Tenor
Der Antrag der Rechtsanwältin S. vom 15. Juli 2009, ihre Beiordnung zur Revisionshauptverhandlung vom 2. Dezember 2008 zu beschließen, wird zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, dass Rechtsanwältin S. zur Verteidigerin bestellt war.
Gründe
Rz. 1
Die Angeklagte war vom Landgericht Bielefeld durch Urteil vom 19. Dezember 2007 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 14 Fällen und Beihilfe zur versuchten Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Gegen dieses Urteil richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft; ausweislich ihres Antrags richtete sich die Revision ausschließlich gegen den Strafausspruch. In der Revisionshauptverhandlung vom 2. Dezember 2008 trat für die Angeklagte die im Verfahren erster Instanz als Verteidigerin bestellte Rechtsanwältin S. aus G. auf. Während der Generalbundesanwalt die teilweise Abänderung und teilweise Aufhebung des Urteils im Strafausspruch und insoweit die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beantragte, beantragte Rechtsanwältin S. Verwerfung der Revision.
Rz. 2
Der Senat hat durch Urteil vom gleichen Tag das Urteil teilweise auch im Schuldspruch aufgehoben, da er ihn insoweit trotz des Revisionsantrags wegen der Begründung der Revision als angefochten ansah, sowie im gesamten Strafausspruch (vgl. wistra 2009, 189, 190 m. Anm. Schützeberg aaO 278 f.).
Rz. 3
Nunmehr beantragt Rechtsanwältin S. mit Schreiben vom 15. Juli 2009, sie nachträglich für die Revisionshauptverhandlung als Verteidigerin beizuordnen.
Rz. 4
1. Der Antrag kann in dieser Form keinen Erfolg haben, weil eine nachträgliche Bestellung eines Verteidigers nicht möglich ist. Die Beiordnung erfolgt im Strafprozess nicht im Kosteninteresse des Angeklagten, sondern dient allein dem Zweck, die ordnungsgemäße Verteidigung in einem noch ausstehenden Verfahren zu gewährleisten.
Rz. 5
2. Die für das Verfahren erster Instanz erfolgte Beiordnung erstreckte sich nicht auf die Mitwirkung in der Revisionshauptverhandlung. Vielmehr ist im Revisionsverfahren aufgrund des jeweiligen Verfahrensstandes neu zu prüfen, ob bei Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Rechtsmittels auch in der Revisionshauptverhandlung noch ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt.
Rz. 6
3. Rechtsanwältin S. ist jedoch durch den Vorsitzenden des Strafsenats in der Revisionshauptverhandlung vom 2. Dezember 2008 stillschweigend zur Verteidigerin des Angeklagten bestellt worden. Sie hatte – obwohl nicht als gewählte Verteidigerin ausgewiesen – nicht nur eine Terminsnachricht zugestellt bekommen, sondern war in der Revisionshauptverhandlung auch als Verteidigerin der Angeklagten aufgetreten.
Rz. 7
Hierin kann eine stillschweigende Bestellung liegen, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung rechtlich geboten erscheint (vgl. zu alledem näher BGH NStZ 1997, 299 f. m.w.N.).
Rz. 8
4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Verteidigers waren schon wegen der Schwierigkeit der Rechtslage, wie sie sich bereits aus der notwendigen Prüfung des Umfangs der Revision ergibt, gegeben (vgl. § 140 Abs. 2 StPO).
i.V.
Unterschriften
Dr. Wahl
Fundstellen
Haufe-Index 2560480 |
StRR 2010, 29 |
VRA 2009, 211 |
VRR 2009, 474 |