Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit einer Formularklausel in einem Mietvertrag, die den Mieter zur zeitanteiligen Abgeltung von Renovierungskosten nach einer „starren” Berechnungsgrundlage verpflichtet
Leitsatz (amtlich)
Eine Formularklausel in einem Mietvertrag, die den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichtet, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovierungsbedarf aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist (Abgeltungsklausel mit "starrer" Abgeltungsquote), ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 535 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mannheim vom 8.2.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Der Kläger mietete mit Vertrag vom 13.11.2001 von der "Baugemeinschaft S. [der Beklagten] und R." eine bei seinem Einzug renovierte Wohnung in M. Das Mietverhältnis begann am 15.11.2001 und endete am 19.11.2003.
[2] § 10 des Formularmietvertrags enthält folgende Klauseln:
"1. Die Miete ist so kalkuliert, dass in ihr die Kosten für die nachfolgend geregelten Instandsetzungen und Instandhaltungen nicht enthalten sind.
2. Die während der gesamten Vertragsdauer nach Maßgabe des unter Ziff. 3 vereinbarten Fristenplanes fällig werdenden Schönheitsreparaturen trägt der Mieter auf eigene Kosten. ...
3. Der Mieter verpflichtet sich, die Schönheitsreparaturen im Allgemeinen innerhalb folgender Fristen auszuführen:
a) Küche, Wohnküche, Kochküche, Bad, Dusche, WC |
alle 3 Jahre |
b) Wohnzimmer, Schlafzimmer, Dielen, Korridore und alle sonstigen Räume |
alle 5 Jahre |
c) Nebenräume (z.B. Speisekammer, Besenkammer) und alle Ölfarbanstriche |
alle 7 Jahre. |
4. ...
5. Hat der Mieter trotz Fristsetzung und Ablehnungsandrohung die Räume zu Ziff. 3a mindestens drei Jahre, die Räume zu Ziff. 3b mindestens fünf Jahre, die Räume oder Einrichtungen zu Ziff. 3c mindestens sieben Jahre benutzt, ohne diese Räume in der genannten Zeit renoviert zu haben, so hat er spätestens bei Beendigung des Mietverhältnisses die Renovierung fachmännisch nachzuholen. ...
6. Zieht der Mieter vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen aus, so muss er seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch Zahlung des unten ausgewiesenen Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen nachkommen.
Räume gemäß |
Ziff. 3a |
Ziff. 3b |
Ziff. 3c |
nach einer Nutzungsdauer von mehr als |
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6 Monaten |
17 % |
10 % |
7,14 % |
12 Monaten |
33 % |
20 % |
14,28 % |
24 Monaten |
66 % |
40 % |
28,50 % |
36 Monaten |
60 % |
42,85 % |
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48 Monaten |
80 % |
57 % |
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60 Monaten |
71,40 % |
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Die Nutzungsdauer beginnt mit dem Anfang des Mietverhältnisses, bzw. mit dem Zeitpunkt der letzten Renovierung durch den Mieter. ...
Der Mieter wird von der Verpflichtung zur Zahlung eines Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen frei, wenn er, was ihm unbenommen ist, dieser anteiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorkommt, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen selbst durchführt. ..."
[3] In einem Abrechnungsschreiben vom 31.1.2004 verrechnete die Vermieterin das Kautionsguthaben des Klägers von 475,05 EUR mit Gegenforderungen wegen zeitanteiliger Renovierungskosten für Anstricharbeiten im Wohnzimmer und Flur (270,02 EUR) und in der Küche und im Badezimmer (205,81 EUR) sowie einem weiteren Anspruch i.H.v. 15,34 EUR. Der Kläger zahlte den geltend gemachten Nachforderungsbetrag von 13,17 EUR.
[4] Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Auszahlung seines Kautionsguthabens von 475,05 EUR und die Rückzahlung des von ihm geleisteten Nachforderungsbetrags von 13,17 EUR verlangt; insgesamt hat er Zahlung von 498,17 EUR begehrt. Das AG hat der Klage i.H.v. 472,88 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das LG hat die vom AG zugelassene Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
[5] Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
[6] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in WuM 2006, 190 veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt:
[7] Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich aus der mietvertraglichen Kautionsabrede. Der Kläger habe die Kautionsabrechnung der Beklagten nicht durch Zahlung des Nachforderungsbetrags von 13,17 EUR anerkannt. Zwar könne in der Bezahlung einer Rechnung ohne Einwendungen ein (bestätigendes) Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung zu sehen sein. Erforderlich sei allerdings, dass weitere Umstände hinzuträten, aus denen sich ergebe, dass sich die Parteien über den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Forderung einig seien. Dies sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass er aufgrund der Regelung in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags anteilige Renovierungskosten schulde. Nach der Rechtsprechung des BGH bestünden zwar Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel. Diese Rechtsprechung sei jedoch erst nach der Zahlung des Saldos aus der Kautionsabrechnung bekannt geworden.
[8] Die in § 10 Ziff. 6 des Formularmietvertrags enthaltene Abgeltungsklausel sei wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam. Da nach der Rechtsprechung des BGH formularvertragliche "starre" Fristenpläne zur Ausführung von Schönheitsreparaturen unwirksam seien (Senat, Urt. v. 23.6.2004 - VIII ZR 361/03, BGHReport 2004, 1334 m. Anm. Eisenschmid = MDR 2004, 1290 = NJW 2004, 2586), müsse dasselbe für Abgeltungsklauseln mit "starrer" Berechnungsgrundlage gelten. Dem Mieter müsse auch bei einer Inanspruchnahme aus der Abgeltungsklausel der Einwand offen stehen, dass infolge einer besonders schonenden Behandlung der Mietsache längere als die vereinbarten Fristen maßgeblich sind. Dabei erfordere das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass sich die Möglichkeit dieses Einwandes aus dem Wortlaut der Klausel ergebe. Diesen Anforderungen genüge die streitgegenständliche Klausel nicht. Die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags festgelegten Fristen und Prozentsätze gälten nicht nur im Allgemeinen, sondern ausnahmslos.
II.
[9] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist.
[10] Der Kläger hat gegen die Beklagte als Gesellschafterin der Vermieterin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einen Anspruch auf Auszahlung seines sich aus der Abrechnung der Vermieterin vom 31.1.2004 ergebenden restlichen Kautionsguthabens - soweit die Klage hinsichtlich dieses Anspruchs und des Anspruchs des Klägers auf Rückzahlung des von ihm auf die Kautionsabrechnung geleisteten Nachforderungsbetrags nicht bereits im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist - i.H.v. 472,88 EUR. Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung seines verbleibenden Kautionsguthabens ist nicht durch die Aufrechnung der Vermieterin mit Gegenforderungen auf Zahlung zeitanteiliger Renovierungskosten von insgesamt 475,83 EUR erloschen (§§ 387 ff. BGB). Die Aufrechnung ist unwirksam, weil der Vermieterin kein Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung der geltend gemachten Renovierungskosten für Anstricharbeiten in der Wohnung zusteht.
[11] 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass Einwendungen des Klägers hinsichtlich der von der Vermieterin geltend gemachten Gegenansprüche nicht aufgrund eines bestätigenden Schuldanerkenntnisses ausgeschlossen sind. Es kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, in der Kautionsabrechnung der Vermieterin ein Angebot auf Abschluss eines Schuldanerkenntnisvertrags zu sehen ist, das der Kläger dadurch angenommen habe, dass er die Abrechnung widerspruchslos hingenommen und den Nachforderungsbetrag von 13,17 EUR ohne Vorbehalt gezahlt hat. Denn ein solches - unterstelltes - Anerkenntnis würde lediglich die Einwendungen des Schuldners ausschließen, die er bei der Abgabe der Erklärung kannte oder mit denen er rechnen musste (Urt. v. 23.3.1983 - VIII ZR 335/81, MDR 1983, 1017 = NJW 1983, 1903 = WM 1983, 685, unter II 2a; Urt. v. 18.1.2006 - VIII ZR 94/05, BGHReport 2006, 560 = MDR 2006, 1038 = NJW 2006, 903, unter II 1c, jew. m.w.N.). Danach ist der vom Kläger erhobene Einwand der Unwirksamkeit der in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltenen Formularklausel nicht ausgeschlossen. Wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, ist der Kläger bei der Zahlung des Nachforderungsbetrags davon ausgegangen, dass er der Vermieterin aufgrund der vorgenannten Vertragsbestimmung zeitanteilige Renovierungskosten schulde. Entgegen der Auffassung der Revision befand sich der Kläger auch nicht in einem schuldhaften und deshalb unbeachtlichen Rechtsirrtum über die Wirksamkeit der Klausel. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den sich aus der Kautionsabrechnung ergebenden Betrag gezahlt, bevor der BGH einen "starren" Fristenplan für die Ausführung von Schönheitsreparaturen in Formularmietverträgen für unwirksam erklärt hat (Urt. v. 23.6.2004 - VIII ZR 361/03, BGHReport 2004, 1334 m. Anm. Eisenschmid = MDR 2004, 1290 = NJW 2004, 2586) und diese Entscheidung allgemeine Bekanntheit erlangt hat.
[12] 2. Die von der Vermieterin ggü. dem Kautionsguthaben des Klägers aufgerechnete Gegenforderung auf Zahlung zeitanteiliger Renovierungskosten besteht nicht. Ein Anspruch der Vermieterin auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen gem. §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags kommt - wovon auch die Revision ausgeht - von vornherein nicht in Betracht, weil die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses im November 2003 nach dem in § 10 Ziff. 3 enthaltenen Fristenplan noch nicht fällig war und die Beklagte auch einen vorzeitigen Renovierungsbedarf nicht geltend gemacht hat. Das Zahlungsverlangen der Vermieterin kann seine Grundlage daher nur in der in § 10 Ziff. 6 des Formularmietvertrags enthaltenen sog. Abgeltungsklausel haben. Diese Formularklausel ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
[13] a) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltene Formularklausel als Abgeltungsregelung mit "starrer" Berechnungsgrundlage angesehen.
[14] Der Senat kann die Auslegung der Formularklausel durch das Berufungsgericht uneingeschränkt überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1986 - V ZR 72/85, BGHZ 98, 256, 258 = MDR 1987, 130; BGH, Urt. v. 5.11.1996 - XI ZR 274/95, BGHZ 134, 42, 45 = MDR 1997, 251), weil Abgeltungsklauseln in dieser oder inhaltlich vergleichbarer Fassung auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden.
[15] Gemäß § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags muss der Mieter, wenn er vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen auszieht, seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch Zahlung des nachstehend ausgewiesenen Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen nachkommen. Die anschließend angegebenen Prozentsätze, die nach der Nutzungsart der Räume gestaffelt sind, erhöhen sich in Abhängigkeit von der mietvertraglichen Nutzungsdauer. Aus der Sicht eines verständigen Mieters hat diese Regelung die Bedeutung, dass der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichtet ist, wenn ein entsprechender Renovierungsbedarf aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist.
[16] b) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine solche "starre" Abgeltungsregelung gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
[17] aa) Die Klausel in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags ist allerdings nicht bereits deshalb unwirksam, weil die ihr zugrunde liegende, in § 10 Ziff. 3 des Formularvertrags geregelte Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters einen "starren" Fristenplan enthielte und diese Klausel daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre (vgl. Senat, Urt. v. 5.4.2006 - VIII ZR 178/05, BGHReport 2006, 951 = NJW 2006, 1728, unter II 2b). Denn § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags, wonach sich der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen "im Allgemeinen" innerhalb der nach der Nutzungsart der Räume gestaffelten Fristen von drei, fünf beziehungsweise sieben Jahren auszuführen, enthält einen - zulässigen - flexiblen Fristenplan, der die Berücksichtigung des tatsächlichen Zustands der Wohnung ermöglicht (vgl. Senat, Urt. v. 28.4.2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087, unter III d; Urt. v. 13.7.2005 - VIII ZR 351/04, BGHReport 2006, 18 = MDR 2006, 257 = NJW 2005, 3416, unter II 2).
[18] Der Wirksamkeit des § 10 Ziff. 3 steht nicht entgegen, dass die weitere, in § 10 Ziff. 5 Satz 1 des Mietvertrags enthaltene Renovierungsklausel, die eine von feststehenden Fristen abhängige Renovierungspflicht des Mieters bei Beendigung des Mietverhältnisses vorsieht, gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (Senat, Urt. v. 28.6.2006 - VIII ZR 124/05, BGHReport 2006, 1341 = NJW 2006, 2915, unter C I 1a). Denn § 10 Ziff. 5 Satz 1 des Mietvertrags enthält eine eigenständige Regelung, deren Unzulässigkeit nicht die Unwirksamkeit der Verpflichtung des Mieters zur Ausführung fälliger Schönheitsreparaturen während des laufenden Mietverhältnisses - spätestens bei dessen Beendigung - gem. § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags zur Folge hat (vgl. Senat, a.a.O.).
[19] bb) Die Abgeltungsklausel (§ 10 Ziff. 6 des Mietvertrags) ist jedoch gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB für sich genommen unwirksam.
[20] (1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Klausel, wonach der Mieter bei Ende des Mietverhältnisses je nach dem Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit einen prozentualen Anteil an Renovierungskosten aufgrund des Kostenvoranschlags eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts zu zahlen hat, jedenfalls dann wirksam, wenn sie den Kostenvoranschlag nicht ausdrücklich für verbindlich erklärt, die für die Abgeltung maßgeblichen Fristen und Prozentsätze am Verhältnis zu den üblichen Renovierungsfristen ausrichtet und dem Mieter nicht untersagt, seiner anteiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorzukommen, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit ausführt, und wenn - im Falle einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung - die für die Durchführung wie für die anteilige Abgeltung der Schönheitsreparaturen maßgeblichen Fristen nicht vor dem Anfang des Mietverhältnisses zu laufen beginnen (BGH, Beschl. v. 6.7.1988 - VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71 = MDR 1988, 1051; Urt. v. 6.10.2004 - VIII ZR 215/03, WuM 2004, 663, unter II 1). Zu der Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Abgeltungsquote sich - wie im vorliegenden Fall - nach einer "starren" Fristenregelung richtet, hat der Senat bislang nicht ausdrücklich Stellung genommen. Er hat allerdings in dem Urteil vom 6.10.2004 (a.a.O.; vgl. auch Senat, Urt. v. 5.4.2006 - VIII ZR 178/05, BGHReport 2006, 951 = NJW 2006, 1728, unter II 2b), auf das die Revision sich beruft, eine inhaltlich vergleichbare Klausel als wirksam bezeichnet. Daran wird aus den nachstehend dargelegten Gründen nicht festgehalten.
[21] (2) Eine Formularklausel, die den Mieter zur zeitanteiligen Abgeltung von Renovierungskosten nach einer "starren" Berechnungsgrundlage verpflichtet, die an einem Fristenplan von drei, fünf beziehungsweise sieben Jahren ausgerichtet ist, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. auch LG Hamburg v. 17.6.2005 - 311 S 152/04, NJW 2005, 2462 mit Anm. von Flatow, jurisPR-MietR 20/2005 Anm. 3; AG Hamburg, WuM 2006, 144; AG Oranienburg, GE 2006, 655; Heinrichs, WuM 2005, 155, 162; Klimke/Lehmann-Richter, ZMR 2005, 417, 418; Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau bei Wohn- und Gewerberaum, 2. Aufl., 1 B Rz. 89, E Rz. 6 f.; Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 538 Rz. 18; Steenbuck, WuM 2005, 220, 222; Wiek, WuM 2005, 10, 11; a.A. Kinne, ZMR 2005, 921, 925; Eupen/Schmidt NZM 2006, 644). Die Gründe, die für die Beurteilung einer formularvertraglichen "starren" Fälligkeitsregelung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen als unwirksam maßgebend sind, führen auch zur Unwirksamkeit einer entsprechenden zeitanteiligen Abgeltungsregelung.
[22] Bei einer Abgeltungsklausel handelt es sich um eine - zeitlich vorverlagerte - Ergänzung der vertraglichen Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan (BGH, Beschl. v. 6.7.1988 - VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 77 = MDR 1988, 1051). Ihr Zweck besteht darin, dem Vermieter, der von dem ausziehenden Mieter mangels Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan keine Endrenovierung verlangen kann, wenigstens einen prozentualen Anteil an Renovierungskosten für den Abnutzungszeitraum seit den letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit zu sichern (BGHZ a.a.O., S. 77, 84; Senat, Urt. v. 26.5.2004 - VIII ZR 77/03, BGHReport 2004, 1338 = MDR 2004, 1108 = NJW 2004, 3042, unter II 2a bb).
[23] Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter grundsätzlich nicht unangemessen, weil die Abwälzung der turnusmäßigen Schönheitsreparaturen - deren Kosten der Mieter zu tragen hätte, wenn das Mietverhältnis bis zum Eintritt der Fälligkeit der Schönheitsreparaturverpflichtung fortbestanden hätte - rechtlich und wirtschaftlich einen Teil der Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsüberlassung der Räume darstellt (vgl. § 10 Ziff. 1 des Mietvertrags), die er anderenfalls - bei einer den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen - über eine höhere Bruttomiete im Voraus abgelten müsste (BGHZ a.a.O., S. 79 ff., 84).
[24] Eine derartige Formularklausel benachteiligt den Mieter jedoch entgegen den Geboten von Treu und Glauben dann unangemessen, wenn sie eine "starre" Berechnungsgrundlage hat, die eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung nicht zulässt. Denn dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der Mieter - gemessen am Abnutzungsgrad der Wohnung und der Zeitspanne bis zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen - eine übermäßig hohe Abgeltungsquote zu tragen hat. Sind etwa Wände und Decken der Wohnung mit besonders "langlebigen" Materialien dekoriert oder hat der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig genutzt, kann es an einem Renovierungsbedarf nach Ablauf der im Mietvertrag für die Ausführung der Schönheitsreparaturen bestimmten - üblichen - Fristen fehlen (vgl. Senat, Urt. v. 23.6.2004 - VIII ZR 361/03, BGHReport 2004, 1334 m. Anm. Eisenschmid = MDR 2004, 1290 = NJW 2004, 2586, unter II 2b m.w.N.).
[25] In einem solchen Fall liegt es bei einer formularmäßigen Mietvertragsklausel, die dem Mieter die Verpflichtung zu einer anteiligen Abgeltung der Kosten von Schönheitsreparaturen auf der Grundlage einer "starren" Fristenregelung auferlegt, nicht anders als bei einer Klausel, die den Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach einem "starren" Fristenplan verpflichtet. Denn auch eine "starre" Abgeltungsregelung führt bei einem überdurchschnittlichen Erhaltungszustand der Wohnung dazu, dass der Mieter mit höheren zeitanteiligen Renovierungskosten belastet wird, als es dem tatsächlichen Abnutzungsgrad der Wohnung entspricht. Hierdurch wird dem Mieter eine übermäßige, gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässige Verpflichtung zur zeitanteiligen Abgeltung zukünftiger Instandhaltungskosten auferlegt. Dies ist mit dem Grundgedanken des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenso wenig zu vereinbaren wie die Auferlegung von Renovierungspflichten nach einem feststehenden Fristenplan ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Renovierungsbedarf.
[26] c) Die in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltene Abgeltungsklausel ist insgesamt unwirksam. Die Verpflichtung des Mieters zur zeitanteiligen Abgeltung der Kosten noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen ließe (Senat, Urteil vom 23.6.2004, a.a.O., unter II 3 m.w.N.). Hieran fehlt es. Ohne die in der Klausel angegebenen feststehenden Fristen und Prozentsätze kann der verbleibende Klauselteil bereits sprachlich nicht als eigenständige Regelung bestehen bleiben. Dies ließe sich nur durch eine Umformulierung erreichen, die zu einer inhaltlichen Umgestaltung der Klausel in eine gesetzlich noch zulässige Abgeltungsregelung führen würde. Dies wäre jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel (vgl. Senatsurteil vom 23.6.2004, a.a.O.; Senatsurteil vom 28.6.2006a.a.O., unter C I 1a bb).
[27] d) Die Unwirksamkeit der in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags enthaltenen Abgeltungsklausel führt nicht zu einer Regelungslücke, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden könnte. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf; das ist nur dann anzunehmen, wenn dispositives Gesetzesrecht zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 3.11.1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 120 = MDR 2000, 320 m.w.N.). Bereits die erste Voraussetzung ist nicht gegeben. Wie der Senat hinsichtlich einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel bereits entschieden hat, tritt gem. § 306 Abs. 2 BGB die dispositive gesetzliche Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB an die Stelle der unzulässigen Klausel (Urteil vom 28.6.2006, a.a.O., unter C I 1a cc m.w.N.). So verhält es sich auch bei einer unwirksamen Abgeltungsklausel, weil sie die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen für den Fall ergänzt, dass die Renovierungspflicht noch nicht fällig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1628234 |
NJW 2006, 3778 |
NWB 2006, 3710 |
NZM 2006, 924 |
ZMR 2007, 28 |
MDR 2007, 262 |
WuM 2006, 677 |
Info M 2006, 282 |
KomVerw 2007, 115 |
MietRB 2007, 3 |
NJW-Spezial 2007, 50 |
RdW 2007, 156 |
ZGS 2006, 404 |
ZGS 2009, 360 |
ZGS 2009, 361 |
BBB 2007, 48 |
FuBW 2007, 197 |
FuHe 2007, 461 |
IMR 2006, 140 |
IMR 2006, 180 |
ImmWert 2006, 31 |
LL 2007, 94 |
MK 2007, 22 |