Leitsatz (amtlich)
Zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum durch einzelne Wohnungseigentümer.
Normenkette
BGB § 633; WohnungseigentumsG § 21
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.02.1984; Aktenzeichen 19 U 288/82) |
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.09.1982; Aktenzeichen 2/15 O 38/82) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden die Urteile des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Februar 1984 und der 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 1982 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, auf das Instandhaltungsrücklagenkonto der Wohnungseigentümergemeinschaft J…-straße in K… 9.200 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. November 1981 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges haben die Kläger 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.
Die Anschlußrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte errichtete 1973/74 als Bauträgerin eine Wohnanlage mit 29 Eigentumswohnungen. 27 Wohnungen wurden vor und während ihrer Fertigstellung veräußert und im März 1974 den Erwerbern übergeben. Die beiden restlichen, bis auf bestimmte Innenausbauarbeiten ebenfalls fertiggestellten Wohnungen erwarben 1976 die Kläger; sie wurden ihnen Mitte Oktober bzw. Mitte Dezember 1976 übergeben.
Die zwischen den Klägern und der Beklagten zustandegekommenen „Kaufverträge” entsprechen inhaltlich den Verträgen, die die Beklagte mit den übrigen Erwerbern abgeschlossen hatte. In dem Formular wurde lediglich § 1 Nr. 3 Satz 1 geändert, wonach die Gebäude errichtet „wurden” (statt „werden”). In § 8 Nr. 2 schloß die Beklagte – wie bei allen Verträgen – ihre Haftung für bei der Abnahme nicht vorbehaltene Mängel aus und trat den Erwerbern insoweit ihre Gewährleistungsansprüche gegen die übrigen Baubeteiligten ab.
Im Jahre 1980 – nach Ablauf der Gewährleistungsfrist der verantwortlichen Dachdeckerfirma – zeigten sich an verschiedenen Balkonen und Terrassen der Anlage Feuchtigkeitsschäden, die nach einem von den Wohnungseigentümern eingeholten Privatgutachten auf mangelhafte Isolierung zurückzuführen sind. Die Beklagte lehnte die Mängelbeseitigung ab und berief sich auf Verjährung. Daraufhin ließ die Wohnungseigentümergemeinschaft einen der Balkone instandsetzen. Die hierfür anfallenden Kosten in Höhe von 14.998,99 DM wurden aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt.
Die Kläger, deren Wohnungen von den Durchfeuchtungsschäden nicht unmittelbar betroffen sind, haben diese Kosten nebst Zinsen mit dem am 5. Oktober 1981 eingegangenen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Klägern, nachdem sich die Parteien auf einen Mängelbeseitigungsaufwand in Höhe von 9.200,– DM geeinigt hatten, einen ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil entsprechenden Kostenanteil, insgesamt 603,61 DM nebst Zinsen zugesprochen. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgen die Kläger den Anspruch auf Ersatz der gesamten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von (nunmehr) 9.200,– DM nebst Zinsen weiter. Die Beklagte begehrt mit der Anschlußrevision, die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Beide Parteien beantragen, das Rechtsmittel bzw. den Rechtsbehelf des Gegners zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht nimmt an, der Klage lägen Ansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zugrunde, zu deren Geltendmachung die Kläger befugt seien. Für solche Mängel hafte die Beklagte nach Werkvertragsrecht. Diese Haftung sei nicht vertraglich ausgeschlossen. Der formularmäßige Haftungsausschluß in den Erwerbsverträgen sei unwirksam; denn die Kläger könnten sich aus den abgetretenen Ansprüchen nicht schadlos halten. Der Anspruch der Kläger sei auch nicht verjährt. Zwar habe hinsichtlich der 27 Wohnungseigentümer, die ihre Wohnungen in den Jahren 1973/74 erworben hätten, die maßgebliche Verjährungsfrist von fünf Jahren mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums im März 1974 zu laufen begonnen. Bei Bekanntwerden der Mängel des Gemeinschaftseigentums im Jahre 1980 sei sie daher bereits abgelaufen gewesen. Für die Kläger habe die Verjährung aber erst mit Übergabe der von ihnen erworbenen Wohnungen, also Mitte Oktober und Mitte Dezember 1976, begonnen. Der Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids vom 5. Oktober 1981 habe die Verjährung deshalb noch rechtzeitig unterbrochen. Die Kläger könnten jedoch nicht Ersatz der gesamten Mängelbeseitigungskosten verlangen. Es entspräche vielmehr der Billigkeit, ihre Ansprüche auf die jeweiligen Miteigentumsanteile zu beschränken.
II.
Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger hat Erfolg; die Anschlußrevision der Beklagten bleibt dagegen erfolglos. Die Beklagte ist gemäß § 633 Abs. 3 BGB verpflichtet, die gesamten Mängelbeseitigungskosten zu erstatten.
1. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß der Klage Mängel am Gemeinschaftseigentum zugrunde liegen. Zwar sind Balkone, Loggien und Dachterrassen als abgeschlossene Räume grundsätzlich sondereigentumsfähig. Die konstruktiven Elemente dieser Gebäudeteile, wie etwa Außenwände und Bodenplatte, gehören jedoch zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum (§ 5 Abs. 2 WEG). Dementsprechend ist auch die Isolierschicht, die diese Teile gegen Durchfeuchtung schützen soll, dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen (vgl. BayObLGE 1982, 203, 209; OLG Düsseldorf, Der Wohnungseigentümer 1979, 128, 130; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 5. Aufl., § 5 Rdn. 36; Weitnauer, WEG, 6. Aufl., § 5 Rdn. 8).
Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß der einzelne Wohnungseigentümer grundsätzlich befugt ist, Ansprüche, die auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum gerichtet sind, selbständig gerichtlich geltend zu machen. Er kann vom Veräußerer Nachbesserung und unter den Voraussetzungen des § 633 Abs. 3 BGB Ersatz der Aufwendungen für die Mängelbeseitigung verlangen (vgl. Senatsurteile BGHZ 68, 372, 377; 81, 35, 38, jeweils m.w.N.).
2. Das Berufungsgericht geht weiterhin mit Recht davon aus, daß die Beklagte trotz der Freizeichnungsklausel in § 8 Nr. 2 der Verträge selbst nach Werkvertragsrecht und nicht – wie die Anschlußrevision meint – nach Kaufvertragsrecht haftet.
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der Bauträger zwar von der eigenen Haftung durch Abtretung der ihm gegenüber Handwerkern, Lieferanten, Architekten usw. zustehenden Gewährleistungsansprüche freizeichnen. Geschieht dies – wie im vorliegenden Fall – in einem Formularvertrag, wird dadurch die Eigenhaftung aber nicht vollständig aufgehoben. Der Bauträger ist von dieser Haftung vielmehr nur dann befreit, wenn und soweit der Erwerber sich aus den ihm abgetretenen Ansprüchen tatsächlich schadlos halten kann (BGHZ 74, 258, 270; BGH NJW 1982, 169, 170; 1982, 1808, 1809; 1982, 2243; 1984, 2094; 1984, 2573, 2574, zum Abdruck in BGHZ bestimmt, jeweils m.N.; zur Rechtslage seit 1. April 1977 vgl. § 11 Nr. 10 a) AGBG). Die Schadloshaltung des Erwerbers schlägt auch dann fehl, wenn bei Feststellung des Baumangels die abgetretenen Ansprüche bereits verjährt und daher nicht mehr durchzusetzen sind (Senatsurteil NJW 1982, 169, 170 m.N.).
Danach ist die Eigenhaftung der Beklagten zu bejahen. Denn die Mängel sind erst auf getreten, als die für den Werkunternehmer maßgebliche Verjährungsfrist bereits abgelaufen war.
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, für die Gewährleistung im Verhältnis zwischen den Parteien gelte die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 BGB, entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
aa) Die Sachmängelansprüche desjenigen, der eine neuerrichtete Eigentumswohnung oder ein neuerrichtetes Haus von einem Bauträger erwirbt, richten sich nach Werkvertragsrecht (vgl. zuletzt Senatsurteil NJW 1984, 2573, 2574 m.N.). Daß das Bauwerk bei Vertragsschluß schon fertiggestellt ist, ändert hieran grundsätzlich nichts (vgl. Senatsurteil NJW 1982, 2243). Maßgebend ist vielmehr, ob Vertragsgegenstand eine neuerrichtete Eigentumswohnung ist. In solchen Fällen ist allein die Anwendung von Werkvertragsrecht sachgemäß.
Daran ist auch gegenüber der von Köhler (NJW 1984, 1321) erneut geübten Kritik festzuhalten. Anders als das Kaufrecht kennt das Werkvertragsrecht einen Nachbesserungsanspruch des Erwerbers, dem ein Nachbesserungsrecht des Veräußerers entspricht. Damit ist den Interessen beider Vertragspartner besser gedient als mit der kaufrechtlichen Regelung (so auch Köhler, aaO S. 1323, der zwar Kauf recht anwenden, den Veräußerer aber notfalls über § 242 BGB zur Nachbesserung verpflichten will). Auch die Verjährungsbestimmung des Werkvertragsrechts ist sachgerechter. Die im Verhältnis zum Kauf recht von 1 auf 5 Jahre verlängerte Gewährleistungsfrist hat der Gesetzgeber gerade deshalb vorgesehen, weil sich bei neuerrichteten Bauwerken Mängel erst im Laufe der Benutzung zeigen und einelängere Erprobungsfrist notwendig ist. Es entspricht demnach der gesetzlichen Wertung, wenn der Veräußerer eines neuerrichteten Bauwerks nach Werkvertrags- und nicht nach Kauf recht Gewähr leisten muß. Hiervon kann er sich jedenfalls nicht dadurch freizeichnen, daß er den formularmäßigen Erwerbsvertrag mit „Kaufvertrag” überschreibt.
bb) Im vorliegenden Fall gilt auch nicht deshalb etwas anderes, weil die letzten Wohnungen von der Beklagten erst zwei Jahre nach Errichtung der Wohnanlage an die Kläger veräußert wurden (aA offenbar OLG Schleswig BauR 1982, 60, 61).
Die Kläger sollten wie alle Erwerber eine neue, nach ihren Wünschen ausgestattete Eigentumswohnung erhalten. Der von ihnen erworbene Vertragsgegenstand entsprach deshalb dem Vertragsgegenstand der Wohnungseigentümer, die die Verträge mit der Beklagten bereits vor oder während der Errichtung der Wohnanlage abgeschlossen hatten. Dann aber ist es keinesfalls gerechtfertigt, die Verträge der Kläger dem Kaufrecht und damit der einjährigen Gewährleistungsfrist zu unterstellen. Dies würde im übrigen zu dem widersinnigen Ergebnis führen, daß Ansprüche der Kläger bereits Ende 1977 verjährt wären, während die Verjährungsfrist für die übrigen Wohnungseigentümer nach § 638 BGB nicht vor März 1979 abgelaufen wäre.
3. Der Anspruch der Kläger auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten ist auch nicht – wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt – verjährt. Denn für diesen Anspruch begann die 5-jährige Verjährungsfrist des § 638 BGB nicht bereits im März 1974, als die anderen Wohnungseigentümer das Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage abgenommen hatten. Die Verjährungsfrist wurde vielmehr nicht vor Mitte Oktober bzw. Mitte Dezember 1976 in Lauf gesetzt; sie wurde durch den am 5. Oktober 1981 eingegangenen Antrag der Kläger auf Erlaß eines (am 2. November 1981 zugestellten) Mahnbescheids vom 27. Oktober 1981 gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 693 Abs. 2 ZPO rechtzeitig unterbrochen.
Dabei kann offen bleiben, inwieweit Gewährleistungsansprüche der anderen 27 Wohnungseigentümer noch durchgesetzt werden könnten und welche Rolle für eine evtl. Verjährung die Subsidiärhaftung der Beklagten spielen würde. Denn die etwaige Verjährung der Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer hätte keinen Einfluß auf die Gewährleistungsansprüche der Kläger. Die Kläger müssen nämlich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht gegen sich gelten lassen (vgl. Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger, 5. Aufl., Rdn. 76; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 4. Aufl., Rdn. 401, jeweils m.N.; aA Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 1 Rdn. 154; Deckert NJW 1975, 854, 855; derselbe, Baumängel am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnung, 2. Aufl., insbesondere S. 97 ff, 110 f; Jagenburg NJW 1983, 2678, 2687).
a) Die Verträge der Beklagten gehen davon aus, daß das gemeinschaftliche Eigentum jeweils mit der Wohnung „übergeben” wird. Es ist also nicht etwa eine „Übergabe” – richtig; Abnahme –an die Gemeinschaft oder den Verwalter vorgesehen. Diese Regelung entspricht dem Gesetz.
Nach § 640 Abs. 1 BGB hat derBesteller das Werk abzunehmen. Besteller in diesem Sinne ist auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der einzelne Erwerber des Wohnungseigentums, nicht etwa die – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Regel noch gar nicht bestehende – Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer eineneigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum (vgl. BGHZ 74, 258, 263 f; OLG Frankfurt am Main, Schäfer/Finnern/Hochstein § 633 BGB Nr. 38; Bärmann/Pick/Merle, aaO § 1 Rdn. 154; Weitnauer, aaO Anh. § 8 Rdn. 54). Dementsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ober das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will.
b) Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Interessenlage die Abnahme nicht durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer allein, sondern nur gemeinschaftlich erfolgen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
aa) Die Belange der einzelnen Wohnungseigentümer erfordern keine gemeinschaftliche Abnahme. Vielmehr ist die Abnahme zu verschiedenen Zeiten der Gemeinschaft eher günstig, weil dadurch die Gewährleistungsfrist zu Lasten des Veräußeres verlängert werden kann, insbesondere wenn es diesem nicht bereits während der Bauzeit gelingt, alle Wohnungen zu veräußern. Der Bauträger bleibt dann dem Anspruch auf mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums ausgesetzt, solange dies auch nur ein Erwerber verlangen kann.
Dieser Umstand macht allerdings das Interesse des Veräußerers an einer möglichst frühzeitigen und für alle – insbesondere auch die künftigen – Wohnungseigentümer verbindlichen Abnahme deutlich. Dieses Interesse des Bauträgers kann jedoch nicht dazu führen, daß Nacherwerber eine früher erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums ohne weiteres gegen sich gelten lassen müßten.
bb) Die Bausubstanz einer Eigentumswohnanlage ist überwiegend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen (vgl. Pelzel in Deckert, Die Eigentumswohnung, Gruppe 6, Bautechnische Fragen, Abschnitt 1). Auch wenn für den einzelnen Wohnungseigentümer das Sondereigentum an seiner Wohnung im Vordergrund steht, wendet er den Erwerbspreis doch zum weitaus größeren Teil für den Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum auf. Die Mängelfreiheit des Gemeinschaftseigentums ist damit für den Wert der von dem Bauträger zu erbringenden Gegenleistung von erheblicher Bedeutung. Eine Verkürzung der Gewährleistungsrechte des Erwerbers gerade in diesem Bereich stört dementsprechend die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung empfindlich.
Dies gilt insbesondere für eine Abkürzung der Verjährungsfrist für Mängel am Gemeinschaftseigentum. Denn gerade diejenigen Mängel, die häufig erst spät auftreten, wie etwa Durchfeuchtungsschäden oder Schäden, die sich aus Fehlern der Statik ergeben, betreffen in erster Linie das Gemeinschaftseigentum (vgl. Deckert, aaO, Gruppe 6, Abschnitt 8.1). Dem Erwerber dann Ansprüche mit Rücksicht auf etwa gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern eingetretene Verjährung zu versagen, wäre nicht gerechtfertigt. Es muß vielmehr bei der gesetzlichen Regelung verbleiben, wonach die Abnahme nur jeweils von den einzelnen Erwerbern erklärt werden kann (vgl. a. Ingenstau/Korbion, VOB, 10. Aufl., B § 12 Rdn. 1 a.E.; Locher/Koeble, Baubetreuungs- und Bauträgerrecht, 3. Aufl., Rdn. 372; Weitnauer ZfBR 1981, 109, 114).
4. Das Berufungsgericht vertritt zwar grundsätzlich auch diese Auffassung. Es meint aber, aus Billigkeitsgründen könnten die Kläger nur einen ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Bruchteil der Mängelbeseitigungskosten verlangen. Nur so werde das unbefriedigende Ergebnis vermieden, daß die Beklagte allein aufgrund ihrer Verträge mit den Klägern die Mängel auch für die übrigen Wohnungseigentümer beseitigen müsse. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Jeder Wohnungseigentümer hat aus seinem Erwerbsvertrag einen eigenen Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gesamten Gemeinschaftseigentums. Es liegt mithin keine Teilgläubigerschaft i. S. von § 420 BGB vor (hiergegen bereits BGHZ 74, 258, 265); vielmehr kann jeder Wohnungseigentümer die ganze Leistung verlangen. Dieser Anspruch wird in seinem Umfang auch nicht davon berührt, inwieweit andere Wohnungseigentümer ihre entsprechenden Ansprüche noch durchsetzen können. Hierbei kann offen bleiben, ob die Wohnungseigentümer Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) oder Mitgläubiger (§ 432 BGB) sind. Denn für beide Formen der Gläubigermehrheit ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, daß der Verjährungseinrede keine irgendwie geartete Gesamtwirkung zukommt. Sie betrifft vielmehr nur das Verhältnis zwischen dem Bauträger und demjenigen Wohnungseigentümer, der seinen Anspruch hat verjähren lassen (vgl. §§ 432 Abs. 2, 429 Abs. 3, 425 Abs. 2 BGB). Bei einer Mehrheit von Gläubigern läßt demnach der evtl. Verjährungseintritt in der Person eines Gläubigers die Ansprüche der übrigen Gläubiger unberührt.
Gerade in Fällen der vorliegenden Art ist dies auch sachgerecht. Die Ansicht des Berufungsgerichts würde nämlich den Erfüllungsanspruch der Nacherwerber weitgehend entwerten. Denn wenn der Bauträger diesen nur den ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Anteil der Mängelbeseitigungskosten erstatten müßte, bestünde für ihn aus wirtschaftlichen Gründen kein Anreiz, seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nachzukommen. Es wäre für ihn weit billiger, untätig zu bleiben. Hinzu kommt, daß ein Anspruch entsprechend dem jeweiligen Miteigentumsanteil in Einzelfällen zu unbefriedigenden wirtschaftlichen Ergebnissen führen kann, so etwa dann, wenn sich Mängel am Gemeinschaftseigentum vorwiegend in einer Wohnung auswirken und die Beseitigung entweder überhaupt nicht möglich ist oder hierfür ein unverhältnismäßiger Aufwand nötig wäre. In derartigen Fällen wäre eine nur anteilige Kostenerstattung kein angemessener Wertausgleich für die Schlechtleistung des Veräußerers.
b) Schließlich kann dem Berufungsgericht auch nicht gefolgt werden, wenn es meint, daß durch eine volle Haftung der Beklagten den Wohnungseigentümern, deren eigene Ansprüche verjährt sein könnten, ein ungerechtfertigter Vorteil erwachse. Der Eintritt der Verjährung führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs. Er kann vielmehr immer noch erfüllt werden (§ 222 Abs. 2 BGB). Die Beklagte leistet demnach im Verhältnis zu allen Wohnungseigentümern nicht ohne Rechtsgrund. Daß ihr das ihr zustehende Leistungsverweigerungsrecht gegenüber einzelnen Erwerbern im Ergebnis nichts nützt, liegt vielmehr daran, daß sie sich gegenüber allen Wohnungseigentümern zu derselben Leistung verpflichtet hat.
Es besteht mithin keine Veranlassung, von dem Grundsatz der vollen Haftung der Beklagten für die Mängelbeseitigungskosten aus Billigkeitsgründen abzuweichen.
III.
Nach alledem können das Berufungsurteil und das Urteil des Landgerichts keinen Bestand haben. Da die Parteien sich über die Höhe der Mängelbeseitigungskosten einig und somit weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO abschließend entscheiden. Die Beklagte ist zur Zahlung der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 9.200,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. November 1981 zu verurteilen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.
Unterschriften
G, D, B, W, Q
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.02.1985 durch Werner Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 512644 |
NJW 1985, 1551 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1985, 622 |