Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 19.07.1990) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Juli 1990 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, ein kommunaler Versorgungsverband und Träger einer Zusatzversorgungskasse, beansprucht von den Beklagten Rückzahlung überzahlter Zusatzversorgungsrenten. Die Beklagten sind die Erben nach der am 11. Februar 1983 verstorbenen, beim Kläger versichert gewesenen Anna S..
Aufgrund der Rentenreform von 1972 erhielt die Erblasserin, die seit 1. Januar 1967 eine Zusatzversorgungsrente vom Kläger bezog, seit 1. Januar 1973 eine erhöhte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die seinerzeit 75 Jahre alte Erblasserin teilte diese Änderung dem Kläger nicht mit. Anfang 1982 bemerkte der Kläger die Änderung der gesetzlichen Rente und berechnete daraufhin die der Erblasserin seit dem 1. Januar 1973 zustehenden geringeren Zusatzversorgungsrenten neu. Er forderte die Erblasserin zur Rückzahlung der vom 1. Januar 1973 bis 31. März 1982 zuviel gezahlten Renten auf. Am 24. November 1987 erhob er Klage auf Zahlung von 20.133,41 DM gegen die Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil § 51 a der Satzung der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg vertragliche Zahlungsansprüche nur fingiere. Ein etwaiger gesetzlicher Bereicherungsanspruch, auf den § 51 a Abs. 4 der Satzung verweise, sei nach § 197 BGB verjährt. § 51 a der Satzung lautet:
„(1) Hat sich die Versorgungsrente
- wegen einer Änderung der Bezüge im Sinne der §§ 31 Abs. 2, 40 Abs. 3, 41 Abs. 5, 57 Abs. 2 oder
- wegen einer Neuberechnung nach § 46 a
vermindert, so hat der Berechtigte einen überzahlten Betrag nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 zurückzuzahlen.
(2) Ergibt sich die Überzahlung aus der Gewährung oder Änderung einer Rente oder eines Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, so gilt der überzahlte Betrag als Vorschuß auf die Rente oder das Altersruhegeld. Der Berechtigte ist verpflichtet, insoweit seine Ansprüche gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an die Kasse abzutreten.
(3) Soweit Absatz 2 nicht anzuwenden ist oder der Berechtigte seiner Verpflichtung zur Abtretung nicht nachkommt oder die Abtretung nicht zur Erfüllung des Rückzahlungsanspruches der Kasse führt, gilt der überzahlte Betrag als Vorschuß auf die Leistungen der Kasse.
(4) Eine in anderen Fällen bestehende Verpflichtung, ohne Rechtsgrund gewährte Leistungen zurückzuzahlen, bleibt unberührt.
(5) …”
Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat eine etwa bestehende Forderung des Klägers auf Rückerstattung überzahlter Versorgungsrente als vertraglichen Anspruch angesehen, der jedenfalls nach § 12 VVG verjährt sei. Gesetzliche Bereicherungsansprüche seien nicht gegeben. Sie seien durch § 51 a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 bis 3 der Satzung ausgeschlossen. Die Formulierung des Absatzes 4 „in anderen Fällen” meine sonstige, in Absatz 1 nicht aufgeführte Fälle, in denen es zu einer Überzahlung gekommen sei. Aber auch wenn man dieser Auslegung nicht folgen wollte, wäre ein Anspruch nach § 51 a Abs. 4 der Satzung als vertraglicher Rückzahlungsanspruch anzusehen und damit verjährt. Auch der in Absatz 4 gemeinte Anspruch sei vertraglicher Natur.
Die Revision vertritt die Auffassung, gesetzliche Ansprüche seien durch § 51 a Abs. 4 der Satzung nicht ausgeschlossen. Bereicherungsansprüche nach § 812 BGB seien rechtlich selbständig. Das Berufungsgericht habe bei seiner Auslegung allein den Wortlaut, nicht aber auch den Sinn und Zweck der Regelung berücksichtigt. Die Absätze 1 bis 3 des § 51 a der Satzung hätten bewirken sollen, daß der Versorgungsberechtigte nicht den Einwand der weggefallenen Bereicherung erheben könne; sie hätten dem Versorgungsberechtigten zugleich durch die Verrechnung mit künftigen Rentenbezügen die Rückzahlung des Zuvielgeleisteten erleichtert. Die Bestimmung des § 51 a der Satzung habe Ansprüche des Klägers aus anderen Rechtsgründen nicht ausschließen sollen. Überzahlungen müßten soweit wie möglich wieder ausgeglichen werden. Der Kläger habe deshalb neben dem vertraglichen auch einen gesetzlichen Anspruch nach § 812 BGB, der nicht verjährt sei.
II. Die Angriffe der Revision führen nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit seiner Hauptbegründung im Ergebnis zutreffend einen etwaigen Rückzahlungsanspruch des Klägers als vertraglichen Anspruch angesehen, der verjährt ist.
1. Die Parteien stellen nicht in Frage, daß die Satzung des Klägers vom 29. April 1976 in der Fassung vom 11. März 1982 einschließlich des mit Wirkung vom 1. Januar 1976 eingefügten § 51 a auf ihr Rechtsverhältnis anwendbar ist. Das Berufungsgericht hat deshalb seinen Erwägungen zutreffend die Satzung des Klägers vom 29. April 1976 zugrunde gelegt.
2. Da der Kläger an die Beklagten nicht unmittelbar gezahlt hat – etwa noch nach dem Tode der Versorgungsberechtigten –, haften die Beklagten nur für die Nachlaßverbindlichkeiten der Erblasserin, § 1967 BGB, d.h. nur insoweit, wie auch die Erblasserin zur Rückerstattung der Überzahlungen verpflichtet war.
Die Rückerstattungspflicht der Erblasserin ergibt sich aus § 51 a Abs. 1 der Satzung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich bei den Satzungen der Versorgungsanstalten um allgemeine Versicherungsbedingungen (Senatsentscheidung vom 6. Mai 1987 – IVa ZR 242/85 – VersR 1987, 724 unter I 2 a m.w.N.). Mit diesen vorformulierten Vertragsbedingungen, § 1 Abs. 1 AGBG, bestimmt der Verwender den Inhalt des Versicherungsvertrages. Die Rückerstattungspflicht des Versorgungsberechtigten nach § 51 a Abs. 1 der Satzung ist damit vertraglicher Natur.
Die Regelung des § 51 a Abs. 1, daß der Versorgungsberechtigte einen überzahlten Betrag „nach Maßgabe” der Absätze 2 und 3 zurückzuzahlen habe, bestimmt nach dem Inhalt dieser Absätze die Art und Weise, wie der Versorgungsberechtigte seiner Rückzahlungsverpflichtung nachzukommen hat. Die Regelung der Absätze 2 und 3 bezwecken einen Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien. Durch die vertragliche Ausgestaltung des Rückzahlungsanspruchs und dadurch, daß eine Überzahlung als Vorschuß gilt, den der Kläger mit – abzutretenden – Rentenansprüchen oder mit eigenen künftigen Leistungen verrechnen kann, ist es dem Versorgungsberechtigten verwehrt, sich auf die gesetzliche Regelung über den Wegfall der Bereicherung, § 818 Abs. 3 BGB, zu berufen. Damit ist weitgehend sichergestellt, daß die Versorgungskasse ohne Rechtsgrund geleistete Beträge zurückerhält. Andererseits braucht der Versorgungsberechtigte aufgelaufene Überzahlungen nicht sofort und nicht in einer Summe zurückzuzahlen.
Bei dieser vertraglich ausgestalteten Regelung stellt sich die Frage nicht, ob die Erblasserin neben dem vertraglichen Anspruch des Klägers auf Rückerstattung überzahlter Beträge nach § 51 a Abs. 1 der Satzung auch dem gesetzlichen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB ausgesetzt gewesen wäre. Denn in der Abrede, daß die Überzahlungen als Vorschuß gelten, die mit künftigen Leistungen zu verrechnen seien, liegt bis zur jeweiligen Verrechnung ein rechtlicher Grund für das Behaltendürfen der überzahlten Beträge. Die Erblasserin hat die überzahlten Beträge danach zwar ohne Rechtsgrund erhalten, sie aber seitdem mit Rechtsgrund behalten.
Durch den Tod der Versorgungsberechtigten endete die Zahlungspflicht der Kasse, § 56 Abs. 1 lit. a der Satzung. Damit entfiel die Voraussetzung für die Verrechnungsabrede nach § 51 a Abs. 2 und 3 der Satzung. Es kann offenbleiben, welche Rechtsfolgen aus dem Wegfall der Verrechnungsmöglichkeit zu ziehen sind. Denn jedenfalls berührt er nicht den vertraglichen Charakter der Rückzahlungspflicht des § 51 a Abs. 1 der Satzung. Nach dem Wegfall der Verrechnungsmöglichkeit ist die Rückzahlung sofort fällig geworden. Die Rückzahlungspflicht nach § 51 a Abs. 1 ist als eine von der Erblasserin herrührende Verbindlichkeit, § 1967 Abs. 2 BGB, auf die Beklagten als Erben übergegangen. Auch dieser Übergang konnte den Rechtscharakter der Zahlungspflicht nicht ändern (vgl. BGHZ 71, 180, 182 unter 2 a). Der gegen die Erben gerichtete Anspruch auf Rückerstattung der überzahlten Versorgungsleistungen hat seine Grundlage auch nach dem Tod der Erblasserin in § 51 a Abs. 1 der Satzung; er ist damit vertraglicher Natur.
3. Neben dem vertraglichen Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 51 a Abs. 1 der Satzung kommt ein gesetzlicher Bereicherungsanspruch nicht in Betracht. Schon der Wortlaut des § 51 a Abs. 4 der Satzung schließt eine Konkurrenz zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen, soweit sie die in § 51 a Abs. 1 geregelten Fälle betrifft, aus (a.A. Kleeberger, Das Satzungsrecht der kommunalen Zusatzversorgungskassen, Kommentar, 2. Aufl. § 51 a Anm. 5, der aber von einer ungenauen Fassung des Absatz 4 ausgeht). Die Formulierung „in anderen Fällen” in Absatz 4 ist die Abgrenzung zu den mit Absatz 1 des § 51 a geregelten Fällen.
Aber auch die Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 51 a der Satzung führt zu keinem anderen Verständnis. Der mit der vertraglichen Ausgestaltung des Rückzahlungsanspruchs bezweckte Ausschluß der Entreicherungseinwendung wäre in Frage gestellt, wenn neben dem vertraglichen noch der gesetzliche Bereicherungsanspruch geltend gemacht werden könnte. Da gerade mit dem vertraglichen Anspruch das Ziel erreicht wird, soweit wie möglich überzahlte Beträge an die Kasse zurückzuführen, bedarf es auch keines weiteren gesetzlichen Anspruchs. Der Kläger ist lediglich gehalten, innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG tätig zu werden. Die Hinnahme dieser kurzen Verjährungsfrist ist als Ausgleich für den Wegfall der Einwendung auf Seiten des Versorgungsberechtigten für den Kläger zumutbar.
Der Satzungsgeber hat mit der vertraglichen Ausgestaltung von Rückzahlungsansprüchen unter Ausschluß gesetzlicher Ansprüche in diesen Fällen keine Besonderheit geschaffen. Auch Rückzahlungsansprüche anderer Art sind häufig vertraglich unter Ausschluß gesetzlicher Ansprüche gestaltet. So handelt es sich bei dem Rückzahlungsanspruch für vorausbezahlten Mietzins nach § 557 a Abs. 1 BGB um einen vertraglichen Anspruch, bei dem sich lediglich der Umfang aufgrund einer Rechtsfolgeverweisung nach Bereicherungsrecht bestimmt (BGHZ 54, 347, 351). Im Arbeitsrecht ist anerkannt, daß die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rückzahlung von Vorschüssen allein aus dem Vertrag über die Gewährung von Vorschüssen folgt, so daß er den Wegfall der Bereicherung grundsätzlich nicht mehr geltend machen kann (Schaub in MünchKomm, 2. Aufl. § 614 Rdn. 18 m.w.N.).
4. Die Verjährung des vertraglichen Rückzahlungsanspruchs nach § 51a Abs. 1 der Satzung richtet sich nach der Rechtsprechung des Senats nach § 12 Abs. 1 VVG und beträgt zwei Jahre (vgl. Senatsentscheidung vom 25. Oktober 1989 – IVa ZR 221/88 – VersR 1990, 189 unter 3 a, b). Diese Frist war bei Klageerhebung abgelaufen.
Unterschriften
Bundschuh, Dr. Schmidt-Kessel, Dr. Zopfs, Römer, Dr. Schlichting
Fundstellen