Leitsatz (amtlich)

Einbringen, Einleiten oder Einwirken i.S.d. § 22 Abs. 1 WHG setzt ein unmittelbar auf die Gewässerbenutzung (§§ 1, 3 WHG) zweckgerichtetes Verhalten voraus, das über die bloße Verursachung des Hineingelangens schädlicher Stoffe in das Gewässer hinausgeht. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nicht erfüllt, wenn im Zuge des winterlichen Räum- und Streudienstes auf einer Bundesstraße Salz auf die Fahrbahn ausgebracht wird und mit Salz vermischtes Oberflächenwasser im angrenzenden Erdreich versickert und in das Grundwasser gelangt.

Ein altes Grundwasserbenutzungsrecht gemäß § 15 WHG i.V.m. §§ 122, 123 BadWürttWasserG und Art. 3 Abs. 1 WürttWasserG gewährt kein Recht auf Zufluß von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit und damit kein Abwehrrecht gegen Beeinträchtigungen des Grundwasserzustands.

 

Normenkette

WHG §§ 22, 15; WürttWasserG Art. 3 v. 1. Dezember 1900 (RegBl 1900, 921); BadWürttWasserG §§ 122, 123 v. 25. Februar 1960 (GBl 1960, 17); GG Art. 14

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 25.11.1992)

LG Stuttgart

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. November 1992 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt in M. (Württemberg) neben einer Bundesstraße eine Gärtnerei. Das dafür erforderliche Wasser entnahm er bis Anfang 1984 einem 1938 errichteten Schachtbrunnen. Inhalt und Umfang dieses (alten) Wasserentnahmerechts sind 1983 durch die zuständige Wasserbehörde festgestellt worden.

Seit Ende Januar 1984 kann der Kläger das Brunnenwasser zu Gießzwecken nicht mehr verwenden, weil der Chloridgehalt des Wassers zu hoch ist. Nach einem von den Beklagten (Bund und Land) eingeholten Gutachten des Geologischen Landesamts ist die Chloridanreicherung im Brunnenwasser auf die Erhöhung der Grundlast im dortigen Gebiet durch den Winterdienst auf der unmittelbar benachbarten Bundesstraße zurückzuführen; weitere Verursacher seien nicht bekannt.

Der Kläger hat wegen seiner Mehraufwendungen durch den Bezug von Leitungswasser anstelle des Brunnenwassers Entschädigung verlangt und für die Jahre 1984 bis 1988 erhalten. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt er – im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage – Entschädigung für die Zeit ab 1989. Die Beklagten sind dem entgegengetreten.

Das Landgericht hat der Klage (hinsichtlich des Zahlungsantrags dem Grunde nach) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, die die Beklagten zurückzuweisen begehren.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten aus § 22 Abs. 1 WHG verneint, weil der den Beklagten obliegende winterliche Streudienst auf der Bundesstraße kein auf eine Grundwasserbenutzung zielgerichtetes Handeln sei, das mit Streusalz vermischte Oberflächenwasser vielmehr ungeleitet im angrenzenden Erdreich versickere.

Das hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

1. Die privatrechtliche Haftungsnorm des § 22 WHG gilt ungeachtet des sog. Naßauskiesungs-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 58, 300) auch für Verunreinigungen des Grundwassers. Der Kläger ist berechtigter Benutzer des Grundwassers (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG). Ihm steht für die Wasserversorgung seines Gartenbaubetriebs mittels eines 1938 auf dem Gärtnereigrundstück errichteten Schachtbrunnens ein (altes) Wasserentnahmerecht zu, dessen Inhalt und Umfang 1983 durch die zuständige Wasserbehörde festgestellt worden ist (Art. 3 Württ.WassG v. 1. Dezember 1900, Reg.Bl. S. 921; § 15 WHG; §§ 122, 123 Bad.-Württ. WassG). Einer solchen Gewässerbenutzung ist der haftungsrechtliche Schutz des § 22 WHG nicht von vornherein zu versagen (vgl. Senatsurteil BGHZ 103, 129, 132 f.).

2. Rechtsbedenkenfrei hat das Berufungsgericht ein haftungsbegründendes Handeln i.S.d. § 22 Abs. 1 WHG, insbesondere ein Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, verneint.

a) Der erkennende Senat hat bisher offengelassen, was unter Einbringen, Einleiten oder Einwirken i.S.d. § 22 Abs. 1 WHG zu verstehen ist (vgl. BGHZ 103, 129, 134 m.w.N.).

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden (für die Düngung des Bodens mit Fäkalien, die die Verunreinigung eines Gewässers verursacht), daß unter einem Einleiten in diesem Sinne nur eine ihrem Wesen nach zweckbestimmte Zuführung zu verstehen sei, dagegen nicht die bloße Verursachung des Hineingelangens (BGH NJW 1966, 1570). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten (für das Umstürzen eines Tankwagens und das dadurch verursachte Auslaufen von Öl sowie für das anschließende Unterlassen von Schutzmaßnahmen), daß das Hineingelangen von Stoffen in ein Gewässer über ein lediglich kausales Geschehen hinaus zu einem Einleiten erst dadurch werde, daß es die Folge einer auf die Gewässerbenutzung zweckgerichteten menschlichen Handlung sei (BVerwG NJW 1974, 815 f.). In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Meinungen vertreten (vgl. Gieseke/Wiedemann/Czychowski WHG 6. Aufl. § 22 Rn. 7; Sieder/Zeitler/Dahme WHG § 22 Rn. 17 ff.; Breuer öffentliches und privates Wasserrecht 2. Aufl. Rn. 784 ff.; je m.w.N.).

Der erkennende Senat folgt der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Einbringen, Einleiten oder Einwirken i.S.d. § 22 Abs. 1 WHG setzt ein auf die Gewässerbenutzung zweckgerichtetes Verhalten voraus. Danach reicht die bloße Verursachung des Hineingelangens nicht aus. Ein haftungsbegründendes Handeln im Sinne der Vorschrift liegt erst bei einem Tun (oder Unterlassen) vor, das nach seiner objektiven Eignung darauf abzielt, daß Stoffe in oberirdische Gewässer oder in das Grundwasser gelangen, wobei ein funktioneller Zusammenhang mit einer Gewässerbenutzung vorliegen muß. Dies ist regelmäßig nur der Fall bei Handlungen, die unmittelbar auf ein Gewässer einwirken, nicht auch bei solchen, die lediglich mittelbar die Beschaffenheit des Wassers beeinflussen.

Für eine solche Auslegung der Vorschrift, die sich aus dem Wortlaut zwanglos ergibt, spricht insbesondere, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, die unterschiedliche Fassung der Absätze 1 und 2 des § 22 WHG. Beide Absätze stehen systematisch selbständig nebeneinander und stellen voneinander unabhängige Haftungstatbestände dar (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 1985 – III ZR 99/84 = NJW 1986, 2312, 2313 m.w.N.). Absatz 1, der eine Haftung für die Vornahme bestimmter auf ein Gewässer gerichteter Handlungen vorsieht, ist insoweit enger gefaßt als Absatz 2, der eine Haftung für die Innehabung bestimmter Anlagen enthält. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf, der nur einen Handlungshaftungstatbestand vorsah (rechtstechnisch getrennt für oberirdische Gewässer und für das Grundwasser; vgl. § 29 Abs. 3 und entsprechend § 39 Abs. 3 WHGE, BT-Drucks. 2/2072 S. 10, 13 mit Begründung S. 32, 35), sprach sich der zuständige Bundestagsausschuß für eine erweiterte – umfassende – Gefährdungshaftung aus (Einfügung des § 25 a WHGE; vgl. BT-Drucks. 2/3536 S. 5, 13 f., 14, 32, 34, 39; s. zu den Gesetzesmaterialien auch BGHZ 49, 1, 4 ff.). Dabei wurde einerseits für die Handlungshaftung darauf hingewiesen, daß nur unmittelbare Einwirkungen auf ein Gewässer, nicht Handlungen, die lediglich mittelbar die Beschaffenheit des Wassers beeinflussen, die Haftung auslösen, und andererseits die Einfügung eines Anlagenhaftungstatbestandes deshalb für notwendig erachtet, weil unter Einbringen und Einleiten von Stoffen nur ein in diesem Sinne bewußtes Handeln zu verstehen sei (vgl. BT-Drucks. 2/3536 S. 14, auch abgedruckt in BGHZ 49, 1, 6/7). Die in § 25 a WHGE vorgesehene Regelung ist später mit diesem Verständnis unverändert Gesetz geworden (§ 22 WHG). Sinn und Zweck der Regelung sprechen hiernach ungeachtet des insgesamt auf einen umfassenden Gewässerschutz ausgerichteten gesetzgeberischen Anliegens (Senat BGHZ 103, 129, 135) dafür, Absatz 1 des § 22 WHG dahin zu verstehen, daß haftungsbegründend nur ein Einbringen, Einleiten oder Einwirken im Sinne eines auf die Gewässerbenutzung zweckgerichteten, über die bloße Erfolgsverursachung hinausgehenden Handelns ist. Verlangt wird eine unmittelbare, ihrem Wesen nach zweckbestimmte Zuführung schädlicher Stoffe in das Gewässer.

b) Im Streitfall liegt ein haftungsbegründendes Handeln der Beklagten i.S.d. § 22 Abs. 1 WHG nicht vor, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum entschieden hat.

Das Ausbringen von Streusalz auf die Bundesstraße im Zuge des winterlichen Räum- und Streudienstes dient der Erhaltung der Verkehrssicherheit auf der Straße. Zweck des Streuens ist nicht das Hineingelangen salzhaltiger Stoffe in das Grundwasser. Eine unmittelbar auf eine Gewässerbenutzung gerichtete, darauf zweckbestimmt abzielende Handlung liegt nicht vor.

Die an der Gärtnerei des Klägers vorbeiführende Bundesstraße verläuft hier als sog. Außenstrecke durch freies Gelände. Sie weist Gefälle auf und war bis zu baulichen Abhilfemaßnahmen der Beklagten im Zusammenhang mit dem vorliegenden Streit der Parteien nicht mit besonderen Entwässerungsanlagen zur Aufnahme des anfallenden Oberflächenwassers versehen. Die witterungsbedingt ausgeführten Streumaßnahmen bringen Schnee und Eis auf der Fahrbahn zum Schmelzen. Es bildet sich Wasser, das teils auf der Fahrbahn liegenbleibt oder infolge des Gefälles auf ihr abfließt, teils allmählich verdunstet, teils ungeregelt von der Fahrbahn über Seitenstreifen und Bankette auf angrenzendes Erdreich gelangt und dort versickert.

Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 WHG nicht erfüllt. Das infolge der Streumaßnahmen auf der Fahrbahn sich bildende und allmählich verdunstende oder abfließende Schmelzwasser muß nicht notwendigerweise – zielgerichtet – in das Grundwasser gelangen. Ob, wann, wo und in welchem Umfang dies geschieht, es insbesondere in den Einzugsbereich des in 40 m Entfernung von der Straße errichteten, mehr als 16 m tiefen Brunnens des Klägers gelangt, ist im vorhinein ungewiß. Ein unmittelbar auf eine solche Gewässerbenutzung zweckgerichtetes Verhalten der Beklagten liegt nicht vor. Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil die Straße – wie der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung geltend gemacht hat – ein zur Seite hin abfallendes Profil aufweist (Wölbung), damit das Straßenoberflächenwasser besser abfließen kann. Ein funktioneller Zusammenhang zwischen dem Ausbringen des Streusalzes und dem Hineingelangen des mit Salz vermischten Oberflächenwassers in das Grundwasser wird dadurch gleichwohl nicht hergestellt, zumal die Beeinträchtigung des Grundwassers durch das Salz nach dem Vorbringen des Klägers erst im Laufe vieler Jahre erfolgt ist. Die streitigen Streumaßnahmen der Beklagten gehen über eine bloße Verursachung des Hineingelangens salzhaltiger Stoffe in das Grundwasser nicht hinaus. Sie begründen keine Haftung nach § 22 Abs. 1 WHG.

Soweit das Landgericht im Streitfall eine Haftung der Beklagten im Anschluß an eine in ZfW 1980, 318 veröffentlichte Entscheidung des Berufungsgerichts (mit Nichtannahmebeschluß des erkennenden Senats ZfW 1980, 320) bejaht hat, lag jener Entscheidung eine Fallgestaltung zugrunde (Ölunfall auf einer Bundesautobahn, Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern), die mit der vorliegenden nicht vergleichbar ist. Der erkennende Senat hat in seinem damaligen Nichtannahmebeschluß (ZfW 1980, 320, 321) eine Verwirklichung des Haftungstatbestandes des § 22 Abs. 1 WHG auch nicht bejaht, sondern nur, weil es darauf nicht ankam, unterstellt. Das Berufungsgericht hat in dem jetzt angefochtenen Urteil ausdrücklich festgestellt, daß hier die Straße – anders als in dem damaligen Fall – unstreitig nicht mit einer eigens zur Aufnahme und Ableitung von Oberflächenwasser bestimmten Entwässerungsanlage versehen war, das mit Salz vermischte Oberflächenwasser vielmehr über angrenzende Bankette und Rasenmulden im Erdreich versickerte. Ob der Entscheidung OLG Stuttgart ZfW 1980, 318 hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 WHG gefolgt werden könnte, bedarf deshalb (wie in dem Senatsbeschluß ZfW 1980, 320 f.) auch hier nicht der Entscheidung.

II.

Das Berufungsgericht hat die Klage auch unter Enteignungsgesichtspunkten – Entschädigung bei enteignendem Eingriff – nicht für begründet erachtet, weil es an einer durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition des Klägers fehle.

Auch dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Es kann auf sich beruhen, ob hier überhaupt ein Eingriff seitens der Beklagten vorliegt. Ein Entschädigungsanspruch nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen wegen Beeinträchtigung der für Zwecke des Gartenbaubetriebs berechtigterweise ausgeübten Grundwassernutzung durch den winterlichen Streudienst auf der benachbarten Bundesstraße steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil seine wasserrechtliche Position insoweit vom Eigentumsschutz des Art. 14 GG nicht erfaßt wird.

Das folgt zwar (anders als in dem der Senatsentscheidung vom 26. April 1990 – III ZR 260/89 = BGHR BBauG § 60 Satz 1 Wassergewinnungsanlage 1 zugrundeliegenden Fall) nicht schon aus dem sog. Naßauskiesungs-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 58, 300; s.a. oben unter I 1 zur Haftungsnorm des § 22 WHG; Senatsurteil BGHZ 103, 129, 132 f.). Der Kläger betreibt auf seinem Gärtnereigrundstück einen 1938 errichteten Schachtbrunnen. Für die Grundwasserentnahme steht ihm, wie sich aus dem Feststellungsbescheid der Wasserbehörde vom 16. Mai 1983 näher ergibt, ein altes Recht gemäß § 15 WHG i.V.m. §§ 122, 123 Bad.-Württ.WassG und Art. 3 Württ.WassG (v. 1. Dezember 1900, Reg.Bl. S. 921) zu.

Inhalt und Umfang des alten Rechts bestimmen sich nach dem ihm zugrundeliegenden früheren Landesrecht (vgl. § 122 Abs. 2 Bad.-Württ.WassG; Senatsurteil BGHZ 69, 1, 7 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsirrtum entschieden, daß dem Kläger nach württembergischem Wasserrecht kein Anspruch auf unveränderten und ungeschmälerten Zufluß von Grundwasser und damit kein Abwehrrecht gegen Beeinträchtigungen der Grundwassermenge und des Grundwasserzustands zustand (vgl. jetzt § 2 Abs. 2 WHG). Das württembergische Recht ist ungeachtet des § 549 Abs. 1 ZPO revisibel (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1993 – III ZR 19/91 = RdL 1993, 289, 290, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, sowie BGH, Urteil vom 11. November 1993 – IX ZR 47/93, zur Veröffentlichung vorgesehen). Für das württembergische Wasserrecht ist anerkannt, daß ein Recht auf Zufluß von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit nicht besteht und daher ein Recht auf Abwehr von Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität nicht anzuerkennen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg ZfW 1974, 386, 389 = BWVPr 1975, 11, 13; Bulling/Finkenbeiner Wassergesetz für Baden-Württemberg 1968 § 122 Anm. 14; Schicker/Meißner in: Haller Württ.WassG, 1902, Nachdruck 1954 Anhang S. 11 f.; Hofacker, Das württembergische Wasserrecht in seinen Grundzügen dargestellt, 1927, abgedruckt wie vor a.a.O. Anhang S. 38 f.). Dieser Grundsatz entspricht, nicht nur in Württemberg, weithin wasserrechtlicher Tradition (vgl. Senatsurteil BGHZ 69, 1, 7 ff. m.w.N. und Holtz/Kreutz/Schlegelberger PrWassG 3./4. Aufl. Nachdruck 1955 § 41 Vorb. C und Anm. 7; BGHZ 30, 382, 387 ff.; Gieseke/Wiedemann/Czychowski a.a.O. § 2 Rn. 24; Sieder/Zeitler/Dahme a.a.O. § 2 Rn. 10 a; Breuer a.a.O. Rn. 451).

Ein entschädigungspflichtiger Eingriff der Beklagten in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition des Klägers liegt damit insoweit nicht vor.

2. Die Einschränkung der Grundwassernutzung stellt auch keinen enteignenden Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers dar.

Zwar genießt der Gartenbaubetrieb des Klägers grundsätzlich Eigentumsschutz. Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann jedoch nicht weiter reichen als der Schutz, der seinen wirtschaftlichen Grundlagen zukommt (BVerfGE 58, 300, 353; Senatsurteile BGHZ 69, 1, 13/14; 84, 223, 227; 94, 373, 378/379). Die Möglichkeit, dem Brunnen für den Bedarf der Gärtnerei geeignetes Grundwasser zu entnehmen, stellt sich, wie ausgeführt, nicht als eine vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfaßte Rechtsposition dar. Die aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten bestehende (bloße) Chance, den Grundwasservorrat mittels des Brunnens für Zwecke der Gärtnerei zu nutzen, ist eigentumsmäßig auch unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den Gewerbebetrieb nicht geschützt, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum entschieden hat (vgl. BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. vor § 839 Rn. 71 ff.; Krohn/Löwisch Eigentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung 3. Aufl. Rn. 155; Nüßgens/Boujong Eigentum, Sozialbindung, Enteignung 1987 Rn. 79 ff.; Krohn Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung 1993 Rn. 139).

Daß der Betrieb des Klägers durch den Wegfall des Brunnenwassers zu Gießzwecken schwer und unerträglich getroffen oder in seinem Bestand ernsthaft in Frage gestellt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 69, 1, 14 und – ebenfalls – vom 22. Dezember 1976 – III ZR 89/75 = BGHWarn 1976 Nr. 267 = LM BGB § 823 Ad Nr. 10; Nüßgens/Boujong a.a.O. Rn. 81; auch Sieder/Zeitler/Dahme a.a.O. § 2 Rn. 10 b, Gieseke/Wiedemann/Czychowski a.a.O. § 8 Rn. 48 und Breuer a.a.O. Rn. 455 ff.), hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Ob unter den genannten Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch anzuerkennen wäre, kann daher dahinstehen.

III.

Das Berufungsgericht hat Ansprüche des Klägers aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sowie aus dem Gesichtspunkt des (rechtswidrigen) enteignungsgleichen Eingriffs nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich geprüft. Die Klage ist entgegen der Annahme der Revision auch unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten nicht begründet.

1. Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der für den Winterdienst auf der Bundesstraße zuständigen Amtsträger liegt nicht vor. Bei dem am Grundstück des Klägers vorbeiführenden Teilstück der Bundesstraße handelt es sich um eine stark befahrene, gefährliche Gefällstrecke. Bei entsprechender Witterung ist eine Streuung aus Gründen der Verkehrssicherheit unvermeidlich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die zuständigen Amtsträger den winterlichen Streudienst auf der Bundesstraße in amtspflichtwidriger Weise unsachgemäß durchgeführt hätten.

2. Entgegen der Annahme der Revision ist den zuständigen Bediensteten der Beklagten auch nicht vorzuwerfen, amtspflichtwidrig das mit Streusalz vermischte Oberflächenwasser der Straße infolge unzureichender Entwässerungsanlagen nur ungenügend abgeleitet zu haben.

Die Beklagten traf nicht die Amtspflicht, für eine geschlossene Ableitung des auf der Bundesstraße anfallenden Oberflächenwassers zu sorgen. Die Bundesstraße verläuft in dem hier interessierenden Abschnitt weitgehend, vom Gartenbaubetrieb des Klägers abgesehen, als Außenstrecke durch freies Gelände. Es ist nicht zu verlangen und steht außer Verhältnis zu den entstehenden Kosten, die Straße mit besonderen Entwässerungsanlagen zur schadlosen Ableitung des gesamten Schmelz- oder sonstigen Niederschlagswassers zu versehen (vgl. auch Senatsurteil vom 17. März 1983 – III ZR 16/82 = BGHWarn 1983 Nr. 98 = VersR 1983, 639).

Im übrigen hat die Straßenbauverwaltung, um der Beeinträchtigung der Grundwassernutzung durch den Kläger entgegenzuwirken, in dem hier fraglichen Abschnitt bauliche Abhilfemaßnahmen zur Entwässerung der Bundesstraße getroffen. Zu mehr ist sie nicht verpflichtet, zumal der Kläger sich die ungünstige Lage seines Grundstücks neben der Bundesstraße, durch die seine Eigentumsposition situationsbedingt geprägt wird, zurechnen lassen muß (vgl. Senatsurteile vom 26. Februar 1976 – III ZR 183/73 = BGHWarn 1976 Nr. 50 = VersR 1976, 760 und vom 27. Januar 1983 – III ZR 70/81 = DVBl. 1983, 1055, 1058; auch BGHZ 117, 240, 255 ff., 259).

3. Da es nach allem an einem rechtswidrigen Eingriff der Beklagten in eine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition des Klägers fehlt, kommt auch ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff nicht in Betracht.

IV.

Die Revision des Klägers gegen die klageabweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts ist hiernach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland auch schon deswegen nicht haftet, wie sie mit der Revisionserwiderung geltend macht, weil sie im Hinblick auf Art. 90 GG nicht passivlegitimiert ist, kann ebenso dahinstehen wie die von der Revisionserwiderung vorsorglich – im Anschluß an den Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen – aufgeworfene Frage nach dem – von den Beklagten bestrittenen – Kausalzusammenhang zwischen dem Winterdienst auf der Bundesstraße und der Chloridanreicherung im Brunnenwasser des Klägers.

 

Unterschriften

Krohn, Werp, Rinne, Wurm, Deppert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1683273

BGHZ

BGHZ, 394

NJW 1994, 1006

BGHR

NVwZ 1994, 618

Nachschlagewerk BGH

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge