Leitsatz (amtlich)
Wird die Mitgliedschaft in einem Wettbewerbsverband durch einen anderen Verband vermittelt, so können die Unternehmer, die Mitglieder des vermittelnden Verbands sind, dem Wettbewerbsverband auch dann i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG angehören, wenn wegen eines Beitrittmangels nur eine faktische Mitgliedschaft in dem Wettbewerbsverband besteht.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 20 U 92/02) |
LG Wuppertal (Entscheidung vom 26.03.2002; Aktenzeichen 14 O 119/01) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 1.4.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1]Der Kläger ist der Verband Wirtschaft im Wettbewerb mit Sitz in Düsseldorf. Nach seiner Satzung nimmt er die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr und bekämpft unlauteren Wettbewerb.
[2]Die Beklagte betreibt in W. unter ihrer Firma "Brillen B. GmbH" ein Einzelhandelsgeschäft für optische Erzeugnisse. Solche Einzelhandelsgeschäfte betreiben in W. ferner eine "B. + G. GbR" sowie eine "B. + G. GmbH".
[3]Im Mai 2001 warb die Beklagte in der "W. Zeitung" für eine "intelligente Brillenfinanzierung" und in einer Postwurfsendung für Gleitsichtgläser, wobei die Adressen der drei oben genannten Unternehmen in der aus dem nachfolgenden Unterlassungsantrag ersichtlichen Weise angegeben waren.
[4]Der Kläger hat die Werbung der Beklagten als irreführend beanstandet. Sie erwecke den Eindruck einer Größe, die tatsächlich nicht gegeben sei, weil es sich um drei verschiedene Unternehmen handele. Nach erfolgloser Abmahnung hat er Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen und/oder Postwurfsendungen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie nachfolgend abgebildet zu werben und damit den Eindruck zu erwecken, dass sie in W. mit insgesamt drei Geschäftslokalen vertreten ist, wenn sie tatsächlich selbst nur ein einziges Geschäftslokal unterhält:
und/oder
und die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 290 DM nebst Zinsen seit dem 26.6.2001 zu zahlen.
[5]Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
[6]Das OLG hat die Klage als unzulässig angesehen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
[7]Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe
[8]I. Das Berufungsgericht hat die Klage als von Anfang an unzulässig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
[9]Es lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (a.F.) prozessführungsbefugt sei. Die vom Kläger überreichten Unterlagen reichten nicht aus, um darzulegen, dass ihm im Raum W. eine erhebliche Zahl von Optikern angehöre. Der Kläger habe allerdings Unterlagen über einen "C. -Partner-Club" vorgelegt, um darzulegen, dass ihm über diese Vereinigung mittelbar eine erhebliche Zahl von Augenoptikern im Raum W. angehöre. Daran sei richtig, dass sich eine Prozessführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (a.F.) auch aus über einen anderen Verband vermittelte Mitgliedschaften ergeben könne. An solche mittelbaren Mitgliedschaften seien jedoch gewisse Anforderungen zu stellen, damit die gesetzliche Absicht der Missbrauchsbekämpfung nicht unterlaufen werden könne. Für eine Umgehungsabsicht spreche schon die "Annahme des W. -Exklusiv-Angebotes an C. -Partner-Club" (Anlage M 11), durch die der "Partner-Club" das Angebot des Klägers angenommen habe, sein Mitglied zu werden. Dort werde erklärt, dem "Partner-Club" sei bekannt, dass er "als Sammelmitglied kein Stimmrecht entsprechend § 2 Abs. 3 der Satzung" (des Klägers) habe. Hier werde offenbar zu verbilligten Preisen eine Mitgliedschaft "zweiter Klasse" eröffnet, die den "Partner-Club" zwar formal zum Sammelmitglied mache, ihn aber von den eigentlichen Mitgliedsrechten gem. § 2 Abs. 3 der Satzung des Klägers ausschließe.
[10]Vor allem aber sei nicht zu erkennen, welche gesellschaftliche Struktur der "C. -Partner-Club" habe. Eine "Mitgliedschaft" sei auch im Falle einer mittelbaren Mitgliedschaft erforderlich. Die Gewerbetreibenden müssten dem Verband oder der Vereinigung, die direktes Mitglied des Wettbewerbsvereins seien, angehören. Das sei nur der Fall, wenn sie gewisse Mitgliedschaftsrechte hätten, weil sie nur dann über die Organisation, der sie angehörten, auf den Wettbewerbsverband Einfluss nehmen könnten. Eine solche Einflussnahme der mittelbaren "Mitglieder" auf den Kläger sei ausdrücklich ausgeschlossen. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, wie die rechtlichen Beziehungen des "C. -Partner-Clubs" zu seinen Mitgliedern organisiert seien. Die Rechtsform des "Clubs" ergebe sich aus seiner Satzung nicht. Die übrigen Unterlagen ließen nur erkennen, dass es sich um eine lose Vertriebsgemeinschaft von Augenoptikern handele. Derartige lose Zusammenschlüsse könnten eine Mitgliedschaft in einem Wettbewerbsverband nicht vermitteln. Es liege vielmehr nahe, von dem Verband, der die Mitgliedschaft in dem Wettbewerbsverband vermittele, nicht nur eine mitgliedschaftliche Struktur, sondern ebenfalls die Rechtsfähigkeit zu verlangen.
[11]Die überreichten Unterlagen über den "C. -Partner-Club" gingen trotz einiger missverständlicher Formulierungen davon aus, dass der "Club" - wie üblich - "Sammelmitglied" beim Kläger sein solle. Selbst wenn man aber annehme, dass die Klubmitglieder gleichzeitig auch unmittelbar Mitglied des Klägers werden sollten, könne die Wirksamkeit dieses Beitritts nicht festgestellt werden, weil die gesellschaftliche Struktur und damit auch die Vertretungsverhältnisse innerhalb des Klubs nicht geklärt seien.
[12]Die unmittelbare Mitgliedschaft zweier Optiker auf dem örtlich relevanten Markt in W. und Umgebung vermittele dem Kläger noch nicht die Klagebefugnis. Zur Marktbedeutung dieser beiden Wettbewerber der Beklagten sei nichts vorgetragen.
[13]II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
[14]1. Die bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3.7.2004 in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. und seither in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG enthaltene Regelung der Voraussetzungen, unter denen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen können, betrifft sowohl die prozessuale Klagebefugnis als auch die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung (vgl. BGHZ 133, 316, 319 - Altunterwerfung I; BGH, Urt. v. 5.3.1998 - I ZR 202/95, GRUR 1998, 953, 954 = WRP 1998, 743 - Altunterwerfung III; Urt. v. 27.1.2005 - I ZR 146/02, GRUR 2005, 689, 690 = WRP 2005, 1007 - Sammelmitgliedschaft III, m.w.N.). Dementsprechend muss die Verbandsklagebefugnis nicht nur im Zeitpunkt der beanstandeten Wettbewerbshandlung gegeben gewesen sein, sondern auch noch im Revisionsverfahren bestehen (vgl. zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 181/99, GRUR 2001, 846, 847 = WRP 2001, 926 - Metro V, m.w.N.; zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG: BGH GRUR 2005, 689, 690 - Sammelmitgliedschaft III). Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Senat auch als Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gebunden (vgl. BGHZ 31, 279, 281 ff.; 91, 111, 115; 100, 217, 219).
[15]2. Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) setzt voraus, dass dieser die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet. Dabei können auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbands ist (BGH, Urt. v. 20.5.1999 - I ZR 66/97, GRUR 1999, 1116, 1118 = WRP 1999, 1163 - Wir dürfen nicht feiern; BGH GRUR 2005, 689, 690 - Sammelmitgliedschaft III, m.w.N.).
[16]3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind im vorliegenden Fall die Mitglieder des "C. -Partner-Clubs" bei der Feststellung der Prozessführungsbefugnis des Klägers zu berücksichtigen.
[17]a) Nach der Satzung des C. -Partner-Clubs ist es dessen Zielsetzung, als "Mittelstandsvereinigung" die Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer Augenoptiker gegenüber Großbetrieben und großbetrieblichen Unternehmensformen in Bezug auf die C. -Brillenfassungen und -Sonnenbrillen zu stärken. Dazu sollen Werbe- und Preisempfehlungen an die Mitglieder des "C. -Partner-Clubs" ausgesprochen werden. Der "C. -Partner-Club" erfüllt jedenfalls die Merkmale einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Als solche ist er rechts- und parteifähig (BGHZ 146, 341) und kann Mitglied eines Vereins sein (vgl. BGH GRUR 2005, 689, 690 - Sammelmitgliedschaft III; MünchKomm.BGB/Reuter, 4. Aufl., § 38 Rz. 23; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 38 Rz. 5; Staudinger/Weick, BGB, Neubearbeitung 2005, § 32 Rz. 33; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 60 II 1a, S. 1773). Gegen die Wirksamkeit des Beitritts des "C. -Partner-Clubs" zum Kläger bestehen keine Bedenken. Aus den im Wege des Freibeweises (vgl. BGH, Beschl. v. 16.5.1991 - IX ZB 81/90, NJW 1992, 627, 628, m.w.N.) verwertbaren Bekundungen des für die organisatorische Betreuung des "C. -Partner-Clubs" zuständigen Verkaufsleiters M. der C. GmbH, die dieser als Zeuge in anderen Verfahren gemacht hat, ergibt sich, dass der "C. -Partner-Club" Mitglied des Klägers ist und der Kläger die wettbewerbsrechtlichen Interessen sämtlicher "C. -Partner" vertritt. Auf die Frage, ob ein Beitrittsmangel vorliegt, weil die Beitrittserklärung des "C. -Partner-Clubs" möglicherweise von einer nicht vertretungsberechtigten Person abgegeben worden ist, kommt es nicht an. Die Voraussetzung der Klagebefugnis gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dass eine erhebliche Zahl von Unternehmern dem klagenden Verband angehören muss, wäre selbst dann erfüllt, wenn wegen fehlerhafter vertragsgemäßer Grundlage nach dem Vorbild der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft lediglich eine faktische Mitgliedschaft (vgl. dazu MünchKomm.BGB/Reuter a.a.O. Rz. 58; K. Schmidt a.a.O. § 6 V 1, S. 160 ff., m.w.N.) begründet worden sein sollte. Es ist nicht erforderlich, dass der "C. -Partner-Club" als ein Verband, der dem Kläger Wettbewerber der Beklagten als (mittelbare) Mitglieder vermittelt, selbst nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) klagebefugt ist (vgl. BGH GRUR 2005, 689, 690 - Sammelmitgliedschaft III).
[18]b) Nach der unter der Überschrift "Wettbewerbsverein" stehenden Regelung der Satzung des "C. -Partner-Clubs" wird mit der Unterzeichnung der "C. -Partner-Club-Vereinbarung" zugleich die Mitgliedschaft in einem seriösen Wettbewerbsverein begründet, soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch erfolgt. Dies ist aufgrund des Beitritts des "C. -Partner-Clubs" zum Kläger eine Mitgliedschaft bei diesem. Nach der Nr. 2 der genannten Satzungsbestimmung überprüft der Kläger auf Wunsch die Anzeigenwerbung der "C. -Partner-Club-Mitglieder" unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Ebenso prüft er nach der Nr. 3 dieser Satzungsregelung, ob die Anzeigen der Wettbewerber unlauter sind, mahnt ggf. Wettbewerber ab und leitet gerichtliche Schritte gegen sie ein.
[19]Damit ist auch das Erfordernis erfüllt, dass in den Fällen, in denen sich der klagende Verband auf die mittelbare Mitgliedschaft von Mitbewerbern des in Anspruch genommenen Unternehmens stützt, feststehen muss, dass die Mitbewerber mit der Wahrnehmung ihrer Interessen durch den klagenden Verband, dem sie über die Mitgliedschaft in ihrem Verband angehören, einverstanden sind (vgl. BGH GRUR 2005, 689, 690 - Sammelmitgliedschaft III, m.w.N.).
[20]c) Für die Annahme, dass die Mitgliedschaft des "C. -Partner-Clubs" nicht dazu dienen sollte, gemeinsame Interessen am Schutz des lauteren Wettbewerbs zu bündeln, sondern künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis des Klägers nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu schaffen (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2003 - I ZR 51/02, GRUR 2003, 454, 455 = WRP 2003, 514 - Sammelmitgliedschaft I, m.w.N.), bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Im vorliegenden Fall ist nichts dafür ersichtlich, dass der "C. -Partner-Club" mit seinem Beitritt zum Kläger nicht den Zweck verfolgte, die gewerblichen oder selbständigen beruflichen Interessen der eigenen Mitglieder zu fördern. Auf die Frage, welches Stimmrecht dem "C. -Partner-Club" und seinen Mitgliedern nach der Satzung des Klägers eingeräumt ist, kommt es daher nicht an.
[21]III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr auch unter Einbeziehung der Mitglieder des "C. -Partner-Clubs" zu prüfen haben, ob der Kläger die Voraussetzungen der § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. erfüllt, und ggf. Feststellungen zu der beanstandeten Wettbewerbshandlung zu treffen haben.
Fundstellen