Leitsatz (amtlich)

1. Die Formvorschrift des GmbHG § 55 Abs 1 erstreckt sich nicht auf schuldrechtliche Nebenabreden, die lediglich die derzeitigen Vertragsparteien binden und nicht die künftigen gesellschaftsrechtlichen Beziehungen mitbestimmen sollen.

2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Anfechtung eines Vertrages, der nach dem Parteiwillen mit einem weiteren Vertrag eine Einheit bildet, die Wirksamkeit dieses weiteren Vertrages zunächst unberührt läßt, so daß sich bei späterer Bestätigung des angefochtenen Geschäfts ein Neuabschluß auch des anderen Geschäfts erübrigt.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, unterhält in B. ein auf Wasserbauarbeiten spezialisiertes Tiefbauunternehmen. Die Beklagte, eine niederländische Gesellschaft, betreibt im internationalen Rahmen Naßbaggerei und Schlammbaggerei. Durch privatschriftlichen Vertrag vom 16. Oktober 1973 kaufte die Beklagte von der Klägerin einen D.-Schneidkopf-Bagger mit 300 m Polyeten-Rohr zum Preis von 170.000 DM zuzüglich 11% Mehrwertsteuer; die Klägerin versicherte, daß der Bagger ihr frei verfügbares Eigentum sei. An demselben Tag ließen die Parteien sowie die beiden Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin unter anderem folgende Erklärungen notariell beurkunden: Die beiden Gesellschafter beschlossen, das Stammkapital der Klägerin von 50.000 auf 100.000 DM zu erhöhen und „Übernahme der neuen Stammeinlagen … in Höhe von je 25.000 DM” den Gesellschafter K. und die Beklagte zuzulassen. Die „neuen Stammeinlagen von je 1.000 DM” sollten binnen zwei Wochen einzuzahlen sein. Der Gesellschafter K. erklärte, daß er „25 × 1.000 DM Stammeinlage übernehme”, und der Geschäftsführer der Beklagten, daß er für die Beklagte „ebenfalls DM 1.000 × 25 Stammeinlage übernehme”. Ferner wurde eine geänderte Satzung beschlossen, die in den §§ 3 und 4 folgendes bestimmt:

㤠3

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt DM 100.000. Hiervon übernimmt der Ing K. eine Stammeinlage von DM 70.000 zuzüglich weiterer DM 5.000 Stammeinlage der Frau K., die diese in gesonderter Verhandlung auf Herrn K. überträgt, und die A.B.V. in B. (Beklagte) eine Stammeinlage von DM 25.000”.

§ 4

Auf jeden Geschäftsanteil von DM 1.000 fällt eine Stimme”.

Danach kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten. Durch Schreiben vom 5. November 1973, dessen Zugang die Klägerin bestritten hat, focht die Beklagte den Kaufvertrag über den Bagger an, weil ihr Geschäftsführer ihn irrtümlich in der Annahme unterzeichnet habe, die Urkunde betreffe den Erwerb des GmbH-Anteils von 25.000 DM. Am 12. November 1973 verhandelten die Parteien über das weitere Schicksal der Verträge, wobei die Beklagte unter Widerspruch der Klägerin nicht nur auf die Anfechtung des Kaufvertrags zurückkam, sondern auch die notariellen Erklärungen als nichtig bezeichnete. Schließlich einigten sich die Parteien dahin, das Vertragswerk in der Weise durchzuführen, wie es der Rechtsanwalt der Klägerin in seinem anschließenden Schreiben vom 14. November 1973 bestätigte. Nach diesem Schreiben sollten die Verträge vom 16. Oktober 1973 „schnellstmöglich erfüllt werden”, und zwar durch Einlagezahlung „Zug und Zug bei Formulierungsänderung der Stammeinlagenübernahmeerklärung”, mit einer „verpflichtenden Absichtserklärung der Parteien zur Art und Weise der Zusammenarbeit”, durch die Feststellung, daß das Anfechtungsschreiben der Beklagten hinfällig sei, sowie durch Zahlung des Kaufpreises für den Bagger „Zug um Zug gegen Unterzeichnung der Absichtserklärung”. Die notariell zu beurkundende „Formulierungsänderung” sollte dahin lauten, daß „anstelle von je 25 × 1.000 DM Stammeinlageanteilen je ein 25.000 DM-Anteil eingesetzt wird”. Für die „Absichtserklärung” schlug der Bevollmächtigte der Klägerin eine bestimmte Fassung vor. Am 14. Dezember 1973 führten die Parteien eine erneute Besprechung, bei der sie sich nicht mehr einigen konnten. In der Folgezeit focht die Beklagte erneut den Kaufvertrag und später auch den GmbH-Vertrag an. Zur Begründung machte sie weiterhin geltend, die Klägerin habe sie über die Eigentumsverhältnisse am Bagger sowie über die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens arglistig getäuscht.

Die Klägerin betrachtet die Vereinbarungen vom 16. Oktober 1973 als nach wie vor verbindlich. Sie hat demgemäß zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 170.000 DM zuzüglich 18.700 DM (= 11% MWSt) nebst Zinsen von 170.000 DM sowie weitere 25.000 DM mit Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Baggers und Einräumung einer 25%igen Beteiligung an der Firma der Klägerin gemäß GmbH-Vertrag vom 16. Oktober 1973 zu zahlen. Hilfsweise hat sie in der Berufungsinstanz weitere Anträge gestellt.

Die Beklagte hat sich demgegenüber insbesondere auf ihre Anfechtungserklärungen berufen und geltend gemacht, die notarielle Übernahmeerklärung vom 16. Oktober 1973 sei auch wegen Verstoßes gegen § 55 Abs 4 in Verbindung mit § 5 Abs 2 GmbHG nichtig; damit sei zugleich dem Kaufvertrag die Grundlage entzogen, weil beide Geschäfte nach dem Willen der Parteien eine Einheit gebildet hätten. Die spätere Besprechung vom 12. November 1973 habe zu keiner endgültigen Übereinkunft der Parteien geführt, weil noch verschiedene Punkte offengeblieben seien und es über sie zu keiner Einigung mehr gekommen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr nach dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben. Mit der vom Senat angenommenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Parteien den Kaufvertrag über den Bagger und die notariell beurkundete Übernahme einer Stammeinlage durch die Beklagte unstreitig als wirtschaftliche Einheit betrachtet haben und sich deshalb die Nichtigkeit des letzteren Vertrags auch auf den Kaufvertrag erstrecken könne. Indessen sieht es den notariellen Vertrag weder wegen Verstoßes gegen das Gesetz noch aufgrund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als nichtig an. Ebenso hält es die vom der Beklagten erklärte Anfechtung des Kaufvertrags wegen Irrtums ihres Geschäftsführers im Ergebnis für nicht durchgreifend, weil die Parteien sich am 12. November 1973 geeinigt hätten, den Kaufvertrag – wenn auch unter bestimmten anderen Voraussetzungen – durchzuführen, und hierin eine Bestätigung nach § 141 Abs 1 BGB liege. Diesen Bestätigungsvertrag selbst habe die Beklagte nicht wirksam angefochten. Sie müsse daher sowohl den Kaufpreis für den Bagger als auch die Stammeinlage für ihren Beitritt zur Klägerin zahlen. Einer Neuformulierung des GmbH-Vertrags, wie in der Vereinbarung vom 12. November 1973 vorgesehen, bedürfe es nicht, weil dieser Vertrag wirksam sei. Auch auf das Fehlen der vereinbarten „Absichtserklärung” könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie sich wider Treu und Glauben grundlos geweigert habe, an dieser Erklärung mitzuwirken.

Diese Entscheidung hält nicht in allen Punkten den Revisionsangriffen stand.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die notariellen Erklärungen vom 16. Oktober 1973 verstießen nicht gegen § 55 Abs 4 in Verbindung mit § 5 Abs 2 GmbHG, wonach jeder Gesellschafter nur eine Stammeinlage übernehmen kann. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß der erste Teil der Urkunde insofern mißverständlich gefaßt ist, als dort mehrere Stellen, für sich genommen, den Eindruck erwecken könnten, das vom Gesellschafter K. und der Beklagten neu einzubringende Kapital von je 25.000 DM teile sich in einzelne Stammeinlagen von je 1.000 DM auf. Es hat aber vor allem den §§ 3 und 4 der anschließend beurkundeten neuen Satzung die hinreichend deutliche Erklärung entnommen, daß die Beklagte nur einen neuen Geschäftsanteil in Höhe von 25.000 DM habe übernehmen sollen und dessen rechnerische Zerlegung in Beträge von je 1.000 DM sich lediglich auf das Stimmrecht bezogen habe (vgl RGZ 83, 256, 263). Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen; sie rücken die einzelnen Vertragsbestimmungen in einen sinnvollen Zusammenhang und entsprechend den Rechtsgrundsätzen über die Auslegung von Verträgen allgemein und von GmbH-Verträgen im besonderen (vgl Urt d Sen v 24.1.74 – II ZR 65/72, LM GmbHG § 47 Nr 21 zu 2).

2. Unter dem Gesichtspunkt des Formzwangs sind die Verträge vom 16. Oktober 1973 ebenfalls nicht zu beanstanden.

Unstreitig haben die Parteien diese Verträge als „wirtschaftliche Einheit” betrachtet. Darüber hinaus hat die Beklagte behauptet und unter Beweis gestellt, ihre Beteiligung an der GmbH, der Baggerkauf und die Zusammenarbeit der Parteien in einer Arbeitsgemeinschaft seien als einheitliches Geschäft gewollt gewesen; das eine habe nicht ohne das andere Bestand haben sollen (Schriftsätze v 21.6.74 S 5 u v 6.11.74 S 4, 13). Demgegenüber hat die Klägerin zwar geltend gemacht, von den wirtschaftlich als Einheit gesehenen Verträgen habe nach dem Willen der Parteien rechtlich jeder sein eigenes Schicksal haben sollen; andererseits hat sie aber auch eingeräumt, daß der eine Vertrag nicht ohne den anderen erfüllt werden sollte (Schriftsätze v 3.10.74 S 4 u v 3.9.75 S 4). Dieser beiderseitige Vortrag deutet nicht nur, wie die Revisionserwiderung meint, auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang der verschiedenen Geschäfte, sondern auch darauf hin, daß nach übereinstimmender Vorstellung der Parteien der Erwerb des GmbH-Anteils durch die Beklagte von dem Kauf des Baggers rechtlich ebenso abhängig gewesen sein könnte wie umgekehrt der Kaufvertrag vom Anteilserwerb. Dem steht nicht unbedingt die Behauptung der Beklagten entgegen, die Parteien hätten zunächst den gleichzeitigen Abschluß von Kaufvertrag und Einlageübernahmevertrag nicht vorgesehen, sondern verabredet, über die Modalitäten des Baggerkaufs erst noch zu sprechen und alsdann auch diesen Vertrag notariell beurkunden zu lassen (Schriftsatz v 6.11.74 S 5, 6). Denn dieser Vortrag schließt nicht aus, daß die beiden Verträge nach dem Willen der Vertragschließenden mindestens in der Weise miteinander verknüpft waren, daß der Baggerkauf eine wesentliche Grundlage für die Anteilsübernahme bilden und diese daher hinfällig werden sollte, wenn der Kauf nicht zustande kam.

Das führt zu der Frage, ob mit Rücksicht auf diese für die Revisionsinstanz zu unterstellende rechtliche Zusammengehörigkeit auch der Kaufvertrag über den Bagger dem für die Übernahmeerklärung nach § 55 Abs 1 GmbHG aufgestellten Erfordernis notarieller Beurkundung oder Beglaubigung unterlegen hat. Für die Formvorschrift des § 313 BGB gilt, daß sie sich auf Nebengeschäfte mit erstreckt, die nach dem Willen der Parteien mit dem Grundstückskauf so verbunden sind, daß beide zusammen bestehen sollen (BGH, Urt v 31.5.74 – V ZR 111/72, WM 1974, 720; v 19.3.71 – V ZR 143/69, LM BGB § 139 Nr 46 = WM 1971, 618). Dieser Grundsatz läßt sich jedoch nicht auf die Übernahme einer neuen Stammeinlage nach § 55 Abs 1 GmbHG übertragen.

§ 313 BGB dient dazu, nicht nur die Vertragsparteien vor übereilten Erklärungen zu schützen, sondern ihnen auch eine fachkundige Beratung zuteil werden zu lassen und späteren Streitigkeiten über Zustandekommen und Inhalt des Vertrages vorzubeugen; deswegen müssen alle Vereinbarungen beurkundet werden, aus denen sich nach dem Willen der Beteiligten das schuldrechtliche Geschäft zusammensetzt (BGH, Urt v 26.10.73 – V ZR 194/72, LM BGB § 313 Nr 63). Einen so umfassenden Zweck hat die Formvorschrift des § 55 Abs 1 GmbHG nicht. Soweit hier überhaupt der Gedanke eine Rolle spielt, den Übernehmer selbst, auch zu seinem eigenen Schutz, zu einer klaren und überlegten Erklärung anzuhalten R. (so Schilling in Hachenburg, GmbHG 6. Aufl § 55 Anm 23; vgl auch RGZ 149, 385, 395), umfaßt er jedenfalls nicht die sachkundige Belehrung des Übernehmers über den Gesamtinhalt seiner Verpflichtungen, wie sich schon daraus ergibt, daß die notarielle Beglaubigung der Übernahmeerklärung ausreicht (vgl § 40 Abs 2 gegen § 17 BeurkG). Im übrigen dient § 55 Abs 1 GmbHG vor allem der Rechtssicherheit; die Öffentlichkeit soll über die Kapitalgrundlage der Gesellschaft aufgeklärt, Gläubiger und künftige Gesellschafter sollen geschützt werden (vgl Urt d Sen v 13.10.66 – II ZR 56/64, WM 1966, 1262 zu I 1c). Diese Zwecke erfordern es nicht, schuldrechtliche Nebenabreden zugunsten der Gesellschaft, die anläßlich einer Kapitalerhöhung, aber außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses lediglich mit Wirkung für und gegen die derzeitigen Vertragschließenden getroffen werden, die also nach dem Willen der Vertragschließenden keine „dauernde Grundlage des gesellschaftlichen Lebens” bilden sollen, ebenfalls dem Formzwang zu unterwerfen (Schilling aaO § 53 Anm 1, § 55 Anm 23; vgl auch Ulmer in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl § 2 Anm 16, § 3 Anm 43, 44, 101ff).

So hat der Senat zu der gegenüber § 55 Abs 1 GmbHG schärferen Formvorschrift des § 2 GmbHG (Beurkundung – nicht nur Beglaubigung – der wechselseitigen Vertragserklärungen) ausgesprochen, daß ihr besondere schuldrechtliche Vereinbarungen der Gesellschafter untereinander, die einen von ihnen persönlich gegenüber der Gesellschaft verpflichten, aber keine mitgliedschaftsrechtliche Bindung auch für später eintretende Gesellschafter herbeiführen sollen, selbst dann nicht unterliegen, wenn die vereinbarte Leistung für die wirtschaftlichen Zwecke der Gesellschaft unerläßlich ist (Urt d Sen v 29.9.69 – II ZR 167/68, LMGmbHG § 2 Nr 8; vgl auch BGHZ 36, 155, 161). Für Vereinbarungen, die anläßlich einer Kapitalerhöhung unmittelbar zwischen der Gesellschaft und dem Übernehmer einer neuen Stammeinlage getroffen werden, diesen aber nicht gerade in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, sondern nur individualrechtlich verpflichten und deshalb keine Bindung für jeden späteren Gesellschafter begründen sollen, gilt nichts anderes. Um ein solches Rechtsgeschäft handelt es sich hier bei dem Kaufvertrag über den Bagger: Dessen Wirkungen sollten sich in einer vorübergehenden schuldrechtlichen Beziehung der Parteien erschöpfen und nicht etwa die künftige Mitgliedschaft der Beklagten oder eines Nachfolgers in ihren Geschäftsanteil inhaltlich mitbestimmen. 3. Das Berufungsgericht hat mit Rücksicht auf den von ihm angenommenen Bestätigungsvertrag offengelassen, ob der Geschäftsführer der Beklagten, wie diese behauptet hat, den Kaufvertrag über den Bagger in dem Irrtum, es handle sich um den Beitritt zur GmbH, unterschrieben und die Beklagte aus diesem Grund den Vertrag zunächst wirksam nach § 119 Abs 1 BGB angefochten hat. Dieses Vorbringen ist daher für die revisionsrechtliche Prüfung als richtig zu unterstellen. Die hierfür notwendigen Tatsachen hat die Beklagte schlüssig vorgetragen und unter Beweis gestellt. Das gilt auch für ihre Behauptung, die Anfechtung, wenn nicht schon durch ihr Schreiben vom 5. November 1973 – dessen Zugang die Klägerin bestritten hat –, so doch jedenfalls mündlich noch vor einer am 12. November 1973 etwa zustande gekommenen Einigung dem Geschäftsführer der Klägerin erklärt zu haben (Schriftsatz v 6.11.74 S 6, 7, 9; vgl auch die Schriftsätze der Klägerin v 3.10.74 S 5, 6 und v 20.1.75 S 4 sowie das Schreiben des RA K. v 14.11.73 zu I 2a). Damit entfällt die Möglichkeit, mit der Revisionserwiderung davon auszugehen, daß die Beklagte am 12. November 1973 auf ihr Anfechtungsrecht bereits vor dessen Ausübung verzichtet habe. Auch läßt sich nach dem Vortrag der Beklagten nicht ohne tatrichterliche Feststellungen ausschließen, daß ihr Geschäftsführer bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung von der Unterzeichnung des Kaufvertrags jedenfalls am 16. Oktober 1973 abgesehen hätte (§ 119 Abs 1 BGB; vgl Schriftsatz der Beklagten v 6.11.74 S 5, 6).

Damit erhebt sich zunächst die Frage, ob mit Rücksicht auf die zu unterstellende Einheit der beiden Geschäfte eine erfolgreiche Anfechtung des Kaufvertrags auch die notariell beglaubigte Übernahmeerklärung der Beklagten erfaßt hat. Wird ein Teil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts wirksam angefochten, so ist nach § 139 BGB in der Regel das ganze Rechtsgeschäft nichtig, es sei denn, die Beteiligten hätten, wenn sie mit der Nichtigkeit des einen Geschäftsteils gerechnet hätten, den vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar betroffenen Teil gleichwohl abgeschlossen (BGH, Urt v 20.5.66 – V ZR 214/64, LMBGB § 139 Nr 34 = WM 1966, 899; v 30.4.76 – V ZR 140/74, WM 1976, 848 mwN).

Hier ist zwar nach dem Vortrag der Parteien davon auszugehen, daß die Übernahme der Stammeinlage mit dem Baggerkauf „stehen und fallen” sollte. Wie schon erwähnt, hat die Beklagte aber auch geltend gemacht, ihr Geschäftsführer habe mit der Vorstellung, über die Modalitäten des Baggerkaufs solle erst noch gesprochen und alsdann solle dieser Vertrag notariell beurkundet werden, zunächst die Übernahmeerklärung allein unterschreiben wollen. Demgemäß heißt es in dem von ihr vorgelegten Anfechtungsschreiben vom 5. November 1973: „Der Abschluß eines derartigen Kaufvertrages war, wenn überhaupt, zu diesem Zeitpunkt nicht beabsichtigt”, und am Ende des Briefes: „Wir gehen davon aus, daß angesichts des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses eine einvernehmliche Regelung erfolgt, die auch unsere Mandantin vorziehen würde”. Legt man den hiernach zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Sachverhalt zugrunde, so hat sie die Übernahme des Geschäftsanteils auch ohne den gleichzeitigen Abschluß des Kaufvertrags über den Bagger vorweg erklären wollen, und diese Erklärung sollte jedenfalls unter der Voraussetzung rechtsbeständig bleiben, daß der Kaufvertrag später noch gültig zustande kam. Sofern diese Vorstellung für die Klägerin erkennbar war und von ihr geteilt oder zumindest hingenommen wurde, sollte und konnte nicht schon die mit einem Irrtum über den Inhalt der Erklärung begründete Anfechtung des Kaufvertrags zugleich den (offenbar noch nicht vollzogenen) Übernahmevertrag vernichten. Erst wenn die Kaufverhandlungen endgültig gescheitert wären, wäre auch der Übernahmeerklärung der Boden entzogen und sie infolgedessen hinfällig geworden.

Sollte es sich aber bei der Abhängigkeit des Übernahmevertrags von einem erst demnächst abzuschließenden Kaufvertrag nur um eine einseitige Vorstellung der Beklagten gehandelt haben, so dürfte diese sich gleichwohl nach § 242 BGB nicht darauf berufen, durch die Anfechtung des Kaufvertrags auch ihre Übernahmeerklärung beseitigt zu haben, wenn sich die Parteien später tatsächlich über beide Verträge einig geworden wären und hierdurch auch den angefochtenen Teil ihrer Vereinbarungen bestätigt hätten; denn dies würde im Ergebnis gerade dem entsprechen, was die Beklagte sich vorgestellt haben will.

4. Demnach kommt es weiter darauf an, ob sich die Parteien am 12. November 1973 rechtsverbindlich erneut auf der Grundlage der Verträge vom 16. Oktober 1973 geeinigt haben. Hierauf hat sich die Klägerin zwar nicht in erster Linie, wohl aber hilfsweise berufen (Schriftsatz v 3.9.75 S 3, 4).

a) Entgegen der Auffassung der Revision entfällt hier ein Bestätigungsvertrag gemäß § 141 BGB nicht schon deshalb, weil sich die Klägerin bei der Unterredung vom 12. November 1973 „entschieden” auf den Standpunkt gestellt hat, die Verträge vom 16. Oktober 1973 seien wirksam, deren Bestätigung also nach ihrer Ansicht gar nicht nötig gewesen wäre. Es geht hier weder um die Bestätigung eines nach § 134 oder § 138 BGB nichtigen Vertrags durch schlüssiges Verhalten (vgl dazu BGHZ 11, 59, 60; RGZ 150, 385, 390), noch darum, ob die anfechtungsberechtigte Partei schon vor erklärter Anfechtung auf ihr Anfechtungsrecht nach § 144 BGB verzichtet hat – wozu mindestens das Bewußtsein gehört, daß die bestätigte Erklärung anfechtbar sein könnte (RGZ 128, 116, 119). Vielmehr ist zu prüfen, ob die Parteien ein Geschäft, das die Beklagte nach ihrer Darstellung bereits nach § 119 Abs 1 BGB angefochten hatte, durch ausdrückliche Vereinbarung aufrechterhalten haben. Eine Wertung dieser Absprache als Bestätigungsvertrag gemäß § 141 BGB setzt entgegen der Ansicht der Revision nicht voraus, daß die Klägerin den Standpunkt der Beklagten, sie habe ihre früheren Vertragserklärungen mit Erfolg angefochten, anerkannt hat. Es würde genügen, daß die Parteien den Streit über die Wirksamkeit des Vereinbarten durch neue Abreden, wonach die Verträge als gültig behandelt und erfüllt werden sollten, beseitigt haben.

b) Eine Würdigung der Parteierklärungen vom 12. November 1973 als Neuvornahme des Geschäfts gemäß § 141 BGB braucht auch nicht daran zu scheitern, daß die Parteien die Verträge vom 16. Oktober 1973 in einzelnen Punkten ergänzt oder abgewandelt haben. Bedenken könnten insoweit allenfalls mit Rücksicht auf die Formvorschrift des § 55 Abs 1 GmbHG bestehen; sie greifen jedoch nicht durch. Dabei stellt sich nach Lage der Sache nicht die Frage, inwieweit Abänderungen eines formbedürftigen Vertrags wiederum dem Formzwang unterliegen (vgl zu § 313 BGB: BGH, Urt v 26.10.73 – V ZR 194/72, LM BGB § 313 Nr 63; BGHZ 66, 270 mwN). Soweit es um den Kaufvertrag über den Bagger geht, betrafen die Änderungen ein nicht formbedürftiges Geschäft. Soweit die Parteien aber eine „Formulierungsänderung” der notariell beurkundeten Übernahmeerklärung vom 16. Oktober 1973 verabredet haben, handelt es sich objektiv nur um eine Klarstellung und nicht um eine inhaltliche Änderung dieser Erklärung, die auch ohnedies den gesetzlichen Anforderungen entsprach, so daß es einer Bestätigung gemäß § 141 BGB insoweit nicht bedurfte (vgl vorstehend zu 1).

c) Der enge Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag und der Übernahme einer Stammeinlage durch die Beklagte konnte den Bestätigungsvertrag ebenfalls nicht formbedürftig machen. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob ein formgerecht abgeschlossener, aber aus anderen Gründen nichtiger Vertrag nur in der vorgeschriebenen Form bestätigt werden kann (so für § 313 BGB: RGZ 146, 234, 238) 313 BGB: RGZ 146, 234, 238) und ob dies nach dem Sinn und Zweck des § 55 Abs 1 GmbHG auch für den Fall gilt, daß die Übernahmeerklärung zusammen nit einem formfrei abgeschlossenen Geschäft eine unlösbare Einheit bilden soll und das letztere Geschäft nach wirksamer Anfechtung von den Parteien bestätigt wird. Hier hat die Anfechtung des Kaufvertrags, wie ausgeführt (vorstehend zu 3), die Übernahmeerklärung der Beklagten zunächst unberührt gelassen, solange noch mit dem Zustandekommen des Kaufvertrags zu rechnen war und gerechnet wurde. Infolgedessen bedurfte es auch unter diesem Gesichtspunkt insoweit keiner Neuvornahme des Geschäfts. Vielmehr hätte eine vertragliche Bestätigung des Baggerkaufs zugleich die Ungewißheit über das endgültige Schicksal des Einlageübernahmevertrags beseitigt, indem sie diesen Vertrag auf eine bleibende Grundlage stellte.

5. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen aber in tatsächlicher Hinsicht nicht für eine abschließende Beurteilung aus, ob das zwischen den Parteien am 12. November 1973 Besprochene die Voraussetzungen eines Bestätigungsvertrags erfüllt.

Das Berufungsgericht entnimmt dem „unwidersprochen gebliebenen” Brief des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 14. November 1973, die Parteien hätten zwei Tage vorher vereinbart, die Verträge vom 16. Oktober 1973 schnellstmöglich – wenn auch „unter bestimmten anderen Voraussetzungen” – zu erfüllen. Hierbei konnte es sich darauf stützen, daß nach dem Urteilstatbestand (S 6) die Parteien sich unstreitig dahin geeinigt haben, das Vertragswerk in der in dem Brief niedergelegten Weise durchzuführen. Angesichts der Tatsache, daß diese Durchführung an „bestimmte andere Voraussetzungen” – wie insbesondere eine gemeinsame „Absichtserklärung” über die Art und Weise der künftigen Zusammenarbeit – geknüpft sein und hierzu nach dem Antwortschreiben des Rechtsanwalts der Beklagten vom 22. November 1973 eine weitere Verhandlung stattfinden sollte, die dann ergebnislos verlief, wäre aber besonders zu prüfen gewesen, ob die Parteien die noch zu besprechenden Punkte lediglich als unwesentliche, die Verbindlichkeit der Verträge nicht mehr berührende und nur noch deren Durchführung betreffende Einzelheiten betrachtet haben, oder ob das Zustandekommen eines Bestätigungsvertrags, wie es der Auslegungsregel des § 154 Abs 1 BGB entspräche, von der Einigung auch über diese Punkte abhängen sollte.

Der Wortlaut des genannten Schreibens vom 14. November 1973 läßt beide Deutungen zu. Das Berufungsgericht hat dieses Schreiben iS einer bereits bindenden Vereinbarung ausgelegt, ohne die Möglichkeit, daß der endgültige Vertragsabschluß noch offengeblieben war, ausdrücklich zu erörtern. Infolgedessen ist nicht erkennbar, aus welchen Erwägungen es diese Möglichkeit verneint hat. Erörterungen hierüber hätten sich nur dann erübrigt, wenn schon der unstreitige Sachverhalt eindeutig eine volle Willensübereinstimmung über den Vertragsinhalt ergeben hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn nach dem Vorbringen der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 23. Juni 1975 (S 5ff), das ebenfalls im Urteilstatbestand angeführt ist und auf das sich auch die Revision bezogen hat, soll es am 12. November 1973 noch zu keiner verbindlichen Übereinkunft der Parteien über den endgültigen Abschluß des Geschäfts gekommen sein. Vielmehr seien verschiedene Fragen offengeblieben, über die weiter habe verhandelt werden sollen, wie insbesondere über eine steuerlich günstige Gestaltung des Kaufvertrags, die künftige Zusammenarbeit der Parteien und die Einräumung von Kontrollrechten für die Beklagte. Wäre dieses Vorbringen richtig, so hätte eine wirksame Anfechtung des Kaufvertrags nicht nur diesen Vertrag, sondern mit dem Scheitern der weiteren Verhandlungen auch die Übernahmevereinbarung wegen Fehlens einer wesentlichen Grundlage zu Fall gebracht.

6. Die Sache ist daher zur weiteren tatrichterlichen Prüfung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bei der erneuten Erörterung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, auch auf das sonstige Vorbringen der Revision, soweit notwendig, einzugehen, wie insbesondere auf die Angriffe gegen die Feststellung, die Beklagte habe den Kaufvertrag nach seiner Bestätigung nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung über die Eigentumsverhältnisse am Bagger angefochten, weil nicht dargetan sei, daß sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von dem Kauf abgesehen hätte.

Ferner ist für das weitere Verfahren darauf hinzuweisen, daß sich eine Klarstellung des Klageantrags dahin empfiehlt, was mit der von der Klägerin angebotenen Zug-um-Zug-Leistung: „Einräumung einer 25%igen Beteiligung an der Firma der Klägerin” genau gemeint ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 648996

NJW 1977, 1151

DNotZ 1977, 427

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