Leitsatz (amtlich)
›a) Zum Verwaltungsvermögen gehören auch die Passiva, die mit übernommenen Aktiva in innerem Zusammenhang stehen. Sind auf der Grundlage eines teilweise erfüllten einheitlichen Werkvertrages Militärboote an die Volksmarine ausgeliefert worden und mit dem Beitritt der DDR auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, so sind alle auf dem teilweise erfüllten Werkvertrag beruhenden Verbindlichkeiten mitübergegangen, die zum Zeitpunkt des Vermögensüberganges am 3. Oktober 1990 bestanden haben.
b) Hat die DDR als Besteller kurze Zeit vor dem Beitritt die Änderung des einheitlichen Werkvertrages verlangt, weil infolge der veränderten politischen Lage der Bedarf an weiteren Militärbooten weggefallen war, so steht dem Werkunternehmer insoweit nur Aufwendungsersatz zu.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn gemäß § 649 Satz 2 BGB, hilfsweise Aufwendungsersatz nach §§ 78, 79, 108 VertragsG der DDR.
Dem Klagebegehren liegt der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Am 31. Januar 1985 schloß der Rechtsvorgänger der Klägerin, der V., mit dem Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR einen Vertrag über die Entwicklung und Lieferung von Schnellbooten des Typs 151, der durch zahlreiche Nachträge geändert und ergänzt wurde. Zuletzt ging es um insgesamt zehn Schnellboote mit den Bezeichnungen 151.0 bis 151.09.
Mit Schreiben vom 11. September 1990 teilte das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung beim Ministerrat der DDR der Klägerin mit, die Serie solle "nach dem dritten Boot" beendet werden, da nur noch beschränkte Finanzmittel zur Verfügung ständen; nur die Boote 151.0 bis 151.02 könnten "maximal" bezahlt werden. Der Minister habe das Beschaffungsamt angewiesen, "den Vertrag über die Lieferung der Boote 151.03 bis 151.09 zu annullieren". Im Schreiben vom 11. September 1990 an die Klägerin heißt es:
"Das Verlangen nach Vertragsaufhebung wurde ihnen vorab fernschriftlich übermittelt. Es ist jetzt notwendig, Fragen zum Aufwendungsersatz zu klären. Die Werft muß nun umgehend den Aufwendungsersatz konkret ermitteln und in einer detaillierten Aufstellung erfassen.
Die Klägerin widersprach einer Aufhebung des Vertrages.
Am 12. September 1990 fand eine "Aussprache" zwischen Vertretern der Klägerin und des Ministeriums in Berlin statt, über die Generalleutnant U. eine Aktennotiz fertigte, in der es unter anderem eingangs heißt:
"Ein Weiterbau der Serie für die Volksmarine nach dem 3. Schiff ist nicht möglich.
Unter der Oberschrift "Festlegung" heißt es in der Notiz:
"1. ...
2. ...
3. Für die Objekte 4 bis 10 erfolgt unbestritten Aufwendungsersatz. ...
4. Schadensersatz wird nicht geleistet. Die Werft behält sich vor, diesen gerichtlich einzuklagen.
5. Das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung ist bereit, an der Vermarktung der annullierten Aufträge andere Kunden mitzuwirken.
Am 27. September 1990 unterzeichnete das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR den Nachtrag 24 zum Vertrag vom 21. Januar 1985, in dem Preise und Zahlungsmodalitäten für die Boote 151.0 bis 151.02 festlegt wurden. Die Klägerin unterzeichnete diesen Nachtrag am 5. Oktober 1990.
Die Boote 151.0 bis 151.02 sind unstreitig geliefert worden und zwar die ersten beiden Boote am 31. Juli und 2. Oktober 1990 an die Volksmarine der DDR; sie wurden nach der Wiedervereinigung von der Beklagten übernommen. Das dritte Boot ist am 13. November 1990 an die Beklagte ausgeliefert worden. Soweit Werklohn bezüglich dieser Boote noch offenstand, ist dieser unstreitig von der Beklagten (Bundeswehrbeschaffungsamt in Koblenz) bezahlt worden.
Am 28. November 1990 fand bezüglich der Boote 151.03 bis 151.09 eine Besprechung zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten statt, deren Ergebnis in einem von beiden Parteien unterzeichneten Protokoll festgehalten wurde, das wie folgt lautet:
"Protokoll
über die Gewährung einer Abschlagszahlung durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung zu Aufwendungsersatzforderungen der P., ..., infolge der Aufhebung des Vertrages über die Entwicklung und Lieferung des Bootstyps 151 vom 31. Januar 1985.
Zwischen der P. und dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, Außenstelle Berlin, wird zur Abwicklung o. g. Forderung folgendes verbindlich festgelegt:
1. Im Zusammenhang mit Bezahlung eines Abschlages auf Aufwendungsersatz in Höhe von 150 Mio. DM erkennen beide Seiten die Aufhebung des o. g. Vertrages bezüglich der Lieferung der Boote 151.03 bis 09 an.
2. Beide Seiten stimmen darin überein, daß diese Abschlagszahlung unter Einhaltung nachstehender Bedingungen erfolgt:
- Prüfung der dem Grunde nach anerkannten Aufwendungsersatzforderung durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in der P.;
- Erlöse aus der Verwertung der unvollendeten Produktion, Material und anderweitigen Teilen u.ä. sind auf die Aufwendungsersatzansprüche anzurechnen;
- die Abschlagszahlung erfolgt unter Vorbehaltung der Verpflichtung der Werft zur Rückzahlung etwa überzahlter Beträge bei der Regulierung des Aufwendungsersatzes an das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung.
3. Beide Seiten gehen davon aus, daß Forderungen der Werft, die über den Rahmen von Aufwendungsersatz gemäß Vertragsgesetz hinausgehen, von der Abschlagszahlung nicht berührt und damit vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung auch nicht anerkannt werden. Der Werft steht frei, derartige Forderungen Gesondert geltend zu machen.
4. Die P. bestätigt hiermit den Empfang eines Verrechnungsschecks in Höhe von 150 Mio. DM."
Am 14. Dezember 1990 erkannte die Klägerin das Ergebnis der Prüfung durch die Beklagte an. Danach ergab sich eine Forderung von 52.872.800,-- DM. Die Differenz zur Abschlagszahlung von 150 Mio. DM zahlte die Klägerin zurück.
Nach dieser Vereinbarung stellte sich heraus, daß die Bootskörper der Boote 151.03 bis 151.09 nicht zu vermarkten waren. Von der Möglichkeit einer Vermarktung waren die Parteien am 14. Dezember 1990 ausgegangen.
Die Klägerin verlangte weiteren Aufwendungsersatz von 19.413.700,-- DM. Den von der Beklagten angebotenen Vergleich, einen weiteren Aufwendungsersatz in Höhe von 7.402.230,25 DM unter der Voraussetzung zu zahlen, daß damit sämtliche gegenseitigen Ansprüche abgegolten sind, die sich aus der Aufhebung unter anderem auch des in Rede stehenden Vertrages vom 31. Januar 1985 ergeben, lehnte die Klägerin ab.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte habe den Vertrag vom 31. Januar 1985 gekündigt, so daß sie gemäß § 649 Satz 2 BGB den vereinbarten Werklohn zu zahlen habe. Aus einer Gesamtforderung von 141.246.415,-- DM hat sie mit der Klage zuletzt einen Werklohnteilbetrag von 1 Mio. DM nebst 7 % Zinsen seit dem 15. Januar 1993 geltend gemacht.
Hilfsweise hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, als Aufwendungsersatz einen Betrag von 7.402.230,25 DM zu zahlen, den die Beklagte anerkannt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg. Nicht zu beanstanden ist die Bestätigung der Klageabweisung durch das Berufungsgericht, soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag einen Werklohnanspruch bezüglich der Boote 151.03 bis 151.09 geltend macht, denn ein solcher steht ihr nicht zu. Erfolg hat die Revision insoweit, als sie sich gegen die Abweisung des auf Aufwendungsersatz gerichteten Hilfsantrages für die Boote 151.03 bis 151.09 wendet, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten insoweit Anspruch auf Aufwendungsersatz. Die Höhe dieses Anspruchs steht allerdings noch nicht fest. Die Klägerin hat nämlich nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts das Vergleichsangebot der Beklagten vom 12. November 1992 durch Zahlung eines Aufwendungsersatzes von 7.402.230,25 DM alle Ansprüche abzugelten, die sich aus der Aufhebung des streitgegenständlichen Vertrages ergeben, nicht angenommen. Es ist damit offen, in welcher Höhe der Klägerin ein Aufwendungsersatzanspruch zusteht. Da zur Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs keine Feststellungen getroffen sind, ist der Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Vergütungsanspruch noch der mit dem Hilfsantrag verfolgte Aufwendungsersatz zu.
Es könne unentschieden bleiben, ob der Klägerin gegen ihre Vertragspartnerin, die Deutsche Demokratische Republik (DDR) ein Anspruch auf Vergütung zustand, denn eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland für einen derartigen Anspruch komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Die Bundesrepublik Deutschland sei weder Gesamtrechtsnachfolgerin der DDR geworden, noch bestehe eine gesetzliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland für Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 31. Januar 1985, noch sei die Bundesrepublik Deutschland durch Vereinbarung mit der Klägerin in die vertragliche Stellung der DDR hinsichtlich des Vertrages vom 31. Januar 1985 eingetreten.
Eine vertragliche Haftung der Beklagten für Verbindlichkeiten der DDR aus dem streitigen Vertragsverhältnis scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, daß die Beklagte durch Vereinbarung beider Parteien als neue Vertragspartnerin unter Übernahme aller Rechte und Pflichten in das Vertragsverhältnis eingetreten sei. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich lediglich, daß die Parteien über die restliche Abwicklung des von ihnen als beendet anerkannten Vertragsverhältnisses verhandelt hätten, insbesondere über einen der Klägerin möglicherweise zustehenden Aufwendungsersatzanspruch. Daß sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, unter Übernahme aller Pflichten der DDR aus dem Vertragsverhältnis in dieses einzutreten und die Beklagte früher der DDR zustehende Rechte aus dem Vertrag geltend gemacht habe, sei dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Bundesrepublik Deutschland nicht Rechtsnachfolgerin der DDR. Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages sei die DDR als Rechtssubjekt ersatzlos untergegangen. Es gebe keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach beim Untergang eines Staates dessen Aktiva und Passiva im Wege der Universalsukzession auf einen anderen, neuen Rechtsträger übergingen.
Eine Gesamtrechts- oder Einzelrechtsnachfolge für die vorliegende Verbindlichkeit sei auch nicht gesetzlich angeordnet worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin ordne Art. 135 a Abs. 2 GG keine Haftung der Bundesrepublik Deutschland für alle Verbindlichkeiten der DDR an, solange die Haftung nicht durch Gesetz für bestimmte Verbindlichkeiten ausgeschlossen oder beschränkt worden sei. Art. 135 a Abs. 2 GG enthalte keine materielle Haftungsanordnung, sondern lediglich eine Kompetenzbestimmung. Eine Haftung für Verbindlichkeiten der untergegangenen DDR aufgrund dieser Vorschrift scheide deshalb aus.
Eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland ergebe sich auch nicht aus § 419 BGB, denn diese Vorschrift sei auf öffentlich-rechtliche Vorgänge nicht anwendbar, insbesondere nicht auf den Fall einer Staatensukzession.
Entgegen der Ansicht der Klägerin komme auch keine Haftung der Beklagten unter Anwendung der Grundsätze der sogenannten Funktionsnachfolge in Betracht. Insoweit handele es sich um eine auf enge Fallkonstellationen beschränkte Hilfskonstruktion, um dringende Ansprüche durchzusetzen, deren Befriedigung wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters nicht bis zum Erlaß eines Gesetzes aufgeschoben werden könne, ohne daß Berechtigte und Rechtsordnung Schaden erlitten. Um solche öffentlich-rechtlichen Ansprüche gehe es vorliegend nicht.
Auch aus Art. 21 Abs. 1 und 2 des Einigungsvertrages ergebe sich entgegen der Ansicht der Klägerin keine Rechtsgrundlage für die von ihr geltend gemachte Haftung der Beklagten. Nach dieser Regelung sei das Vermögen der DDR, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben diente (Verwaltungsvermögen) ohne weiteren Übertragungsakt auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach dem Grundgesetz von Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen sind. Mit der Klägerin sei davon auszugehen, daß mit dem Aktivvermögen auch die damit verbundenen Passiva übergegangen seien. Diese weite Auslegung des Begriffs "Vermögen" sei gerechtfertigt, um zu verhindern, daß Vertragspartner der untergegangenen DDR, die ihrerseits die ihnen obliegende Leistung erbracht und damit das von der Beklagten übernommene Verwaltungsvermögen vermehrt hätten, nicht durch den Wegfall ihres Vertragspartners und Schuldners einen Verlust erlitten, während das Vermögen des jeweiligen Trägers öffentlicher Verwaltung, der den geleisteten Gegenstand übernommen habe, gemehrt werde. Zum Verwaltungsvermögen gehörten jedoch nur solche Passiva, die mit den übernommenen Aktiva in einem inneren Zusammenhang ständen. Aus Art. 21 des Einigungsvertrages könne nicht die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland hergeleitet werden, für solche Verbindlichkeiten zu haften, für die ein Äquivalent in dem übernommenen Vermögen nicht vorhanden sei. Insoweit könne es keinen Unterschied machen, ob der Vertragspartner der untergegangenen DDR seine vertragliche Leistungspflicht bereits voll erfüllt habe, ob aufgrund eines nicht mehr weiter durchgeführten Vertrages bereits teilweise Leistungen erbracht worden seien oder ob der Vertragspartner noch keine Leistung erbracht habe. Zahlung könne nur insoweit verlangt werden, als etwas in das übernommene Verwaltungsvermögen gelangt sei. Ausgleich für entgangenen Gewinn wegen der Nichtdurchführung eines mit der DDR abgeschlossenen Vertrages schulde die Beklagte nicht. Im Streitfall richte sich das Begehren der Klägerin nicht auf den Werklohn für die drei hergestellten und ausgelieferten Schnellboote 151.0 bis 151.02, die von der Beklagten übernommen und unstreitig bezahlt worden seien. Die Klägerin beanspruche vielmehr eine Vergütung auch für die Boote 151.03 bis 151.09, die sie nicht hergestellt habe und die sie unstreitig nicht mehr liefern müsse. Diese Boote seien folglich auch nicht in das Verwaltungsvermögen der Beklagten gelangt. Deshalb komme insoweit auch keine Haftung der Beklagten in Betracht.
Schließlich könne eine Haftung der Beklagten für einen auf § 649 Satz 2 BGB gestützten Vergütungsanspruch der Klägerin auch nicht aus Rechtsscheinsgrundsätzen hergeleitet werden. Eine solche Haftung könnte allenfalls in Betracht gezogen werden, wenn die Beklagte durch das Verhalten ihrer Vertreter den Anschein erweckt hätte, sie werde als zur Erfüllung bereite Nachfolgerin der DDR in das streitgegenständliche Vertragsverhältnis eintreten und wenn sie das Vertragsverhältnis sodann aufgrund dieser Rechtsstellung zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt hätte. Ein derartiges Verhalten der für die Beklagte handelnden Beamten ergebe sich aber weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den vorgelegten Urkunden. Unstreitig habe bereits die DDR die Annullierung des Vertrages gefordert. Die Parteien hätten lediglich darüber verhandelt, ob an die Klägerin Aufwendungsersatz entsprechend dem DDR-Vertragsgesetz gezahlt werden solle, wobei ein Vergütungsanspruch von der Beklagten von vornherein abgelehnt worden sei. Bei dieser Sachlage habe die Klägerin nicht damit rechnen können, die Beklagte werde anstelle der untergegangenen DDR den Vertrag vom 31. Januar 1985 erfüllen. Im übrigen sei nichts dafür ersichtlich, daß der Klägerin weitergehende Ansprüche eingeräumt werden sollten, als ihr nach DDR-Recht zustehen konnten.
Bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf weiteren Aufwendungsersatz ergebe sich entgegen der Ansicht der Klägerin keine Haftung der Beklagten aufgrund eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Ein solches könne aus dem Protokoll vom 28. November nicht hergeleitet werden. Zum damaligen Zeitpunkt seien die Parteien rechtsirrig davon ausgegangen, daß die Beklagte für Verbindlichkeiten der ehemaligen DDR einzutreten habe. Umstritten sei lediglich die Höhe des von der Beklagten zu leistenden Aufwendungsersatzes gewesen. Voraussetzung für die Annahme eines deklaratorischen oder kausalen Schuldanerkenntnisses sei jedoch, daß unter den Parteien Streit oder Ungewißheit über das Bestehen der Schuld herrsche. Das sei allenfalls hinsichtlich der Höhe des Aufwendungsersatzes der Fall gewesen, hinsichtlich des Grundes sei bei der damaligen Sachlage für die Annahme eines kausalen Schuldanerkenntnisses kein Raum, denn beide Parteien seien damals rechtsirrig von einer gesetzlichen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Aufwendungsersatz ausgegangen.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision teilweise mit Recht.
II. 1. a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Reichweite des Art. 21 Abs. 1 und 2 Einigungsvertrag verkannt. Nach dieser Vorschrift sei Vermögen der Deutschen Demokratischen Republik, das am 1. Oktober 1989 und noch im Zeitpunkt des Beitritts unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben gedient habe (Verwaltungsvermögen), ohne weiteren Übertragungsakt auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, soweit es - wie vorliegend - nach seiner Zweckbestimmung um Verwaltungsvermögen aus dem Bereich der militärischen Verteidigung gehe. Gegenstände des Verwaltungsvermögens (öffentliche Sachen) seien auch Forderungsrechte, soweit sie öffentlichen Zwecken zu dienen bestimmt seien und verwaltungsrechtlichen Rechtssätzen unterlägen. So sei es hier, da die Verfügung über die streitgegenständlichen Forderungsrechte durch das öffentliche Recht regiert werde, wie der Inhalt des Vertrages vom 31. Januar 1985 zeige, den das Berufungsgericht unzulänglich beachtet habe. Der Vertrag regele die Entwicklung eines bestimmten Bootstyps für die Nationale Volksarmee nach Maßgabe eines bisherigen Entwicklungsergebnisses und eines Pflichtenhefts und die Produktion dieses Bootstyps. Ein Vertrag über Entwicklung, Produktion und Lieferung von Kriegsgerät, der zwischen einer volkseigenen Werft und der Nationalen Volksarmee geschlossen sei, betreffe seinem Gegenstand nach insgesamt Verwaltungsvermögen in dem Sinne, daß schon die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag und nicht erst die pflichtgemäß hergestellten und abgelieferten Geräte - vom Verteidigungszweck bestimmt würden. Ober die Entwicklung und Herstellung der Kriegsschiffe hinaus sei der Werft nach dem Vertrag darüber hinaus die Verpflichtung auferlegt, den Bootsbesatzungen der Volksmarine Baubelehrungsunterlagen zur Verfügung zu stellen, sie bei der praktischen Baubelehrung an Bord zu unterstützen, bei der bootstypgebundenen Ausbildung mitzuwirken, eine Dokumentation zu liefern, Lehrgänge durchzuführen, einen laufenden Garantie- und Kundendienst zu unterhalten und die Ersatzteilversorgung durch Importe nach Abstimmung mit der Volksmarine sicherzustellen. Der Werft sei ferner die Verpflichtung zur Unterhaltung einer Störreserve und die Pflicht zur äußersten Geheimhaltung auferlegt worden. Alle diese Pflichten zeigten deutlich, daß der Vertragsgegenstand von Beginn an - und nicht erst ab Ablieferung der Boote - auf militärische Zwecke und damit auf eine Verwaltungsaufgabe zugeschnitten sei. Damit erweise sich als Gegenstand des Verwaltungsvermögens schon der durch den Vertrag für den Besteller - die DDR - begründete Entwicklungs-, Ausbildungs-, Bevorratungs-, Erprobungs- und Produktionsanspruch. Diese gesamte Leistungspflicht werde durch die vereinbarte Vergütung abgegolten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts komme es bei der Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang Verbindlichkeiten aus dem Vertrag auf die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin der DDR übergegangen seien, nicht darauf an, ob "etwas in das übernommene Verwaltungsvermögen gelangt" sei, als dessen Äquivalent eine Zahlungspflicht in Betracht komme, wobei das Berufungsgericht unter, dem "Etwas" nur die Schnellboote verstehe. Das "Etwas" sei vielmehr der Vertragsanspruch der Beklagten, der sich auf Entwicklung, Dokumentation, Ausbildung, Bevorratung, Produktion, Lieferung und Geheimhaltung beziehe. Dieses bestimmten Verwaltungsaufgaben - nämlich militärischen Zwecken - dienende Vermögen sei auf die Beklagte übergegangen. Daraus folge, daß sie auch für die Gegenleistung, nämlich die Werklohnverbindlichkeit, einzustehen habe. Die Werklohnverbindlichkeit sei dann gemäß § 21 Abs. 1 Einigungsvertrag mit dem Vermögensgegenstand auf den Verwaltungsträger übergegangen, wenn die Werkleistung Verwaltungsaufgaben dienen sollte.
Die Rüge der Revision hat Erfolg.
b) Das Berufungsgericht hat sich nicht hinreichend mit dem Vertrag vom 21. Januar 1985 und seinen Nachträgen befaßt und die Reichweite von Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages verkannt. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es im Streitfall allerdings nicht darauf an, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen nach Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages auch bloße Forderungsrechte auf die Bundesrepublik Deutschland übergehen können, die auf die Herstellung von noch nicht in Dienst gestellte, aber für hoheitliche Aufgaben vorgesehene Sachen gerichtet sind (hier: werkvertraglicher Anspruch auf Herstellung von Kriegsgerät). Denn die Beklagte hat unstreitig auf der Grundlage des teilweise erfüllten einheitlichen Werkvertrages vom 31. Januar 1985 zwei in Dienst gestellte Schnellboote von der DDR übernommen und das dritte ist ihr nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland von der Klägerin unmittelbar ausgeliefert worden.
Bei dem Vertrag vom 31. Januar 1985 samt Nachträgen handelt es sich um einen einzigen einheitlichen Vertrag zwischen dem Ministerium für nationale Verteidigung der DDR und dem Rechtsvorgänger der Klägerin, dem V. über die Entwicklung und den Bau des für militärische Zwecke bestimmten Bootstyps 151. Der ursprüngliche Lieferumfang ist in § 6 des Vertrages festgelegt, wobei in § 15 des Ursprungsvertrages ausdrücklich schriftliche Vertragsänderungen und Vertragsergänzungen vorgesehen sind. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ist dieser Vertrag durch eine Reihe von Nachträgen geändert bzw. ergänzt worden (BU 3). Mit Nachtrag 21 vom 14. Mai/31. Mai 1990 ist der Lieferumfang auf zehn Schiffe festgelegt worden (Anl. K 2).
Es ist nicht festgestellt und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß dieser ursprünglich einheitliche Vertrag nachträglich aufgeteilt worden wäre. Daß die Parteien den einheitlichen Vertrag durch Vereinbarung in zwei selbständige Verträge aufgeteilt hätten, von denen einer die drei hergestellten und ausgelieferten Boote 151.0 bis 151.02 und der andere die sieben nicht hergestellten Boote 151.03 bis 151.09 betroffen hätte, ist nicht geltend gemacht. Da die ersten beiden hergestellten Boote am 31. Juli bzw. am 2. Oktober 1990 an die Volksmarine der DDR ausgeliefert wurden und das dritte Boot am 13. November 1990 unmittelbar an die Beklagte, und das Ministerium für Abrüstung und. Verteidigung der DDR am 11. September 1990 die Aufhebung des Vertrages bezüglich der restlichen sieben Boote verlangte, kann auch aus einem zeitlichen Auseinanderfallen zwischen Herstellung und Lieferung der ersten drei Boote und dem noch nicht abgewickelten Rest des Vertrages nichts für eine konkludente Aufteilung des einheitlichen Vertrages gewonnen werden, was erwogen werden könnte, wenn mehrere Jahre dazwischen lägen. Es liegt danach ein einheitlicher Vertrag vor, der teilweise erfüllt ist, nämlich hinsichtlich der drei hergestellten und gelieferten Boote, und der teilweise nicht erfüllt ist, nämlich hinsichtlich der nicht hergestellten und nicht gelieferten sieben Boote, worüber der vorliegende Rechtsstreit geführt wird.
c) Das Berufungsgericht meint, die Verpflichtungen aus dem in Rede stehenden einheitlichen Vertrag vom 31. Januar 1985 nebst Nachträgen seien mit der Vereinigung am 3. Oktober 1990 gemäß Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages nicht in toto auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Die Bundesrepublik Deutschland hafte im Rahmen dieser Vorschrift nur für solche Verbindlichkeiten, "für die ein Äquivalent in dem übernommenen Vermögen" vorhanden sei. In das Verwaltungsvermögen der Bundesrepublik Deutschland seien nur die drei hergestellten und ausgelieferten Boote gelangt, die unstreitig voll bezahlt worden seien. Weitergehende Ansprüche ständen der Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht zu.
Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft.
Wie sich aus der Denkschrift zum Einigungsvertrag (BT-Drucks. 11/7760 S. 365) ergibt, beruht die in Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages vorgenommene Zuordnung des Vermögens der DDR auf der traditionellen Unterscheidung des deutschen Verwaltungsrechts zwischen Verwaltungs- und Finanzvermögen. Zum sogenannten Verwaltungsvermögen gehören jedenfalls die öffentlichen Sachen, d.h. das "Inventar" des Staates, das durch seinen unmittelbaren Gebrauch der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dient (BVerfGE 10, 21, 37; Schreiben d. BMJ v. 03.12.1992, DtZ 1993, 115; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., S. 511; Erichsen/Salzwedel, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl., S. 540 ff.; Forsthoff, Verwaltungsrecht Allg. Teil, 10. Aufl., S. 376 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., S. 273; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., Rdn. 56 vor § 90). Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß mit Art. 21 Abs. 1 Einigungsvertrag lediglich eine partielle, gegenständlich begrenzte Rechtsnachfolge bezüglich unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dienender Vermögensgegenstände (Verwaltungsvermögen) geschaffen worden ist. Schnellboote, die dafür ausgerüstet und bestimmt sind, militärischen Zwecken zu dienen, sind - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, da sie durch ihren unmittelbaren Gebrauch der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dienen. Die Bundesrepublik Deutschland hat unstreitig drei solche Boote übernommen, die auf der Grundlage des nicht vollständig erfüllten einheitlichen Vertrages vom 31. Januar 1985 und der Nachträge zu diesem Vertrag hergestellt worden sind.
Aus Art. 21 Abs. 1 Einigungsvertrag kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht abgeleitet werden, daß nur diese drei Boote als Aktiva ohne weiteren Übertragungsakt auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen wären, nicht aber die gesamten Passiva in Form aller Verbindlichkeiten aus dem nur teilweise erfüllten einheitlichen Vertrag vom 31. Januar 1985 samt Nachträgen, wie sie am 3. Oktober 1990 bestanden haben. Zum Verwaltungsvermögen gehören auch die Passiva, die mit übernommenen Aktiva in innerem Zusammenhang stehen (vgl. Schreiben d. BMJ v. 03.12.1992, DtZ 1993, 115). Auch in der Rechtsprechung ist dies anerkannt (BVerwG VIZ 1994, 541 ff.; BVerwG VIZ 1993, 1030 ff.; BGH, Urt. v. 04.11.1994 - Lw ZR 11/93, DtZ 1995, 88 ff.; BGH, Urt. v. 09.02.1995 - VII ZR 29/94, NJW 1995, 1492 ff.; BGHZ 128, 140, 146; BVerfGE 15, 126; vgl. auch Maunz (1976) in Maunz/Dürig, GG, Art. 134 Rdn. 10; Friauf, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 4, 1990, § 90 Rdn. 20, S. 311; Zieger in v. Münch, GG, 2. Aufl., 1983, Art. 134 Rdn. 11). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob sich bei einem Vergleich der Aktiva mit den zugehörigen Passiva ein positiver Saldo ergibt, wie das Berufungsgericht offenbar meint, das eine Haftung der beklagten Bundesrepublik Deutschland für Verbindlichkeiten nur insoweit anerkennen will, als dafür ein Äquivalent in Form der übernommenen drei Schnellboote in dem übernommenen Vermögen vorhanden ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann ein einheitlicher Vertrag nicht in einen nicht erfüllten und einen vom Werkunternehmer erfüllten Teil aufgespalten werden, um diese "Äquivalenz" herzustellen, wobei dann nur die auf den rechtlich verselbständigten, erfüllten Teil entfallenden Verbindlichkeiten nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag übergehen sollen, wie das Berufungsgericht meint. Sind auf der Grundlage eines teilweise erfüllten einheitlichen Werkvertrages Gegenstände des Verwaltungsvermögens der DDR gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag auf die Bundesrepublik Deutschland (oder einen der dort genannten Träger öffentlicher Verwaltung) übergegangen, so sind auch alle auf dem Werkvertrag beruhenden Verbindlichkeiten mitübergegangen, die zum Zeitpunkt des Vermögensüberganges bestanden haben.
2. Es ist danach zu prüfen, welche Verbindlichkeiten aus dem einheitlichen Werkvertrag vom 31. Januar 1985 bei Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 bestanden.
a) Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, hat das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR von der Klägerin am 11. September 1990 wegen Wegfalls des Bedarfs aufgrund der veränderten politischen Lage und wegen fehlender finanzieller Mittel die Aufhebung des Vertrages vom 31. Januar 1985 hinsichtlich der Boote 151.03 bis 151.09 verlangt. Am 12. September 1990, also noch zu DDR-Zeiten, fand eine Besprechung in W. statt, in der das Ministerium bezüglich der Boote 151.03 bis 151.09 die Leistung von Schadensersatz ablehnte, die Verpflichtung zur Leistung von Aufwendungsersatz dem Grunde nach anerkannte und Mithilfe bei der anderweiten Vermarktung der Boote zusagte, wie dem von Generalleutnant U. gefertigten und unterzeichneten Aktenvermerk zu entnehmen ist. Es ist zwar unklar, ob dieser Aktenvermerk auch von dem Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet worden ist. Die insoweit getroffene Vereinbarung wird indes durch das Protokoll der Besprechung vom 24. September 1990 bestätigt, das sowohl von einem Vertreter des Ministeriums als auch von dem Geschäftsführer der Klägerin unterschrieben worden ist. Dieses Protokoll verhält sich über Nachweis, Prüfung und Bewertung des Aufwendungsersatzes bezüglich der in. Rede stehenden Boote 151.03 bis 151.09. Im Interesse der Minimierung des Aufwendungsersatzes wird der Klägerin die Berechtigung zur Vermarktung der "angearbeiteten" Boote erteilt, wobei ein eventueller Weiterbau der Boote zu Lasten und auf Risiko der Klägerin gehen sollte.
b) In Art. 232 § 1 EGBGB ist bestimmt, daß für ein Schuldverhältnis, das vor dem Wirksamwerden des Beitritts entstanden ist, grundsätzlich das bisherige DDR-Recht maßgebend bleibt. Das gilt auch für die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen, die Gründe für das Erlöschen des Schuldverhältnisses sowie Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung (BGH, Urt. v. 31.05.1995 - VIII ZR 105/94, ZIP 1995, 1119, 1120; BGH, Urt. v. 15.12.1995 - V ZR 110/94, DtZ 1996, 140, 141; BGHZ 121, 378, 386 ff.; MünchKomm. z. BGB, 3. Aufl., Art. 232 § 1 EGBGB Rdn. 11, 13; vgl. ferner Palandt, BGB, 56. Aufl., EGBGB, Art. 232 § 1 Rdn. 7). Es ist deshalb zu prüfen, nach welchen Rechtsvorschriften der DDR das vorliegende Vertragsverhältnis abzuwickeln ist.
Das Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft vom 25. März 1982 (GBl. DDR 1 293 ff., im folgenden: VertragsG), das die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Wirtschaftseinheiten sowie der staatlichen Organe der DDR bei Wirtschaftsverträgen regelt und damit auch auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dem Ministerium für nationale Verteidigung der DDR Anwendung findet, ist zwar schon vor dem Beitritt durch § 4 Nr. 1 des Gesetzes über Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der DDR vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR 1 483 ff.) zum 1. Juli 1990 aufgehoben und eine Übergangsregelung für Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Juli 1990 entstanden sind, ist insoweit nicht getroffen worden. Gleichwohl bleibt das Vertragsgesetz auf sogenannte Altfälle weiterhin grundsätzlich anwendbar (BGHZ 120, 10, 16 ff.). Für seine Anwendung ergeben sich allerdings Schranken, die darauf beruhen, daß das Wirtschaftssystem im Beitrittsgebiet bereits zum 1. Juli 1990 durch die Bildung der Währungs- und Wirtschaftsunion mit der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich umgewandelt worden ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.07.1992 - XII ZR 113/91, DtZ 1992, 329 ff.).
Gegen eine Fortgeltung der Regelung in § 79 Abs. 1 Satz 1 VertragsG, wonach jedem Partner eines Wirtschaftsvertrages das Risiko der Aufhebung des Vertrages für Umstände aus seinem Bereich zugewiesen und hieran die Pflicht zum Aufwendungsersatz geknüpft wird, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken (BGHZ 121, 378, 386 ff.). Im Falle der Vertragsaufhebung bei Wegfall des Bedarfs auf seiten des Bestellers läuft diese Regelung im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine Schadensteilung hinaus, was nicht als "unangemessen angesehen werden kann.
Im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat das Berufungsgericht das von der Klägerin und einem Geschäftsführer der Beklagten unterschriebene Protokoll vom 28. November 1990 auszugsweise wiedergegeben, in dem verbindlich geregelt ist, daß beide Seiten die Aufhebung des Vertrages vom 31. Januar 1985 bezüglich der Boote 151.03 bis 151.09 anerkennen. Darüber hinaus heißt es in dem Protokoll, daß die Beklagte dem Grunde nach insoweit ihre Verpflichtung zur Leistung von Aufwendungsersatz nach dem Vertragsgesetz der DDR anerkenne. Es liegt nahe, diesem Protokoll eine verbindliche und abschließende Vereinbarung der Parteien zu entnehmen, den in Rede stehenden Vertrag bezüglich der Boote 151.03 bis 151.09 gemäß §§ 78 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 4, 31 VertragsG mit der Rechtsfolge aus § 79 Abs. 1 VertragsG abzuwickeln.
Dies kann indessen offenbleiben. Es bedarf auch keiner abschließenden Entscheidung, ob die Regelung in § 78 Abs. 1 VertragsG, wonach die Partner den Wirtschaftsvertrag zu ändern oder aufzuheben haben, wenn dies "im gesellschaftlichen Interesse" notwendig ist, generell in jeder darunter subsumierbaren Fallkonstellation mit der durch den Vertrag über die Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 (GBl. DDR 1 332 ff. = BGBl. II 537 ff.) am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Rechts- und Wirtschaftsverfassungsordnung zu vereinbaren ist (verneinend KG DtZ 1992, 358; Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, 2. Aufl., 1993, S. 235).
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR am 11. September 1990 wegen Wegfalls des Bedarfs (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 3 VertragsG) die Aufhebung des Vertrages hinsichtlich der Boote 151.03 bis 151.09 verlangte und die Klägerin einer Aufhebung widersprochen hat. Da das Vertragsgesetz eine einseitige Kündigung des Wirtschaftsvertrages nicht vorsieht, die Änderung oder Aufhebung eines solchen Vertrages vielmehr die übereinstimmenden Willenserklärungen beider Parteien erfordert (§ 78 Abs. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 VertragsG; vgl. auch Komm. z. VertragsG, 2. Aufl., 1989, herausg. v. Staatlichen Vertragsgericht der DDR, § 78 Rdn. 2.6), bestehen gegen eine Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 4 VertragsG jedenfalls dann keine Bedenken, wenn bei einem der Beteiligten ein Bedarf für die bestellte Leistung schlechthin nicht mehr besteht und mit Rücksicht darauf die Aufhebung des Vertrages im Ergebnis einverständlich vollzogen wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1994 - X ZR 78/92, WM 1995, 72, 73) oder wenn auch über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Vertragsänderung hätte verlangt werden können, Grundsätze, die auch auf vor dem Inkrafttreten des Vertrages über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 in der DDR begründete Schuldverhältnisse anzuwenden sind (vgl. BGHZ 126, 150, 159 ff.; BGH, Urt. v. 25.02.1993 - VII ZR 24/92, WM 1993, 1142, 1147 ff.; BGH, Urt. v. 01.04.1993 - VII ZR 22/92, WM 1993, 1380, 1381 1. Sp.).
Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung die bei Vertragsschluß bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien, auf denen ihr Geschäftswille aufbaut (vgl. BGHZ 121, 3718, 391). Bei Abschluß des vorliegenden Wirtschaftsvertrages, der aus Staatshaushaltsmitteln der DDR zu finanzieren war, gingen die Parteien von einem fortbestehenden Bedarf der DDR an militärischer Ausrüstung und davon aus, daß der erforderliche Finanzbedarf in vollem Umfang aus staatlichen Mitteln gedeckt werde. Der Geschäftswille der Parteien, sofern von einem solchen unter der Geltung des planwirtschaftlichen Systems gesprochen werden kann (vgl. dazu BGHZ 120, 10, 24; BGH, Urt. v. 25.02.1993 - VII ZR 24/92, WM 1993, 1142, 1147 1. Sp.), baute auf dieser gemeinsamen Vorstellung auf. Keine Partei hat den vollständigen Wegfall des Bedarfs, den wirtschaftlichen Niedergang der DDR und ihren Untergang durch den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland voraussehen können, wodurch die Geschäftsgrundlage des geschlossenen Wirtschaftsvertrages entfallen ist. Als das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR am 11. September 1990 wenige Tage vor dem Beitritt und damit dem Untergang der DDR die Änderung des Wirtschaftsvertrages vom 31. Januar 1985 hinsichtlich der Boote 151.03 bis 151.09 verlangte, berief es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf den Wegfall des Bedarfs infolge der veränderten politischen Lage und der fehlenden Finanzmittel. Bei dieser Sachlage war die Klägerin unabhängig davon, ob man eine Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 4 VertragsG unter Ausrichtung an der seit dem 1. Juli 1990 geltenden marktwirtschaftlichen Ordnung befürwortet (so BGH, Urt. v. 14.10.1992 - VIII ZR 153/91, WM 1992, 2155, 2156 r. Sp.) oder die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage unmittelbar heranzieht (so BGHZ 126, 150, 161) zu einer Vertragsanpassung verpflichtet. Für eine den Interessen beider Parteien gerecht werdende Vertragsanpassung bietet es sich an, auf die Regelung in §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 108 VertragsG zurückzugreifen, wonach derjenige, der die Änderung oder Aufhebung des Wirtschaftsvertrages verursacht hat, dem Vertragspartner die entstandenen Aufwendungen zu ersetzen hat, zumal der Vertrag unter der Geltung dieser Vorschriften geschlossen wurde und sich die Parteien bei seinem Abschluß für die weitere Abwicklung deshalb auch an ihnen orientiert haben.
Dieser Aufwendungsersatzanspruch ist mit dem Beitritt der DDR am 3. Oktober 1990 gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages auf die beklagte Bundesrepublik Deutschland übergegangen.
c) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, daß der Klägerin hinsichtlich der Boote 151.03 bis 151.09 kein Anspruch auf Werklohn zusteht, den sie mit ihrem Hauptantrag in Höhe eines Teilbetrages von 1.000.000,-- DM geltend gemacht hat. Die darauf gerichtete Klage nach dem Hauptantrag ist in den Vorinstanzen mit Recht abgewiesen worden.
III. Bezüglich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Aufwendungsersatzes ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da es hinsichtlich der Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs an Feststellungen fehlt, so daß dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist.
Bei der Höhe des Aufwendungsersatzes wird zu berücksichtigen sein, daß die Parteien ursprünglich übereinstimmend davon ausgingen, daß eine anderweite Vermarktung der "angearbeiteten" Bootskörper möglich sei und dieses Vorhaben an den Vorschriften des Kriegswaffenkontrollgesetzes gescheitert sein dürfte, weil die insoweit erforderliche Genehmigung nicht erteilt wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 2993517 |
BGHZ 137, 350 |
BGHZ, 350 |
NJW 1998, 1701 |
BGHR DDR-VertrG § 78 Abs. 1 Vertragsaufhebung 1 |
BGHR EinigV Art. 21 Abs. 1 Verwaltungsvermögen |
VIZ 1998, 269 |
WM 1998, 1082 |
ZAP-Ost 1998, 1 |
ZAP-Ost 1998, 197 |
MDR 1998, 1275 |
NJ 1998, 422 |