Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhungsverlangen bei Teilinklusivmiete. Kappungsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung der Kappungsgrenze bei einer Teilinklusivmiete.
Normenkette
BGB § 558
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hanau v. 4.4.2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses.
Der Kläger vermietete dem Beklagten mit Mietvertrag v. 1.6.1983 eine Wohnung im Hause D. straße in H. . Am 1.12.1998 vereinbarten die Parteien eine Miete von 800 DM monatlich inkl. aller Nebenkosten mit Ausnahme der Heizkosten, für die monatlich 100 DM zusätzlich zu leisten sind und über die gesondert abgerechnet wird. Mit Schreiben v. 5.12.2001 verlangte der Kläger die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der Inklusivmiete auf 960 DM nebst 100 DM Heizkostenvorauszahlung zum 1.3.2002.
Der Kläger beruft sich darauf, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für die vom Beklagten gemietete Wohnung nach dem Mietspiegel der Stadt H. ohne Betriebskostenanteil 625,60 DM betrage und nach der Nebenkostenabrechnung 2000 für die Wohnung des Beklagten ein Nebenkostenanteil von 463,54 DM monatlich entstanden sei. Die ortsübliche Miete müsse daher mit 1.089,14 DM angesetzt werden. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von 20 % verlange er daher nur 960 DM monatlich. Im Jahre 1998 sei bei der Vereinbarung der Inklusivmiete i. H. v. 800 DM von einem Betriebskostenanteil von 383,33 DM ausgegangen worden, so dass eine Nettomiete von 416,67 DM in dem Betrag von 800 DM kalkuliert gewesen sei.
Der Beklagte meint demgegenüber, nur auf die Nettomiete könne ein Betrag von 20 % aufgeschlagen werden, nicht aber auf die Inklusivmiete von 800 DM.
Das AG hat der Klage stattgegeben, das LG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit der vom LG zugelassenen Revision sein Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Kläger habe gegen den Beklagten gem. § 558 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete für die von ihm innegehaltene Wohnung in der D. straße in H. von bisher 800 DM auf 960 DM, beginnend ab dem 1.3.2002. Das Mieterhöhungsverlangen sei nicht nur zulässig bei einer Nettomiete, sondern auch wenn zwischen den Parteien - wie vorliegend - eine Teilinklusivmiete vereinbart sei. Da der Mietspiegel für H. v. 2.4.2001 als Vergleichswert von der Nettomiete ausgehe, sei die zwischen den Parteien vereinbarte Teilinklusivmiete, um einen Vergleich zwischen der Ausgangsmiete mit der Vergleichsmiete zu ermöglichen, in eine Nettomiete und einen Teilbetriebskostenanteil aufzuspalten. Auf Grund der Vereinbarung der Parteien bei der letzten Mieterhöhung 1998 betrage der Betriebskostenanteil der Teilinklusivmiete 383,33 DM. Die Nettomiete sei daher mit 416,67 DM anzusetzen. Eine vergleichbare Wohnung wie die hier vorliegende koste laut Mietspiegel für H. 625,60 DM. Damit sei die Ausgangsmiete i. H. v. 416,67 DM niedriger als die Vergleichsmiete des Mietspiegels, so dass eine Mieterhöhung zulässig sei. Bei der Erhöhung der Miete sei gem. § 558 Abs. 3 BGB darauf zu achten, dass die Miete nicht um mehr als 20 % erhöht werde. Ausgangspunkt für die Kappungsgrenze von 20 % sei die Teilinklusivmiete. Der Mieter habe durch die Vereinbarung einer bestimmten konkreten Mietzinsstruktur beim Abschluss des Mietvertrages in Kauf genommen bzw. sich damit einverstanden erklärt, dass die im Mietvertrag verankerte Mietzinsstruktur mit ihren Auswirkungen für die gesamte Mietzeit zu Grunde zu legen sei. Bei einer vereinbarten Teilinklusivmiete seien die Betriebskosten Bestandteil der Miete geworden, so dass eine Differenzierung in Nettomiete und Nebenkostenpauschale nicht gewollt sei. Im Hinblick darauf könne der Vermieter auch nicht darauf verwiesen werden, dass er bei vereinbarter Teilinklusivmiete die Möglichkeit habe, die Betriebskosten gem. § 560 BGB zu erhöhen. Die Vorschrift sei auf diese Fälle nicht anwendbar. Ausgangswert für die Berechnung der Kappungsgrenze sei demnach die Teilinklusivmiete i. H. v. 800 DM.
II.
Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen.
Zu Recht hat das LG den Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete für die Wohnung in der D. straße in H. von bisher 800 DM auf 960 DM, beginnend ab dem 1.3.2002, gem. § 558 Abs. 1 BGB als begründet erachtet. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das LG die Kappungsgrenze gem. § 558 Abs. 3 BGB - im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu dem in wesentlichen Teilen übereinstimmenden früheren § 2 MHG - auf Grund der Teilinklusivmiete von 800 DM berechnet hat (OLG Stuttgart v. 13.7.1983 - 8 REMiet 2/83, MDR 1983, 938 = NJW 1983, 2329; OLG Hamburg WuM 1984, 24; OLG Hamm WuM 1984, 121; OLG Koblenz v. 8.11.1984 - 4 W RE 571/84, NJW 1985, 333; OLG Hamm v. 3.12.1992 - 30 REMiet 4/92, MDR 1993, 533 = NJW-RR 1993, 398).
1. Für die Auffassung, dass bei der Berechnung der Kappungsgrenze nicht von der so genannten Nettomiete auszugehen ist, spricht schon der Wortlaut des § 558 BGB, in dem nur die Erhöhung der "Miete" geregelt wird. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Begriff "Miete" in § 558 BGB nur als Nettomiete habe verstehen wollen, eine Inklusivmiete deshalb in einen Grundmietzins und einen Betriebkostenanteil aufgeteilt werden müsse, besteht nicht (Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar Neues Mietrecht, S. 266 f.; Referentenentwurf, NZM 2000, 415 f. [429]; Gesetzentwurf zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts, NZM 2000, 802 f. [815]; Stellungnahme des Bundesrates, NZM 2001, 20 [24 ,25]; Gegenäußerung der Bundesregierung, NZM 2001, 35 [36, 37]). Dem Gesetzgeber war bei der Fassung des § 558 BGB bekannt, dass in der Praxis der Wohnungswirtschaft der von den Mietparteien vereinbarte Mietzins von unterschiedlicher Struktur ist. Wenn der Gesetzgeber in § 558 BGB gleichwohl nicht ausdrücklich zwischen Nettomiete und Inklusivmiete unterschieden hat, ist daraus zu entnehmen, dass der Begriff "Miete" in § 558 BGB entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch als vom Mieter zu zahlender Betrag ohne zusätzlich vereinbarte Betriebskostenvorauszahlungen zu verstehen ist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Kläger habe auf Grund § 4 Nr. 3 des Mietvertrages der Parteien die Nebenkosten separat erhöhen können; entgegen der Auffassung des LG sei § 560 BGB i. V. m. Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB deshalb anwendbar, so dass das Hauptargument für eine Berechnung der Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB aus der Inklusivmiete, der Vermieter könne eine separate Erhöhung der Nebenkosten nach § 560 BGB jetzt nicht mehr geltend machen, damit entfalle.
Durch einen Wohnungsmietvertrag, der als Mietentgelt nur einen bestimmten Betrag (zzgl. Heizungs-/Warmwasserkosten) vorsieht, werden im Regelfall alle umlagefähigen Betriebskosten mit abgegolten (OLG Hamm v. 3.12.1992 - 30 REMiet 4/92, MDR 1993, 533 = NJW-RR 1993, 398). Bei einer derartigen Teilinklusivmiete war - mit Ausnahme für das Land Berlin - während der Geltungsdauer des Gesetzes zur dauerhaften Verbesserung der Wohnungssituation im Land Berlin v. 14.7.1987 (GVW) nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten nach § 4 MHG ausgeschlossen (OLG Hamm v. 20.8.1997 - 30 RE-Miet 2/97, NJW-RR 1998, 298, m. w. N.). Soweit sich die Revision auf den formularmäßigen Erhöhungsvorbehalt im Mietvertrag der Parteien beruft, lässt sie außer Acht, dass eine derartige Klausel nach der Rechtsprechung des Senats unwirksam ist (BGH, Urt. v. 20.1.1993 - VIII ZR 10/92, MDR 1993, 339 = NJW 1993, 1061, unter II 2). Zu Recht ist das LG deshalb der Auffassung, ein Vermieter könne bei vereinbarter Teilinklusivmiete - wie im vorliegenden Fall - nicht auf die Möglichkeit des § 560 BGB verwiesen werden, die Miete wegen gestiegener Betriebskosten zu erhöhen, da diese Vorschrift auf diese Fälle nicht anwendbar sei. Nach § 560 BGB können nur Betriebskostenpauschalen und Betriebskostenvorauszahlungen bei entsprechender Vereinbarung im Mietvertrag erhöht werden. Die Erhöhungsmöglichkeit besteht aber nicht bei Teilinklusivverträgen (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung zu § 560 BGB; vgl. NZM 2000, 443 und NZM 2000, 815). Das LG hat deshalb zu Recht bei der Berechnung der Kappungsgrenze die Inklusivmiete i. H. v. 800 DM zu Grunde gelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 1117352 |
NJW 2004, 1380 |
BGHR 2004, 579 |
DWW 2004, 84 |
EBE/BGH 2004, 4 |
NZM 2004, 218 |
ZMR 2004, 327 |
MDR 2004, 566 |
WuM 2004, 153 |
RdW 2004, 221 |
IWR 2004, 69 |
JWO-MietR 2004, 74 |
MK 2004, 114 |