Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für einen Pflichtteilsanspruch
Normenkette
BGB § 2303 Abs. 1, §§ 2315, 2311, 151, 2325; ZPO § 780; BGB § 1967 Abs. 2, § 2329
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 1981 aufgehoben,
- soweit die Klage gegen die Beklagten zu 2)-4) in Höhe von mehr als 53.518,85 DM nebst Zinsen abgewiesen ist,
- im Kostenpunkt, soweit die Kostenentscheidung nicht die Kosten des Beklagten zu 1) betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, über die noch nicht entschieden ist - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der am ... 1971 verstorbene Kaufmann Bernhard Josef K. sen. (Erblasser) hatte sechs Kinder, und zwar die Beklagten zu 1), 2) und 4), die am 6. Dezember 1980 verstorbene und von ihrem Ehemann (jetzt Kläger) allein beerbte frühere Klägerin, den 1963 vorverstorbenen Sohn Heinrich und den am 1. Januar 1980 verstorbenen und von seiner Ehefrau (jetzt Beklagte zu 3) allein beerbten Sohn Paul. Zur Zeit des Erbfalles lebten zwei Töchter des Sohnes Heinrich. Die Ehefrau des Erblassers war vorverstorben.
Der Erblasser hatte mehrere Verfügungen von Todes wegen errichtet. In dem eigenhändigen Testament vom 8. November 1970 heißt es:
"Meine Tochter Agnes ... (frühere Klägerin) hat von meinem Vermögen im Jahre 1938 das Haus Bu. Straße ... bekommen. Ursprünglich sollte sie mir dieses Haus wieder übertragen. Da sie dazu nicht bereit war, habe ich schließlich die Sache auf sich beruhen lassen und betrachte die Schenkung als Abfindung ihrer Erbansprüche an meinem Nachlaß. Meine Tochter soll weiterhin nichts mehr erhalten und erben. ..."
Vor dem Landgericht hat die frühere Klägerin von den Beklagten 200.000,- DM nebst Zinsen verlangt, und zwar in erster Linie als ihren gesetzlichen Erbteil und hilfsweise aus "Pflichtteilsrecht, Ausgleichsansprüchen oder Pflichtteilsergänzung". Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin als vermeintliche Miterbin allenfalls Auseinandersetzung verlangen könne. Im Berufungsverfahren hat der Kläger den Zahlungsantrag zuletzt nur noch auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gestützt und außerdem mehrere Hilfsanträge gestellt, Das Oberlandesgericht hat den Pflichtteilsanspruch gegen den Beklagten zu 1) für unbegründet erklärt, weil dieser die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe; auf den gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Hilfsantrag zu 2) und 3) ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Die Beklagten zu 2)-4) hat das Berufungsgericht zur Zahlung von 26.510,49 DM nebst Zinsen verurteilt. Es hat den Beklagten die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlaß vorbehalten und hat die gegen sie gerichtete weitergehende Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hat der Senat nur angenommen, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 2)-4) richtet. Hierzu beantragt der Kläger,
die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 199.744,30 DM nebst Zinsen und
hilfsweise
zur Duldung der Zwangsvollstreckung wegen dieses Betrages in bestimmte Grundstücke zu verurteilen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben; insoweit ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
I.
Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen ordentlichen Pflichtteil versagt. Zwar hält es die Voraussetzungen für einen Pflichtteilsanspruch der verstorbenen Ehefrau des Klägers gemäß § 2303 Abs. 1 BGB für gegeben und sieht die Beklagten als Miterben des Erblassers an. Es geht weiter von einem Aktivnachlaß am Todestag von 16.915,75 DM aus, zieht hiervon die von den Beklagten angegebenen Nachlaßverbindlichkeiten ab und gelangt infolgedessen zu einem Ist-Nachlaß von 1.621,76 DM. Hiervon habe die Ehefrau des Klägers grundsätzlich 1/12 als Pflichtteil zu beanspruchen gehabt. Der Kläger müsse sich hierauf gemäß § 2315 BGB aber anrechnen lassen, daß seine Ehefrau im Jahre 1938 das Hausgrundstück Bu. Straße erhalten habe. Der Erblasser habe dieses Grundstück selbst bezahlt und habe seine Tochter nur aus steuerlichen Gründen als Eigentümerin in das Grundbuch eintragen lassen. Dem Eigentümer habe deshalb von Anfang an ein Rückübertragungsanspruch zugestanden. Der Erblasser habe auf diesen Anspruch später verzichtet und dabei bestimmt, daß die Tochter sich diese Zuwendung auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Anzurechnen sei der Kaufpreis (12.000,- RM), der nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Kaufkraftschwund auf 31.627,20 DM hochzurechnen sei.
Diese Ausführungen begegnen rechtlichen Bedenken.
1.
Das Berufungsgericht hat sich nicht dazu geäußert, ob die verstorbene Rechtsvorgängerin des Klägers von der Erbfolge nach ihrem Vater ausgeschlossen war. Indessen ist dem Testament des Erblassers vom 8. November 1970 ohne weiteres zu entnehmen, daß die frühere Klägerin von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollte; die übrigen Testamente des Erblassers stehen dem nicht entgegen. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil es weiterer Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht hierzu nicht bedarf. Früher erhobene Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments vom 8. November 1970 hat der Kläger fallen gelassen. Daß die Beklagten zu 2)-4) Erben des Erblassers geworden sind, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen.
2.
Rechtsfehlerhaft ist es dagegen, wenn das Berufungsgericht bei der Berechnung des Pflichtteils gemäß § 2311 BGB von einem Ist-Nachlaß von nur 1.621,76 DM ausgeht.
Die Beklagten haben im Anschluß an die eidesstattliche Versicherung der früheren Beklagten zu 3) in den Akten 2 VI 90/70 AG Gladbeck behauptet (Bl. 475 ff. d.A.), von dem Konto des Erblassers 72.090 sowie von dessen Kasse seien infolge der Tilgung von Nachlaßverbindlichkeiten nur 621,76 DM übrig geblieben. Demgegenüber hat der Kläger (Bl. 608 f.) geltend gemacht, von den angeführten Ausgaben seien bestimmte Posten in Höhe von insgesamt 9.942,99 DM keine Nachlaßverbindlichkeiten. Darauf haben die Beklagten (Bl. 669 d. A.) behauptet, drei bestimmte, bereits früher vorgelegte Rechnungen bezögen sich auf Arbeiten, die schon der Erblasser in Auftrag gegeben habe. Dazu hatte der Kläger bereits Bl. 609 d.A. vorgetragen, es handele sich um Ausgaben der Grundstücksverwaltung für das Haus Ren. Straße, das den Beklagten zu 1), 3) und 4) gehört.
Das Berufungsgericht folgt insoweit ganz dem Vortrag der Beklagten, weil der Kläger dem Vorbringen Bl. 669 d.A. nicht mehr entgegengetreten sei. Das beanstandet die Revision mit Recht. Nach dem Inhalt der Schriftsätze, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, hatte der Kläger seine bereits vorher erhobenen Beanstandungen gerade nicht fallen gelassen und hatte dazu auch keinen Anlaß. Das Berufungsgericht hätte dem Vortrag der Beklagten daher nicht ohne nähere Erörterung folgen dürfen.
3.
Unbegründet ist die Revision dagegen, soweit sie eine Erhöhung des Ist-Nachlasses zur Zeit des Erbfalles um 500.000,- DM mit der Begründung anstrebt, das Radiogeschäft, das der Beklagte zu 1) betreibt und seit vielen Jahren als sein Eigentum betrachtet, das der Erblasser aber zunächst für sich beansprucht hatte, gehöre nach wie vor zum Nachlaß. Die Revision übersieht, daß der Erblasser sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers (Bl. 616 d. A.) schließlich mit der tatsächlichen Lage abgefunden hat und daß die Klage insoweit auf eine "nachträgliche unentgeltliche Zuwendung" gestützt war.
4.
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dem Erblasser habe ein Anspruch auf "Rückübertragung" des Grundstücks Bu. Straße gegen seine Tochter zugestanden, lediglich damit begründet, daß er den Kaufpreis selbst bezahlt und seine Tochter nur aus steuerlichen Gründen in das Grundbuch habe eintragen lassen.
Mit Recht beanstandet die Revision hierzu, daß das Berufungsgericht es unterlassen hat, auf den umfänglichen Vortrag des Klägers zu diesem Komplex einzugehen (§ 286 ZPO). Schon deshalb kann das angefochtene Urteil insoweit nicht bestehen bleiben. Das Berufungsgericht wird hierzu eine vollständige Würdigung nachzuholen haben.
Das Oberlandesgericht sieht eine Zuwendung im Sinne von § 2315 BGB darin, daß der Erblasser auf seinen "Rückübertragungsanspruch" gegen die Ehefrau des Klägers verzichtet habe. Hieran ist richtig, daß der Erlaß (§ 397 BGB) eines Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks eine Zuwendung im Sinne von § 2315 BGB sein kann. Indessen hat das Berufungsgericht hierzu keinen zweiseitigen Erlaßvertrag, sondern nur einen einseitigen Verzicht des Erblassers festgestellt. Ein derartiger Verzicht ist als solcher nicht wirksam und stellt keine Zuwendung im Sinne von § 2315 BGB dar. Daß die Ehefrau des Klägers den Verzicht des Erblassers stillschweigend angenommen hätte (§ 151 BGB), versteht sich hier nicht von selbst, zumal die Ehefrau des Klägers das Verhalten des Erblassers nach dem Klagevorbringen nicht als Angebot zum Abschluß eines entsprechenden Erbvertrages verstanden hat. Auch aus diesem Grunde muß das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben werden.
Auch geht es nicht an, der Berechnung den Grundstückswert aus dem Jahre 1938 zugrunde zu legen und ihn mit Hilfe eines Preisindexes für 1938 auf die Zeit des Erbfalles umzurechnen. Da für die Berechnung gemäß § 2315 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich auf den Wert zur Zeit der Zuwendung abzustellen ist, muß gegebenenfalls zunächst festgestellt werden, wann diese geschehen ist. Nach der Aussage des Zeugen Arens, auf die das Berufungsgericht sich stützt, dürfte der "Verzicht" des Erblassers frühestens etwa im Jahre 1961 ausgesprochen worden sein. Der Wert des erlassenen Anspruchs zur Zeit des Erlasses ist alsdann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Ausgleich des Kaufkraftschwundes (BGHZ 65, 75) auf den Tag des Erbfalles umzurechnen.
II.
Dagegen hat das Berufungsgericht dem Kläger gemäß § 2325 BGB einen außerordentlichen Pflichtteil in Höhe von 26.510,49 DM zugebilligt. Dabei geht es von einem Ist-Nachlaß von 1.621,76 DM, von einem Eigengeschenk an die Ehefrau des Klägers in Höhe von 31.627,72 DM und von weiteren zu berücksichtigenden Schenkungen an die Beklagten in Höhe von insgesamt 664.409,10 DM aus. Der Erblasser habe dem Beklagten zu 2) im Jahre 1963 das Hausgrundstück B. Straße 71 geschenkt, das damals einen Wert von 140.000,- DM (umgerechnet 181.088,43 DM) gehabt habe, 1970 habe der Erblasser den Beklagten zu 1), 3) und 4) die beiden Grundstücke Ren. Straße 14 und B. straße ... geschenkt, die seinerzeit mit 206.000,- DM und 180.000,- DM (umgerechnet 221.474,95 DM und 193.521,80 DM) zu bewerten gewesen seien, 1968 habe der Erblasser den Beklagten zu 2), 3) und 4) je 12.000,- DM (umgerechnet insgesamt 41.642,54 DM) geschenkt. Ebenfalls 1968 habe der Erblasser dem Beklagten zu 1) 5.000,- DM geschenkt, was beim Erbfall einem Betrag von 5.742,02 DM entspreche. Weitere 18.000,- DM habe der Beklagte zu 2) im Jahre 1966 als Geschenk erhalten, was auf einen Wert am Todestag in Höhe von 21.239,36 DM umzurechnen sei. Von der Summe dieser Posten habe der Kläger 1/12, also 58.138,21 DM abzüglich des Eigengeschenks in Höhe von 31.627,72 DM zu beanspruchen. Weitere Schenkungen innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB seien nicht bewiesen.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben in mehreren Punkten Erfolg.
1.
Der Kläger stützt seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch unter anderem darauf, der Erblasser habe der Beklagten zu 4) und ihrem Ehemann seine Geschäftsanteile an seinem Sarggeschäft im Werte von 700.000,- DM unentgeltlich übertragen. Das Berufungsgericht erörtert lediglich die Übertragung restlicher Geschäftsanteile des Erblassers aufgrund des notariellen Vertrages vom 1. Mai 1963 und geht auf die früher vorgenommenen Anteilsübertragungen, die nach dem Klagevortrag (Schriftsatz des Klägers vom 30. April 1979 S. 13 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 27. Januar 1976 nebst Anlagen - Bl. 613, 197 GA) innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB stattgefunden haben sollen, nicht ein. Den Vertrag von 1963 läßt es nicht als ergänzungspflichtige Schenkung im Sinne von § 2325 BGB gelten; der Erblasser habe die vereinbarte Leibrente ernstlich gefordert.
Mit dieser unvollständigen Würdigung kann das angefochtene Urteil insoweit nicht bestehen bleiben. Bei der erneuten Prüfung wird auch zu berücksichtigen sein, daß die Übertragung von 1963 ausweislich des notariellen Vertrages jedenfalls zum Teil "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" und ersichtlich im Einverständnis der Beteiligten insoweit unentgeltlich geschehen ist und deshalb im Ergebnis in irgendeiner Weise zugunsten des Klägers zu Buche schlagen müßte.
2.
Der Erblasser hatte von 1963 bis 1969 erhebliche Lizenzgebühren aus einem ererbten Patent seines vorverstorbenen Sohnes Heinrich zu beanspruchen. Der Kläger beruft sich für seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch auch auf die Behauptung, der Erblasser habe sich hiervon Beträge in Höhe von circa 300.000,- DM auszahlen lassen; dieser Betrag sei der Beklagten zu 4) und deren Ehemann unentgeltlich zugeflossen. Das Berufungsgericht hat die Berücksichtigung dieses Vorbringens abgelehnt, weil es nicht hinreichend substantiiert sei.
Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevorbringens dürfen in Fällen der vorliegenden Art nicht überspannt werden, und zwar schon deshalb nicht, weil der Kläger von den Vorgängen, um die es hier geht, aus eigenem Wissen keine Kenntnis haben kann und weil umgekehrt die Beklagten dem Kläger insoweit sogar auskunftspflichtig sind. Im übrigen hat der Kläger im einzelnen unter Beweisantritt dargetan, der Erblasser habe seinerzeit unter dem Einfluß der Beklagten zu 4) und ihres Ehemannes gestanden; diese hätten die genannten Beträge für die Bebauung ihrer Grundstücke in der Hermannstraße verwendet.
3.
Der Kläger macht weiterhin geltend, der Erblasser habe Renten- und Gewinnansprüche gegen die Beklagte zu 4) und ihren Ehemann aus dem Vertrag vom 1. Mai 1963 in Höhe von 81.800,- DM unentgeltlich erlassen. Das Berufungsgericht geht auf diesen Gesichtspunkt nicht ein. Auch aus diesem Grunde kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben (§ 286 ZPO).
4.
Keinen Erfolg hat die Revision dagegen, soweit sie sich mit Verfahrensrügen gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts über den Wert der Grundstücke Ren. Straße ... und Bat. straße ... und gegen die Beweiswürdigung hinsichtlich der angeblichen Schenkung des Erblassers an den früheren Beklagten zu 3) in Höhe von 54.000,- DM wendet. Der Senat hat diese Rügen geprüft und für nicht begründet erachtet (§ 565 a ZPO).
III.
Keinen Erfolg hat die Revision auch, soweit es sich um den vom Berufungsgericht ausgesprochenen Vorbehalt einer Beschränkung der Haftung gemäß § 780 ZPO handelt. Erheben Erben gegen eine Nachlaßverbindlichkeit, wie im vorliegenden Fall, die Einrede der beschränkten Erbenhaftung und läßt das Gericht die Entscheidung insoweit offen, dann muß es den Erben die Beschränkung ihrer Haftung im Urteil vorbehalten (§ 780 ZPO). Das verkennt auch die Revision nicht. Sie meint aber, es handele sich nicht um eine eigentliche Nachlaßverbindlichkeit. Verlange ein Pflichtteilsberechtigter von den Erben Pflichtteilsergänzung wegen Schenkungen, dann komme ein solcher Vorbehalt nicht in Betracht. Das ist nicht richtig.
Zu den Nachlaßverbindlichkeiten gehören auch die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten (§ 1967 Abs. 2 BGB). Dazu gehören auch die Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung gegen die Erben, soweit sie auf § 2325 BGB gestützt sind. Auch insoweit greift die materiell-rechtliche Beschränkung der Haftung - wenn ihre Voraussetzungen vorliegen - zugunsten der Erben ein. Der abweichenden Auffassung von Wieczorek (ZPO 2. Aufl. § 780 Anm. E II), die auf einem Mißverständnis von RGZ 80, 135 f. beruht, vermag der Senat nicht zu folgen. Etwas anderes gilt freilich dann, wenn der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist und wenn der Pflichtteilsberechtigte den Beschenkten gemäß § 2329 BGB auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch nimmt. In diesen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte insoweit gerade nicht in den Nachlaß, sondern - als weiteres Haftungsobjekt - in das Geschenk Zugriff nehmen. Das gilt auch dann, wenn die Erben selbst beschenkt sind. Indessen geht es hier zunächst nur um die Haftung der Erben gemäß § 2325 BGB und nicht auch um Ansprüche aus § 2329 BGB.
IV.
Während das Berufungsgericht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch gemäß § 2329 BGB, soweit er gegen den Beklagten zu 1) gerichtet ist, übergangen hat (zu den Rechtsfolgen vgl. BGH Urteil vom 8.11.1965 - VIII ZR 300/63 = LM ZPO § 322 Nr. 54 Bl. 2 R), hat es die gegen die Beklagten zu 2)-4) gerichteten Hilfsbegehren als gegenstandslos behandelt, weil diese als Gesamtschuldner hafteten. Der Kläger wird Gelegenheit haben, seine Hilfsbegehren vor dem Berufungsgericht erneut zur Verhandlung zu bringen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß eine Haftung aus § 2329 BGB erst dann zum Zuge kommen kann, wenn feststeht, daß die Beklagten zu 2)-4) in ihrer Eigenschaft als Erben nicht verpflichtet sind; stehen - wie hier - mehrere Geschenke in Rede, dann ist die Rangordnung gemäß § 2329 Abs. 3 BGB zu beachten, so daß in erster Linie als das jüngste Geschenk die in dem Klageantrag zu 3) genannten Grundstücke in Betracht kommen dürften. Nicht verpflichtet in diesem Sinne sind die Erben auch dann, wenn ihre Haftung wirksam auf den Nachlaß beschränkt ist, und wenn der Nachlaß zur Deckung der Pflichtteilsergänzung nicht ausreicht. Alsdann tritt für den Ausfall als weiteres Haftungsobjekt gemäß § 2329 BGB aushilfsweise jeweils das jüngste Geschenk hinzu. Da noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang den Beklagten zu 2)-4) mit der ihnen vorbehaltenen Haftungsbeschränkung Erfolg haben werden, und da infolgedessen noch offen ist, ob, für welche Beträge und in welche Geschenke die Aushilfshaftung gemäß § 2329 BGB eintritt, wird der Kläger auch zu erwägen haben, ob er insoweit nicht zweckmäßig auf entsprechende Feststellungsanträge übergeht.
V.
Demnach ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 2)-4) in Höhe von mehr als 53.518,85 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Sollten die Nachlaßverbindlichkeiten um 9.942,99 DM niedriger sein und sollte das Haus Bu. Straße nicht als Eigengeschenk zu berücksichtigen sein, ergäbe sich ein Ist-Nachlaß von 11.564,75 DM oder ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 963,72 DM. Sollten zu den bereits berücksichtigten Schenkungen zusätzlich noch die unter II 1-3 behandelten hinzutreten, beliefen sich die Schenkungen insgesamt auf 1.746.209,10 DM; der Pflichtteilsergänzungsanspruch läge alsdann mit 145.517,43 DM um 119.006,94 DM höher, als das Berufungsgericht angenommen hat. Von dem vom Berufungsgericht abgewiesenen Betrag von (200.000,- DM - 26.510,49 DM =) 173.489,51 DM sind damit bei einem höchstmöglichen Erfolg in Höhe von (119.006,94 DM + 963,72 DM =) 119.970,66 DM mindestens 53.518,85 DM nebst Zinsen zu Recht abgewiesen.
Unterschriften
Dr. Hoegen
Dehner
Dr. Schmidt-Kessel
Rassow
Dr. Zopfs
Fundstellen