationsgebundenheit abzuleitende immanente Beschränkung der Rechte des Eigentümers, aus der sich Schranken seiner Nutzungs- und Verfügungsmacht ergeben.
Wie die Grenzen im Einzelfall zu ziehen sind, ist jeweils aufgrund einer wertenden Beurteilung der Kollision zwischen den berührten Belangen des Allgemeinwohls und den betroffenen Eigentümerinteressen festzustellen. Eine situationsbedingte Belastung des Grundstücks ist anzunehmen, wenn ein – als Leitbild gedachter – vernünftiger und einsichtiger Eigentümer, der auch das Gemeinwohl nicht aus dem Auge verliert, von sich aus im Blick auf die Lage und die Umweltverhältnisse seines Geländes von bestimmten Formen der Nutzung absehen würde. Hierfür sind in der Regel die bisherige Benutzung und der Umstand von Bedeutung, ob die Benutzungsart in der Vergangenheit schon verwirklicht worden war. Allerdings kann nicht nur auf schon gezogene Nutzungen abgestellt werden. Vielmehr ist entscheidend, ob eine zulässige Nutzungsmöglichkeit, die sich nach Art und Beschaffenheit des Grundstücks objektiv anbietet, untersagt oder wesentlich eingeschränkt wird (BGHZ 87, 66, 71 f; 90, 4, 14 f; 90, 17, 24/25; 99, 24, 31 f; 105, 15, 17 f; Senatsurteile vom 18. Februar und vom 16. Juli 1993 a.a.O.; vgl. auch BVerwGE 84, 361, 371; 94, 1, 11).
Eine besondere, die Sozialbindung aktualisierende Situation kann sich daraus ergeben, daß das Grundstück eine nach dem jeweils geltenden Natur- und Landschaftsschutzrecht erhaltenswerte Beschaffenheit hat, die entweder seine schützenswerte Substanz als solche betrifft oder auf seiner prägenden Wirkung für Natur und Landschaft beruht. Im letzteren Fall ist die konkrete Situation des Grundstücks gekennzeichnet durch die Umstände, welche die von dem Grundstück ausgehende Wirkung für die Natur und das Bild der Landschaft begründen. Sie sind es, die den Charakter und damit den besonderen Wert des Grundstücks bislang schon ausgemacht haben (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 1993 a.a.O. m.w.N.).
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann sich, wenn ein Gelände größeren Ausmaßes von wesentlichen Nutzungsbeschränkungen betroffen wird, auch die Frage stellen, ob ein vernünftiger Eigentümer wenigstens auf einem Teil des Geländes von dessen zulässigen Nutzungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hätte oder ob die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes so schwer wiegen, daß dem Eigentümer die damit verbundenen Beschränkungen auf der gesamten betroffenen Fläche ohne finanziellen Ausgleich zuzumuten sind.
2. Eine umfassende Abwägung aller Umstände nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Seinen Ausführungen läßt sich schon nicht entnehmen, welche Rechtsposition der Klägerin durch die Unterschutzstellung betroffen war, d.h. welche Befugnisse der Grundstückseigentümerin zum Zeitpunkt des Eingriffs konkret zustanden.
Unterstellt man in der Revisionsinstanz, daß die Naturschutzverordnung mit den damit zusammenlaufenden Verboten – soweit nicht Befreiungen in Betracht kommen – der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang bisherige Rechtspositionen genommen hat, so kann die Beurteilung, gleichwohl habe sich nach der gegebenen Situation nur die Sozialbindung des Eigentums aktualisiert, nicht allein mit der Erwägung des Berufungsgerichts begründet werden, die Klägerin habe dadurch, daß sie das Gelände bereits nachhaltig genutzt (ausgebeutet) habe, selbst die Voraussetzungen für die Entstehung der nunmehr unter Schutz gestellten Pflanzen- und Tiergesellschaften geschaffen. Zu Unrecht beruft das Berufungsgericht sich in diesem Zusammenhang auf den Senatsbeschluß vom 29. März 1990 (a.a.O.). Dieser Beschluß besagt nicht mehr, als daß der Senat die tatrichterliche Würdigung in jenem Fall gebilligt hat, ein vernünftiger Eigentümer würde davon abgesehen haben, die vorhandenen besonders schutzwürdigen, nach dem Bodenabbau durch den Eigentümer dort angesiedelten Pflanzengesellschaften zu zerstören, um Land- oder Forstwirtschaft zu betreiben, zumal für diesen Zweck umfangreiche, mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbundene Maßnahmen erforderlich gewesen wären (vgl. zu jenem Rechtsstreit auch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 1994 – 1 BvR 563/90 – über die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gegen den Senatsbeschluß vom 29. März 1990 a.a.O. und das zugrundeliegende Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. März 1989 – 22 U 106/88). Sollten einzelne Formulierungen in dem Senatsbeschluß vom 29. März 1990 (a.a.O.) darüber hinaus Veranlassung zu der Interpretation geben, Nutzungsbeschränkungen aus Gründen des Naturschutzes seien stets entschädigungslos zumutbar, wenn der als schutzbedürftig angesehene Zustand des Geländes die Folge einer früheren nachhaltigen Nutzung durch den Eigentümer sei, so entspräche dies nicht der Auffassung des Senats.
3. Rechtsfehlerhaft ist es auch, daß das Berufungsgericht die Ablehnung eines Ausgleichsanspruchs darüber hinaus damit begründet hat, es sei nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin mit dem Kalkabbau über mehr als sechs Jahrzehnte wirtschaftliche Vorteile erzielt habe, die die ihr jetzt zugemuteten Nutzungsbeschränkungen bei weitem ausglichen. Für die Frage, ob eine Inhaltsbestimmung des Eigentums ausgleichspflichtig ist, weil die für den Betroffenen damit verbundenen Belastungen die Grenze des Zumutbaren übersteigen, kommt es maßgeblich auf den aktuellen rechtlichen Bestand und Umfang des (noch) vorhandenen Eigentums unter Berücksichtigung seiner „Situation” zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens nutzungsbeschränkender Maßnahmen an, nicht darauf, ob und inwieweit der Eigentümer vorher schon (andere) Rechtspositionen aus dem Eigentum wirtschaftlich ausgenutzt und verwertet hat. Für den Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs ist in diesem Zusammenhang kein Raum.
4. Schließlich sind auch die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es ein Sonderopfer der Klägerin im Vergleich zu Eigentümern anderer Steinbrüche ablehnt, nicht rechtsfehlerfrei. Die Revision rügt mit Recht, daß nach dem bisherigen Prozeßstoff die stadtnahe Lage des Geländes der Klägerin am Rand des Ruhrgebiets und damit eine etwaige Zugänglichkeit für viele Menschen – mithin etwa auch eine Eignung für Erholungszwecke, worauf das Berufungsgericht insoweit wohl abstellen will – bei der Auswahl des Naturschutzgebietes „Steinbruch H.” keine Rolle gespielt hat.
5. Hiernach bedarf es einer neuen, umfassenden tatrichterlichen Würdigung nach den dargestellten Grundsätzen, ob es der Klägerin in dem erörterten Sinne zuzumuten ist, die einzelnen auf der Unterschutzstellung beruhenden Nutzungsbeschränkungen entschädigungslos hinzunehmen. Auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen kann dies nicht abschließend beurteilt werden.
Was die Frage angeht, welche Rechtspositionen der Klägerin bei Inkrafttreten der Naturschutzverordnung zugestanden haben, gilt nach dem bisherigen Sachstand folgendes:
a) Bestandsschutz genoß der Betrieb der Firma K., dessen Fortführung durch die Naturschutzverordnung nicht in Frage gestellt wird. Darüber hinausgehende Nutzungen können nicht als bestandsgeschützte, ausgeübte Nutzungen angesehen werden:
Der Kalkabbau ist bereits Mitte der sechziger Jahre eingestellt worden. Die weitergehende Nutzung bestand nach dem Vorbringen der Klägerin in der Vermietung/Verpachtung der Steinbruchsohlen an verschiedene Mieter/Pächter. Diese Rechtsverhältnisse liefen jedoch nach dem Willen der Klägerin aus.
b) Als Rechtspositionen kommen danach – abgesehen von dem Betrieb der Firma K. – allenfalls noch zulässige, sich nach Lage und Beschaffenheit objektiv anbietende Nutzungsmöglichkeiten in Betracht. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, sie habe beabsichtigt, das Gelände geschlossen für gewerbliche Zwecke zu veräußern oder zu verpachten oder es durch den Betrieb einer Rindenkompostieranlage bzw. als Deponie selbst zu nutzen. Daneben will sie eine Nutzung als Standort einer Fabrik oder Spedition oder als Lagerplatz erwogen haben.
Daß die Klägerin ohne die Unterschutzstellung einen Rechtsanspruch auf die Verwirklichung der genannten Vorhaben oder einzelner hiervon gehabt hätte, läßt sich derzeit nicht bejahen. Wohl ausnahmslos hätten die angesprochenen gewerblichen Nutzungen bauliche Maßnahmen erfordert. Das Gelände lag nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Flächennutzungsplan und Gebietsentwicklungsplan (zu letzterem vgl. §§ 5 BNatSchG, 15 LG NW), die beide in einem Teilbereich der Grubensohlen gewerbliche Bebauung vorsahen, konnten, da sie keine unmittelbare Wirkung auf die Bodenordnung hatten, nicht Grundlage eines Anspruchs auf Erteilung einer Baugenehmigung sein (vgl. aber unten c). Ob die Voraussetzungen für die Genehmigung als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 (ortsgebundener gewerblicher Betrieb) oder nach Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder für die Zulassung als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB vorlagen, kann ohne detaillierten Sachvortrag zu den damaligen Bau- und Nutzungsabsichten der Klägerin nicht abschließend beurteilt werden.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit gewerblicher Nutzung dieser oder anderer Art ist im übrigen in Betracht zu ziehen, ob nicht schon ohne besondere Unterschutzstellung des Geländes die Interessen des Naturschutzes als öffentliche Belange entgegenstanden (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 1993 a.a.O.).
c) Soweit gewerbliche Nutzung rechtlich zulässig gewesen sein sollte, wäre weiter zu prüfen, ob sie sich objektiv anbot oder aufdrängte. Dafür könnte dem Umstand, daß bestimmte Flächen im Flächennutzungsplan und im Gebietsentwicklungsplan für gewerbliche Bebauung vorgesehen waren, eine gewisse Indizwirkung zukommen. Entgegenstehen könnte nach dem Vorbringen der Beklagten ein außergewöhnlich hoher Kostenaufwand für die Herrichtung und Erschließung des Geländes für Gewerbezwecke.
Unterschriften
Rinne, Wurm, Deppert, Streck, Richter Schlick ist erkrankt und kann daher nicht unterschreiben Rinne
Fundstellen
Haufe-Index 1683276 |
BGHZ |
BGHZ, 379 |
NJW 1994, 3283 |
BGHR |
NVwZ 1995, 198 |
Nachschlagewerk BGH |