Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundurteil zu rückständigem Pachtzins

 

Leitsatz (redaktionell)

Hält das Gericht weitere Darlegungen und Beweiserhebungen zur Feststellung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Minderungen des Pachtzinses zulässig waren, für erforderlich, da es lediglich eine Pachtzinsreduzierung auf Null ausschließen kann, und wurde in der Vergangengheit nur ein geminderterter Pachtzins entrichtet, ist der Erlass eines Grundurteils zur Zahlung von rückständigem Pachtzins auf Grundlage dieser Feststellungen nicht zulässig.

 

Normenkette

ZPO § 304

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 30.07.2001)

LG Stuttgart (Urteil vom 21.12.2000)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teil- und Grundurteil des 5. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 30.7.2001 aufgehoben, soweit es die Klage gem. Ziff. 1 des Tenors des Urteils des LG Stuttgart v. 21.12.2000 (Zahlung von 19.872 DM nebst Zinsen) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage hat die Klägerin rückständigen und künftigen Pachtzins sowie Räumung des Pachtobjekts verlangt.

Die Klägerin verpachtete mit schriftlichem Vertrag v. 14.10.1998 an die Beklagten zu 1) und zu 2) ab 15.11.1998 Räume zum Betrieb einer Gaststätte und eine Pächterwohnung zu einem monatlichen Pachtzins von 3.248 DM einschließlich MWSt. Sie übergab den Beklagten das Pachtobjekt Anfang Oktober 1998.

Den ab 15.11.1998 gezahlten Pachtzins minderten die Beklagten wegen behaupteter Mängel ab Juli 1999 teils um 1.000 DM, teils um 2.000 DM monatlich. Ab Juni 2000 zahlten sie keine Pacht mehr.

Das LG hat die Beklagten zur Zahlung von rückständigem Pachtzins i. H. v. 19.872 DM nebst Zinsen (Ziff. 1), zur Zahlung von künftigem Pachtzins ab Juni 2000 (Ziff. 2) und zur Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts (Ziff. 3) verurteilt. Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit die Beklagten zur Räumung und Herausgabe und dem Grunde nach zur Zahlung gemäß Ziff. 1 und 2 verurteilt worden sind. Die Entscheidung zur Höhe dieser Ansprüche hat das OLG dem Betragsverfahren vorbehalten. Mit der Revision, die der Senat angenommen hat, hat die Beklagte zu 2) beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit ihre Verurteilung zur Zahlung gemäß Ziff. 1 des Urteils des LG Stuttgart (19.872 DM) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Auf Grund der Säumnis der Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl die Entscheidung inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht (vgl. BGH BGHZ 37, 79 [82]).

Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang ihrer Einlegung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat die Klage auf rückständige Pachtzinsen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Es hat hierzu ausgeführt: Die Höhe des rückständigen Pachtzinses richte sich nach der Berechtigung der Mängeleinreden der Beklagten, die im Betragsverfahren zu klären seien. Es stehe aber schon jetzt fest, dass ein Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe bestehe, weil jedenfalls eine Pachtzinsreduzierung auf null im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung des Pachtobjekts ausgeschlossen sei. Damit erweise sich der Zahlungsanspruch jedenfalls dem Grunde nach als berechtigt.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Der Erlass eines Grundurteils ist auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen unzulässig. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urt. v. 16.1.1991 - VIII ZR 14/90, MDR 1991, 767 = NJWRR 1991, 599 [600]; v. 2.10.2000 - II ZR 54/99, MDR 2001, 167 = NJW 2001, 224 [225]). Aus prozessökonomischen Gründen können ausnahmsweise auch Einzelne zum Grund des Anspruchs gehörende Fragen im Grundurteil ausgeklammert und ihre Klärung dem Betragsverfahren überlassen werden (Musielak/Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 304 Rz. 16, 17). Dies setzt jedoch voraus, dass dem Urteilstenor zumindest aber den Urteilsgründen klar zu entnehmen ist, über welche Punkte, die den Grund der Haftung betreffen, im Urteil nicht entschieden worden ist (BGH, Urt. v. 12.2.2003 - XII ZR 324/98, BGHReport 2003, 694 = MDR 2003, 769; Urt. v. 12.7.1989 - VIII ZR 286/88, MDR 1989, 1096 = NJW 1989, 2745; Urt. v. 31.1.1996 - VIII ZR 243/94, MDR 1996, 846 = NJW-RR 1996, 700 [701]). Mit Rücksicht auf die Bindungswirkung des Grundurteils (vgl. §§ 318, 512, 557 Abs. 2 i. V. m. § 304 Abs. 2 ZPO) muss sich aus ihm eindeutig ergeben, inwieweit es den Streit vorab entschieden hat und welchen Teil es dem Betragsverfahren vorbehalten wollte (vgl. BGH, Urt. v. 10.6.1968 - II ZR 101/66, NJW 1968, 1968).

b) Danach ist das Grundurteil des Berufungsgerichts, soweit es angefochten worden ist, nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hält zur Feststellung, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagten zur Minderung des Pachtzinses berechtigt waren, weitere Darlegungen und ggf. Beweiserhebungen für erforderlich. Es hält lediglich eine Pachtzinsreduzierung auf null für ausgeschlossen. Da die Beklagten den Pachtzins erst ab 1.6.2000 auf null reduziert haben und ihn in dem geltend gemachten Zeitraum v. 1.7.1999 bis 31.5.2000 lediglich i. H. v. 1.000 DM bzw. 2.000 DM monatlich gemindert haben, steht unter Zugrundelegung der Auffassung des Berufungsgerichts schon nicht fest, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum bis einschließlich Mai 2000 verbleibt. Es ist nämlich durchaus möglich, dass nach den vom Berufungsgericht angeregten weiteren Darlegungen und einer sich ggf. anschließenden Beweisaufnahme die von den Beklagten vorgenommene Minderung sich in vollem Umfang als berechtigt erweist.

Im Übrigen ist auch der Umfang des Grundurteils unklar. Die Verurteilung in Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils, die das Berufungsgericht dem Grunde nach bestätigt hat, umfasst nicht nur die Minderung in der Zeit von Juli 1999 bis Mai 2000, sondern auch den vor Beginn des schriftlichen Pachtvertrages geltend gemachten Pachtzins für die Zeit von 1.10.1998 bis 14.11.1998.

Das Berufungsgericht ist - abweichend von dem Landgericht - der Ansicht, die Klägerin trage die Beweislast dafür, dass die Beklagten entgegen den Festlegungen im schriftlichen Pachtvertrag schon vor dem 15.11.1998 pachtzinspflichtig gewesen seien. Da die hierzu angebotenen Beweise nicht erhoben worden sind, ist unklar, ob das Berufungsgericht auch insoweit dem Grunde nach entschieden hat, oder ob es auch die Frage der Pachtzinspflicht für diesen Zeitraum dem Betragsverfahren überlassen wollte.

 

Fundstellen

GuT 2004, 131

JWO-MietR 2004, 186

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